Von der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Ökolandbau zum Gesamtbetriebskonzept. Thomas van Elsen (Hrsg.)

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1 Von der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Ökolandbau zum Gesamtbetriebskonzept Thomas van Elsen (Hrsg.)

2 Thomas van Elsen (Hrsg.) Von der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Ökolandbau zum Gesamtbetriebskonzept Beiträge der Tagungen Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für die Landwirtschaft Initiativen vernetzen! (Dezember 2006) und Von der Einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Ökolandbau zum Gesamtbetriebskonzept (September 2007) in Witzenhausen

3 Umschlagfoto vorn: Naturschutzberatung auf Hofgut Richerode (Bioland) bei Jesberg/ Hessen. Der Landwirt hat aus Eigeninitiative Gehölzpflanzungen vorgenommen und ist interessiert an einem Gesamtbetriebs-Naturschutzkonzept, für dessen Erstellung es in Hessen bisher keine Finanzierung gibt. Im Bild: Landwirt Frank Radu, Marie Kalisch (FiBL) und Detlev Finke (Naturpark Kellerwald). Umschlagfoto hinten: Naturschutzberatung ist mehr als die Anlage von Blühstreifen und Pflanzaktionen: Pflege einer Flechthecke auf Hof zur Hellen (Demeter) im Windrather Tal (NRW) sinnvolle Integration von Pflegemaßnahmen in den Betriebskreislauf. (Fotos: Thomas van Elsen). Der Band enthält die Beiträge der Tagungen Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für die Landwirtschaft Initiativen vernetzen! (Dezember 2006) und Von der Einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Ökolandbau zum Gesamtbetriebskonzept (September 2007) am FB Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel in Witzenhausen. Die Autoren der Beiträge sind für deren Inhalt selbst verantwortlich; eine Haftung seitens des Herausgebers für mögliche Fehler wird nicht übernommen. Autoren der Fotos und Abbildungen sind, sofern nicht namentlich genannt, die Verfasser der jeweiligen Beiträge. Thomas van Elsen (Hrsg.) (2008) Von der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Ökolandbau zum Gesamtbetriebskonzept. FiBL Deutschland e.v., Witzenhausen. Druck: Bonifatius GmbH, Paderborn Diese Veröffentlichung kann bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Bonn, unter bezogen werden. Sie ist nicht im Buchhandel erhältlich. Anschrift des Herausgebers: Dr. Thomas van Elsen, FiBL Deutschland e.v., Forschungsinstitut für biologischen Landbau, Nordbahnhofstr. 1a, D Witzenhausen, Gefördert vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau 2

4 Inhaltsverzeichnis THORSTEN MICHAELIS Vorwort... 5 THOMAS VAN ELSEN Einzelbetriebliche Naturschutzberatung im Ökolandbau Impulse für die Integration von Naturschutzzielen in die Landwirtschaft... 7 EVA MEYERHOFF Entwicklung der Naturschutzberatung Sechs Jahre einzelbetriebliche Naturschutzberatung in Niedersachsen UTE BUSCHHAUS Naturschutzberatung von Bioland NRW und Demeter NRW GREGOR FRANZ und THOMAS VAN ELSEN Ansätze einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für Biobetriebe aus Sicht von Naturschutzberatern und beratenen Bauern Erfahrungen aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen SUSANNE HILDEBRANDT Einzelbetriebliche Naturschutzberatung in der Landwirtschaft als Jobperspektive? Erfahrungsbericht aus Rheinland-Pfalz WALTRAUD GADERMAIER Oberösterreich setzt ein Zeichen Naturschutzberatung für Biobetriebe VÉRONIQUE CHEVILLAT, DANIEL SCHAFFNER, VERENA DOPPLER UND LUKAS PFIFFNER Wildtierfreundlicher Biolandbau Mit Bio blüht die Vielfalt! UTTO BAUMGARTNER Das Projekt Blühender Chiemgau Durchgeführt vom Netzwerk Blühende Landschaft. Gefördert im Rahmen von Region aktiv Chiemgau-Inn-Salzach NICOLE KRÜGER Förderpreis Naturschutzhöfe: Naturschutzleistungen mit Vorbildcharakter DETLEF HACK Der Lämmerhof Landwirtschaft pro Natur DIRK F. APPEL Naturschutz in der Landwirtschaft Spagat zwischen Theorie, Praxis, Nutzen und Anspruch

5 HELMUT MÜLLER Müller-Hof, Allensbach/Kaltbrunn: Vielseitiges Betriebskonzept enge Zusammenarbeit mit der Naturschutzstation HEINZ BLEY UND HARALD R. LANGE Agrar GmbH Crawinkel Ort im Land der Ideen: Erfahrungen bei der Gestaltung und Entwicklung von Weidelandschaften WOLFRAM GÜTHLER Gesamtbetriebliche Naturschutzberatung Position der Landschaftspflegeverbände SARAH FUCHS UND KARIN STEIN-BACHINGER Naturschutz im Ökologischen Landbau Ein Handbuch für Praktiker, Berater und Verwaltung ANGELA HELMECKE UND HERMANN HÖTKER Freiwilliger Naturschutz in der Landwirtschaft MARIE KALISCH UND THOMAS VAN ELSEN Kulturlandschaftsgestaltung in landwirtschaftlichen Betrieben mit Integration von behinderten Menschen Fallbeispiele in Deutschland URSULA STRATMANN Möglichkeiten und Perspektiven der Finanzierung von Naturschutzberatung im ELER-Kontext Förderperiode ECKART GRUNDMANN Inhaltsprotokoll der Arbeitsgruppe I Von der Einzelmaßnahme zum Gesamtbetriebskonzept. Rahmenbedingungen und praktische Schritte CAROLINE SCHUMANN UND NICOLE KRÜGER Inhaltsprotokoll der Arbeitsgruppe II Einzelbetriebliche Naturschutzberatung als Aufgabe und Profilierung des Öko-Landbaus GREGOR FRANZ Inhaltsprotokoll der Arbeitsgruppe III Naturschutzberatung im ELER-Kontext mit Naturschutz Geld verdienen?

6 Vorwort Thorsten Michaelis Naturschutz und Landwirtschaft sind zwei Felder, die seit geraumer Zeit in einem Spannungsverhältnis stehen. Für die einen sind es die bösen Landwirte und für die anderen die bösen Naturschützer in den vergangenen Jahrzehnten wurde oft ein kontrastreiches Bild vom Gegenüber geprägt. Mit der zunehmenden Industrialisierung konnte in der Landwirtschaft auch eine hohe Produktivitätssteigerung erreicht werden. Spezielle regionale Bewirtschaftungsformen wurden im Zeitverlauf zugunsten wirtschaftlich ertragreicherer Verfahren und größerer Bewirtschaftungseinheiten reduziert. Gleichzeitig verringerten sich dadurch an spezielle Kulturverfahren angepasste Habitate. Mit Maßnahmen des Naturschutzes wurde ein Weg zum Schutz dieser Habitate eingeschlagen, z.b. durch die Pflege von Magerrasen mit Schafbeweidung, um selten gewordene Arten erhalten und fördern zu können. Gewählte Formen der Umsetzung sind oft Bewirtschaftungsauflagen oder Anreize, die aus fachlicher Sicht des Naturschutzes vorgegeben werden. Der Ökologische Landbau hat seit seiner Entstehung den Fokus auf in naturgemäßer Weise erzeugte Lebensmittel gelegt. Implizit wurde und wird häufig dem Ökologischen Landbau eine dem Naturschutz gerecht werdende Wirtschaftsweise zugeschrieben. Etliche Biobetriebe kommen diesem Bild nahe, Gegenbeispiele sind aber ebenfalls zu finden. Ein Konflikt zwischen den Ansprüchen von Biobauern und Naturschützern ist wie in der gesamten Landwirtschaft möglich. Gleichwohl bietet der Ökologische Landbau beste Voraussetzungen, die helfen können, eine Brücke zwischen den Interessen von Landwirtschaft und Naturschutz zu bauen. Das Thematisieren von Naturschutz im Ökologischen Landbau ist daher wichtig, um das Profil dieser Form der Landnutzung zu schärfen. Die einzelbetriebliche Naturschutzberatung setzt an der Schnittstelle von Ökolandbau und Naturschutz an. Sie bietet Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zur Lösung von Problemen beider Seiten. Es ist im Interesse von Biobauern, ihr Potential im Naturschutz wahrzunehmen und zu kommunizieren und es liegt im Interesse von Naturschützern, die Landwirte für Naturschutz zu gewinnen. So können an den Möglichkeiten von Biobetrieben regional angepasste Naturschutzaktivitäten fachlich vorbereitet und die Biobauern als konkrete Entscheider und Garanten für die Umsetzung eingebunden werden. Dies entspricht einem Naturschutz durch Nutzung der Kulturlandschaft, verbunden mit dem Erzeugen hochwertiger Lebensmittel. Einzelbetriebliche Naturschutzberatung ist nicht vergleichbar mit der Einrichtung von Großschutzgebieten in ihrer Funktion zur Sicherung spezieller Habitate. Ihre Stärke und Größe kann sie als die Summe vieler konkreter Naturschutzaktivitäten erreichen und durch die Anpassung an den landwirtschaftlichen Betriebskreislauf im Ökolandbau nachhaltig verankern. 5

7 Im Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) wird Naturschutz weiter ein Thema bleiben. Ein Grund ist das Potential aus der Verknüpfung von Ökolandbau und Naturschutz (vgl. z.b. OPPERMANN, R.; KRISMANN, A.; HÖTKER, H. und BLEW, J. (2004): Zielvorstellungen und Entwicklungsperspektiven für den Ökolandbau aus Naturschutzsicht. (Zugriff am )), ein weiterer die signifikante Abnahme des Anteils von artenreichem bis sehr artenreichem Ackerland im Verhältnis zum Umstellungsjahr der Biobetriebe mit abnehmender Umstellungsdauer (vgl. ebenda, S. 114 ff.). Die weitere Verbreitung und Anwendung der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung kann den Ökologischen Landbau und den Naturschutz wesentlich voranbringen. Die Tagung mit Strategieforum Von der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung zum Gesamtbetriebskonzept ist die dritte Veranstaltung innerhalb des Forschungsprojektes zum Thema im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und zeigt den Bedarf der Arbeit an dieser Fragestellung auf. Die Veranstaltung hat neben der Zukunftsperspektive den Fokus dafür auf die drei wichtigsten Themen gelegt: die Ausgestaltung des Naturschutzes als Aufgabe und zur Profilierung des Ökolandbaus, die Finanzierung von konkreten Naturschutzaktivitäten auf den Biohöfen und die Optimierung der konkreten Durchführung von einzelbetrieblicher Naturschutzberatung. Ich wünsche eine spannende und anregende Lektüre. Bonn, im April 2008 Thorsten Michaelis Geschäftsstelle Bundesprogramm Ökologischer Landbau in der BLE Forschungsmanagement Anschrift des Verfassers: Dipl.-Ing. agr. Thorsten Michaelis, Geschäftsstelle Bundesprogramm Ökologischer Landbau in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Deichmanns Aue 29, Bonn, Tel.: , 6

8 Einzelbetriebliche Naturschutzberatung im Ökolandbau Impulse für die Integration von Naturschutzzielen in die Landwirtschaft Thomas van Elsen 1. Einleitung Der vorliegende Band enthält die Beiträge der Tagungen Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für die Landwirtschaft Initiativen vernetzen! (Dezember 2006) und Von der Einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Ökolandbau zum Gesamtbetriebskonzept (September 2007) am FB Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel in Witzenhausen. Die Veranstaltungen fanden im Rahmen des Projekts Naturschutzberatung für den Ökologischen Landbau Entwicklung und Optimierung von Beratungsansätzen für die Integration von Naturschutzzielen auf Biohöfen statt. Dessen Ziel war es, bundesweit Aktivitäten zur Einrichtung Einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für Biobetriebe zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Das Projekt stand vom bis zum als Impulsgeber und Ansprechpartner für initiative Akteure (Behördenvertreter, Ökolandbauverbände, Beratungsinstitutionen ) zur bundesländer-spezifischen Einrichtung einzelbetrieblicher Naturschutzberatung zur Verfügung. 2. Einzelbetriebliche Naturschutzberatung als Erfolgsrezept Das Vorhaben basierte auf Ergebnissen aus der Evaluation des niedersächsischen Ansatzes und umfangreichen Recherchen zur Ausgestaltung einer erfolgreichen Naturschutzberatung, die in Form des Abschlussberichtes des Vorgängerprojektes verfügbar sind (VAN ELSEN et al. 2003). Seit November 2001 gibt es in Norddeutschland eine Naturschutzberatung für ökologisch wirtschaftende Betriebe. Diese Beratung ergänzt die bestehende anbautechnisch und betriebswirtschaftlich orientierte Spezialberatung und unterstützt Landwirte, die Naturschutzmaßnahmen umsetzen wollen von der Ideenfindung bis zur Planung und Umsetzung. Die große Nachfrage und viele umgesetzte Maßnahmen zeigen: Landwirte haben ein Interesse und einen Bedarf an der aktiven Weiterentwicklung ihrer Kulturlandschaft. Eine Einzelbetriebliche Naturschutzberatung als Bestandteil der landwirtschaftlichen Beratung kann sie dabei wirkungsvoll unterstützen. Landwirte wenden sich mit Fragen zum Naturschutz an die Naturschutzberatung. Meist wird ein Treffen vor Ort verabredet: Welche Maßnahmen sind auf dem Betrieb sinnvoll und möglich, wie lassen sie sich umsetzen, welche Fördermittel stehen zur Verfügung oder müssen akquiriert werden? Die Beratung zu Naturschutzfragen beschränkt sich nicht auf besonders schützenswerte Biotope, sondern hat den gesamten Betrieb und die Entwicklung der Kulturlandschaft im Blick. Das Serviceangebot umfasst auch organisatorische Leistungen, etwa die Vermittlung bei Problemen mit Behörden oder die Organisation von Aktionen zusammen mit Naturschutzverbänden, Schulen oder der Jägerschaft. Den Betrieben steht ein Ansprechpartner für alle Naturschutzfragen zur Verfügung. 7

9 Das Konzept setzt nicht wie sonst üblich an naturschutzfachlichen Zielvorgaben, sondern am Naturschutzinteresse und -bedarf der Landwirte an. In Norddeutschland erfolgt die Naturschutz-Spezialberatung durch landwirtschaftliche Beratungseinrichtungen (Kompetenzzentrum Ökolandbau; Ökoring SH), was den Aufbau eines vertrauensvollen Verhältnisses zum Landwirt erleichtert. Die Erstberatung ist für den Landwirt kostenlos; wenn durch Vermittlung der Beratung Fördermittel fließen, wird ein Beratungshonorar vereinbart. Wesentliche Qualifikationen sind sowohl Kenntnisse in Naturschutz und Landwirtschaft als auch Einfühlungsvermögen und kommunikative sowie organisatorische Fähigkeiten. Das Naturschutzinteresse von Landwirten wird aufgegriffen und Maßnahmen werden in Zusammenarbeit mit den Bewirtschaftern konzipiert, umgesetzt und weiterentwickelt. Die EU-Agrarreform bietet Chancen, Direktzahlungen zur Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft für mehr und sinnvollen Naturschutz auf dem Betrieb zu verwenden. Einzelbetriebliche Naturschutzberatung kann dazu beitragen, dass eine multifunktional verstandene Landwirtschaft der Zukunft wieder aktiv Landschaft gestaltet und Artenvielfalt fördert. Der Ökologische Landbau hat die Möglichkeit, dabei eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Das Anliegen, Einzelmaßnahmen umzusetzen das Pflanzen einer Hecke oder die Anlage eines Feuchtgebietes kann Ausgangspunkt für partizipativ erarbeitete Naturschutz-Gesamtkonzepte für den landwirtschaftlichen Betrieb werden. Naturschutz als integraler Bestandteil des Bewirtschaftungskonzeptes, unterstützt und gefördert durch Einzelbetriebliche Naturschutzberatung. 3. Das Vernetzungsprojekt ein Rückblick Während der Projektlaufzeit wurden zahlreiche Initiativen und Einzelpersonen in ganz Deutschland, darüber hinaus in Österreich, der Schweiz und den Niederlanden beraten. Mit Hilfe eines Newsletters, der Projekt-Website (Abb. 1) sowie der Durchführung von drei gut besuchten Fachtagungen konnten zahlreiche Kontakte hergestellt werden. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen wurde in Trägerschaft der Anbauverbände Demeter und Bioland eine Naturschutzberaterstelle nach niedersächsischem Vorbild geschaffen, die wie auch das KÖN (Abb. 2) eine eigene Website zum Thema unterhält. Der nordrhein-westfälische Ansatz (Abb. 3) sowie die leider nur ein Jahr durchgeführte Naturschutzberatung des Ökoring-Schleswig-Holstein wurden durch Interviews mit beratenen Landwirten und den Beratern evaluiert, um die dort vorliegenden Erfahrungen bundesweit verfügbar zu machen. Weitere Bestrebungen zu Naturschutzberatungen und Initiativen sind im vorliegenden zweiten Band sowie in dem ersten Band Einzelbetriebliche Naturschutzberatung ein Erfolgsrezept für mehr Naturschutz in der Landwirtschaft enthalten (Abb. 4), der auf den Beiträgen der gleichnamigen Tagung vom Oktober 2005 in Witzenhausen basiert (VAN ELSEN 2005). Das Ziel, bundesweit dem Konzept Einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für den Ökolandbau zum Durchbruch zu verhelfen, konnte im Projekt trotz verschiedenster Bemühungen nicht flächendeckend zum Erfolg geführt werden. Als hinderlich bei der Etablierung weiterer Beraterstellen erweist sich die starke Kürzung von Mitteln aus der 2. Säule im Kontext der EU-Agrarpolitik. Die Bestrebungen der Naturschutzverbände und auch der verantwortlichen Ausgestalter der Agrarumweltprogramme in den 8

10 Abb. 1: Website Abb. 2: Naturschutzberatungs-Website des KÖN: Bundesländern tendieren dahin, die knapper werdenden Mittel möglichst gezielt für naturschutzrelevante Aufgaben einzusetzen. Indirekte Folge ist die Konzentration auf Natura Gebiete, was eine weitere Segregation bedeutet: Der Naturschutz konzentriert sich auf Schutzgebiete, und für Maßnahmen auf dem Rest der Fläche fehlen finanzielle Mittel. Mithin werden Ansätze, die primär am Interesse der Landwirte und erst sekundär an naturschutzfachlichen Zielen ansetzen, wie dies im Kontext 9

11 Abb. 3: Naturschutzberatungs-Website von Bioland/Demeter NRW des aktuellen Projektes explizit gewünscht wurde, als nicht prioritär eingestuft. Dennoch konnten Teilerfolge erzielt werden. Neben der Unterstützung von Initiativen und Einzelpersonen in mehreren Bundesländern, die über die Projektlaufzeit hinaus in der Thematik aktiv sind, sind in Thüringen und Rheinland-Pfalz Elemente des Einzelbetrieblichen Naturschutzberatungs-Konzepts in neue Landesprogramme eingeflossen, die derzeit umgesetzt werden. Auch das durch die Projektaktivitäten initiierte Netzwerk Abb. 4: Titelblatt des ersten (vergriffenen) Tagungsbandes 10

