Langfristige Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln
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- Paul Ritter
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1 50. Erfahrungsaustausch PB und PS DLR Eifel Trier, 5. Dezember 2018 Langfristige Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Dr. Erich Jörg Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz, Mainz Folie 1
2 Gliederung Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Rechtlicher Rahmen Gesellschaftlicher Rahmen Prämissen für die Prognose Prognose der PSM-Verfügbarkeit (spekulativ) Pflanzenschutzsysteme (zukünftig) Folie 2
3 Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Rechtlicher Rahmen 1 VO 1107/2009 EU-Zulassungsverordnung: PSM-Wirkstoff-Genehmigung EU Vorsorge-Prinzip Gefahren-basierte Bewertung cut off -Kriterien (CMR): Kat.1 PBT-vPvB-Kriterien: Endokrine Disruptoren: Klärung! Substitutionsprinzip: falls Wirkstoff-Alternative Folie 3
4 Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Rechtlicher Rahmen 2 VO 1107/2009/EG und PflSchG: PSM-Zulassung national einheitliche Kriterien Harmonisierung Arbeitsteilung1: gegenseitige Anerkennung (zonal) Arbeitsteilung2: Übernahme Bewertungen Beschleunigung Zulassung Aber: MS können gegenseitige Anerkennung verweigern aus spezifischen ökologischen oder landwirtschaftlichen Gründen! Folie 4
5 Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Rechtlicher Rahmen 3 Rili. 2009/128/EG EU-PS-Rahmenrichtlinie: PSM-Einsatz Zahlreiche Änderungen.. Art. 11 Spezifische Maßnahmen zum Schutz der aquatischen Umwelt und des Trinkwassers Verwendung ungefährlicher PSM, Pufferstreifen.. Art. 12 Verringerung der Verwendung von PSM und der damit verbundenen Risiken in bestimmten Gebieten (öff. Fl.: Parks..), Schutzgebiete (Wasser, Vogel, FFH) Folie 5
6 Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Rechtlicher Rahmen 4 Rili. 2009/128/EG EU-PS-Rahmenrichtlinie: PSM-Einsatz Zahlreiche Änderungen.. Art. 4 Nationale Aktionspläne Risikoreduktion..25%...UQN-WRRL Biodiversität Einführung IP (verbindlich), Indikatoren. Art. 14 Integrierter Pflanzenschutz (Anhang III) 8 Grundsätze: Vorbeugung, Überwachung Bestände, begründete Entscheidungen, vorrangig nicht -chemische Verfahren, notw. Maß, Dokumentation. Folie 6
7 Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Gesellschaftlicher Rahmen 1 Zu PSM praktisch nur negative Presse-Berichte PSM finden immer geringere Akzeptanz in der Gesellschaft Gift für Mensch, Tier, Pflanze und Umwelt Nutzen wird nicht verstanden Landwirtschaft: Unwissen/Idealisierung ( Bio ) Megatrend: Ökologisierung! Folie 7
8 Prognose der PSM- Verfügbarkeit Zwei maßgebliche Veröffentlichungen von Umweltwissenschaftlern. Folie 8
9 Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Gesellschaftlicher Rahmen 2 Konsequenz: Überbetonung der Auswirkungen von PSM (Auswirkungen auf die Biodiversität, Bienen) Qualität des Zulassungssystems wird in Frage gestellt (Verbleib PSM-Wirkstoffe, Abbauverhalten, mangelnde Distanz zu Antragstellern, Plagiate...) Politisierung der PS-Wirkstoff-Genehmigung bzw. PSM-Zulassung SCoPAFF-Entscheidungen ( german votes ) Politische Vorgaben bei der nationalen Zulassung Folie 9
10 Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln Gesellschaftlicher Rahmen 3 Beispiele: Neonicotinoide (B1) Bienen-Überwinterungsverluste Varroa-Milbe, Futter! Auswirkungen auf Wildbienen Verluste der Wirtspflanze! Zulassung nur noch im Gewächshaus Glyphosat angeblich krebserregend nicht haltbar Verantwortlich für Artensterben und Rückgang der Biodiversität verkürzte Zulassung, Restriktionen, Ende 2022 Folie 10
