Kampf gegen Rechtsextremismus Woidke: Auf NPD-Verbotsverfahren sehr gut vorbereitet
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- Karin Michel
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1 Pressemitteilung Nr. 118/12 vom Kampf gegen Rechtsextremismus Woidke: Auf NPD-Verbotsverfahren sehr gut vorbereitet Henning-von-Tresckow-Straße Potsdam : Ingo Decker Hausruf: (0331) Mobil: (0170) Fax: (0331) Internet: Pressestelle: presse@mi.brandenburg.de ingo.decker@mi.brandenburg.de Potsdam Innenminister Dietmar Woidke hat heute in der Aktuellen Stunde des Landtages die Zustimmung der Landesregierung zu einem erneuten Verbotsverfahren gegen die rechtsextremistische NPD begründet und dazu Folgendes ausgeführt: In der vergangenen Woche haben sich die Innenminister aller Bundesländer einmütig für einen erneuten NPD-Verbotsantrag ausgesprochen. Die Ministerpräsidenten sind dieser Empfehlung einen Tag später ebenso geschlossen gefolgt. Für die NPD wird es jetzt eng! Besonders hervorheben möchte ich die große parteiübergreifende Übereinstimmung auf Länderebene. Für einen neuen Anlauf in Karlsruhe haben sich SPDregierte Länder wie Brandenburg mit Ministerpräsident Matthias Platzeck oder Berlin ausgesprochen. Es sind CDU-regierte Länder darunter wie unser Nachbarland Sachsen-Anhalt oder auch Niedersachsen. Das Grün-regierte Baden- Württemberg mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich klar für ein Verbot der NPD ausgesprochen. Und auch das CSU-regierte Bayern vertritt seit langem die Position, dass die NPD verboten gehört übrigens im Gegensatz zum Bundesinnenminister, den ebenfalls die CSU stellt. Nach einem langen und sorgfältigen Prozess der Abwägung aller Argumente und Fakten sind die Länder damit zu einem klaren Ergebnis und einer ebenso klaren Entscheidung gekommen. Sie sind dafür, dass die Verfassungsorgane Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung eine Antragstellung für ein NPD-Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht vorbereiten. Die genannte -Adresse dient nur für den Empfang einfacher Mitteilungen ohne Signatur und / oder Verschlüsselung.
2 Seite 2 Und ich will es für die Landesregierung hier auch noch einmal im Landtag betonen: Dies ist die richtige Entscheidung. Brandenburg ist für ein Verbot der rechtsextremistischen NPD! Entscheidung für Verbotsverfahren nicht leicht gemacht Was sind die Gründe für diese Entscheidung? Die Innenminister haben es sich bei der Meinungsbildung nicht leicht gemacht. Seit April wurde eine umfangreiche Materialsammlung zusammengestellt, um die Verfassungsfeindlichkeit der NPD eindeutig und umfassend belegen zu können. Auf dieser Grundlage hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Bericht zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines neuen NPD-Verbotsverfahrens erstellt. Die Innenminister der Länder sind auf der Grundlage dieser Analysen und Materialien zu folgender klaren Einschätzung gekommen. Ich zitiere aus dem Beschluss der IMK in Rostock-Warnemünde: Die Ziele der NPD sind mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Die NPD zielt darauf ab, die freiheitlich demokratische Grundordnung in aggressiv-kämpferischer Weise zu beeinträchtigen. Auf dieser Grundlage wurde die Entscheidung für ein neues NPD-Verbotsverfahren getroffen. Selten waren sich die Bundesländer von Nord nach Süd, von West nach Ost in einer wesentlichen politischen Frage einiger als in dieser. Die Bundesländer sehen sich für ein solches neues Verbotsverfahren gut gerüstet. Und sie haben aus Fehlern der Vergangenheit gelernt. Wie Sie wissen, scheiterte das erste NPD-Verbotsverfahren 2003 nicht aus inhaltlich-materiellen Gründen, sondern an der V-Mann-Problematik. Das wird uns nicht noch einmal passieren. Denn dieses Verfahrenshindernis besteht heute nicht mehr. Zum einen wurden alle V-Männer in den Führungsgremien der NPD zum 1. April 2012 abgeschaltet. Zum zweiten beziehen sich die Länder heute ausschließlich auf sogenanntes quellenfreies Material, um die Verfassungsfeindlichkeit der NPD eindeutig nachzuweisen. Brandenburg hat die Quellenfreiheit seines Materials testiert. Damit sind wesentliche Hürden für ein erfolgversprechendes Verfahren in Karlsruhe beseitigt. Wir sind diesmal sehr viel besser vorbereitet als 2003.
