Was passiert, wenn nichts passiert? Einkaufsstadt Singen (Hohentwiel) Wissen schafft Zukunft.

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1 Wissen schafft Zukunft. Was passiert, wenn nichts passiert? Einkaufsstadt Singen (Hohentwiel) Klausurtagung Gemeinderat Singen am Hohentwiel 25. Februar 2016 Jörg Lehnerdt BBE-Handelsberatung by BBE Handelsberatung GmbH

2 Aktuelle Rahmenbedingungen für den Einzelhandel Bevölkerungsentwicklung dank Zuwanderung relativ stabil bei rd. 82 Mio. + 1,76 Mio. Menschen Wanderungssaldo in Deutschland , Tendenz 2015/16 steigend Realeinkommen steigen, Konsumstimmung ist gut Einzelhandelsumsatz wächst 2015 mit stärkstem Wachstum seit 20 Jahren (+ 3,1 % auf 482 Mrd. ) Verkaufsfläche bei rund 123 Mio. m² Verkaufsfläche, nur noch leicht wachsend Onlinehandel wächst weiterhin stärker als stationärer Einzelhandel 17

3 Verbraucherverhalten ändert sich rückläufige Passantenfrequenz in Orten aller Größe, vor allem aber in Kleinstädten Internet-Recherche vor dem Kauf im stationären Handel nimmt zu weniger Beratungsklau durch Online-Kunden, die sich vorher in einem Laden informieren begeisterte Online-Shopper wachsen nach, der traditionelle Handelskäufer wird seltener Quelle: IFH / EHI; BBE 18

4 Verkaufsflächenentwicklung folgt Demografie Bevölkerungsprognose Verkaufsflächenprognose 19 Quelle: IVG, Retail-Logistik Einzelhandelsimmobilienmarkt 2025

5 Megatrend Digitalisierung 20

6 E-Commerce kannibalisiert stationären Handel Marktanteil des E-Commerce am Gesamtumsatz des Einzelhandels (%) 12% 10% 8% 6% 4% Markteinführung iphone 7,3 7,5 Erste Flächenanpassungen stationärer Händler 8,2 9,4 11,2 Marktanteil ist statistisch verzerrt. Branchenweise bis zu 30 % u. dynamisch wachsend 2% 0% Kannibalisierung des Versandhandels Kannibalisierung des stationären Handels source: bevh, BBE, elaboratum 21

7 166 Marktanteilsentwicklung E-Commerce nach Sortimenten (Prognose) Marktanteil 0% 10% 20% 30% 40% 50% Lebensmittel Drogerieartikel Bekleidung Schuhe Sport / Camping Bücher Möbel Quelle: Creditreform; bevh; GfK; Boniversum; Deutschland Juli 2014, Jahre

8 Trendwende bei der Verkaufsflächenentwicklung Aktuelle Entwicklung in Fußgängerzonen: - Metropolen: leichte Ausweitung nur in wenigen Städten (München, Hamburg) - Mittel- und Großstädte: leichte Verkleinerung oder Stabilität - Klein- und Mittelstädte: teilweise Aufgabe von Fußgängerzonen Quelle: elaboratum. 23

9 Onlinehandel führt zu neuen Betriebsformen Sport (Hervis / Decathlon) Fahrrad (Rose Bike Town / Bikemax) Elektronik (Saturn-Connect / Saturn) "Showroom" Fachmarkt abnehmender Verkaufsflächenbedarf Showrooms nur in Metropolen 24

10 Thesen zur Entwicklung des stationären Einzelhandels 1. Der Ausleseprozess zwischen guten und schlechten Konzepten/ Standorten hat bereits begonnen und wird als Folge der Digitalisierung beschleunigt. 2. Handelsunternehmen werden Technologieunternehmen. Geschäftsmodelle und Marketing werden neu justiert. 3. Den technologischen Herausforderungen werden sich vor allem Filialisten stellen können. Das nicht-filialisierte Einzelhandelsgeschäft wird immer seltener konkurrenzfähig sein. 4. Ihren täglichen Bedarf werden die Kunden weiterhin überwiegend stationär decken. Nur in den Ballungsräumen werden Online-Konzepte Fuß fassen können. 25

11 Thesen zur Entwicklung des stationären Einzelhandels 5. In kleineren Städten werden sich die Versorgungsstrukturen noch stärker als heute um den Lebensmitteleinzelhandel gruppieren. Fehlen diese kundenfrequenzstarken Betriebe, bietet der Standort nicht mehr die Voraussetzungen für einen differenzierten Geschäftsbesatz. 6. Fachmärkte und Discounter haben den Zenit erreicht. Non-Food-Fachmärkte sind dann wettbewerbsfähig, wenn sie besondere Alleinstellungsmerkmale entwickeln oder sie Teil einer Multichannel-Strategie werden. Die Umsatzverlagerung offline => online reduziert den Verkaufsflächenbedarf heutiger Großbetriebsformen. 7. Die Flächenleistung des physischen Ladens sinkt. Mit Ausnahme der Top- Lagen steigt der Druck auf die Mieten. Umsatzmieten sind bei Multichannel- Händlern unkalkulierbar. 26

12 Was bedeutet das für Singen? Kaufkraftpotenzial wird noch einige Jahre wachsen o Bevölkerungswachstum im Lkrs. Konstanz von (2014) auf (2025), dann aber relativ stabil o Realeinkommen steigen, Konsumneigung ist hoch o Kaufkraftzufluss aus der Schweiz Umsätze im stationären Handel werden tendenziell sinken o Zunächst kann sich Singen als eine der wenigen größeren Innenstädte bei Leitbranchen wie Bekleidung/Schuhen und Sport behaupten und vom Wegbrechen der schwächeren Standorte profitieren. o Das ländliche Einzugsgebiet orientiert sich aber zunehmend an Online-Angeboten und Großstädten mit ausreichendem Spektrum an relevanten Marken. Investitionen werden zurückgehen o Ende der Sonderkonjunktur für Handelsimmobilien ist absehbar o Institutionelle Anleger (Fonds, Versicherungen etc.) meiden Singen o Mittelstand wird strategische Investitionen bei hohem Risiko nicht tätigen 27

13 Was bedeutet das für Singen? Wettbewerbsdruck nimmt zu o Konstanz, Radolfzell und sogar Stuttgart werden stärker wahrgenommen o (mobiles) Internet erleichtert Vergleich und Multichannel-Einkauf Inhabergeführte Betriebe in der Defensive o Wandel zum Technologieunternehmen ist selten möglich o zu wenig Innovations- und Investitionsbereitschaft o Nachfolgeproblematik Nebenlagen werden abgehängt o Frequenzrückgang und Rückzug des Einzelhandels o Zunahme von Dienstleistungen und Leerstand Bedeutungsverlust der Innenstadt o als Einkaufsziel und als Arbeitsplatz 28

14 Fazit Mit dem Einkaufszentrum können attraktive Betreiber nach Singen geholt werden, die sonst keinen für sie geeigneten Standort in der Innenstadt fänden. Der Strukturwandel wird durch das Einkaufszentrum beschleunigt, nicht verursacht. Ein Verzicht auf das Einkaufszentrum kann Singen nicht vor den Folgen der großen Trends Demographie und Digitalisierung schützen. Wenn Singen einmal von der Landkarte der relevanten Innenstädte verschwunden ist, ist ein Comeback kaum möglich. Mit dem Einkaufszentrum hat Singen die Chance, dem ansonsten zu erwartenden Bedeutungsverlust entgegenzuwirken. Davon werden langfristig alle Anbieter profitieren, die innovativ sind und investieren. 29