12 Naturschutzberatung hat sich etabliert und wird über die Projektlaufzeit hinaus als Austauschforum und Kontaktbörse Bestand haben. Über weitere Aktivitäten während der Projektlaufzeit informiert der Abschlussbericht (VAN ELSEN & FRANZ 2007). 3. Zielsetzung und Inhalte der zweiten und dritten Tagung Nach der erfolgten Einrichtung der Einzelbetrieblichen Naturschutzberatung für Biobetriebe in Nordrhein-Westfalen wurde im Dezember 2006 in Witzenhausen die zweite Tagung im Projekt Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für die Landwirtschaft Initiativen vernetzen! durchgeführt. Hier sollte eine Zwischenbilanz gezogen werden: Wie lässt sich das Anliegen, eine Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für interessierte Landwirte bundesweit anzubieten, trotz knapper werdender Mittel aus der 2. Säule realisieren? Welche Möglichkeiten bietet die ELER-Verordnung? Wer sind mögliche Träger von Naturschutzberater-Stellen? Welche Initiativen seitens der Anbauverbände, der Landschaftspflegeverbände und öffentlicher Verwaltungen sind möglich? Zum Abschluss des Projekts fand dann im September 2007 die dritte Tagung Naturschutzberatung für den Ökologischen Landbau mit Strategieforum Von der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Ökolandbau zum Gesamtbetriebskonzept statt, das als Motto gleichzeitig Titel des vorliegenden Bandes ist. Hier wurde ein vorläufiges Fazit gezogen und ein Ausblick versucht: Wo steht der Ansatz einzelbetrieblicher Naturschutzberatung, der auf dem Konzept des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachen beruht und am Naturschutzinteresse der Landwirte ansetzt, sechs Jahre nach seinem Start heute? Welche aktuellen Entwicklungen gibt es, welche Erfolge und Misserfolge, welche Entwicklungsperspektiven und Fördermöglichkeiten durch Politik, Anbauverbände und Naturschutz? Nach Impulsreferaten zum Stand der Dinge und der Vorstellung von Fallbeispielen wurden in Gesprächsgruppen intensiv folgende Themen bearbeitet: Von der Einzelmaßnahme zum Gesamtbetriebskonzept. Rahmenbedingungen und praktische Schritte. Einzelbetriebliche Naturschutzberatung als Aufgabe und Profilierung des Ökolandbaus. Naturschutzberatung im ELER-Kontext. Mit Naturschutz Geld verdienen? 4. Übersicht über die Buchbeiträge Die folgenden Aufsätze basieren auf Vorträgen der zweiten und dritten Tagung und werden um einige weitere aktuelle Beiträge zur Thematik ergänzt. Eva Meyerhoff gibt einen Überblick über sechs Jahre Entwicklung der Naturschutzberatung am Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen (KÖN) in Visselhövede, die in Niedersachsen inzwischen fest etabliert ist. Der Ansatz, am Interesse der Landwirte anzusetzen und dem Beratungsbedarf mit einer Dienstleistung entgegenzukommen, macht das Erfolgsrezept aus und war Ausgangspunkt für die Zielsetzung, bundesweit Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für Biobetriebe zu fördern und zu realisieren. Ute Buschhaus stellt in ihrem Beitrag die von ihr durchgeführte Naturschutzberatung in Trägerschaft der Anbauverbände Bioland und Demeter NRW vor. Ihr Konzept orien- 11

13 tiert sich stark an der erfolgreichen Beratung des KÖN in Niedersachsen, aber vor allem in der Öffentlichkeitsarbeit werden in Nordrhein-Westfalen auch neue Akzente gesetzt. In ihrer Arbeit kommt Ute Buschhaus das Vertrauensverhältnis mit den Landwirten zugute, das sie zuvor als langjährige Ökolandbauberaterin aufbauen konnte. Gregor Franz und Thomas van Elsen berichten von den Ansätzen Einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für Biobetriebe aus Sicht von Beratern und beratenen Bauern und stellen Erfahrungen aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen vor. Dazu wurden mit vier Beratern und sechs beratenen Landwirten qualitative Interviews geführt sowie eine telefonische Befragung von 30 beratenen Landwirten in Schleswig- Holstein. Besonderes Augenmerk wurde auf Ansätze zur Weiterentwicklung der Beratungskonzepte hin zu einem gesamtbetrieblichen Ansatz gelegt. Susanne Hildebrandt zeigt in ihren Beitrag aus Rheinland-Pfalz, wie Einzelbetriebliche Naturschutzberatung zwar zunehmend zum Thema wird, aber wie schwer es Initiativen von Einzelpersonen außerhalb bestehender Strukturen haben, beruflich trotz großen Engagements Fuß zu fassen. Als Fazit aus einer Initiativveranstaltung warnt sie vor einer zunehmenden Formalisierung und Überwachung der landwirtschaftlichen Betriebe und Agrarumweltmaßnahmen, die eigenständiges Handeln verhindern und vielen Landwirten die Freude daran nimmt, etwas für die Natur zu tun. Waltraud Gadermaier stellt in ihrem Beitrag die Naturschutzberatung für Biobetriebe vor, die seit einem Jahr in Trägerschaft von BIO AUSTRIA in Oberösterreich angeboten wird. Das Angebot trifft auf eine hohe Akzeptanz seitens der Biobauern als auch seitens der Naturschutzorganisationen. Oberösterreich hat damit eine Vorreiterrolle für Österreich übernommen. Véronique Chevillat und ihre Mitautoren berichten über das Projekt Wildtierfreundlicher Biolandbau Mit Bio blüht die Vielfalt! aus der Schweiz. Forschung, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit sind darin eng verzahnt mit dem Ziel, Maßnahmen zur Wildtierförderung auf die Höfe zu bringen. Die Beratung versteht sich als Mittler von Naturschutz und Landwirtschaft; als Schlüsselfaktoren dabei nennen die Autoren eine Vertrauensbasis mit den Landwirten, fundiertes Fachwissen, Praxiserfahrung und Verhandlungsgeschick. Utto Baumgartner vom Netzwerk Blühende Landschaft berichtet vom Erfolg des Projekts Blühender Chiemgau, in dem eine hohe Bereitschaft bei Landwirten deutlich wurde, Naturschutz auch in der Fläche umzusetzen. Als Fazit ergibt sich nicht zuletzt, dass es sinnvoll und erforderlich wäre, dauerhaft eine Form der Naturschutzberatung in dem Gebiet einzurichten. Nicole Krüger von der Stiftung Ökologe & Landbau berichtet von der Durchführung des Förderpreises Naturschutzhöfe, in dem 2006 vorbildliche Leistungen von Höfen im Bereich Naturschutz gewürdigt wurden. 233 Betriebe bewarben sich, im Februar 2007 übergab Bundesumweltminister Sigmar Gabriel den Förderpreis an drei erste Preisträger. Neun weitere Höfe erhielten eine Auszeichnung. Ziel ist es, die Praxisbeispiele der Vorbildbetriebe bekannt zu machen. Detlef Hack bewirtschaftet den Lämmerhof in Schleswig-Holstein, der 2004 Erster Preisträger des Förderpreis Ökologischer Landbau war mit der Begründung, in vorbildlicher Weise Naturschutzmaßnahmen in die landwirtschaftliche Praxis des Betriebes 12

14 zu integrieren. Er stellt die Geschichte seines Hofes und der Naturschutzaktivitäten vor, die nur durch enge Kooperation mit Vertretern von Naturschutz und Landwirtschaft realisiert werden konnten. Dirk F. Appel ist Mitarbeiter auf dem 2006 als Naturschutzhof prämierten Demeter- Betrieb Krautfürnix im nordöstlichen Baden-Württemberg. Er berichtet von der Vielfalt der Anstrengungen auf dem Hof, Naturschutzziele in das Wirtschaftskonzept zu integrieren und plädiert für Diversität und Diversifikation der Ansätze. Damit verbunden warnt er vor einer Uniformierung des Naturschutzes und der Beratung durch Standards. Helmut Müller berichtet von Naturschutz-Aktivitäten auf seinem Familienbetrieb am Bodensee. Sein Hof, der im Rahmen des Naturschutzhöfe-Wettbewerbs ebenfalls ausgezeichnet wurde, wirtschaftet vielseitig als Demeter-Gemischtbetrieb in den Bereichen Tierhaltung, Getreideanbau, Landschaftspflege, Tourismus und Energie. Heinz Bley und Harald R. Lange stellen die Agrar GmbH Crawinkel in Thüringen und deren Erfahrungen bei der Gestaltung und Entwicklung von Weidelandschaften vor. Der Umwandlung von über 600 Hektar Ackerland in extensiv beweidetes Grünland lag nicht zuletzt die Zielsetzung zugrunde, mit einem naturschutzfachlich durch Edgar Reisinger von der TLUG Jena konzipierten Beweidungssystem eine nachhaltig betriebswirtschaftlich positive Lösung für den Großbetrieb zu realisieren. Wolfram Güthler, Bundesgeschäftsführer beim Deutschen Verband für Landschaftspflege, stellt die regional verwurzelten Landschaftspflegeverbände als Partner für die Verwaltung vor, um eine gesamtbetriebliche Naturschutzberatung umzusetzen. Naturschützer, Bauern und Kommunen schließen sich auf regionaler Ebene in einem Verein zusammen und beschließen, sich gemeinsam in der Landschaftspflege zu engagieren. Sarah Fuchs und Karin Stein-Bachinger berichten in ihrem Beitrag über ihr Vorhaben, ein Praxishandbuch zur Integration von Naturschutzmaßnahmen in den Ökologischen Landbau zu erstellen. Grundlage dazu sind die Ergebnisse aus dem BfN-Vorhaben Naturschutzhof Brodowin, an dem die Autorinnen maßgeblich beteiligt waren. Ausgangspunkt werden die Lebensraumansprüche typischer Tier- und Pflanzenarten der Agrarlandschaft sein, die durch artbezogen geeignete Maßnahmen gefördert werden sollen. Angela Helmecke und Hermann Hötker vom Michael-Otto-Institut im NABU, Bergenhusen, berichten von dem Projektvorhaben Freiwilliger Naturschutz in der Landwirtschaft. Ziel ist ein flächendeckendes System von interessierten Landwirten und ehrenamtlichen Naturschützern, in dem Landwirte durch ehrenamtliche Naturschützer vor Ort ermutigt werden sollen, auf ihren Höfen in eigener Regie freiwillige Naturschutzmaßnahmen durchzuführen. Marie Kalisch und Thomas van Elsen untersuchen die Möglichkeiten zur Kulturlandschaftsgestaltung in landwirtschaftlichen Betrieben mit Integration von behinderten Menschen anhand dreier Fallbeispiele. Landschaftspflege als Dienstleistung und Betriebszweig zu entwickeln kann hier eine Perspektive bieten, woraus sich vielfältiger Bedarf an naturschutzfachlicher Beratung ergibt, die den Impuls der Verantwortlichen mit Naturschutz-Fachwissen unterstützt und an Soziale Landwirtschaft angepasste Konzepte entwickelt. 13

15 Ursula Stratmann von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn vertieft in ihrem Beitrag Möglichkeiten und Perspektiven der Finanzierung von Naturschutzberatung im ELER-Kontext Förderperiode die in der Arbeitsgruppe III (s.u.) geführten Diskussionen zum Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Berichte zum Verlauf und zu den Ergebnissen der drei Arbeitsgruppen während der dritten Tagung beschließen den Band. Eckart Grundmann referiert Arbeitsgruppe I, die das Thema Von der Einzelmaßnahme zum Gesamtbetriebskonzept. Rahmenbedingungen und praktische Schritte hatte. Die Arbeitsgruppe II, referiert von Caroline Schumann und Nicole Krüger, bearbeitete die Thematik Einzelbetriebliche Naturschutzberatung als Aufgabe und Profilierung des Öko-Landbaus. Arbeitsgruppe III mit dem Thema Naturschutzberatung im ELER-Kontext mit Naturschutz Geld verdienen? wurde von Edgar Reisinger und Stefan Lange moderiert und von Gregor Franz protokolliert. Die parallel abgehaltenen Strategieforen gliederten sich jeweils in zwei Abschnitte: Am Donnerstag fand der erste Teil Bestandsaufnahme und Vision (1 h 50 min) mit anschließender Vorstellung der Zwischenergebnisse im Plenum (1 h) statt. Am Freitag folgte der zweite Teil zum Thema Von der Vision zu Strategie (2 h). Abgeschlossen wurden die Strategieforen mit einer Präsentation und Diskussion im Plenum (2 h). Die Gruppenarbeit erwies sich als sehr konstruktiv und ermöglichte, das vorhandene Erfahrungswissen der Teilnehmer umfassend einzubeziehen. 5. Zusammenfassung Das Projekt Naturschutzberatung für den Ökologischen Landbau Entwicklung und Optimierung von Beratungsansätzen für die Integration von Naturschutzzielen auf Biohöfen hatte das Ziel, bundesweit Aktivitäten zur Einrichtung Einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für Biobetriebe zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Das Konzept setzt nicht wie sonst üblich an naturschutzfachlichen Zielvorgaben, sondern am Naturschutzinteresse und -bedarf der Landwirte an. Der vorliegende Band enthält Beiträge der zweiten und dritten im Rahmen des Projekts durchgeführten Tagung. Die Beiträge spiegeln den Stand der Bemühungen, bundesweit dem Konzept Einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für den Ökolandbau zum Durchbruch zu verhelfen. 6. Literaturverzeichnis VAN ELSEN, T. (Hrsg.) (2005): Einzelbetriebliche Naturschutzberatung ein Erfolgsrezept für mehr Naturschutz in der Landwirtschaft. Beiträge zur Tagung vom Oktober 2005 in Witzenhausen. FiBL Deutschland e.v., 200 S., Witzenhausen. VAN ELSEN, T., FRANZ, G. (2007): Naturschutzberatung für den Ökologischen Landbau Entwicklung und Optimierung von Beratungsansätzen für die Integration von Naturschutzzielen auf Biohöfen. Abschlussbericht zum Projekt 03OE282, gefördert vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau. Witzenhausen, 143 S. VAN ELSEN, T., KEUFER, E., GOßE, A., DIENER, J. (2003): Naturschutzberatung für den Ökologischen Landbau eine Projektstudie zur Integration von Naturschutzzielen auf Biohöfen. Abschlussbericht zum Projekt 02OE459, gefördert vom Bundesministe- 14

16 rium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau. Witzenhausen, 263 S., Download unter: Dank Thorsten Michaelis und Stefan Lange von der BLE in Bonn danke ich für ihr Interesse und ihre konstruktive Unterstützung während des Projekts. Allen Akteuren Einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für die Landwirtschaft in Deutschland, insbesondere Eva Meyerhoff, Ute Buschhaus, Götz Daniel und Susanne Ewert, danke ich für ihre Kooperationsbereitschaft. Gregor Franz und dem Team vom FiBL-Standort Witzenhausen danke ich für die Unterstützung bei der redaktionellen Arbeit zur Herausgabe des Bandes. 15

17 Entwicklung der Naturschutzberatung Sechs Jahre einzelbetriebliche Naturschutzberatung in Niedersachsen Eva Meyerhoff 1. Einführung In Niedersachsen kann mittlerweile auf die Erfahrung einer sechsjährigen einzelbetrieblichen Naturschutzberatung am Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen (KÖN) zurückgeblickt werden. Das Instrument der umfassenden, einzelbetrieblichen Naturschutzberatung hat sich bewährt, die Beratung arbeitet äußerst erfolgreich. Das umfangreiche Beratungsangebot hat jedoch noch große Potentiale, die ausgebaut werden können. Ein Naturschutzberatungsangebot für alle Biobetriebe in Deutschland ist das Ziel für die nächsten Jahre. Das KÖN stellt hierfür die Keimzelle dar. 2. Ausgangslage Die einzelbetriebliche Naturschutzberatung ist ein gutes Instrument, um mit Biobetrieben mehr Naturschutz umzusetzen. Auch im Ökolandbau sind eindeutig Spezialisierungs- und Intensivierungstendenzen zu erkennen. Bio ist nicht gleich Bio. Die Anbauverbände müssen ihre Betriebe unterstützen und auch anregen, Naturschutzmaßnahmen stärker in ihr betriebliches Handeln einzubinden. Naturschutzleistungen bieten eindeutig Argumente, um Produkte als Premium vermarkten zu können. Gleichzeitig können die vielfältigen Leistungen, die der Bioanbau für den Naturschutz erbringt, in der Öffentlichkeit gut dargestellt werden. Die vielfältigen positiven Auswirkungen des Ökolandbaus auf den abiotischen Ressourcenschutz sind hinreichend belegt. Geringere Bodenerosion, vielfältigere Bodenfauna, erhöhte biologische Aktivität, keine Austräge an Pflanzenschutzmitteln, bedeutend geringere Nitratausträge seien hier erwähnt, um nur einige Argumente zu nennen (STOLZE et al. 2000, LIESS 2001, PETER et al. 2005). Eine Vielzahl an Untersuchungen hat eine deutlich höhere Artenzahl und -dichte der Ackerbegleitflora auf ökologisch bewirtschafteten Äckern belegt. So sind sowohl mehr gefährdete Pflanzen als auch eine höhere Artenzahl und -dichte an Kleintieren (Käfern, Spinnen, Insekten) auf Ökoäckern nachgewiesen (FRIEBEN 1997, REITER et al. 2003, BENGTSSON et al. 2005, GIBSON et al. 2007, HÜLSBERGEN 2002, REITER 2003, HÖTKER 2004, WICKRAMASINGHE 2004). Trotz dieser eindeutigen Argumente für die Leistungen des Ökolandbaus im Umweltund Naturschutz tun sich auch immer mehr Defizite durch Intensivierungstendenzen auf. Ein Ökolandbau, der sich nur haarscharf an der EU-Verordnung orientiert und an der Grenze der Legalität wirtschaftet, wird sehr schnell anfechtbar. Die Verbände müssen sich von dieser Entwicklung eindeutig abheben. Weitere Naturschutzmaßnahmen neben der Grundabsicherung Ökolandbau sind für den Naturschutz sehr effektiv, da die ökologisch bewirtschafteten Flächen schon eine sehr gute Basis darstellen. Eine eindeutige Unterstützung einzelbetrieblicher Naturschutzberatung von 16

18 Seiten der Naturschutzverbände, die den Ökolandbau als das Leitbild für die Landwirtschaft herausstellen, ist ein sinnvoller Schulterschluss. 3. Ziele der Naturschutzberatung und deren Umsetzung Wie erfolgreich konnten die Ziele, die sich die Naturschutzberatung vor sechs Jahren gesetzt hat, umgesetzt werden? Ziel 1: Integration von mehr Naturschutzaktivitäten auf den einzelnen Betrieben: Die Nachfrage von Seiten der Bauern, die etwas für den Naturschutz tun wollen, ist gleichbleibend gut. Der freiwillige Ansatz, Betriebe durch eine Beratung zu unterstützen und nicht durch z.b. Richtlinienverschärfungen zu zwingen, ist erfolgreich. Ziel 2: Unterstützung von Naturschutzmaßnahmen jeglicher Art: In der Beraterpraxis gibt es klare Schwerpunkte, zu denen vermehrt beraten wird. Der Anspruch, für jegliche Naturschutzfragen Ansprechpartner zu sein, wird jedoch eindeutig erfüllt. Ziel 3: Naturschutzberatung für die gesamte landwirtschaftliche Fläche und nicht nur für bestimmte Gebietskulissen/ Schutzgebiete: Der Beratungsschwerpunkt liegt eindeutig außerhalb von Förderkulissen. Dies zeigt das Bedürfnis der Betriebe, auch unabhängig von Förderprogrammen und Schutzgebieten Naturschutzmaßnahmen auf ihren Höfen zu integrieren. 4. Das Konzept der Naturschutzberatung im KÖN 4.1 Interesse der Landwirte In Deutschland und im europäischen Ausland gibt es verschiedene Ansätze, Landwirte zu Naturschutzaspekten zu beraten. Meistens handelt es sich hierbei jedoch um eine Beratung nur zu einem bestimmten Aspekt bzw. mit einem bestimmten Ziel. So wird beispielsweise zu einigen Naturschutzförderprogrammen oder in abgegrenzten Gebietskulissen eine Beratung angeboten. Im Vordergrund steht oft nicht die Intention des Landwirts, freiwillig etwas im Naturschutz zu tun, sondern das Bestreben des Naturschutzes, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Oft wird die Beratung von Seiten des Naturschutzes angeboten und selten von Seiten der landwirtschaftlichen Beratung. Die Beratung im KÖN unterscheidet sich in mancherlei Hinsicht von den oben genannten Ansätzen und bietet den Bauern einen Rundum Service an, den sie bei anderen Organisationen in diesem Umfang nicht erhalten. Im Rahmen von sechs bundesweiten Befragungen zum Bedarf nach einer professionellen Beratung zum Naturschutz wurde das große Interesse an einer fundierten Beratung und die Bereitschaft der Biobetriebe, etwas für den Naturschutz zu tun, hinreichend belegt (Tab. 1). 17