3 Seite 3 Auch Respekt und Verständnis für Skeptiker An der Tatsache der fanatischen Verfassungsfeindlichkeit der rechtsextremen NPD wird hier im Saal niemand Zweifel haben. Gleichwohl ist festzustellen, dass der erneute Weg nach Karlsruhe sowohl in der Politik als auch in der Öffentlichkeit umstritten ist. Ich will auch feststellen, dass ich Respekt und Verständnis für jene habe, die einem solchen Weg skeptisch oder kritisch gegenüberstehen, und dafür ebenfalls bedenkenswerte Argumente ins Feld führen können. Um die Risiken eines neuen Verbotsverfahrens soweit wie möglich zu minimieren, ist es ratsam, gerade auf Bedenken und Gegenargumente besonders einzugehen. Ich will daher einige Punkte hier kurz ansprechen. Zum einen wird angeführt, dass die NPD aktuell keine akute Gefährdung der Demokratie in Deutschland darstelle. Sie sei, so heißt es, eine sterbende Partei. Dafür spricht manches manches aber auch dagegen. Vor allem aber kommt es darauf im Zusammenhang mit dem Verbotsverfahren nicht an. Wir streben an, vom Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der NPD feststellen zu lassen. Das ist eine qualitative Kategorie. Eine Partei ist entweder verfassungswidrig oder sie ist es nicht! Sie ist nicht umso verfassungswidriger, je mehr Wählerstimmen sie gewinnt. Und sie ist nicht weniger verfassungswidrig, wenn sie an Zustimmung verliert. Wir sind der Auffassung: Diese Partei der Hetzer, die beständig an den inneren Schweinehund appelliert, ist eine verfassungswidrige Partei! Und darum geht es. Zweitens wird dazu gemahnt, mit dem Instrument eines Parteiverbotes in einer gefestigten Demokratie wie der unseren äußerst zurückhaltend umzugehen. Das ist richtig und das ist ja auch so. Bislang hat es in Deutschland lediglich zwei erfolgreiche Parteiverbotsverfahren gegeben und das letzte liegt über 50 Jahre zurück. Man wird vor diesem Hintergrund nicht behaupten können, dass unser Land leichtfertig mit der Option eines Parteiverbots umgegangen wäre. Alle rechtlich gebotenen Mittel gegen Rechtsextremismus nutzen Wir halten es aber für richtig, dem politischen Extremismus mit allen politisch und rechtlich gebotenen Mitteln entgegenzutreten und das schließt äußerstenfalls auch ein Parteiverbot ein. Das Instrument des Parteiverbots ist Teil der wehrhaften Demokratie. Es ist verankert in unserem Grundgesetz. Es ist in unserer Verfassung deswegen enthalten, um gegebenenfalls auch zur Anwendung gebracht zu werden. Genau das wollen wir tun.
