Die Schwangere im Schockraum. A. Schmutz Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Universitätsklinik Freiburg
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Transkript
1 Die Schwangere im Schockraum A. Schmutz Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Universitätsklinik Freiburg
2 Interessenskonflikte: keine
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4 PKW gegen PKW, technische Rettung PKW-Lenkerin schwer verletzt SHT, Thoraxtrauma, Abdominaltrauma Intubiert, katecholamingestützt Ankunft in 20 min
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6 Management - wohin? Schockraum oder Kreissaal? Notaufnahme? Intensivstation?
7 Management - Wohin? Schockraum oder Kreissaal? Notaufnahme? Intensivstation? Schweres Trauma: Schockraum Trauma und nicht lebensfähiger Fetus: Schockraum Stabile Mutter nach der 23. SSW: Kreissaal
8 Welche Disziplinen wollen Sie im Schockraum dabei haben? Gynäkologie/Geburtshilfe Traumatologie Neurochirurgie Anästhesiologie Radiologie Neonatologie
9 Stumpfes Bauchtrauma bei Sonographie: Plazentaposition Gestationsalter Intrauteriner Fruchttod Schwangeren Plazentalösung Intraperitoneale Blutung Retroperitoneale Blutung Kompression der V. cava durch den Uterus
10 Fetale Implikationen Spontanabort Frühgeburtlichkeit Intrauteriner Fruchttod Plazentalösung Vorzeitiger Blasensprung Sectio caesarea Uterusruptur Direkte fetale Verletzung
11 Plazentalösung Netter's Obstetrics and Gynecology, 3rd Edition Meist erst ab der 16. SSW Unabhängig von Plazentaposition hämodynamische Instabilität Gerinnungsstörung schwer Verletzte: ~ 40% hohe fetale Mortalität
12 Plazentalösung - Pathomechanismen Scherkräfte: Scherkräfte an den Grenzflächen des elastischen Myometriums und der relativ rigiden Plazenta Dehnung: Fruchtwasser ist nicht kompressibel: Einwirkung auf das Myometrium an einer Stelle führt zu einer Dehnung an anderer Stelle des Uterus Contrecoup -Effekt : Aufprall mit Vorwärtsbewegung Vorverlagerung und Deformation >> negativer Druck Erhöhung des intraabdominellen Drucks
13 Plazentalösung Couvelaire Uterus retroplazentares Hämatom durchsetzt das Myometrium kann bis nach peritoneal reichen Ruptur möglich
14 Intrauteriner Fruchttod nach Trauma Häufig nach Plazentalösung (50%) Maternaler Schock Plazentaverletzung, Uterusruptur Direkte fetale Verletzung, Schädelfrakturen Intrauteriner Fruchttod bei 5%-20% aller Traumen 3,7 fetale Verluste durch Trauma pro Lebendgeburten Weiss HB, JAMA 2001 Kvarnstrand L, Acta Obstet Gynecol Scand 2008
15 Uterusruptur
16 Fakten 1 von 12 Schwangeren erleidet ein Trauma führende nicht-geburtshilfliche Todesursache 20% - 50% aller mütterlichen Todesfälle 50% im 3. Trimenon 17% sind schwer verletzt (ISS>16) maternale Mortalität bis zu 6% fetales Outcome wenn ISS>25 fetale Mortalität 50% bei maternalem Schock fetale Mortalität 80% CDC. Leading causes of death in females: Daten aus US-Registern, Registerdaten aus dem deutschen Traumaregister DGU erst ab 2016
17 Schwangere im Schockraum 26jährige I Gravida, SSW? Am Unfallort GCS 5 Intubiert, seitengleich beatmet, unter FIO SpO 2 96% Kreislauf: HR 124/min, RR 80/40 unter Noradrenalin 0.12 µg/kg/min Pupillen isocor mw, LR +/+ Prellmarken abdominell, thorakal, Temp 35.8 C Schwangerschaft, Fundus auf Bauchnabelhöhe tastbar
18 Deshpande et al. Pregnant trauma victims experience nearly 2-fold higher mortality compared to their nonpregnant counterparts. Am J Obstet Gynecol 2017
19 Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft Relative Hämodilution und Hypervolämie Blutvolumen erhöht sich um bis zu 50% Herzzeitvolumen erhöht sich um 30-40% Uterine Blutfluss steigt von 1% auf 10% des HZV Protektion gegenüber Hämorrhagie Gerinnungsfaktoren % verbesserte Hämostase erhöhtes Thrombembolierisiko Cava-Kompressionssyndrom