19 Tab. 1: Interesse an einzelbetrieblicher Naturschutzberatung von Seiten der Biobetriebe Befragte Gruppe Anzahl ausgewerteter Fragebögen Interesse an einer Naturschutzberatung und -planung für den eigenen Hof haben: Quelle Bioland-Landwirte in Niedersachsen Naturland-Landwirte bundesweit Öko-Landwirte in Sachsen Demeter-Landwirte in Baden-Württemberg Öko-Landwirte in Baden-Württemberg Öko-Landwirte bundesweit n = % KEUFER & VAN ELSEN (2002) n = % NIEDERMEIER et al. (2003) n = % VAN ELSEN et al. (2003) n = % VAN ELSEN et al. (2003) n = % VAN ELSEN et al. (2003) n = % OPPERMANN et al. (2004) Die Gründe, die von den Bauern am häufigsten angegeben wurden, warum sie nicht mehr für den Naturschutz tun, sind folgende: Den Betrieben fehlt die Zeit zur Umsetzung Betriebe wollen kein zusätzliches Geld investieren (Geld für die Umsetzung fehlt) Fehlendes Wissen Die Naturschutzberatung setzt genau an diesen bekannten Eckpunkten an und versucht, die limitierenden Faktoren durch ihre Beratungsleistung zu beheben. 4.2 Klare Unterschiede zu Beratungsansätzen durch andere Organisationen Folgende Eckpunkte unterscheiden den hier vorgestellten Beratungsansatz klar von anderen Ansätzen: Beratung zu allen Fragen aus einer Hand! Angliederung der Beratung bei einem landwirtschaftlichen Träger in unserem Fall beim Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen (die Bioanbauverbände sind Träger des KÖN). 18

20 Abb. 1: Neuanlage eines Teiches Die Unterlagen für das wasserrechtliche Verfahren werden von der Naturschutzberatung erstellt. Hinter diesem Ansatz steht der Grundsatz, dass die Landwirtschaft das Thema Naturschutz selbst besetzen soll und als freier Akteur auftritt. Freiwilligkeit und Selbstgestaltung durch die Bauern sind die Grundvoraussetzung für die Beratung. Mit diesem Ansatz können natürlich bestimmte Naturschutzziele nicht erreicht werden, die Betriebe machen sich das Thema jedoch zueigen. Eine allumfassende Naturschutzberatung ersetzt den hoheitlichen Naturschutz mit seinen Zwangsregularien natürlich in keiner Weise. Die beiden Instrumente ergänzen sich aber und verfolgen unterschiedliche Ansätze und Ziele. 5. Wie arbeitet eine Naturschutzberatung erfolgreich? 5.1 Voraussetzung und Prämissen für eine erfolgreiche Naturschutzberatung Voraussetzungen für eine erfolgreiche Naturschutzberatung sind nach den in den vergangenen Jahren gemachten Erfahrungen vor allem folgende: Ein freiwilliger Ansatz Eine unverbindliche Beratung Ein Ansprechpartner für alles Die Naturschutzberatung als Full-Service. Im Rahmen dieses Full-Service übernimmt der Naturschutzberater verschiedene Rollen: Die Rolle des Informations- und Wissensübermittlers, die Rolle des Ideenträgers und Impulsgebers und ferner die Rolle des Planers und Organisators. 19

21 Abb. 2: Die Naturschutzberatung begleitet Heckenneuanpflanzungen von der Planung bis hin zur Umsetzung. Der Berater muss Wissen zum Naturschutz und zur Landwirtschaft mitbringen Es besteht eine starke Personenabhängigkeit, ob Zugang sowohl in den Naturschutzfachkreisen als auch beim Betrieb gefunden wird. Notwendig sind die Identifikation sowohl mit der Landwirtschaft, als auch mit dem Naturschutz und Vermittlerfähigkeit zwischen den beiden Bereichen Kontinuität (Naturschutzberatung als Prozess über einen längeren Zeitraum) Naturschutzberatung von Seiten der Landwirtschaft aus! Anbindung und Einbindung an einen landwirtschaftlichen Träger. Naturschutzberatung ist nebenher nicht machbar Knackpunkt Finanzierung der Beratung! kostenlose Erstberatung nur geringe Honorare möglich. 5.2 Die Finanzierung der Beraterstelle Ohne eine finanzielle Grundabsicherung der Stelle ist die Beratungsarbeit nicht leistbar! Der Arbeitsaufwand der Beratung ist sehr hoch, wenn auf den Betrieben tatsächlich etwas geschehen soll. Die Betriebe können/wollen die Vollkosten der Beratung nicht tragen! Es ist nur eine geringe Selbstbeteiligung an den Beraterkosten durch die Betriebe möglich! Für eine effiziente Naturschutzberatung bedarf es Verbände/Politik etc., die der Beratung eine finanzielle Grundabsicherung geben. Das Ziel, eine allumfassende Naturschutzberatung kostendeckend unter den wirtschaftlichen und förderpolitischen Gegebenheiten anbieten zu wollen, ist im Moment nicht realistisch. 20

22 6. Eine Naturschutzberatung ist so stark wie ihre Themen Klares Ziel der Naturschutzberatung im KÖN ist, für alle Fragen der Landwirte zum Naturschutz Ansprechpartner zu sein. Von Seiten der Betriebe kommen vor allem Nachfragen zu Naturschutzmaßnahmen am Rande der Wirtschaftsflächen wie z.b. Heckenanpflanzungen oder Fragen zu Fördermöglichkeiten. Naturschutzmaßnahmen auf den Wirtschaftsflächen, (extensivere Bewirtschaftung/ Bewirtschaftungsauflagen im Grünland oder auf dem Acker), für die keine Fördermöglichkeiten zur Verfügung stehen, werden von Seiten der Naturschutzberatung im Moment noch sehr wenig bearbeitet. Aufgabe der Naturschutzberatung ist es in diesem Kontext, praxistaugliche Naturschutzmöglichkeiten auf der Fläche stärker zu kommunizieren und Bauern z.b. über Maßnahmen zu informieren, die ohne nennenswerte wirtschaftliche Einbußen mit geringem Zeitaufwand realisiert werden können. Immer wieder stellt sich bei der bisherigen Beratungsarbeit heraus, dass durch gezielte Angebote von Seiten der Naturschutzberatung auch eine Nachfrage durch die Betriebe geweckt wird. Ein großes Potential der Naturschutzberatung liegt somit darin, die Bauern immer wieder zu einzelnen Themen zu informieren und z.b. über Mitmachaktionen zu motivieren. 7. Weiterentwicklung der Naturschutzberatung 7.1 Entwicklungsstrategien Neben der laufenden einzelbetrieblichen Beratung setzt die Naturschutzberatung auf zwei parallele Strategien. Zum einen soll die Projektarbeit und somit der Fokus auf bestimmte Schwerpunkte gelegt werden. Zum anderen soll den Betrieben verstärkt das Angebot gemacht werden, Naturschutzgesamtpläne zu erarbeiten. 7.2 Projektarbeit Über Aktionen und dafür eingeworbene Gelder werden Schwerpunkte gesetzt. Eine gute Öffentlichkeitsarbeit und die Kooperation mit Dritten, wie z.b. Schulen, Jägerschaft, Naturschutzgruppen sind wichtige Bestandteile. Abb. 3: Projekt Kinder pflanzen Zukunftsbäume, Neuanlage einer Streuobstwiese. 21

23 Verschiedene Projekte der letzten Jahre, für die größere Summen von Stiftungsgeldern etc. zur Verfügung standen: Biobaumhoftour Schüler raus! Hecken für Niedersachsen Kinder pflanzen Zukunftsbäume Lebendige Landschaft Feuchtbiotope mehr Wasser in der Landschaft Landwirte spannen ein Blütennetzwerk Abb. 4: Biobauern spannen ein Blütennetzwerk eine Aktion der Naturschutzberatung in Niedersachsen 7.3 Naturschutzgesamtpläne Naturschutzgesamtpläne wurden für einzelne Betriebe schon erarbeitet. Die Erstellung und Umsetzung ist jedoch sehr umfangreich und übersteigt die zeitliche Kapazität der bestehenden Beratung. Daher wurde bisher das Angebot nicht offen forciert. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass durch Naturschutzgesamtpläne sehr gute Umsetzungsergebnisse erzielt werden können. Über ein geplantes Projekt im Rahmen des Bundesprogramms Ökolandbau der BLE sollen Arbeitshilfen entstehen um Naturschutzpläne effektiver und zielorientierter erstellen zu können. Ziel des Projektes ist es, im Anschluss an das Projekt allen Biobetrieben in Deutschland die Erstellung von gesamtbetrieblichen Naturschutzplänen anzubieten. 22

24 Kurzbeschreibung des geplanten BLE Projektes: Kulturlandpläne Umsetzung von mehr Naturschutzmaßnahmen auf Biohöfen Kulturlandpläne sind ausführliche hofspezifische Naturschutzpläne. Sie werden, da es um die Erhaltung und Weiterentwicklung unserer Kulturlandschaft geht, Kulturlandpläne genannt. Darin werden die Möglichkeiten eines Betriebes, auf den von ihm bewirtschafteten Flächen stärker zum Naturschutz beizutragen, konkret und flächenspezifisch dargestellt. Dabei wird auf alle relevanten Naturschutzaspekte eingegangen. Mit diesem neu zu entwickelnden Instrumentarium werden Biobetriebe darin unterstützt, sich stärker mit dem Naturschutz auf ihren Höfen auseinander zu setzen. Bioland möchte mit diesem Ansatz Naturschutzleistungen auf Biobetrieben optimieren und forcieren. Der Biolandbau soll eine größere Rolle im Sinne eines angewandten Naturschutzverbandes erfüllen. 8. Resümee von 6 Jahren Naturschutzberatung Eindeutiges Ergebnis der sechsjährigen Naturschutzberatungserfahrungen ist, dass es sich um ein sehr gutes Instrument handelt, um mit Betrieben vermehrt Naturschutz umzusetzen. Die Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für Biobetriebe hat noch große Potentiale und wird weiter ausgebaut. Das Interesse von Seiten der Anbauverbände, eine Naturschutzberatung deutschlandweit anzubieten, ist klar formuliert (Positionspapier der Verbände abgedruckt in: NABU, ILN-Singen (2004)). Die Umsetzung scheitert an der fehlenden Finanzierung der Stellen. Um noch effizienter beraten zu können, bedarf es gut ausgearbeiteter Beratermaterialien. 9. Literaturverzeichnis BENGTSSON, J., AHNSTRÖM, J,,WEIBULL, A.-C. (2005): The effects of organic agriculture on biodiversity and abundance: a meta-analysis. In: Journal of Applied Ecology 42 (2), FRIEBEN, B. (1997): Arten- und Biotopschutz durch Organischen Landbau? In: Weiger, N., Willer, H.: Naturschutz durch ökologischen Landbau, Ökologische Konzepte 95, Deukalion, Holm GIBSON, R. H., PEARCE, S., MORRIS, R.J., SYMONDSON, W.O., MEMMOT, J..2007): Plant diversity and land use under organic and conventional agriculture: a whole-farm approach. In: Journal of Applied Ecology 44, HÖTKER, H., RAHMANN, G.,JEROMIN, K. (2003): Positive Auswirkungen des Ökolandbaus auf Vögel der Agrarlandschaft. In: FAL 2004, Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 272 HÜLSBERGEN, K. J. (2002): Ansätze einer naturschutzfachlichen Optimierung und Wertung schutzgutbezogener Wirkungen von Maßnahmen des ökologischen Landbaus; in: RÖNNEBECK, U. (2002): Ausgleich von Beeinträchtigungen im Rahmen der Eingriffsregelung mit Maßnahmen des ökologischen Landbaus, BfN-Skripten 52 23

25 KEUFER, E., VAN ELSEN, T. (2002): Naturschutzberatung für die Landwirtschaft. Ergebnisse einer Umfrage bei Bioland-Landwirten und Ansätze zur Institutionalisierung in Niedersachsen. Naturschutz und Landschaftsplanung 10: , Stuttgart. LIESS, M. (2001): Pflanzenschutzmittel-Belastung und Lebensgemeinschaften in Fliessgewässern mit landwirtschaftlich genutztem Umfeld; UBA-Texte 65/01 NABU, ILN-Singen (2004): Naturschutz und Ökolandbau Status quo und Empfehlungen. Bundesprogramm Ökologischer Landbau. Broschüre, herausgegeben vom NABU- Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz (ILN) Singen, 16 Seiten. OPPERMANN, R., KRISMANN, A., HÖTKER, H., BLEW, J. (2004): Leistungen des Öko-Landbaus aus Naturschutzsicht. Projekt des Bundesprogramms Ökolandbau. Schlussbericht Singen / Bergenhusen, 168 Seiten OPPERMANN, R., KRISMANN, A., HÖTKER, H., BLEW, J. (2004): Leistungen des Öko-Landbaus aus Naturschutzsicht. Zeitschrift Ökologie & Landbau, Heft 130: PETER, M., FELDWISCH, N., SCHULTHEISS, U. (2005): Landbewirtschaftung und Gewässerschutz; AID Infodienst Nr. 1494/2005, 108 Seiten. REITER, K., KRUG, A. (2003): Naturschutz und Ökologischer Landbau auch zukünftig ein win-win-modell. In: Tagungsband 7. Wissenschaftstagung zum Ökologischen Landbau, Ökologischer Landbau der Zukunft, Wien, , , Wien. STOLZE, M., PIORR, A., HÄRING, A., DABBERT, S. (2000): The environmental impacts of organic farming in Europe.. In: Organic farming in Europe: Economics and Policy, Vol. 6, University of Hohenheim, Stuttgart, 127 S. VAN ELSEN, T., KEUFER, E., GOßE, A., DIENER, J. (2003): Naturschutzberatung für den Ökologischen Landbau eine Projektstudie zur Integration von Naturschutzzielen auf Biohöfen. Abschlussbericht zum Projekt 02OE459, gefördert vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau. Witzenhausen, 263 Seiten, Download unter: WICKRAMASINGHE, L. et al. (2004): Abundance and Species Echiness of Nocturnal Insects on Organic and Conventional Farms: Effects of Agricultural Intensification on Bat Foraging, in: Conservation Biology, Vol 18. Anschrift der Verfasserin: Dipl.-Ing. Eva Meyerhoff, Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen, Bahnhofstr. 15, Visselhövede, Tel.: (Zentale:-00), e.meyerhoff@oeko-komp.de, 24

26 Naturschutzberatung von Bioland NRW und Demeter NRW Ute Buschhaus 1. Einführung Das neuartige Konzept der Naturschutzberatung in Niedersachsen und ihr Erfolg gaben den Anstoß, etwas Vergleichbares in NRW zu etablieren. Ausschlaggebend waren dabei die Ergebnisse in Befragungen von Praktikern, die ein grundsätzlich hohes Interesse an Naturschutzthemen haben, es aber häufig an Zeit und Geld scheitert. So werden die Anliegen der Betriebsleiter aufgrund dieser beiden Faktoren häufig nicht umgesetzt. Besonders wichtig ist uns bei der Naturschutzberatung NRW das Prinzip der Freiwilligkeit. Die Grundhaltung des Beratungsansatzes ist denn auch die Frage: Worin kann ich dich unterstützen? Im Mai 2006 war es nach längerer Finanzierungssuche dann soweit: Die Naturschutzberatung von Bioland und Demeter NRW konnte die Arbeit aufnehmen. Sofort nach dem Start begann ich mit der Suche nach weiteren Finanzmitteln für Pflanzaktionen (für Hecken) und für Saatgut (für Blühstreifen), um ähnliche Projekte wie in Niedersachsen starten zu können. Das gelang zunächst nicht, so dass die Schwerpunkte etwas andere geworden sind. 2. Gegenstand meiner Arbeit Hier einige Beispiele für Fragen und Anliegen, die Landwirte und Gärtner von sich aus an mich herantragen: 2.1 Fachfragen Meine Obstbäume sehen krank aus und tragen nicht mehr. Sind die Bäume noch zu retten, oder soll ich sie fällen? Abb. 1a und 1b: Apfelbaum im dritten Standjahr vor (linkes Bild) und nach dem Schnitt (rechtes Bild) 25

27 Bei einem Termin vor Ort stellte sich heraus, dass durch andere Schnittmaßnahmen an den Obstbäumen Fruchtertrag und Fruchtgröße verbessert werden können (Abb. 1). Auf den Stock setzen einer durchgewachsenen Hecke am Rande der Obstwiese wird mehr Durchlüftung und mehr Sonne auf die ganze Fläche bringen. 2.2 Finanzierung von angestrebten Naturschutzmaßnahmen Bisher hatte ich an Betriebseinnahmen durch den Vertragsnaturschutz. Diese fallen durch Kürzungen der Landesregierung jetzt weg. Wie kann ich vergleichbare Einnahmen erzielen? Ich kann die aufwändige Bewirtschaftung auf den betroffenen Flächen nicht ohne Förderung aufrechterhalten. Wie kann ich verhindern, dass die erreichten Ziele des Naturschutzes auf den betroffenen Flächen den Bach runter gehen? Dieser Betrieb könnte als Naturschutzbetrieb weiterentwickelt werden mit einer Finanzierung über die Waldstiftung in Münster. In den meisten anderen Fällen können solche Anfragen aufgrund der Mittelkürzung der Landesregierung aber kaum aufgefangen werden. Ich will eine Streuobstwiese anlegen, die öffentlich zugängig ist. Wie kann ich das finanzieren? Dieser Landwirt konnte an die Fielmann-Stiftung vermittelt werden. Voraussetzung für eine Förderung dort ist, dass die Fläche für die Öffentlichkeit zugängig ist, was in diesem Fall sowieso geplant ist. Finanzierungsfragen sind sehr wichtig für die Praktiker und gleichzeitig zurzeit sehr schwierig zu lösen. Die Lösungen sind sehr spezifisch und kaum übertragbar. 2.3 Konflikte zwischen Landnutzern und Organisationen des Naturschutzes Ein Landwirt fragt: Ich habe zwei Grünlandflächen, die ich erst spät mähen darf. Dort wächst aber nur Weidelgras, das würde ich gern früher mähen. Hier konnte mit der Organisation des Naturschutzes geklärt werden, welche Ziele des Naturschutzes hier verfolgt werden und wo der Schnitttermin an den Wunsch des Landwirtes angepasst werden kann und wo nicht. Inzwischen kommen auch Organisationen des Naturschutzes auf mich zu, zum Beispiel eine Biologische Station: Sind unsere geplanten Maßnahmen für praktische Landwirte akzeptabel? Können Sie unsere Vorhaben aus landwirtschaftlicher Sicht beleuchten? Auf Grund meiner langen Tätigkeit in der landwirtschaftlichen Beratung werde ich von Landwirten akzeptiert. Hinzu kommt, dass ich keinerlei Kontrollfunktion oder Bewilligungsfunktion inne habe und auch nicht mein Arbeitgeber oder meine Kollegen. Vertreter des Naturschutzes akzeptieren mich ebenfalls, da ich ja für den Naturschutz tätig bin. Meine Ausbildung in systemischer Beratung hilft besonders in Konfliktfällen sehr. So konnte schon mehrfach in festgefahrenen Situationen eine Lösung gefunden werden. 2.4 Ausgleichsmaßnahmen für eigene Baumaßnahmen Schlechte Beispiele gibt es genug, deshalb berate ich sehr gern auch Landwirte in solchen Dingen, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind. Hier kommt es mir darauf an, 26