4 Seite 4 Ein Parteiverbot ersetzt nicht die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem rechten Extremismus aber es ist ein legitimes Element dieser Auseinandersetzung. Nichts anderes sieht unsere Verfassungsordnung vor. Drittens wird davor gewarnt, dass der parteiförmige Rechtsextremismus sich im Falle eines erfolgreichen Verbotsverfahrens in neuen Strukturen organisieren könnte. Das ist natürlich ein Argument, das nie ganz von der Hand zu weisen ist. Aber erstens: So einfach ist das nicht, wie manche sich das vorstellen. Die rechte Szene in Deutschland ist selbst vielfach verfeindet, zerstritten und gespalten. Ich halte es auch für unwahrscheinlich, dass etwa NPD-Aktivisten nun mit wehenden Fahnen etwa zur neuen Partei Die Rechte überlaufen. Nein, ein Verbot der Partei wird die Anhänger der NPD vor ganz erhebliche Probleme stellen. Und zum Zweiten: Nun, diese Frage stellt sich natürlich immer. Auch im Fall von Vereinsverboten aus der rechten Szene, ohne dass dort jemals gefordert worden wäre, dann lieber von einem solchen Verbot Abstand zu nehmen. Wie Sie wissen, habe ich zuletzt den Widerstand Südbrandenburg und die Freien Kräfte Teltow- Fläming verboten. Da habe ich noch keinen gehört, der dies für falsch gehalten hätte. Parteienprivileg gilt nicht schrankenlos Es kann vor diesem Hintergrund eben nicht sein, dass Rechtsextremisten dann grundsätzlich tabu sein sollen, wenn sie sich nur ein Schild Partei um den Hals hängen. Das Parteienprivileg gilt nicht schrankenlos. Das Verbot einer Partei ist Ultima Ratio aber als solche legitim und in diesem Fall vollauf gerechtfertigt. Das ist die Überzeugung der Landesregierung Brandenburg. Schließlich ist in letzter Zeit viel von den Unwägbarkeiten vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg die Rede. Es ist schon richtig, dass auch der Europäische Gerichtshof hohe Anforderungen an ein Parteiverbot stellt. Wir können dies abschließend nicht beurteilen; ich will auch nicht in der Glaskugel lesen. Aber eine Anmerkung will ich mir doch erlauben: Ich kann mir sehr schlecht vorstellen, dass sich der Europäische Gerichtshof über eine Verbotsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinwegsetzen wird, die sich gegen eine rechtsextreme Partei in dem Ursprungsland des Nationalsozialismus und dem Ausgangsland des Zweiten Weltkrieges richtet. Das wäre nicht nur der deutschen, sondern auch der europäischen Öffentlichkeit wohl nur sehr schwer zu erklären.
5 Seite 5 Systematischen politischen Missbrauch beenden Noch andere Gründe sprechen für ein NPD-Verbot: Die NPD missbraucht systematisch die Institutionen der parlamentarischen Demokratie mit dem Ziel, eben diese parlamentarische Demokratie abzuschaffen. Ich erinnere hier an ein berüchtigtes Zitat von Joseph Goebbels von 1928 über die parlamentarische Arbeit der NSDAP: Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir! So hält es heute auch die NPD. Wer dafür Belege sucht, der kann sie in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern überreichlich finden. Soll die Demokratie in Deutschland das noch weiter hinnehmen? Die Bundesländer sind der klaren Auffassung: Nein. Jetzt muss mit diesem systematischen politischen Missbrauch Schluss sein. Und weiter: Rund 40 Prozent des Einnahmen der NPD stammen aus öffentlichen Mitteln, aus Geldern der Steuerzahler. Ich halte das für einen unerträglichen Zustand! Es kann doch nicht sein, dass wir jenen, die unsere freiheitliche Grundordnung abschaffen wollen, dafür auch noch großzügig die Mittel in die Hand geben! Gemeinsamkeit aller Verfassungsorgane wäre wichtiges Signal Das alles sind aus meiner Sicht sehr gute Argumente dafür, jetzt einen neuen Anlauf für ein Verbot der NPD zu starten. Ich meine, es wäre auch das richtige Signal, wenn alle drei antragsberechtigten Verfassungsorgane diesen Weg gemeinsam bestreiten würden. Bundesregierung und Bundestag zögern noch. Entscheidend wird es dabei auf die Haltung der schwarz-gelben Koalition im Bund ankommen. So wie in den Ländern, ist jetzt auch für den Bund die Zeit der Entscheidung gekommen. Wir haben uns viel Zeit genommen. Es gibt keine neuen Argumente, die ein weiteres Zögern rechtfertigen könnten. Und es gibt einen Unterschied zwischen verständlichen Bedenken und Bedenkenträgerei. Es ist nun an der Zeit, klar Ja oder Nein zu sagen. Das kann man auch vom Bund zu Recht erwarten, und das ist zugleich die Erwartung aller Bundesländer. Die Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren sind günstig. Nie war ein solches Verfahren besser vorbereitet als heute. Brandenburg sagt daher Ja zum Verbot der NPD. Die Toleranz der freiheitlichen Demokratie hat Grenzen. Und diese Grenzen sind jetzt erreicht.
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