11 Prognose der PSM- Verfügbarkeit Gesellschaftlicher Rahmen 3 Beispiele: Kupfer Schwerste Bedenken der EFSA: Human-/Ökotoxikologie! Starkes Öko-Lobbying Zulassung für 7 Jahre mit erhöhter Aufwandmenge! Wissenschaftliche Bewertung ist bei der Zulassung mittlerweile von geringerer Bedeutung als früher; Zulassung ist politisch geworden, ihre Ergebnisse weniger prognostizierbar. Folie 11
12 Prämissen für die Prognose 1 Landwirtschaft wird gesellschaftlich weiter an eigenständiger Bedeutung verlieren und zunehmend fremdbestimmt wird noch stärker als bisher aus Umweltaspekten (evtl. noch Gesundheitsaspekten) heraus betrachtet wird Wertschätzung vor allem als Ökolandbau erfahren, wogegen die konventionelle Landwirtschaft stärker unter Druck geraten wird Landwirtschaft (Matthias Horx, Zukunfts-/Trendforscher) wird sich in zwei Richtungen entwickeln: 1.hochtechnisierte Variante (biologische Rohstoffwirtschaft, große Betriebe) und 2.renaturalisierte Agri-Kultur (bäuerliche Ldw. im Bio-Sektor). Die Verbraucher werden sich (in ca. 10 Jahren) in zwei Gruppen gespalten haben: 1.geringes Interesse an Landwirtschaft (60%) und 2.hohes Interesse an gesunden Bio-Lebensmitteln/Spezialitäten (40%) Folie 12
13 Prämissen für die Prognose 2 Pflanzenschutz Die Pressearbeit zum Pflanzenschutz fokussiert weiter auf den chemischen Pflanzenschutz, thematisiert fast ausschließlich negative Aspekte und verschweigt den Nutzen. Im gesellschaftlichen Diskurs behalten die Kritiker die Oberhand. Als Folge davon verlieren wissenschaftlich basierte Entscheidungen (Rechtssetzung, Zulassung) zugunsten emotionaler, ideologischer Entscheidungen weiter an Bedeutung. (Risiko-Bewertungen werden durch Gefahren-Betrachtungen ersetzt und dialektisches Denken wird zunehmend durch dichotomes Denken abgelöst: gut vs. böse, nicht mehr Vorteile vs. Nachteile ). Folie 13
14 Prognose der PSM- Verfügbarkeit /7 EU-Audit Zulassung in D: Ergebnis keine einzige termingerechte Entscheidung Verfristungen >1 Jahr! zu wenig Personal zu komplexe Struktur (2 Ressorts) Anwendung nicht harmonisierter Kriterien 2018/9 Verbesserungen bei D-Zulassung deutlich mehr Personal schnellere Bearbeitung der Anträge Abbau der Verfristungen Das bedeutet aber nicht, dass es mehr PSM-Zulassungen gibt! Folie 14
15 Prognose der PSM- Verfügbarkeit /9 Zulassung in D: Situation Derzeit noch viele kurzfristige Übergangszulassungen bei Neubewertung: evtl. Zulassungsende für viele Mittel!! häufig kein Einvernehmen des UBA Ablehnung gegenseitiger Anerkennungen 40 Klagen/Prozesse, davon 34 noch laufend (Untätigkeit, wegen Zulassungsentscheidung; UBA: Kriterien - neuester Stand der Wissenschaft) Ausgang oft ungewiss; Unsicherheit bei PSM- Firmen Folie 15
16 Prognose der PSM- Verfügbarkeit 3 Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand! Folie 16
17 Prognose der PSM- Verfügbarkeit 4 Endokrine Disruptoren: (hormonell wirksame Substanzen) Definition liegt vor: 1)schädigende und 2)endokrine Wirkung, sowie 3)Kausalbeziehung zwischen beiden kann ein Grenzwert für die Wirksamkeit festgelegt werden? große Vielfalt an Verbindungen noch keine verbindliche Liste ( 26 Stoffe ; Azole, Pendimethalin, 2,4-D, Mancozeb(?), Propyzamid ) Werden kurz- bis mittelfristig vom Markt genommen!! Folie 17