28 mit den Bewohnern der Hofstelle zusammen eine Lösung zu erarbeiten, die der Natur nutzt, für den Betrieb praktisch ist und bleibt, die Behörde genehmigt und die ästhetisch schön ist für die Menschen des Hofes. So hat die Maßnahme eine Chance, gut angelegt zu werden und dauerhaft zu bestehen. 2.5 Verkauf von Ökopunkten Das Landschaftsgesetz in NRW wurde gerade reformiert. Der Flächenverbrauch für Baumaßnahmen ist enorm. Die Landwirtschaft verliert viel Fläche durch Ausgleichsmaßnahmen. Der Ökolandbau ist bisher lediglich in Dortmund als Ausgleich anerkannt und gewünscht. Das alles bietet genug Anlass für Fragen von Landwirten, die betroffen sind oder aber selbst Ökopunkte verkaufen wollen. 3. Förderung des Naturschutzes auf landwirtschaftlichen Betrieben 3.1 Ideen auf die Betriebe tragen Ideen über Naturschutzmaßnahmen, die ich an die Landwirte herantrage über Mitteilungsorgane der Verbände sowie Workshops und Vorträge in Regionalgruppen: Dabei spielen Maßnahmen mit einem günstigen Preis-Leistungsverhältnis eine große Rolle sowie arbeitswirtschaftliche Erleichterungen. Hier einige Beispiele: Streifen stehen lassen bei Dauergrünland und Kleegras und zur Blüte kommen lassen, um mehr Blüten in die Agrarlandschaft zu bringen, Lerchenfenster anlegen im Ackerbau, Fledermausbretter an Hallenneubauten anbringen, Ringelblumen in Kohlpflanzungen unterbringen, um Nützlinge zu fördern und Massenvermehrungen von Kohlweißlingen zu verhindern, Zwischenfrüchte vielfältiger und blütenreicher gestalten, Arbeitseffektive Schnittmethoden für Hochstämme vorstellen und üben, Arbeitswirtschaftlich günstige Verfahren der Obsternte vorstellen (Abb. 2), Vermehrung von autochthonem Saatgut auf zwei Betrieben in NRW (Abb. 3). Abb. 2: Obstigel (Foto Degenbeck) 27

29 Abb. 3: Vermehrung der Saatwucherblume zur Gewinnung autochthonen Saatguts Bei all diesen Themen kommt es immer sehr darauf an, die Hürden möglichst niedrig zu halten. Ein Beispiel: Ich halte immer die Termine für Schnittkurse (Hochstämme) in den Regionen parat. Der Appell an Landwirte, doch solche Kurse zu besuchen, ist allerdings ohne Wirkung. Also gehe ich in bestehende Gruppen von Landwirten und biete in deren eigener Obstwiese einen praktischen Kurs an. Der darf nicht länger als einen Nachmittag dauern. Er wird von mir selbst durchgeführt, oder besser noch: ich stelle einen Kontakt zu einem regionalen Streuobstexperten her. Abb. 4: Gruppentreffen zum Thema Blühstreifen (Foto: Marc Grawitschky) In der Realität sind Landnutzer und Naturschützer getrennt und von einander entfernt. Das gilt für die oft fehlenden Kontakte zwischen diesen Gruppen und es gilt auch für das fehlende Fachwissen. Natürlich gibt es auch unterschiedliche Interessen. Aber schon 28

30 in der Ausbildung erfahren Landwirte und Gärtner wenig über den Naturschutz und Naturschützer wenig über Land- und Gartenbau. Es ist in der Naturschutzberatung sehr lohnend, die Sicht der jeweils anderen Seite zu zeigen und persönliche Kontakte zu vermitteln (Abb. 4). 3.2 Erstellen eines Merkblattes Erstellen eines Merkblattes zur naturnahen und attraktiven Gestaltung von Hofstellen in Zusammenarbeit mit weiteren Autoren: Dieses Heft aus der Bioland-Demeter-FiBL- Reihe ist Anfang 2008 erschienen. Bereits jetzt zeichnet sich ein großes Interesse bei Landwirten und Gärtnern an diesem Thema, so dass es das wichtigste Thema der Wintervorträge wird. Im März 2008 ist die erste Auflage bereits nahezu ausverkauft, so dass eine Neuauflage in Arbeit ist. 3.3 Initiieren und Durchführen eines Blühstreifenprogrammes In Zusammenarbeit mit der Naturschutzberatung in Niedersachsen organisierte ich ein Blühstreifenprogramm in NRW. Landwirte und Gärtner waren aufgerufen, für mehr Blüten in der Agrarlandschaft zu sorgen. Das konnte geschehen durch Aussaat von Blühmischungen (Kulturpflanzen) oder Stehenlassen von Streifen im Dauergrünland und Kleegras. Wir entschieden uns für Mischungen mit Kulturpflanzen, da die Beschaffung von autochthonem Saatgut von Wildpflanzen in NRW zurzeit noch nicht möglich ist. Außerdem wären die Kosten für das Saatgut, das die Landwirte in NRW selbst bezahlen müssen, auch nicht akzeptabel. Die Mischungen mussten folgende Kriterien erfüllen: möglichst viele Arten aus möglichst vielen Pflanzenfamilien, langer Blühzeitraum über mehrere Wochen, keine Arten, die in der nachfolgenden Bewirtschaftung stören, schnelle Bodenbedeckung und damit hohe Unkrautunterdrückung, Hauptvariante für Landwirte mit Cruciferen, Abb. 5: Steinhummel in einem Blühstreifen 29

31 eine Gärtnervariante ohne Cruciferen, eine überwinternde Variante, mindestens 75 % der Mischungspartner aus Ökovermehrung und Einholen der Genehmigung durch eine Kontrollstelle, Zugelassen nach den Vorschriften eines bestimmten Förderprogramms in Niedersachsen, Bundesweite Bündelung aller Bestellungen in einer Firma, damit eine gewisse Mindestmenge zusammenkommt und die Abwicklung für diese Firma möglich wird, Preis etwa in der Höhe für Saatgut von Kleegras. Für Teilnehmer am Blühstreifenprogramm führte die Naturschutzberatung NRW eine individuelle Öffentlichkeitsarbeit durch. Diese bestand aus Ferienspaßaktionen für Menschen von 8 bis 88 und Schülerexkursionen, bei denen die Blühstreifen und die Blütenbesucher erforscht wurden (Abb. 6). Diese waren mit Teilnehmerzahlen von 12 bis 60 immer sehr gut besucht und fanden ein großes Echo in Zeitung und Radio. Abb. 6: Eine Schulklasse erkundet Insekten und Blumen (Foto: Marc Grawitschky) Für den 29. Februar 2008 wird eine überregionale Fachtagung zum Thema Blüten in der Agrarlandschaft vorbereitet. Es geht um die zunehmende Blütenarmut und deren Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt. Auf der Tagung sollen alle Interessengruppen ein Forum finden, gerade auch solche, die es nicht immer nur leicht miteinander haben. Jäger, Naturschützer, Politiker, Behörden, Biologische Stationen, Imker und Landwirte haben alle ein gemeinsames Ziel bei diesem Thema, aber auch sehr viele gegenläufige Interessen. Neben dem Beleuchten der Ursachen stehen vor allem gute Praxisbeispiele im Mittelpunkt. 3.4 Öffentlichkeitsarbeit Dank eines Praktikanten konnten in diesem Herbst weitere Aktionen für Kinder und Erwachsene durchgeführt werden. Wie auch bei der Erforschung der Blühstreifen sind 30

32 wir auf Betriebe gegangen, die etwas Besonderes im Naturschutz machen. Es wurden Streuobstwiesen erkundet und aus den selbst gesammelten Früchten Apfelsaft hergestellt und gekostet. Dabei steht das eigene Tun, das Erlebnis in der Natur und das Erforschen des selbst Entdeckten im Vordergrund. Das ursprünglich als Schlechtwetterprogramm gedachte Basteln von Insektenhotels entpuppte sich als Renner auch auf Hoffesten, Jubiläen usw. (Abb. 7). Abb. 7: Bau eines Insektenhotels (Foto: Andrea Frankenberg) Die landwirtschaftlichen Betriebe machen gern mit, weil ihnen die Aktionen eine gute Resonanz in der Presse bescheren. Dabei bringt uns die Zusammenarbeit mit einer professionellen Presseagentur deutlich mehr Erfolge als die selbstgestrickten Varianten. Natürlich freuen sich die Betriebsleiter auch über die Wertschätzung, die sie über solche Aktionen erfahren. 4. Zusammenfassung und Ausblick Die Naturschutzberatung kommt bei den Betrieben gut an und ist erfolgreich und soll deshalb natürlich fortgesetzt werden. Zurzeit arbeite ich an Anträgen zur Verlängerung des Projektes und Akquise von weiteren Projektmitteln. Anschrift der Verfasserin: Ute Buschhaus, Naturschutzberatung von Bioland NRW und Demeter NRW, Im Hagen 5, Hamm, Tel.: , 31

33 Ansätze einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für Biobetriebe aus Sicht von Naturschutzberatern und beratenen Bauern Erfahrungen aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen Gregor Franz und Thomas van Elsen 1. Einführung Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für die Landwirtschaft ist ein erfolgreicher Weg, Landwirte gezielt bei der Umsetzung von mehr Naturschutz auf ihren Betrieben zu unterstützen. Nachdem bereits früher eine Evaluierung der Naturschutzberatung von Eva Meyerhoff am Kompetenzzentrum Ökolandbau in Niedersachsen unter anderem im Hinblick auf den Arbeitsablauf, die nachgefragten Maßnahmen und die Fördermöglichkeiten für diese Maßnahmen durchgeführt wurde (VAN ELSEN et al. 2003), wurden nun im Rahmen der Diplomarbeit von Gregor FRANZ (2007) die Beratungsansätze aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen näher untersucht, um die dort vorliegenden Erfahrungen für die Weiterentwicklung der Naturschutzberatung verfügbar zu machen: Die Arbeit von Susanne Ewert und Götz Daniel, die für den Ökoring Schleswig- Holstein vom Herbst 2003 bis Ende 2004 eine Einzelbetriebliche Naturschutzberatung anboten. Die Naturschutzberatung durch Ute Buschhaus in NRW, die von den Landesverbänden der Anbauverbände Bioland und Demeter getragen wird. Der Ansatz von Torsten Rentz, der ebenfalls im Rahmen der Naturschutzberatung NRW Betriebe berät und zusätzlich im bei Velbert gelegenen Windrather Tal dortige Biohöfe bei der Entwicklung der Hoflandschaft unterstützt. Im Mittelpunkt der Untersuchung standen die Fragestellungen: Wie ist das Vorgehen der Berater während des gesamten Beratungsprozesses? Welche Aufgaben übernehmen sie, welche nicht? Welche Ziele verfolgen die Berater und welche Schwerpunkte setzen sie bei ihrer Arbeit? Woran messen sie den Erfolg einer Beratung? Wie werden Naturschutzmaßnahmen auf den Betrieben finanziert? Was läuft bei den verschiedenen Ansätzen gut, wo liegen die Stärken? Was läuft nicht gut, wo liegen die Schwächen? Wo gibt es Entwicklungsmöglichkeiten? 2. Methode Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse basieren zum einen auf qualitativen Interviews mit den vier Beratern. Zum anderen werden sechs beratene Landwirte, jeweils drei in Schleswig-Holstein und drei in Nordrhein-Westfalen, in Bezug auf die Beratung befragt. Mit den sechs Landwirten, deren Namen anonymisiert und durch die Buchstaben A F ersetzt werden, wurden ebenfalls qualitative Interviews geführt. Weiterhin erfolgte eine telefonische 32

34 Befragung mit Hilfe eines Fragebogens, in der 30 beratene Landwirte in Schleswig- Holstein erfasst wurden. Diese Untersuchung wird mit quantitativen Methoden ausgewertet. 3. Die untersuchten Ansätze Alle vier Berater bieten ihre Beratungen kostenfrei bzw. sehr kostengünstig für die landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebe an. Die Ansätze beruhen auf Freiwilligkeit, das heißt, der Landwirt nimmt die Beratung aus freien Stücken in Anspruch und es bleibt letztendlich ihm überlassen, ob er die Vorschläge oder Planungen der Berater umsetzt oder dies unterlässt. Eine Besonderheit des Ansatzes in Schleswig-Holstein ist, dass Götz Daniel und Susanne Ewert sich eine ganze Stelle in der Naturschutzberatung geteilt haben und mit der restlichen Arbeitszeit Ökolandbauberatungen durchgeführt haben. Aufgrund des Wegbrechens der Finanzierung für die beiden halben Beraterstellen mussten sie die Naturschutzberatung nach 15 Monaten Laufzeit einstellen. Die Beratungen von Ute Buschhaus und Torsten Rentz laufen dagegen weiterhin. 4. Grundsätzliches Vorgehen der Berater Bei allen untersuchten Beratungsansätzen finden bei umfangreicheren Fragestellungen Betriebsbesuche mit Landschaftsbegehung statt. Dabei erfolgt ein intensiver Austausch mit dem Landwirt und evtl. weiteren mitspracheberechtigten Personen. Nach dem Betriebsbesuch bearbeiten die Berater die Wünsche der Landwirte bzw. planen die Umsetzung der Maßnahme, falls bereits etwas konkret geworden ist. Die Berater kümmern sich auch um die Akquise von Geldmitteln und um das Mobilisieren ehrenamtlicher Helfer. Abb. 1: Hof von Landwirt B, Schleswig-Holstein 33

35 5. Die Beratungsansätze Einige bedeutsame und charakteristische Aspekte der einzelnen Beratungsansätze sollen hier beginnend mit der Arbeit von Götz Daniel beispielhaft herausgestellt werden. 5.1 Zentrale Aspekte des Ansatzes von Götz Daniel (Schleswig-Holstein) Götz Daniel und seine Kollegin Susanne Ewert haben monatlich einen Naturschutz- Rundbrief verfasst und an ökologische und auch an einige konventionelle Betriebe in Schleswig-Holstein verschickt. Durch den Rundbrief konnten sie die Landwirte auf das Beratungsangebot aufmerksam machen und ihnen Anregungen geben. Die Landwirte äußerten sich sehr positiv bezüglich des Rundbriefes. Viele haben sich daraufhin telefonisch gemeldet und ihre Beratungswünsche geäußert. Bei umfangreicheren Fragestellungen wurde dann ein Besuchstermin vereinbart. In der Auswertung der Befragung von 30 Landwirten per Telefon zeigt sich, dass es einen deutlichen Zusammenhang bei der Häufung von Nachfragen und den im Rundbrief behandelten Themen gibt (wobei sich die im Rundbrief behandelten Themen natürlich auch am Interesse der Landwirte ausgerichtet haben). Es ist weiterhin anzunehmen, dass auch solche Landwirte, die sich nicht an die Beratung gewandt haben, Anregungen aus den Rundbriefen aufgegriffen haben. Tabelle 1 gibt einen Überblick über den Beratungsansatz. Tab. 1: Beratungsansatz Götz Daniel, Schleswig-Holstein Themenkreis Kernpunkt G. Daniel Landwirte Vorgehensweise Rundbrief V V Ausgangssituation Prüfbogen V V Feldrundgänge V V Vergegenwärtigung von Auswirkungen auf die Landschaft V V Hinweis auf ökologische Missstände V Betrieb als Gesamtheit erfassen V V Problematische Mittelakquise Landwirtschaftliche Kenntnisse V V Beratungserfahrung V V Kontakte über Ökolandbauberatung V V Beraterstelle Zwei halbe Stellen --- Einstellung der Beratung nach 15 Monaten Götz Daniel hat im Vorfeld seiner Tätigkeit in der Naturschutzberatung den sog. Prüfbogen Naturschutz im Ökolandbau entwickelt, mit dessen Hilfe auf den Betrieben die naturschutzrelevante Ist-Situation erfasst werden kann (Abb. 2). Die Anwendung des Prüfbogens trifft auf sehr positive Resonanz bei den Betriebsleitern. Landwirt B äußert, dass er mit Hilfe der Unterstützung durch die Beratung und durch die Erfassung und Bündelung der Naturschutzelemente auf seinem Betrieb über Anwendung des Prüfbogens einen Förderpreis im Naturschutz gewonnen habe. Auch nachdem Götz 34

36 Daniel nur noch kostenpflichtige Ökolandbauberatungen anbietet, melden sich von Zeit zu Zeit Landwirte, die eine Bewertung ihres Betriebes mit Hilfe des Prüfbogens erfragen. Götz Daniel betont die Bedeutung des Feldrundgangs mit den Landwirten und die Notwendigkeit, sich die Auswirkung von anvisierten Maßnahmen auf das Landschaftsbild schon bei den Planungen zu vergegenwärtigen. Während der Betriebsbesichtigung weist der Berater auch auf ökologische Missstände hin, wenn er diese antrifft. Verliert ein Schlepper beispielsweise Öl, so wird dies angesprochen. Bei den Beratungen ist es Götz Daniel wichtig, den Betrieb als Ganzes mit seinen sozialen und ökonomischen Gegebenheiten zu erfassen und die Fragen des Landwirts nicht losgelöst zu bearbeiten. Als schwierig hat sich in Schleswig-Holstein die Akquise von Geldern zur Finanzierung von Maßnahmen auf den Höfen herausgestellt. Der Berater weist darauf hin, dass relativ wenige finanzkräftige Firmen im nördlichen Bundesland angesiedelt sind, die Maßnahmen sponsern könnten und die Bedeutung der Agrarumweltprogramme für Maßnahmenumsetzungen begrenzt ist. In Schleswig-Holstein wurden 40% der mit dem Berater geplanten Maßnahmen letztendlich verwirklicht. Die Gründe für das Ausbleiben der Umsetzung sind insgesamt vielfältig, an erster Stelle steht jedoch ganz klar das Fehlen von finanziellen Mitteln, um die Kosten der Maßnahme abzudecken. Abb. 2: Der Prüfbogen aus Naturschutz praktisch (VAN ELSEN & DANIEL 2000) Auch Fähigkeiten und Kenntnisse auf der Seite des Beraters sind für eine erfolgreiche Beratung von Bedeutung. Sehr gut kommt bei den Betriebsleitern an, dass der Berater über landwirtschaftliche Praxiskenntnisse und Beratungserfahrung durch die Ökolandbauberatung verfügt. Die Landwirte betonen, dass sehr gut auf sie, ihre Wünsche und die Belange ihres Betriebes eingegangen wurde. Über die landwirtschaftliche Beratung lässt sich nach den Äußerungen Götz Daniels sehr gut der Kontakt herstellen zu den 35