20 Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft Atemfrequenz, Tidalvolumen (50%), Sauerstoffverbrauch (40%) Abnahme der funktionellen Residualkapazität (20%) geringe Toleranz von Flachlagerung (Atelektasen, Hypoxämie) Kurze Apnoetoleranz Durch Flüssigkeitseinlagerung häufiger erschwerte Intubation Inzidenz für difficult/failed Intubation 8fach höher Aspirationsrisiko
21 Fetale Physiologie, uteroplazentare Einheit
22 Fetale Physiologie, uteroplazentare Einheit keine uterine Autoregulation, kein Kapillarbett maternale Hypotension bedeutet reduzierte Uterusperfusion Fetus: Tauch-Reflex : Umverteilung des Blutflusses zu Nebennieren, Herz, ZNS Fetale Hypoxie: Bradycardie Uterine Minderperfusion entwickelt sich VOR klinischen Zeichen eines maternalen Schocks Fetale Hypoxie kann bei noch normalen maternalen Kreislaufparametern auftreten
23 Management Maternale Stabilisierung Voraussetzung für fetales Outcome > 20.SSW Aufnahme in ein Zentrum: Erfahrung in der Versorgung lebensbedrohlicher Verletzungen Zeitgerechte und vollständige Traumaevaluation Geburtshilfe Neonatologie
24 Management Initiale Beurteilung (Primary Survey) folgt den gleichen Empfehlung wie für nicht-schwangere Patientinnen Zusätzlich nach der 20. SSW: Displacement of uterus supine hypotension syndrome/cavale Kompression Vor der Evaluation des Fetus muss die Patientin stabile Vitalparameter aufweisen
25 Ziele der Stabilisierung RR sys >100 mmhg Hb > 6 g/dl Thrombozyten > /µl Normothermie Normales Lactat ph wenn Mutter stabil: fetale Beurteilung
26 Welche maternale Diagnostik? Sonographie/FAST BGA, Labor, Kreuzblut Röntgen? HWS Thorax Abdomen? Becken? CT? Traumaspirale? MRT?
27 Radiologische Diagnostik Klinische Indikation unabhängig von Sorge um Fetus Sono: FAST (Sensitivität und Spezifität nahezu gleich wie bei nicht-schwangeren Frauen) Plazentalösung: Sensitivität nur 24%-50%, d.h falsch negativ in 50-75%
28 Fetale Strahlenexposition Valide Daten fehlen Keine Arbeit zeigt Teratogenität bei Belastung < 10 rad (100 mgy) Wachstumsretardierung, Microcephalus, mentale Retardierung Größtes Risiko von Gestationswoche (Schwelle ~20 40 rad) nach 26. SSW minimal ACOG-Empfehlungen: < 5 rad (50 mgy) Inzidenz für Leukämien unabhängig vom Gestationsalter (1:2000)
29 Strahlenexposition CT ACOG-Empfehlungen: < 5 rad (50 mgy)
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34 Beim schweren Trauma ist das Risiko der Strahlenexposition gegenüber dem Risiko der übersehenen oder verspäteten Diagnose vernachlässigbar
35 Prävention Sicherheitsgurte Rückgang der maternalen Mortalität von 33% auf 5% Crosby WM, NEJM 1971 Viele Schwangere lassen den Gurt weg, aus Sorge, dem Fetus zu schaden Pearlman MD Am J Obstet Gynecol 1996 unkomfortabel, zu eng, scheuern Thackray L, J Automobile Engeneering 2002 Falsches Anliegen des Gurts (Beckengurt über den Fundus)
36 Sollen Schwangere im Fahrzeug Sicherheitsgurte anlegen? Bereits Zweipunkt-Gurte reduzieren die maternale Mortalität von 35% auf 5% 3-Punkt-Gurte, korrekt angelegt, waren der beste Prädiktor für maternales und fetales Outcome bei Verkehrsunfällen Zu Airbags gibt es keine Daten
37 Prognose schwangere Traumapatientin Unabhängige Prädiktoren für fetales Outcome fehlen Faktoren für maternale Morbidität und Mortalität: Injury Severity Score Hypotension Herzfrequenz Glasgow Coma Score ph PaO 2 Serum-Bicarbonat Geburtshlfl. Faktoren: Vaginale Blutung Uteriner Tonus und Wehen Fetale Herzfrequenz
38 Prognose schwangere Traumapatientin Deshpande et al. Pregnant trauma victims experience nearly 2-fold higher mortality compared to their nonpregnant counterparts. Am J Obstet Gynecol 2017
39 Zusammenfassung Trauma während der Schwangerschaft ist nicht selten Auch ein geringes Trauma kann den Fetus schädigen Primär maternale Stabilisierung, dann fetale Beurteilung Prävention ist sinnvoll (Sicherheitsgurt, Screening häusl Gewalt, Hilfsangebote) Management erfordert Interdisziplinarität
40 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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