18 Prognose der PSM- Verfügbarkeit 5 Substitutionskandidaten 77 Wirkstoffe in D zugelassen: 44 Herbizide: 19 Fungizide: 19 Insektizide: 6 Substitution, nur wenn wirtschaftliche und praktikable Alternativen verfügbar, ohne dass Lücken entstehen.? z.b. Insektizide: Karate Zeon, Biscaya, Dimethoat, Sumicidin, z.b. Fungizide: die meisten Azole, Metalaxyl, z.b. Herbizide: Diflufenican, Chlortoluron, Sencor, Bandur, Pointer, Gropper,. allenfalls mittelfristige Perspektive; langfristig substituiert Folie 18
19 Prognose der PSM- Verfügbarkeit 6 PSM-Industrie: Nachlassende Innovationskraft Anforderungen an die Wirkstoffe/PSM sehr hoch Entwicklungskosten! Andere Märkte attraktiver? Entwicklung von botanicals / biologicals Intensive Forschungstätigkeit Ergebnisse? evtl. mehr biologische PSM (Wirkung? Stabilität?) Die Verfügbarkeit von PSM wird langfristig stärker abnehmen! Folie 19
20 Prognose der PSM- Verfügbarkeit 7 Entwicklung bei PSM-Einsätzen: Die behandelbare Fläche wird eingeschränkt werden: stärkere Restriktionen in Schutzgebieten Naturschutzgebiete, NATURA 2000-Gebiete, sonst. Schutzgebiete: PS-Anwendungs-VO; Auflagen (z.b: NT802,803,820!) Wasserschutz: Abstände zu OWK; WSG-Verbote (MTZ!) Resilienz-Gebiete für Biodiversität?? UBA-Ansatz bei der Zulassung best. PSM: 10-20% der zur Behandlung vorgesehenen Fläche muss unbehandelt bleiben! Folie 20
21 Pflanzenschutzsysteme 1 In Zukunft werden in Pflanzenschutzsystemen: Fruchtfolge-Maßnahmen wichtiger (UKB, Pilze, MWB), Sorten-Resistenzen noch stärker genutzt, Saatzeiten und N-Düngung stärker beachtet, Bodenbearbeitungsverfahren wieder stärker zur Unkrautbekämpfung genutzt (Pflug, Stoppelbearb.), praktikable mechanische und biologische Verfahren genutzt werden müssen (Mais, Raps, Kartoffeln), Entscheidungshilfen (Schwellenwerte, Modelle, Expertensysteme stärker genutzt werden müssen, um jeden überflüssigen PSM-Einsatz zu vermeiden, da sonst die Resistenzentwicklung nicht im Griff zu behalten ist. Folie 21
22 Pflanzenschutzsysteme 1 In Zukunft werden in Pflanzenschutzsystemen: Fruchtfolge-Maßnahmen wichtiger (UKB, Pilze, MWB), Sorten-Resistenzen noch stärker genutzt, Saatzeiten und N-Düngung stärker beachtet, Bodenbearbeitungsverfahren wieder stärker zur und das muss gemacht werden, weil wir die Unkrautbekämpfung genutzt (Pflug, Stoppelbearb.), praktikable wenigen mechanische Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, und biologische Verfahren die wir genutzt dann noch werden haben, müssen möglichst (Mais, Raps, lange Kartoffeln), nutzen wollen Entscheidungshilfen und weil es oft keine (Schwellenwerte, chemische Alternative Modelle, Expertensysteme zur Bekämpfung stärker genutzt der Schaderreger werden müssen, geben um jeden wird. über- mehr flüssigen PSM-Einsatz zu vermeiden, da sonst die Resistenzentwicklung nicht im Griff zu behalten ist. Folie 22
23 Pflanzenschutzsysteme 2 Gesamtbewertung: Zukünftig werden im Pflanzenschutz die Systeme komplexer und aufwändiger. Der Zwang, vorbeugende und nicht-chemische Bekämpfungsmaßnahmen zu nutzen, ist höher als heute. Dabei sind aber auch geringere Wirkungsgrade in Kauf zu nehmen. Die Pflanzenschutz-Systeme werden weniger verlässlich. In geringerem Maße als heute kann der Kulturerfolg durch chemische Pflanzenschutzmittel abgesichert werden. Folie 23
24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!..und ich hätte wirklich gerne eine bessere Prognose abgegeben! Folie 24
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