37 Landwirten, die dann schon eine Vertrauensbasis zu dem Berater aufgebaut haben. Das Vertrauen der Kunden ist für den Erfolg der Naturschutzberatung ein weiterer entscheidender Punkt. Als eher ungünstig zu beurteilen ist bei dem betrachteten Ansatz die Tatsache, dass zwei Berater mit je einer halben Stelle tätig waren. Da der Bereich sehr umfangreich und die Einarbeitung in die zahlreichen Themenfelder zeitaufwändig ist, ist eher eine ganze Stelle zu befürworten. Weiterhin ist aus Sicht der Landwirte bedauerlich, dass die Beratung nach einer Laufzeit von 15 Monaten eingestellt werden musste. Begonnene Projekte konnten danach nicht mehr weiter betreut werden. Interessant ist besonders die Mitteilung von Landwirt A, dass viele seiner (ökologisch wirtschaftenden) Berufskollegen in den Startlöchern stünden, freiwillig mehr für den Naturschutz auf ihren Höfen zu tun. Notwendig sei jedoch die Unterstützung durch einen Ansprechpartner und auch die Option finanzieller Förderungen. An der Aufnahme des gesamten Betriebs mit dem Prüfbogen, dem Hinweis auf ökologische Missstände, der Beachtung sozialer und ökonomischer Komponenten sowie weiterer Einzelpunkte in dem Interview zeigt sich die gesamtbetriebliche Perspektive, aus der Götz Daniel die Betriebe betrachtet. Auch wenn es in erster Linie darum geht, bei der Umsetzung von Einzelmaßnahmen zu unterstützen bzw. Einzelfragen zu beantworten, so erklärt Götz Daniel doch auch eine Ökologisierung des Gesamtbetriebs zum Beratungsziel. Die Zufriedenheit der befragten Landwirte mit dem Vorgehen des Beraters ist insgesamt sehr hoch. 5.2 Zentrale Aspekte des Beratungsansatzes von Susanne Ewert (Schleswig-Holstein) Der Ansatz von Susanne Ewert (Abb. 3) weist naturgemäß einige Überschneidungen mit dem von Götz Daniel auf, da beide bei den Beratungen zusammengearbeitet haben. So Abb. 3: Susanne Ewert bei einem Vortrag auf der Insel Vilm 36

38 gilt das im vorigen Kapitel über den Rundbrief, die Mittelakquise und über die Einstellung der Beratung nach 15 Monaten Gesagte für Susanne Ewert analog. Bei der Vorbereitung auf den Betriebsbesuch nutzt die Beraterin den Umweltatlas im Internet, der für Schleswig-Holstein Kartenmaterial bereithält, aus dem unter anderem der Schutzstatus einzelner Gebiete hervorgeht. Entsprechende Ausdrucke bringt sie auch auf die Betriebe mit, um diese den Landwirten zeigen zu können. Bereits auf der Hinfahrt zum Betrieb nimmt die Beraterin aufmerksam die Landschaft wahr, die den Hof umgibt. Auf dem Betrieb selber findet der größte Teil der Arbeit an den entsprechenden Flächen statt und nur ein geringer Teil in der Küche am Tisch. Auch Susanne Ewert betont die Vorteile, die daraus entstehen, dass sie als Ökolandbauberaterin bereits den Landwirten bekannt ist. Die Hemmschwelle, bei der Beratung anzurufen, ist vor diesem Hintergrund gering. Zu wiederholen ist das bereits bei Götz Daniel Gesagte: Landwirtschaftliche Kenntnisse und Beratungserfahrung der beratenden Person sind wichtig, und diesen Aspekt loben die befragten Landwirte auch ausdrücklich bei Susanne Ewert. Besonders wichtig findet diese, Veranstaltungen für Landwirte durchzuführen, bei denen Kenntnisse und Wissen zum Naturschutz vermittelt werden. Praktisch können diese Veranstaltungen auf Höfen stattfinden, wo sie mit dem Betriebsleiter und weiteren angereisten Landwirten gemeinsame Rundgänge unternimmt. Die Beraterin berichtet von einer solchen Veranstaltung, an der 60 Landwirte teilgenommen haben. Die große Resonanz zeigt auch das Interesse der Landwirte an naturschutzfachlicher Kenntnisvermittlung. Insgesamt ist die Zufriedenheit der Landwirte mit dem Vorgehen der Beraterin sehr hoch. Ihr Ziel ist neben der Verwirklichung von geplanten Maßnahmen die Sensibilisierung und Motivation der Landwirte und die Kenntnisvermittlung (s. Tab. 2). Tab. 2: Beratungsansatz von Susanne Ewert, Schleswig-Holstein Themenkreis Kernpunkt S. Ewert Vorgehensweise Rundbrief V V Landwirte Vorbereitung: Informieren über die betreffende Gegend V Landschaft um den Betrieb wahrnehmen auf der Hinfahrt V Feldrundgänge V V Problematische Mittelakquise Schulungen/Informationsveranstaltungen V V Ausgangssituation Landwirtschaftliche Kenntnisse V V Beratungserfahrung V V Kontakte über Ökolandbauberatung V V Geringe Hemmschwelle der Landwirte durch Ökolandbauberatung Beraterstelle Einstellung der Beratung nach 15 Monaten V V 37

39 5.3 Zentrale Aspekte des Beratungsansatzes von Beraterin Ute Buschhaus (NRW) Ute Buschhaus (Abb. 4) schreibt kurze Artikel in landwirtschaftlichen Mitteilungsblättern, im Internet und in den Zeitschriften der Anbauverbände, um die Landwirte auf bestimmte Themen und das Beratungsangebot aufmerksam zu machen. Melden sich interessierte Landwirte per Telefon, erkundigt sich die Beraterin ausführlich über den Beratungsgegenstand. Es wird z.b. besprochen, was genau die Wünsche des Beratungssuchenden sind und bis wann etwas fertig gestellt werden soll. Diese Telefonate können eine Viertelstunde bis zu einer halben Stunde dauern. Zur Vorbereitung eines Betriebsbesuches ruft Ute Buschhaus im Einverständnis mit dem Betriebsleiter bei Behör- Abb. 4: Ute Buschhaus auf der Naturschutzberatungs-Tagung in Witzenhausen Tab. 3: Beratungsansatz von Ute Buschhaus, Nordrhein-Westfalen Themenkreis Kernpunkt U. Buschhaus Landwirte Vorgehensweise Artikel in unterschiedlichen Medien V V Vorbereitung: Ausführliches Telefonat Vorbereitung: Informieren bei Behörden über die betreffende Gegend Landschaft um den Betrieb wahrnehmen auf der Hinfahrt Feldrundgänge zur Informationssammlung und Ideenfindung Betrieb ökonomisch als Gesamtheit erfassen V V Problematische Mittelakquise Ämterkontakt "nach Wunsch" V V "Naturschutz für wenig Geld" V V Kontakte zu Personen der Naturschutzszene V V Ausgangssituation Landwirtschaftliche Kenntnisse V V Beratungsmethodische Ausbildung V V Vertrauen über Ökolandbauberatung V V V V V V 38

40 den an und erkundigt sich über Naturschutzplanungen und -ziele in der betreffenden Gegend. Wie Susanne Ewert schaut sich auch Ute Buschhaus die Landschaft um den Betrieb bei der Hinfahrt aufmerksam an und fährt die letzten 1000 Meter langsamer. Die Feldrundgänge mit dem Betriebsleiter nutzt die Beraterin zur Informationssammlung über den Beratungsgegenstand und auch zur Ideenfindung. Ute Buschhaus betont, den zu beratenen Betrieb ökonomisch als Ganzes zu erfassen und den Beratungswunsch nicht losgelöst vom Betriebszusammenhang zu bearbeiten. Dies trifft auf die volle Zustimmung der Landwirte. Auch Ute Buschhaus kommen ihre landwirtschaftlichen Kenntnisse und ihre 16-jährige Beratungserfahrung als landwirtschaftliche Beraterin in Nordrhein-Westfalen zugute. Speziell mit Personen der Naturschutzszene ist die Beraterin bemüht, Kontakte zu knüpfen. So kann sie im Falle von Spezialfragen die Landwirte auch auf Experten verweisen und als Schaltstelle fungieren. Werden konkrete Maßnahmen auf den Betrieben anvisiert, kümmert sich Ute Buschhaus um die Organisation eines Kreises von ehrenamtlichen Unterstützern für die praktische Umsetzung. Hier kommen von Schulklassen bis zu Naturschutzgruppen verschiedene Ansprechpartner in Betracht. Ist die Kontaktaufnahme und der Dialog mit Behörden notwendig, unterstützt Ute Buschhaus die Landwirte, soweit diese das wünschen. Problematisch ist wie auch in Schleswig-Holstein die Akquise von Mitteln (über Projekte bei Stiftungen oder aus ähnlichen Quellen) zur Umsetzung von Maßnahmen auf den Betrieben. Auch die Agrarumweltprogramme wurden in Nordrhein-Westfalen in der neuen Förderperiode gekürzt. Ute Buschhaus verstärkt deshalb ihr Engagement im Bereich von Maßnahmen, die geringen finanziellen Aufwand für die Betriebe bedeuten. Hier ist zum Beispiel die Anlage von Blühstreifen zu nennen. Die befragten Landwirte äußern sich insgesamt sehr zufrieden bezüglich der Zusammenarbeit mit der Beraterin. Ziel der Beraterin ist die Bearbeitung der Beratungswünsche zur Zufriedenheit der Kunden und die Umsetzung von Maßnahmen des Naturschutzes (Tab. 3). 5.4 Zentrale Aspekte des Beratungsansatzes von Berater Torsten Rentz (NRW) Torsten Rentz berät seit 2001 Biohöfe im Windrather Tal in Nordhein-Westfalen bei der gezielten Entwicklung ihrer Hoflandschaft. Zunächst unternimmt der Berater intensive Abb. 5: Torsten Rentz (Mitte) auf dem Schepershof im Windrather Tal 39

41 Landschaftswahrnehmungen gemeinsam mit den Bewirtschaftern. Auf Grundlage der bei den Landschaftswahrnehmungen gewonnenen Eindrücke werden Konzepte zur Landschaftsentwicklung entworfen. Auf dem Wege der Landschaftsbetrachtung ist es Ziel von Torsten Rentz, die Wahrnehmung für die Landschaft bei den Landwirten zu verfeinern, sie in dieser Richtung zu sensibilisieren und Bewusstsein zu schaffen. Ein grundsätzliches Zukunftsbild der Landschaft soll bei den Landwirten entstehen. Auf der Grundlage dieses Zukunftsbildes bzw. mit dem Ziel, dieses Bild zu erreichen, sollen die Landwirte in die Lage versetzt werden, ihre Hoflandschaft selbstständig weiterzuentwickeln. Die Bewirtschafter sind aus der genauen Kenntnis ihres Betriebes heraus am besten in der Lage, Maßnahmen gut in den Betriebsablauf zu integrieren (Tab. 4). Der befragte Landwirt F äußert sich sehr positiv über die Auswirkungen der Beratung: Die Teilnehmer der gemeinsamen Landschaftsbetrachtungen erfahren dabei Aha-Erlebnisse. Bei ihm selber habe zudem eine naturschutzfachliche Wissenserweiterung und auch eine Sensibilisierung in dieser Hinsicht stattgefunden. Tab. 4: Beratungsansatz von Torsten Rentz, Nordrhein-Westfalen Themenkreis Kernpunkt T. Rentz Landwirte Vorgehensweise Vorstrukturieren der Treffen der Landschaftsgruppe V Gemeinsame, intensive Landschaftswahrnehmung V V Konzeptentwicklung auf Grundlage der gewonnenen Eindrücke V V Anleitung zur selbstständigen Landschaftsentwicklung V V Motivation und Sensibilisierung V V Bildung der Landschaftsgruppe V V Ziel des Beraters ist eine umfassende Kulturlandschaftsentwicklung im Einflussbereich des beratenen Hofes. Der von ihm verfolgte Ansatz ist eindeutig gesamtbetrieblich ausgerichtet. Nicht die Umsetzung einer einzelnen Maßnahme ist das Ziel, sondern die Entwicklung der Hoflandschaft über gezielte Maßnahmen, die als Einzelschritte auf dem Weg anzusehen sind. Auf einem der Betriebe hat sich eine Gruppe von interessierten Personen aus dem Hofumfeld gebildet, die unter Anleitung von Torsten Rentz die praktischen Tätigkeiten der Landschaftsgestaltung durchführt. Mit der sogenannten Landschaftsgruppe, die sich regelmäßig trifft, führt Torsten Rentz zunächst die oben angesprochene intensive Landschaftswahrnehmung durch. Idealerweise nehmen auch die Bewirtschafter des Betriebes an den Treffen teil, was jedoch zeitlich nicht immer möglich ist. Im Vorfeld strukturiert Torsten Rentz den Ablauf eines solchen Treffens und organisiert gegebenenfalls die notwendigen Werkzeuge für die praktische Durchführung von Maßnahmen. 40

42 6. Synthese und Ausblick Die betrachteten Ansätze der Naturschutzberatung haben gezeigt, dass bei den Landwirten großes Interesse und Bedarf an Naturschutzberatung besteht. Viele Landwirte haben sich bei den Beratungsstellen gemeldet und Beratung in Anspruch genommen. Die Aussage des Landwirtes A sei hier zitiert: Er sagt, dass viele seiner Berufskollegen viel für den Naturschutz zu tun bereit wären, wenn Beratung und auch finanzielle Unterstützung zur Deckung von Aufwendungen vorhanden wären. Ähnlich äußert sich Landwirt E; er gibt zu bedenken, dass er mit seinem eher kleinen Betrieb nicht mit Großbetrieben konkurrieren kann und die einzige Möglichkeit, seinen Hof am Laufen zu halten darin sieht, Naturschutz zu betreiben. Der Prestigegewinn für seine Produkte und die Förderungen könne die relativ geringe Betriebsgröße aufwiegen. Unterstützung durch eine versierte Beratung ist für ihn hierbei von großer Bedeutung. Auch besteht ein umfangreiches Weiterbildungsinteresse bei Ökolandwirten im Naturschutz. Die gute Resonanz auf die erwähnte Veranstaltung in Schleswig-Holstein sowie frühere Befragungen von Landwirten zu diesem Thema (NIEDERMEIER et al. 2003) belegen dies. Die Betrachtung der untersuchten Ansätze weist bereits zahlreiche Elemente gesamtbetrieblicher Beratung in der Vorgehensweise der Naturschutzberater auf, z.b. die Erfassung des Gesamtbetriebs mit Hilfe des Prüfbogens durch die Berater. Diese Vorgehensweise auszubauen erscheint vielversprechend, da dadurch der Gesamtbetrieb erfasst und Möglichkeiten, die sich für den Naturschutz ergeben, umfassend mit einbezogen werden können. Es wäre möglich, ein Zukunftsbild im Sinne der Vorgehensweise von Torsten Rentz für die Betriebsleiter zu erarbeiten, an deren Umsetzung diese dann selbstständig weiter arbeiten könnten. Die Möglichkeit der Finanzierung einer solchen gesamtbetrieblichen Beratung über ELER ist für die einzelnen Bundesländer zu prüfen. 7. Zusammenfassung Naturschutzberatung für die Landwirtschaft ist ein Konzept zur Unterstützung der Landwirte beim freiwilligen Naturschutz und der Landschaftsentwicklung. Insgesamt erfolgreich und zur Zufriedenheit der Landwirte bieten bzw. boten die vier im Rahmen der Diplomarbeit untersuchten Berater in den Bundesländern Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen freiwillige und kostenlose Naturschutzberatung an. Zur Weiterentwicklung der Beratungskonzepte bietet sich eine stärkere Ausrichtung hin zu einem gesamtbetrieblichen Ansatz an. Partiell haben die Berater eine solche Herangehensweise bereits erfolgreich in ihre Beratungen integriert. 8. Literaturverzeichnis VAN ELSEN, T., DANIEL, G. (2000): Naturschutz praktisch. Ein Handbuch für den ökologischen Landbau. (Praxis des Ökolandbaus) Bioland Verlag, Mainz, 108 S. VAN ELSEN, T., KEUFER, E., GOßE, A., DIENER, J. (2003): Naturschutzberatung für den Ökologischen Landbau eine Projektstudie zur Integration von Naturschutzzielen auf Biohöfen. Abschlussbericht zum Projekt 02OE459, gefördert vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) im Rah- 41

43 men des Bundesprogramms Ökologischer Landbau. Witzenhausen, 263 S., Download unter: FRANZ, G. (2007): Naturschutzberatung für die Landwirtschaft Vergleich von Ansätzen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, Diplomarbeit, Universität Kassel, Witzenhausen, 98 S. NIEDERMEIER, M., VAN ELSEN, T., DIENER, J., RÖHRIG, P. (2003): Naturschutz auf Ökobauernhöfen. Ergebnisse einer bundesweiten Befragung von Naturland Betrieben und Abstimmung des Handlungsbedarfes der Öko-Anbauverbände im Rahmen eines Workshops, Gräfelfing / Witzenhausen, 36 S. Download unter: pressemeldungen/download/pdf-files/naturland_studie.pdf Anschriften der Verfasser: Gregor Franz, Universität Kassel, Am Sande 1A, Witzenhausen, Tel.: , grefranz@web.de Dr. Thomas van Elsen, FiBL Deutschland e.v., Standort Witzenhausen, Nordbahnhofstr. 1a, Witzenhausen, Tel.: , Thomas.vanElsen@fibl.org, 42

44 Einzelbetriebliche Naturschutzberatung in der Landwirtschaft als Jobperspektive? Erfahrungsbericht aus Rheinland-Pfalz Susanne Hildebrandt 1. Gibt es in Rheinland-Pfalz einen Bedarf für eine einzelbetriebliche Naturschutzberatung? Der Ansatz einer betriebsorientierten Naturschutz- und Umweltberatung in der Landwirtschaft erscheint neben den Umweltmaßnahmen innerhalb der EU-Agrarförderung bei den vielen zukünftig zu bewältigenden Aufgaben, wie Umsetzung NATURA 2000 Umsetzung Wasserrahmenrichtlinie Einhaltung von Umweltstandards Umsetzung Eingriffsregelung Anbau von Energiepflanzen und nachwachsenden Rohstoffen Ländliche Entwicklung und Demografischer Wandel Klimawandel vielversprechend, doch wie sieht es konkret in Rheinland-Pfalz aus? 2. Hintergrund Vertragsnaturschutz in Rheinland-Pfalz In Rheinland-Pfalz hat sich seit ca. 15 Jahren das Instrument des Vertragsnaturschutzes bewährt. Ausgangspunkte waren Biotopsicherungsprogramme, denen die Fördermaßnahmen im Rahmen des Förderprogramms Umweltschonende Landbewirtschaftung (FUL) und das ab 2007 neu aufgelegte Programm Agrar-Umwelt-Landschaft (PAULa) folgten. Abb. 1: Schachbrettfalter 43

45 Mit den Programmen FUL und PAULa werden Maßnahmen in den Bereichen ökologische Wirtschaftsweise, Ackerbau, Obstbau, Grünlandbewirtschaftung, Weinbau/Steil- und Steilstlagenweinbau und Vertragsnaturschutz gefördert. Die bereitgestellten Mittel werden seit 1998 voll ausgeschöpft, Finanzengpässe gibt es seit In 2007 werden bei den Vertragsnaturschutzprogrammen in PAULa nur noch NATURA 2000 Flächen aufgenommen. In FUL werden ca Betriebe mit einer Flächen von ha. (ca. 25 % der Landfläche von Rheinland-Pfalz) gefördert. Für die Umsetzung der Förderprogramme und die Betreuung der Vertragsnaturschutzflächen gibt es in jedem Landkreis Biotopbetreuer und FUL/PAULa-Berater, weitere Natur- und Umweltschutzbelange werden über die Cross-Compliance-Beratung abgedeckt. (Quellen: und 3. Bedarfsrecherche einzelbetriebliche Naturschutzberatung Perspektiven in Rheinland-Pfalz? Gibt es in diesem bestehenden und bewährten System in Rheinland-Pfalz noch einen zusätzlichen Bedarf an einer einzelbetrieblichen, freiwilligen Naturschutzberatung und kann ich damit als Beraterin Geld verdienen? Nach einer ausgiebigen telefonischen Recherche in 2006 zeichnet sich für Rheinland- Pfalz das nachfolgend tabellarisch zusammengefasste Meinungsbild ab. Tab. 1: Meinungsbilder der Ökolandbauverbände und der landwirtschaftlichen Verwaltungen zum Beratungsbedarf (Quelle: telefonische Befragung in 2006) Bioland Demeter Naturland ecovin Stiftung Ökologie & Landbau Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz (MUFV), Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG), Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Kompetenzzentrum Ökolandbau (DLR-KÖL) Naturschutzberatung durch interne Berater ist bundesweit geplant Potenzial zur Verbesserung ist vorhanden, Stärkung der Regionalvermarktung ist Thema Naturschutz ist bereits Thema in den Betrieben, eher wenig Interesse Verband schätzt Bedarf als unrelevant ein, mit Naturschutzverbänden wird bereits eng zusammengearbeitet Naturschutzberatung steht und fällt mit der Finanzierung Bedarf nach einer freihändigen Naturschutzberatung wird es nicht geben Abdeckung über DLR, Biotopbetreuer und FUL/PAULa- Berater, Cross-Compliance-Beratung Modellprojekt einzelbetrieblicher Naturschutzplan in NATURA 2000-Gebieten wird demnächst vom MUFV/LUWG und DLR erprobt 44

46 Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz hat einen Handlungsbedarf im Naturund Umweltschutzsektor für sich entdeckt und gründete Anfang Dezember 2006 die Stiftung zur Förderung der Kulturlandschaft (KULA) in RLP. Auch die Fachhochschule Bingen setzt auf zukünftige fachübergreifende Lösungswege und bietet seit Herbst 2006 einen neuen Masterstudiengang an: Landwirtschaft und Umwelt. Die aufgezeigten Beispiele geben ein heterogenes Bild wieder und zeigen, dass Landwirtschaft und Umwelt stark in Modelle und Programme der EU, des Bundes und der Länder eingebunden sind. Viele Interessensvertretungen, Institutionen, Verbände und Berater beackern bereits das Feld für eine Initiative zur einzelbetrieblichen Naturschutzberatung verbleibt da kaum noch Spielraum. Die Ergebnisse dieser Bedarfsrecherche sind als Beitrag aus Rheinland-Pfalz im Workshop Einzelbetriebliche Naturschutzberatung für die Landwirtschaft Initiativen vernetzen! Dezember 2006 in Witzenhausen von mir präsentiert worden. 4. Gibt es doch einen Bedarf? Ergebnisse der Initiativveranstaltung Biologische Vielfalt und Kulturlandschaftswandel 4.1 Veranstaltungsrahmen Als Initiative zur Einzelbetrieblichen Naturschutzberatung organisierte ich am 14. Februar 2007 in Rhens (Landkreis Mayen-Koblenz) eine Veranstaltung zum Thema Biologische Vielfalt und Kulturlandschaftswandel. Die Veranstaltung lief im Rahmen des Programms Von der Forschung in die Praxis: Veranstaltungen zum Wissenstransfer für Erzeuger, Verarbeiter und Händler von Öko-Produkten und wurde vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau gefördert. Ziel der Veranstaltung war es, aktuelle Informationen zum Thema Biologische Vielfalt und Kulturlandschaftswandel weiter zu geben, Projektbeispiele aus anderen Regionen und aus einzelnen Betrieben vorzustellen und Gelegenheit zur fachlichen Diskussion und zum persönlichen Austausch zu bieten. Neben Fachvorträgen wurde ein Workshop Abb. 2: Vortrag einer Fachreferentin 45

47 zur Biologischen Vielfalt auf dem eigenen Betrieb angeboten, um eigene und gemeinsame Gestaltungsspielräume kennen zu lernen. In der Pause gab es Gelegenheit zum Abendessen mit regionalen Produkten. Als Fachreferenten engagierten sich: Dipl.-Ing. agr. Eckart Grundmann (Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise e.v., Darmstadt) Dipl.-Ing. Landschaftsplanung Nicole Krüger (Stiftung Ökologie & Landbau, Bad Dürkheim und Netzwerk Blühende Landschaft). Bei der Moderation hat mich Dr. Birgitta Goldschmidt (Stadt-und-Natur, Koblenz) kompetent unterstützt. Die Veranstaltung richtete sich an Direktvermarkter- ( Heimat schmeckt, Natürlich ) und Streuobst-Initiativen aus der Region, an Ökolandwirte und Landwirte, Winzer, Gärtner und Imker, an Fachleute und Fachberater aus Verwaltung und Verbänden, an alle Interessierten und an Interessenvertreter aus dem grünen Bereich. Das angesprochene Publikum ist gekommen und trotz der langen Veranstaltungsdauer war die Stimmung bis zum Schluss sehr gut. Die Bewertung der Veranstaltung durch die Teilnehmer anhand der verteilten Auswertungsbögen war durchweg positiv. 4.2 Inhalt der Fachvorträge Biologische Vielfalt und Kulturlandschafswandel (Dipl.-Ing. agr. Susanne Hildebrandt) Wandel der Kulturlandschaften und Landschaftsbilder anhand von Beispielen aus der Region (Mittelrheintal, Moseltal) und an Beispielen der Veränderung der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Nutzungsformen Informationen zur Situation der Biologischen Vielfalt in Deutschland und zu den Ursachen des Artenrückganges Meinungsbilder zum Wert der Natur in der Gesellschaft und zum Thema Landwirtschaft und Naturschutz. Impulse in der Kulturlandschaft Perspektiven der biologischen Vielfalt in der Betriebsentwicklung (Dipl.-Ing. agr. Eckart Grundmann) Möglichkeiten naturschutzwirksamer Maßnahmen in der Landwirtschaft Konkrete Beispiele aus einzelnen Betrieben und aus der Forschungspraxis Möglichkeiten der Anbau- und Artenvielfalt auch in der Anbaufläche. Blühende Kulturlandschaft Erfahrungen aus der Netzwerkarbeit und dem Projekt Blühender Chiemgau (Dipl.-Ing. Landschaftsplanung Nicole Krüger) Situation der Bienen und blütenbesuchenden Insekten Die Arbeit des Netzwerkes Blühende Landschaft Aktuelle Verleihung des Förderpreises Naturschutzhöfe am 13. Februar 2007 (Förderpreis des Bundesamt für Naturschutz und der Stiftung Ökologie & Landbau) Vorstellung von Projekten aus anderen Regionen: Blühender Chiemgau (Region Aktiv, Netzwerk Blühende Landschaft) und EVA (NABU Landesverband Baden- Württemberg, Evangelische Landeskirchen, Evangelisches Bauernwerk, Netzwerk Blühende Landschaft). 46

48 4.3 Ergebnisse Workshops Workshop 1: Erfolgreiche Initiativen Ein Heimat schmeckt Betrieb will zur Förderung der Artenvielfalt entlang seiner Ackerflächen Blühstreifen anlegen, Beratung bzgl. Saatgut und Saatgutmischung erhält er vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück. Ein anderer Heimat schmeckt Betrieb plant, verstärkt Blütenstauden anzubauen, bzgl. der Stauden wendet er sich direkt an einen Kräuterhof-Betrieb der Direktvermarkter- Initiative Natürlich des Rhein-Lahn-Kreises. Die Streuobstinitiative Bitz Hunsrück wird blütenreiche Säume und Flächen auf ihren Streuobstflächen anlegen, erste erfolgreiche Versuche wurden bereits gemacht. Die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz (Referat Landwirtschaft) und das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum wird die Blühende Landschafts-Akteure bzgl. der Fördermöglichkeiten über PAULa (Programm Agrar-Umwelt-Landschaft) beraten. Abb. 3: Ergebnisse des Workshops 1 Es besteht Interesse die Gartenschauen in Bingen (2008) und Koblenz (2011) über ein Blühendes Mittelrheintal miteinander zu verbinden. Hierbei sind zunächst die Fördermöglichkeiten über z.b. LEADER zu prüfen Workshop 2: Probleme! Lösungen? Was ist trotzdem machbar? Eine bessere Vernetzung mit andern Landwirten wird angestrebt, das kann z.b. in Form eines Landwirtschaftlichen Stammtisches erfolgen. Hier können gute Beispiele aus der Naturschutzarbeit auf dem Hof mit Vorbildcharakter ausgetauscht werden. Ganz wichtig ist die oft fehlende Wertschätzung der landwirtschaftlichen Tätigkeit in der Bevölkerung hier ist viel mehr Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit erforderlich. 47

49 Wie gefährlich achtlos weggeworfener Müll in Weidetiermägen ist, das ist vielen Menschen gar nicht bewusst. Besondere Zielgruppe sind hier die Kinder und Jugendlichen auch als Kunden von Morgen. Die vor 15 Jahren bei mir am Kartoffelfeuer gesessen haben, kaufen heute bei mir ein, weiß ein Landwirt zu berichten. Abb. 4: Während des Workshops 2 erarbeitete Ergebnisse an der Pinnwand Wesentlich bei der Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen ist die ganz ehrliche Information über die Produktionsabläufe der heimelige Bauernhof aus dem Bilderbuch stimmt mit der Realität eines landwirtschaftlichen Produktionsbetriebes von heute nicht mehr überein. Als erste Projektideen zur Einbindung von Kindern und Jugendlichen werden genannt: Vom Saatkorn zum Brot, Schulgärten auf landwirtschaftlichen Flächen und Kartoffelfeuer-Fest. 5. Beratungsbedarf und Ausblick Als Ergebnis der Initiativveranstaltung zur einzelbetrieblichen Naturschutzberatung kann festgehalten werden, dass ein großes Bedürfnis nach fachlichem Austausch und offener Diskussion besteht. Weitere Veranstaltungen zu diesem sehr vielfältigen Thema werden gewünscht. 48

50 Die Weitergabe von Fachinformationen und die Beratung bei der praktischen Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im Betrieb sind verbesserungswürdig. Es fehlen z.b. konkrete Informationen bzgl. Ertragsminderungen bei verschiedenen Naturschutzmaßnahmen innerhalb der Anbauflächen. Auch ist nicht immer klar, wer in den Fachbehörden und Verbänden Ansprechpartner für spezielle Fragestellungen ist (z.b. Saatgut, Saatmethoden, Maschineneinsatz usw.). Die zunehmende Formalisierung und Überwachung der landwirtschaftlichen Betriebe und Agrarumweltmaßnahmen verhindert eigenständiges Handeln und nimmt vielen Landwirten die Freude daran, etwas für die Natur zu tun. Die Kontrollen u.a. der Landschaftselemente via Satellit und Luftbildaufnahmen kommen hierbei gar nicht gut an. Hierdurch vertiefen sich leider auch die Gräben zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Zukunftswünsche für mehr Natur mit der Landwirtschaft: Informationsaustausch und offene Diskussion zwischen Landwirtschaft und Naturschutz fördern! Chancen aufzeigen, über Netzwerke informieren, Exkursionen zu den Demonstrationsbetrieben und Naturschutzhöfen anbieten, bestehende Programme und Projekte mit Leben füllen (Lernen auf dem Bauernhof usw.)! Mehr auf die Bedürfnisse der einzelnen Betriebe eingehen! Partizipation und Eigenständigkeit der Landwirte wieder fördern! Nicht noch mehr Vorschriften Experimentieren lassen! Anschrift der Verfasserin: Susanne Hildebrandt Ing. Büro für Umweltplanung, Trierer Straße 25, Koblenz, Tel.: , 49

51 Oberösterreich setzt ein Zeichen Naturschutzberatung für Biobetriebe Waltraud Gadermaier 1. Wie es dazu kam Es ist an der Zeit, dass der Naturschutzbund Österreich und die biologische Landwirtschaft einen gemeinsamen Weg zu beiderseitigem Nutzen gehen. Als erster Bioverband in Österreich hat sich der kleine Bioverband Erde & Saat mit dem Thema der Integration von Naturschutzmaßnahmen in den Biolandbau beschäftigt. So wurden, ähnlich wie in der Schweiz, verpflichtende Maßnahmen für den Naturschutz in den Verbandsrichtlinien festgeschrieben. Nach der Gründung von BIO AUSTRIA setzte dessen oberösterreichische Landesorganisation den ersten wichtigen Schritt. In Workshops, an denen Vertreter der Biobauern, Vertreter von Naturschutzorganisationen und Mitarbeiter der Naturschutzbehörde teilnahmen, wurde der Bedarf erhoben, eine eigene Beratung durch einen Bioverband anzubieten. Ziele dieser Beratung sind: Die naturschutzfachliche Wertigkeit auf den Bioflächen zu steigern, Mehr Naturschutzmaßnahmen auf den Biobetrieben umzusetzen, Die Gesellschaft über die Leistungen des Biolandbaus für den Naturschutz zu informieren. 2. Das Projekt Gemeinsam mit der Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich wurde das Projekt entwickelt und gestaltet. BIO AUSTRIA Oberösterreich ist der Projektträger und die Behörde unterstützt mit Fördermitteln und fachlichen Inputs. Grundlage der Beratungstätigkeit bildet das Leitbild Natur und Landschaft, kurz Nala genannt, das flächendeckend für ganz Oberösterreich erstellt wurde. Aufgrund der geologischen Gegebenheiten wurde dieses Bundesland in Regionen eingeteilt und das jeweils für den Naturschutz Relevante erhoben. Empfehlungen für passende Naturschutzmaßnahmen ergänzen das Dossier. Eine Aufgabe der Beraterin ist das Zusammenführen von Naturschutz und Biolandbau, um das Optimum für beide Seiten zu erreichen. 3. Die Beratung Im Vordergrund der Tätigkeit steht die einzelbetriebliche Beratung auf den Biohöfen. Während der Betriebsbesuche wird den Landwirten eine Infomappe ausgehändigt, die u.a. Informationen zu Natura 2000 sowie verschiedene weitere Broschüren und Infoblätter enthält. Gemeinsam mit den Betriebsleitern wird ein Betriebsrundgang durchgeführt und die Beraterin legt eine Fotodumentation an. Wiederum in Zusammenarbeit mit den Betriebsleitern wird ein Maßnahmenplan erstellt und die entsprechenden Förderungsmöglichkeiten für geplante Maßnahmen eruiert. Dem Landwirt werden Förderanträge ausgehändigt und entsprechende Kontaktpersonen aufgezeigt. Wesentliche Punkte der Betriebsberatung werden in einem Protokoll festgehalten. 50

52 Abb. 1 und 2: Biotope auf landwirtschaftlichen Betrieben: Zwei Teiche Im Wesentlichen gibt es zwei Förderprogramme, zum einem aus dem ÖPUL 2007 (Österreichisches Programm für Umwelt und Landwirtschaft), zum anderen aus dem Landesprogramm Naturaktives Oberösterreich. Bei Bedarf bietet die Naturschutzberaterin Unterstützung bei der Umsetzung der geplanten Maßnahmen. Abb. 3: Eine Heckenanlage Neben den Betriebsbesuchen werden Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederinformation veröffentlicht. Mit diesem Medium können innerhalb kurzer Zeit etwa Biobauern erreicht und angesprochen werden. Auch Einträge auf der Homepage sind möglich. Abgerundet wird das Angebot durch Seminare und Exkursionen. Um die Leistungen der Biologischen Landwirtschaft der Öffentlichkeit vorzustellen, werden verschiedene Veranstaltungen genutzt, z.b. das jährliche Fest der Natur oder Messeveranstaltungen. 51

53 Abb. 4: Eine Obstreihe 4. Erfahrungen Seit dem Start der Naturschutzberatung in Oberösterreich wurden etwa 35 Biobetriebe besucht. Davon haben 40 % einen Förderantrag im ÖPUL gestellt, 20 % für Naturaktives Oberösterreich. Die Nachfrage an einer Beratung seitens der Biobauern ist nach wie vor hoch. Die Zusammenarbeit mit der Naturschutzabteilung als direkten Ansprechpartner hat sich sehr gut entwickelt. Die Kommunikation mit den regionalen Naturschutzbeauftragten ist noch verbesserungswürdig. Synergien mit anderen Naturschutzorganisationen, z. B. dem Naturschutzbund Österreich und dem Landesjagdverband, beginnen sich zu entwickeln. 5. Zusammenfassung Nach knapp einem Jahr seit Beginn der Naturschutzberatung für Biobetriebe hat sich gezeigt, dass dieses Angebot auf eine hohe Akzeptanz seitens der Biobauern genauso wie seitens der Naturschutzorganisationen trifft. Nachdem Oberösterreich hier eine Vorreiterrolle übernommen hat, ist zu hoffen, dass auch weitere Bundesländer bzw. Landesorganisationen diesem Beispiel folgen werden und ebenfalls eine Naturschutzberatung für Biolandwirte anbieten werden. Anschrift der Verfasserin: Waltraud Gadermaier, BIO AUSTRIA Oberösterreich, Schönberg 15, A-4163 Klaffer am Hochficht, Tel.: , waltraud.gadermaier@bio-austria.at, 52

54 Wildtierfreundlicher Biolandbau Mit Bio blüht die Vielfalt! Véronique Chevillat, Daniel Schaffner, Verena Doppler und Lukas Pfiffner 1 Einleitung 1.1 Überblick über Förderprogramme in der Schweiz In der Schweiz laufen verschiedene Programme zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt auf Landwirtschaftsflächen: In der Direktzahlungsverordnung steht seit 1993, dass beitragsberechtigte Betriebe mindestens 7 % ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche (3.5% für Spezialkulturbetriebe) als Ökoausgleichsfläche bewirtschaften müssen. Sechzehn Ökoausgleichstypen sind dazu definiert worden, sieben davon sind beitragsberechtigt. Die aufgrund dieser Maßnahmen erhofften Erfolge sind vielerorts ausgeblieben, weil viele Ökoausgleichflächen qualitativ ungenügend waren und eine Vernetzung wertvoller Flächen fehlte. Um das zu verbessern, ist 2001 die Ökoqualitätsverordnung (ÖQV) in Kraft getreten. Ziel dieser Verordnung ist es, eine gute Qualität und Vernetzung von Ökoausgleichsflächen durch zusätzliche Beiträge für den Bewirtschafter attraktiver zu machen. Bei fünf Ökoausgleichstypen können zusätzliche Beiträge für Qualität und bei zwölf für Vernetzung ausgerichtet werden. Ein regionales Vernetzungsprojekt, in dem klare Naturschutzziele für Landwirtschaftsflächen formuliert sind und das vom zuständigen Kanton bewilligt sein muss, bildet die fachliche Grundlage. Anpassungsbedarf besteht heute vor allem noch bei der Tatsache, dass die Projekte oft noch zu planungslastig sind und zu wenig in die Beratung der Landwirte und die Begleitung der Umsetzungsmaßnahmen investiert wird. Diese neue Verordnung ergänzt das ältere und wichtige Förderprogramm des Naturund Heimatschutzgesetzes von Nach diesem Gesetz werden besonders wertvolle Lebensräume geschützt, wie z.b. Moorlandschaften. Diese Flächen werden meistens nach besonderen Verträgen von Landwirten gepflegt und nach Arbeitsaufwand entschädigt. 1.2 Aktueller Stand Viele Studien belegen die positiven Auswirkungen des biologischen Landbaus auf die Artenvielfalt verschiedener Tier- und Pflanzengruppen (PFIFFNER & LUKA 2003; HOLE et al. 2005). Vor allem im Ackerbau unterscheidet sich der biologische Anbau deutlich von der konventionellen/integrierten Wirtschaftsweise. Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Biolandbau erbrachten Leistungen zur Förderung der biologischen Vielfalt, ist von einem beträchtlichen Potenzial auszugehen (STOLZE et al. 2000, PFIFFNER 1997). Das breite Spektrum an positiven Leistungen ist aber noch zu wenig bekannt und muss in Zukunft breiter kommuniziert werden. Deutliche Verbesserungen sind aber sowohl in den Produktions-, als auch in den naturnahen Flächen noch möglich. Biobetriebe bewirtschaften zum Beispiel nicht zwingend mehr qualitativ wertvolle Ökoflächen als integriert wirtschaftende Betriebe und die 53

55 Produktionsflächen, insbesondere Grünland, werden aus ökologischer Sicht teils zu intensiv genutzt. Es gibt Hinweise, dass durch die intensive Landbewirtschaftung im Berggebiet die Artenvielfalt auch in Gebieten mit hohem Anteil an Biobetrieben weiter abnimmt (Beispiel: Rückgang des Braunkehlchens im Bündnerischen Engadin durch Intensivierung im Futterbau). Außerdem können biolandbauspezifische Bewirtschaftungspraktiken bestimmte Arten beeinträchtigen. Zum Beispiel können Feldlerchengelege während der Brutzeit durch mechanische Unkrautregulierung im Getreideanbau zerstört werden. Dieses Problem kann durch Aufklärung und Sensibilisierung der Landwirte entschärft werden. Wenn wildtierfreundliche Praktiken vermehrt Verbreitung finden, wird sich die Situation der Fauna generell verbessern. Da für den Biolandwirt der ökologische Ausgleich, verglichen mit der Produktion von Nahrungsmitteln, betriebsökonomisch wenig attraktiv erscheint, wird er kaum als möglicher Betriebszweig wahrgenommen. Dies ist der Fall, obwohl es verschiedene Maßnahmen im ökologischen Ausgleich gibt, die sich auch finanziell lohnen und die zusätzlich vorteilhaft für den Landwirt sind (Imagepflege, Nützlingsförderung u.a.). In vielen Fällen fehlen hier aber das entsprechende Bewusstsein und das fachtechnische Know-how. Damit der Naturschutz auf Biobetrieben signifikant an Bedeutung gewinnt, sind nicht nur finanzielle Anreize, sondern auch Mut, Ideen und fachliches Wissen wichtig. In Zukunft gilt es, die vorhandenen Naturschutzleistungen auf den Biobetrieben zu konsolidieren und durch gesamtbetriebliche Konzepte weiter auszubauen. Dazu sind Planungsverfahren spezifisch für den Biolandbau weiterzuentwickeln, die neben naturschützerischen Aspekten auch die betrieblichen Gegebenheiten und wirtschaftliche Überlegungen einbeziehen (LÜTHY et al. 2002). Des Weiteren sind praxisnahe Anbaumaßnahmen für eine wildtierfreundliche biologische Landwirtschaft zu testen. Eine breitere Umsetzung dieser Naturschutzmaßnahmen auf den Betrieben versprechen Abb. 1: Der Feuerfalter ist eine typische Leitart für extensives Grünland im Berggebiet 54

56 wir uns durch regionale Vorbildbetriebe. Eine Verbesserung des Wissenstransfers zwischen Beratung und Landwirt und eine breite Aufklärung der Öffentlichkeit mit dem Ziel der verbesserten Wahrnehmung und der Honorierung der Naturschutzleistung spielen dabei eine wichtige Rolle. 1.3 Oberziele des Projektes Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Beratungsbüro Agrofutura (Frick) und in enger Absprache mit der Schweizerischen Vogelwarte durchgeführt. Folgende Oberziele werden dabei verfolgt: Weiterentwicklung einer optimierten Bioproduktion mit Förderung von Naturschutzleistungen unter spezieller Berücksichtigung wildtierfreundlicher Anbaupraktiken. Nachweisbare Steigerung der Artenvielfalt in einem Netz von ausgewählten Modellbetrieben im Tal- und Berggebiet der Schweiz. Partizipative Vorgehensweise mittels eines gesamtbetrieblichen Ansatzes unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Aspekte. Förderung der Vernetzung von Lebensräumen und Ausbau von Extensivierungsmaßnahmen auf Biobetrieben. Breitenwirksame Dokumentation und Kommunikation der Naturschutzleistungen auf Biobetrieben. 1.4 Projektstruktur mit drei Modulen Das Projekt besteht aus drei Modulen, die jeweils diverse Schnittstellen aufweisen: Das Modul 1 Forschung besteht aus zwei Teilprojekten. Im Teilprojekt 1 wird auf der Basis statistischer Daten der generelle Leistungsstand des ökologischen Ausgleichs auf Bio-Betrieben und Betrieben mit integrierter Produktion (IP-Betriebe) verglichen und analysiert. Dies soll die Positionierung der Biobetriebe hinsichtlich Naturschutzleistungen, aber auch ihr generelles Niveau aufzeigen. Im zweiten Teilprojekt werden wesentliche fachtechnische Grundlagen einer wildtierfreundlichen Landwirtschaft definiert und geeignete Bewirtschaftungsmaßnahmen erarbeitet. Eine gesamtbetriebliche Beurteilungsmethode für Naturschutzleistungen wird entwickelt. Das Modul 2 Beratung und Umsetzung ist ebenfalls in zwei Teilprojekte gegliedert. Im Teilprojekt 3 wird eine gesamtbetriebliche Optimierung und Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen auf ausgewählten Modell-Betrieben ( Leuchttürme ) in verschiedenen Regionen der Schweiz durchgeführt. Nicht Einzelmaßnahmen, sondern gesamtbetriebliche Konzepte stehen dabei im Vordergrund. Diese werden so ausgestaltet, dass sie für den einzelnen Landwirt ökonomisch attraktiv sind und die regionalen Anforderungen des Naturschutzes abdecken (z.b. durch Einbettung in Vernetzungsprojekte). Von Beginn an werden die lokalen Akteure (Landwirte, Naturschutz, Forst, Gemeinde, Tourismus u.a.) involviert, damit ihre Anliegen einfließen können. Zusätzlich wird in Teilprojekt 4 eine fachspezifische Naturschutz-Beratung aufgebaut. Dadurch können die Aktivitäten auf den Betrieben auch längerfristig begleitet werden. Im Modul 3 Kommunikation werden Dokumentationen für eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit erarbeitet und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten für die Mo- 55

57 dule 1 und 2 vorbereitet und umgesetzt. Auf diese Weise werden verschiedene Zielgruppen (Landwirte, Beraterinnen, Konsumenten) gezielt angesprochen, über Naturschutzaktivitäten auf dem Landwirtschaftsbetrieb aufgeklärt und für das Thema sensibilisiert. In diesem Bereich besteht ein großer Nachholbedarf. 2. Umsetzung der wildtierfreundlichen Bewirtschaftung auf Modellbetrieben ein gesamtbetriebliches Beratungskonzept (Modul 2) 2.1 Ziele Gesamtbetriebliche Beratung auf Modellbiobetrieben in verschiedenen Regionen der Schweiz soll: die Planung von Naturschutzleistungen unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Gesichtspunkte optimieren, dazu beitragen, wildtierfreundliche Bewirtschaftungsformen umzusetzen. 2.2 Grundprinzipien Grundlage bei der Beratung ist das Prinzip der Freiwilligkeit. Die Modellbetriebe werden für ihre Mitarbeit an diesem Projekt auch nicht entschädigt. Der Berater steht auf der Seite des Bauern und soll auch dessen Interessen vertreten. Im Zentrum aller Überlegungen und der Planung steht der Betrieb: Naturschutz wird als eigener Betriebszweig betrachtet und soll der Betriebsstrategie angepasst werden. Das ökologische Potenzial des Betriebes soll ausgeschöpft werden. Den Rahmen dazu bilden betriebliche Faktoren (z.b. Nährstoffbilanz, Ertrag Raufutter, Arbeitsbelastung und Einkommen). Wir streben an, eine hohe Qualität zu erreichen, statt primär quantitative Ziele zu setzen. Der Landwirt nimmt am Planungsprozess teil und engagiert sich, die Maßnahmen nach naturschutzfachlichen Kriterien (Ziel- und Leitartenkonzept) und nach einem festgelegten Zeitplan umzusetzen. Weiterbildungskurse tragen darüber hinaus dazu bei, dass der Landwirt als aktiver Partner in den Prozess involviert wird. Bei jährlichen Feldbegehungen in verschiedenen Regionen können die Erfolge und Probleme zwischen den Teilnehmern ausgetauscht werden und tragen zum Identifikationsgefühl mit dem Projekt bei. 2.3 Methodik Vorbereitungsarbeiten Vor dem ersten Besuch bei dem Landwirt müssen folgende Punkte abgeklärt werden: Gibt es spezielle kantonale Förderprogramme in der Region? Ist ein Ökovernetzungsprojekt vorhanden? Gibt es in der Umgebung Naturschutzgebiete oder Flächen unter Naturschutzverträgen? Sind Inventare (Artenvorkommen) über Flora und Fauna vorhanden? Sind Artenschutzprogramme vorhanden? ƒ Es müssen für jede Region die Ziel- und Leitarten und ihre Ansprüche definiert werden. 56

58 2.3.2 Beim ersten Betriebsbesuch Beim ersten Kontakt mit dem Betriebsleiter soll die Ausrichtung des Projektes erklärt und die Freiwilligkeit nochmals betont werden. Der erste Besuch soll einen möglichst breiten Überblick über den Betrieb geben: Welches sind die Produktionsschwerpunkte? Wie sieht die Geschichte des Betriebs aus? Wer soll vom Betrieb leben können? Dann soll der Betriebsleiter seine Erwartungen an das Projekt äußern, da er meistens schon Wünsche oder Ideen hat, die er bisher nicht umsetzen konnte. Er soll aber auch sagen können, was er auf seinem Betrieb auf keinen Fall haben möchte und warum. Der Berater kann sich somit darauf einstellen. Die begrenzenden Faktoren müssen ebenfalls geklärt werden: Ist der Nährstoffanfall ein begrenzender Faktor? Hat der Betrieb Schwierigkeiten, genügend Futter zu produzieren? Wie hoch ist die Arbeitsbelastung? Nach diesen verschiedenen Abklärungen soll sich der Betriebsleiter entscheiden, ob er sich am Projekt beteiligen will Betriebsflächen kartieren Die Kulturen, die vorhandenen Ökoausgleichsflächen und zusätzliche Landschaftselemente (z.b. Steinhaufen, Totholzbäume) werden auf dem Betrieb kartiert und auf einem Plan festgehalten. Zudem wird unter Nutzung spezifischer Kriterien eine Aussage über die ökologische Qualität der einzelnen Ausgleichsflächen gemacht Maßnahmenkatalog und Umsetzungskalender Anhand aller gesammelten Informationen stellt der Berater einen Maßnahmenkatalog mit klaren Umsetzungsterminen zusammen. Grundprinzipien bei der Überlegung sind: Erhalten Aufwerten neu Anlegen Auf den verschiedenen Betriebsebenen bedeutet dies: Ebene Ökoausgleich Erhalten und professionelles Pflegen von Ökoflächen. Vergrößerung wertvoller Ökoflächen. Anlegen von qualitativ wertvollen, zusätzlichen Flächen und Kleinstrukturen; auch pflegeintensivere und anspruchsvolle Biotope wie Nützlings-, Wildblumenstreifen, Hecken und Buntbrachen (Abb. 2). Vernetzung von Ökoflächen in regionalen Projekten (ÖQV-Ebene). Anwendung von wildtierschonenden Praktiken bei der Wiesennutzung. Ebene Produktion und Bewirtschaftungsmaßnahmen Überprüfung der Bewirtschaftungsintensität (vor allem Düngung, Pflanzenschutz, Unkrautkontrolle und Bodenbearbeitung). Einführung wildtiergerechter Kulturmaßnahmen (schonende Mahdtechnik und Mahdtermine, überwinternde Stoppelbrache, Anbau seltener oder regionaler Sorten der Kulturpflanzen, Reduktion der Saatdichte im Getreide, Anpassung der Fruchtfolge sowie Verkleinerung der Schlaggrößen). 57

59 Ebene Ökonomie Optimierung der Faktorenkombination Naturschutzleistung und Betriebsökonomie. Auffinden von weiteren Honorierungsquellen für außerordentliche, nicht gedeckte Naturschutzleistungen. 58 Abb. 2: Buntbrache in einem Maisfeld (Foto: L. Pfiffner) Die Maßnahmen werden mit genau beschriebener Bewirtschaftungsmethode in einem Katalog erfasst und die Standorte werden auf einem Luftbildplan genau bestimmt Vorschlag verhandeln Beim zweiten Besuch soll der Vorschlag mit dem Betriebsleiter diskutiert werden. Die Ziele der Maßnahmen müssen für den Landwirt klar sein und nach Bedarf mit weiteren Informationen ergänzt werden (Merkblätter, Artenblätter, etc.). Für jede Maßnahme wird geprüft, ob sie realisierbar ist und bis wann sie umgesetzt werden soll. Der Einfluss der Maßnahmen auf das Einkommen, auf die Arbeitsbelastung und auf Futter- und Nährstoffbilanz werden erwähnt. Am Ende der Besprechung können sich Betriebsleiter und Berater im optimalen Fall auf einem Maßnahmenkatalog und einen Zeitplan einigen und der Betriebsleiter erklärt sich bereit, die geplanten Maßnahmen umzusetzen Begleitung bei der Umsetzung Die Arbeit der Berater hört nicht bei der Planung auf. Er hilft dem Landwirt bei der Umsetzung der Maßnahmen, indem er die nötigen Unterlagen bereitstellt (z.b. Antrag auf Neuansaat einer extensiven Wiese) und über die Bezugsquellen von Material informiert (z.b. Saatgut- bzw. Pflanzgutlieferanten). Er gibt die nötigen praktischen Hinweise zur Anbautechnik in den ökologischen Ausgleichsflächen (z.b. wie und wann wird eine Buntbrache neu angesät oder wie pflegt man eine Hecke; Abb.3). Bei sehr aufwendigen Arbeiten kann er auch Mithilfe und Finanzquellen organisieren (z.b. bei der Neupflanzung einer Hecke, Erstellung eines Tümpels, etc.).

60 Abb. 3: Maschinelle Heckenpflege (Foto: L. Pfiffner) Kontrolle und Beratung In den Jahren nach der Umsetzung wird eine Erfolgskontrolle zusammen mit der Schweizerischen Vogelwarte durchgeführt, so dass die Wirkung der Maßnahmen auf die Ziel- und Leitarten überprüft werden kann. Der Berater begleitet den Bauern weiter, wenn Probleme auftauchen oder Maßnahmen angepasst werden sollten. Bei Feldbegehungen und durch die Bildung von Erfahrungsgruppen in jeder Region können die Teilnehmer ihre Erfahrungen, Erfolge oder Lösungen zu Problemen austauschen (Abb.4) Dissemination Abb.4: Erfahrungsgruppe (Foto: C. Schlatter) Die Teilnehmer sind wichtige Multiplikatoren des wildtierfreundlicheren Biolandbaus und ihre Leistung wird durch Artikel in der lokalen und in der Fachpresse stark nach außen kommuniziert. 59

61 3. Zusammenfassung Das vorgestellte, auf vier Jahre angelegte Projekt besteht aus drei Modulen: Im Modul Forschung werden Analysen über den Stand des ökologischen Ausgleichs auf Bio- und IP-Betrieben in der Schweiz vorgenommen und praxistaugliche Bewirtschaftungsmaßnahmen für eine wildtierfreundliche Landwirtschaft erarbeitet. Im Modul Beratung wird ein Netz von Modellbetrieben in verschiedenen Regionen der Schweiz aufgebaut, die gesamtbetrieblich Naturschutzmassnahmen auf innovative Weise umsetzen und als Beispiele und Vorbilder wirken können. Im Modul Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation werden die Ergebnisse aus Versuchen und Analysen, sowie die Aktivitäten auf den Betrieben den direkt Interessierten und einer breiteren Öffentlichkeit laufend kommuniziert. Diese kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit soll dazu beitragen, dass ein breites Publikum über die Naturschutzleistungen der Biobetriebe informiert wird und sie als wesentliche Leistung einer multifunktionalen Landwirtschaft erkennt und anerkennt. So werden Bäuerinnen und Bauern vermehrt Interesse verspüren, als Botschafter für den Naturschutz einzutreten und Impulse breitenwirksam weiterzugeben. Für einen wildtierfreundlichen Biolandbau ist eine Beratung mit gesamtbetrieblicher Sichtweise ein Muss. Dies ermöglicht es der Beratung, als Vermittler zwischen Naturschutz und Landwirten aufzutreten. Schlüsselfaktoren für den Erfolg sind eine gute Vertrauensbasis mit den Landwirten, fundiertes Fachwissen, Praxiserfahrung und Verhandlungsgeschick. 4. Literaturverzeichnis HOLE, D.G., PERKINS, A.J., WILSON, J.D., ALEXANDER, I.H., GRICE, P.V., EVANS, A.D.L. (2005): Does organic farming benefit biodiversity? Biological Conservation 122: LÜTHY, M., EGLOFF, T., HOFMANN, A., MEIER, C., SCHAFFNER, D., SCHMID, W., SCHMIDLIN, J. (2002): Ökobeiträge und gesamtbetriebliche Bewirtschaftungsverträge. In: MAURER, R. (Hrsg.): Förderung der regiona-len Landschaftsqualität im Aargau Teil der Naturschutzpolitik im Aargau. Umwelt Aargau, Sondernummer 13: PFIFFNER, L. (1997): Welchen Beitrag leistet der ökologische Landbau zur Förderung der Kleintierfauna? In: WEIGER, H., WILLER, H. (Hrsg.):Naturschutz durch ökologischen Landbau. Ökologische Konzepte 95. Bad Dürkheim. PFIFFNER, L., LUKA, H. (2003): Effects of low-input farming systems on carabids and epigeal spiders in cereal crops a paired farm approach in NW-Switzerland. Basic and Applied Ecology 4: STOLZE, M., PIORR, A., HÄRING A., DABBERT, S. (2000): The Environmental Impacts of Organic Farming in Europe. University of Hohenheim, Stuttgart. Anschriften der Verfasser: Véronique Chevillat, Dr. Lukas Pfiffner, Forschungsinstitut für Biologischen Landbau FiBL, Ackerstrasse, CH-5070 Frick, Tel.: , veronique.chevillat@fibl.org, lukas.pfiffner@fibl.org, Daniel Schaffner, Verena Doppler, Agrofutura AG, CH-5070 Frick, Tel.: , schaffner@agrofutura.ch, doppler@agrofutura.ch 60

62 Das Projekt Blühender Chiemgau Durchgeführt vom Netzwerk Blühende Landschaft Gefördert im Rahmen von Region aktiv Chiemgau-Inn-Salzach Utto Baumgartner 1. Hintergrund des Vorhabens 1.1 Bedeutung Blüten besuchender Insekten in der Kulturlandschaft Blüten besuchende Insekten wie Honigbiene, Wildbienen, Fliegen, Wespen, Schmetterlinge und Käfer u.a. haben eine entscheidende Funktion im Ökosystem. Sie erledigen auf ihrer Nahrungssuche die Bestäubungsarbeit. Ca. 80 Prozent der einheimischen Blütenpflanzen sind auf die Fremdbestäubung durch Insekten angewiesen. Dabei übernehmen die Honigbienen je nach Landschaftstyp einen Anteil von 5 Prozent in vielfältiger, intakter Kulturlandschaft und bis zu 80 Prozent in Intensivobst-Gebieten. Den Rest meist also den überwiegenden Teil erledigen Wildbienen, Fliegen, Wespen und andere. Ein Mangel an Blütenbestäubern führt bei Kulturpflanzen (Obst, Raps, Sonnenblumen) zu deutlichen Mindererträgen und zu Qualitätsverlust. Ökologisch betrachtet ist die Bestäubung der Wildpflanzen weitaus wichtiger als die der Kulturpflanzen. Die Artenvielfalt in der Wildkrautflora kann nur erhalten werden, wenn auch unter ungünstigen Witterungsbedingungen die Bestäubung gesichert ist, also die Dichte der Blüten besuchenden Insekten ausreichend hoch ist. Sind Bestäuber nicht oder nur unzureichend vorhanden, so kann die Vitalität lokaler Populationen abnehmen und es kann lokal zum Verschwinden von Arten kommen. Darum ist der lokale Rückgang der Artenvielfalt in der Flora auch mit dem Verschwinden der Bestäuber in Verbindung zu bringen und umgekehrt. Neben der eigentlichen Bestäubung und Samenbildung ist die Auskreuzung durch die Blütenbesucher wichtig, die so einer genetischen Verarmung von Lokalpopulationen entgegenwirkt. Zusätzlich dienen die Blüten besuchenden Insekten als Nahrungsgrundlage für Insektenfresser. 1.2 Situation der Blütenbestäuber Die Lebensbedingungen der Blüten bestäubenden Insekten haben sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verschlechtert. Überdeutlich wurde dies bei den hohen Bienenverlusten im Winter 2002/2003. Deutschlandweit starben ca. 30 Prozent der Honigbienenvölker (mehr als ), in vielen Regionen überlebten 50 bis 80 Prozent der Honigbienen den Winter nicht. Diese Bienensterben müssen zumindest regional nahezu jährlich von den Imkern hingenommen werden, ohne dass sie direkt Einfluss darauf nehmen können. Die Verknappung der Nahrungsgrundlage der Bienen, also der Rückgang von Nektar und Pollen spendenden Pflanzen ist eine der entscheidenden Ursachen. Zudem nehmen bei der Honigbiene die Probleme mit Krankheiten und Parasiten zu. Die Situation bei den Wildbienen sieht noch dramatischer aus: Nach der Entomofauna Germanica gibt es in Deutschland ca. 550 Wildbienen (DATHE 2001). In der Roten Liste der gefährdeten Tierarten Deutschlands (WESTRICH et al. 1998) gelten von den dort genannten 547 Arten 29 Arten als ausgestorben. Insgesamt sind in der Roten Liste 284 Arten (= 52 Prozent) aufgenommen, d.h. nur noch 48 Prozent der Arten gelten als 61

63 im Bestand gesichert. Bei den Wildbienen ist neben mangelndem Nahrungsangebot auch das Verschwinden von Nistmöglichkeiten verantwortlich für den Rückgang der Arten. Abb.1: Die Mooshummel Bombus muscuorum, eine bedrohte Wildbienenart (Foto: M. Herrmann) 1.3 Veränderungen der Kulturlandschaft Die Landwirtschaft gestaltet in großem Maße unsere Kulturlandschaft. Doch die Entwicklungen führen zu einem immer knapper werdenden Nahrungsangebot für Blüten besuchende Insekten. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen können unsere Insekten nicht mehr ernähren. Nach einem in vielen Regionen reichen Angebot im Frühjahr bricht die Nahrungsversorgung der Blüten besuchenden Insekten Ende Mai/Anfang Juni meist schlagartig zusammen. Von den Kulturpflanzen sind als Nektar- und Pollenlieferanten nur noch regional begrenzt Raps und Obst übrig geblieben. Selbst die bis vor wenigen Jahren attraktive Sonnenblume bietet mit den modernen Hochertragssorten meist nur noch sehr geringe Nektar- und Pollenmengen. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts sammelten die Honigbienen große Honigmengen von Wildkräutern, überwiegend aus dem Getreideanbau. So beschreibt der Imkerautor Julius PASCHKE (1937), dass der überwiegende Teil seiner Honigernte von den Getreidefeldern, speziell von Kornblume und Hederich kommt. Inzwischen ist im konventionellen Ackerbau die Beikrautflora nahezu vollständig ausgerottet, oft ist sogar das Samenreservoir im Boden weitgehend erschöpft. Aber auch auf ökologisch bewirtschafteten Ackerflächen finden sich in der Regel aufgrund der immer effizienteren Unkrautregulierung kaum noch blühende Beikräuter. Auch potentiell blütenreiche Stilllegungs- und Futterbaugemenge werden meist mehrmals jährlich genutzt oder gemulcht, die Blütenpflanzen (z.b. Kleearten) kommen nicht oder nur kurzzeitig zur Blüte. Zudem stellt der Pestizideinsatz eine zusätzliche Belastung für die Blütenbesucher dar. Selbst als bienenverträglich geprüfte Stoffe können in Wirkstoffkombinationen zu 62

64 erheblichen Bienenschäden führen. Darauf weist auch die Veröffentlichung Bienenvergiftungen des Bieneninstituts Liebefeld/Schweiz hin (CHARRIÈRE et al. 1999). Im Zulassungsverfahren wird nur die Wirkung auf die Honigbiene untersucht. Die Wirkungen auf die Wildbienen und andere Blütenbestäuber sind weitgehend unbekannt. Bis vor einigen Jahren boten zumindest Grünlandflächen eine zwar geringe aber doch kontinuierliche Versorgung mit Pollen und Nektar. Durch die zunehmende Intensivierung im Grünland fällt auch dieses Potenzial inzwischen weitgehend aus. Die frühe und häufige Mahd erfolgt in der Regel vor der Blüte, so dass abgesehen vom Löwenzahn, dessen Blüte in die Zeit des Überflusses fällt auch das Grünland kein nennenswertes Nahrungsangebot mehr bietet. Im konventionellen Grünland überwiegen reine Gräser- Bestände. Kräuter sind in der Regel nicht erwünscht und werden durch häufige Nutzung und Düngung weitgehend verdrängt. Abb. 2: Zwei- bis Dreischnittwiese im Bayerischen Wald, bis vor wenigen Jahrzehnten Standard in der Landwirtschaft Zudem ermöglicht die hohe Flächenleistung der Landtechnik die Mahd ganzer Landstriche innerhalb kürzester Zeit. Dies führt zu einem schlagartigen Zusammenbruch der Nahrungsversorgung der Insekten. Eine Mahd in einem blühenden Bestand während der Flugzeit der Bienen vernichtet je nach Mähtechnik und -zeitpunkt bis zu Bienen/ Hektar das entspricht drei Bienenvölkern (vgl. FLURI et al. 2000). Ursprünglich bot der Obstanbau ideale Lebensräume für Insekten. Heute gefährden auch dort intensiver Pestizid- und teilweise Antibiotika-Einsatz (Streptomycin gegen Feuerbrand) in den Obstanbaugebieten die Insektenpopulationen und die Qualität der Bienenprodukte und zwingen die Imker immer öfter, mit ihren Bienenvölkern abzuwandern. 63

65 So haben wir heute die paradoxe Situation, dass die Versorgung von Honigbienen und ihrer wild lebenden Verwandten in Siedlungsgebieten und Städten deutlich besser ist als in unserer so genannten Kulturlandschaft. Doch auch hier, auf privaten und öffentlichen Flächen existiert ein großes Potential an Veränderungsmöglichkeiten, durch die das Nahrungsangebot für Blüten besuchende Insekten sowie die Ästhetik unserer Kulturlandschaft aufgewertet werden kann. Kurz gemähte Rasenflächen und pflegeleichte Stauden- und Gehölzanlagen dominieren deutlich in Privatgärten, nur ausnahmsweise findet man noch blühende Bauerngärten mit einheimischen Blütenpflanzen, Obstbäumen und Beerensträuchern. Auch auf öffentlichen Flächen sind überwiegend intensiv gepflegte Grün -Flächen ohne blühende Pflanzen neben extensiv gepflegtem, meist mehrmals jährlich gemulchtem Straßenbegleit- Grün vorherrschend. 2. Netzwerk Blühende Landschaft Die Notlage der Blüten besuchenden Insekten und das Bienensterben 2002/2003 führten 2003 zur Gründung des Netzwerks Blühende Landschaft unter der Trägerschaft von Mellifera e.v.. Ziel des Netzwerks ist es, das Nahrungsangebot für die Blüten bestäubenden Insekten zu verbessern und ihnen dauerhaft gesicherte Lebensbedingungen zu schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, erfasst und entwickelt es insektenfreundliche Konzepte, initiiert Modellprojekte und sucht den Dialog mit allen betroffenen Interessenverbänden und Vertretern aus Politik und Verwaltung. Darüber hinaus will es die breite Öffentlichkeit sensibilisieren und motivieren. Beteiligt am Netzwerk Blühende Landschaft sind die Naturschutzverbände Deutschlands, die Verbände des Ökologischen Landbaus, die Stiftung Ökologie und Landbau, Imkerverbände sowie zahlreiche andere Organisationen und Einrichtungen aus den Bereichen Landwirtschaft, Naturschutz, Landschaftspflege, Imkerei und Jagd. Abb. 3: Logo des Netzwerks Blühende Landschaft. 3. Aufgaben und Ziele des Projektes Blühender Chiemgau Die Ziele des Projektes Modellregion Blühender Chiemgau konzentrierten sich auf folgende Bereiche: Stärkung des Naturschutzaspektes in der Landwirtschaft und in der Region durch ökologische und naturschutzfachliche Aufwertung der landwirtschaftlichen Produktionsflächen Aufwertung des Images der Landwirtschaft durch optisch attraktive landwirtschaftliche Flächen 64

66 Förderung von Bodenleben und Bodenfruchtbarkeit Nützlingsförderung Steigerung der touristischen Attraktivität der Region Chiemgau-Inn-Salzach Stärkung regional erzeugter Produkte durch Hinweis von z.b. Bäckern auf Herkunft des Getreides von Blühfeldern Sicherung eines kontinuierlichen Nahrungsangebots für Blüten besuchende Insekten und damit Schaffung von Lebensräumen für Insekten und andere Wildtiere als Beitrag zum Natur- und Artenschutz Sicherung der Bestäubung von Nutz- und Wildpflanzen in der Region Chiemgau großflächige Verbesserung der Nahrungsversorgung von Blüten besuchenden Insekten durch folgende Maßnahmen: Erprobung der Anlage von Blühstreifen und des Einsatzes von verschiedenen Zwischenfruchtmischungen und Untersaaten im Ackerbau Erprobung modifizierter Nutzungsmethoden im Grünland Veränderte Anlage und Pflege kommunaler Flächen Bewertung dieser Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkung auf Flora und Fauna und auf die Landschaft Erprobung von Insekten fördernden Maßnahmen im Hinblick auf die Gestaltung von Agrarförderprogrammen Erprobung der Akzeptanz der genannten Maßnahmen bei Landwirten und Kommunen Beispielswirkung auf andere Landwirte und Kommunen und Nachahmungseffekt bzw. freiwillige Fortführung Langfristige Insekten fördernde Anlage und Pflege kommunaler Flächen Reduktion des Pflegeaufwandes für kommunale Flächen Erstellen von Infomaterial und Vortragsunterlagen (Powerpoint-Präsentation) zur weiteren Verwendung Stärkung der Identität der Region Chiemgau-Inn-Salzach 4. Vorbereitung des Projekts Blühender Chiemgau 4.1 Zusammenstellung von Konzepten In der Vorbereitung des Projektes wurden bereits vorhandene Ansätze, Konzepte und Erfahrungen zur Gestaltung von Lebensräumen für Blüten besuchende Insekten gesammelt und ausgewertet. Dabei konnte auf verschiedene Quellen zurückgegriffen werden. Zum einen hatte das Netzwerk Blühende Landschaft bereits verwertbare Informationen gesammelt. Zum anderen konnte auf die Praxiserfahrungen von zahlreichen Landwirten, Gärtnern, Imkern und Saatgutfirmen zurückgegriffen werden. Im Bereich mehrjährige Stilllegungsmischungen konnten Konzepte der Jägerschaft (Lebensraum- Wildacker-Mischungen) übertragen werden. Für kommunale Flächen diente die Blumenstadt Mössingen als ein gutes Beispiel, wie mit unverändertem Budget der Stadtgärtnerei eine insektenfreundliche und touristisch attraktive Anlage und Pflege von öffentlichen Flächen umgesetzt werden kann. 65

67 4.2 Erstellung von Infomaterial als Empfehlung für die Anlage von Blühflächen in Landwirtschaft, Garten und Kommune Aus den gesammelten Materialien wurden Empfehlungen in Form von Infoblättern für die verschiedenen Bereiche erstellt. So konnten zu folgenden Themen Merkblätter erarbeitet werden: Insektenfördernde Landwirtschaft Blühstreifen Einjährige Stilllegung Mehrjährige Stilllegung Untersaaten Mischfruchtanbau Zwischenfruchtanbau Grünlandbewirtschaftung Bienenweide Hausgarten Öffentliche Flächen 4.3 Erfahrungsaustausch und Abstimmung der Konzepte Die erarbeiteten Konzepte wurden mit Praktikern und Fachleuten aus Naturschutz, Landwirtschaft, Imkerei und Wissenschaft sowie mit Saatgutfirmen abgestimmt und auf ihre Praxistauglichkeit hin überprüft. 4.4 Erstellung eines Lichtbildervortrages für Blühende Landschaft in Landwirtschaft, Garten und öffentlichen Flächen Für die öffentlichen Infoveranstaltungen wurde ein Lichtbildervortrag erstellt. Dazu konnten zum Teil Fotos des Netzwerks Blühende Landschaft verwendet werden, zum Teil wurden von verschiedenen Quellen ergänzende Fotos zur Verfügung gestellt. Dieser Lichtbildervortrag war zugleich Basis für die zum Projektende erstellte Powerpoint- Präsentation. 5. Durchführung des Projektes Blühender Chiemgau 5.1 Öffentlichkeitsarbeit Um das Projekt Blühender Chiemgau in der Öffentlichkeit vorzubereiten und darauf aufmerksam zu machen, wurden Flyer und Plakate mit folgendem Titelmotiv erstellt: 66

68 Abb.4: Plakat und Titelseite Flyer Für die Kennzeichnung von Blühflächen, die im Rahmen des Projektes angelegt wurden, wurden bunte Feldschilder gedruckt, die kostenlos zur Verfügung gestellt wurden: Abb.5: Feldschild 67

69 An vier Informationsabenden mit Lichtbildervortrag zum Thema Blühender Chiemgau konnten insgesamt etwa 150 Landwirte, Naturschützer, Kommunalvertreter und interessierte Bürger über das Thema informiert werden. Ein Teil der angelegten Blühflächen wurde im Rahmen von zwei Rundfahrten durch den Blühenden Chiemgau (19. Juli und 23. September 2005) der Bevölkerung gezeigt. Zudem war das Projekt Blühender Chiemgau für einen Zeitraum von 5 Monaten durchgehend durch einen Informationsstand auf der Bundesgartenschau BUGA 05 in München präsent. Sowohl in der Vorbereitungsphase als auch während der Durchführung sowie anlässlich der einzelnen öffentlichen Veranstaltungen wurde das Projekt in der lokalen sowie überregionalen Tages- und Fachpresse dargestellt. Die Ergebnisse des Projekts wurden der Öffentlichkeit bei einer Infoveranstaltung im Rathaus der Stadt Traunstein vorgestellt. Die Inhalte des Projekts wurden zudem auf der Bürgermeister-Dienstbesprechung in Altötting vorgestellt und es wurde an die Vertreter der Kommunen appelliert, die vorgeschlagenen Maß-nahmen auch in ihren Gemeinden umzusetzen. Bei einem Vortrag an der Landwirtschaftsschule Töging wurden die dortigen Meisterschüler im Rahmen des Unterrichts über die Thematik in-formiert und ihnen Möglichkeiten vorgeschlagen, die sie selber in ihren Betrieben umsetzen können. Zudem bot der zuständige Fachlehrer seinen Schülern an, Konzepte für eine blühende Landwirtschaft als Thema für die Meisterarbeit zu bearbeiten. 5.2 Umsetzung von Blühflächen Für die Durchführung konnten überwiegend im Rahmen der Infoveranstaltungen ca. 60 Personen mit über 100 Flächen im Projektgebiet gewonnen werden, unentgeltlich einzelne der empfohlenen Maßnahmen umzusetzen. Der Schwerpunkt lag auf landwirtschaftlichen Flächen mit folgenden Maßnahmen. 68 Abb. 6: Blühendes Vorgewende

70 Ackerbau: Anlage von Blühstreifen Ansaat von ein- und mehrjährigen blühenden Stilllegungsmischungen Einsaat von blühenden Untersaaten Verstärkte Beachtung des Insektenaspektes beim Mischfruchtanbau Grünland: Gezielte Nutzung und Pflege von extensiven, blütenreichen Wiesen (Schnittzeitpunkt, reduzierte Nutzung, Staffelmahd) Schaffung eines Netzes von blühenden Wiesenrändern durch reduzierte Nutzung der Randstreifen Die beteiligten Personen wurden durch je eine(n) Mitarbeiter(in) des Bundes Naturschutz (nördliches Projektgebiet) oder des Landesbundes für Vogelschutz (südliches Projektgebiet) und durch den Projektleiter überwiegend telefonisch betreut. Sie sollten Aussaattermin, Zusammensetzung, Auflauftermin etc. sowie ihre eigenen Beobachtungen in Tabellenform notieren. Darüber hinaus wurden sie per Rundschreiben mit Informationen über die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten sowie über Aktuelles informiert. Auf jeweils vier ausgewählten Versuchs- und Vergleichsflächen an drei verschiedenen Standorten wurden handelsübliche Saatgutmischungen angebaut und von einem Wildbienenexperten im Hinblick auf ihren Wert für Wildbienen und Schwebfliegen bewertet. Die Landwirte, die die Versuche durchführten, wurden per Telefon, Fax, sowie persönlich vor Ort betreut. Eine enge Zusammenarbeit mit Saatgutfirmen ermöglichte die gezielte Bereitstellung von geeigneten Saatgutmischungen für verschiedene Einsatzzwecke zu vergünstigten Konditionen. Die Stadt Traunstein beteiligte sich am Projekt Blühender Chiemgau mit mehreren Flächen (Verkehrsinseln, Straßenbegleitgrün, Dauerwiese, Streuobstwiese). Diese Flächen wurden mit Insekten fördernden Saatgutmischungen eingesät. Abb. 7: Besichtigung einer Blühfläche in Traunstein 69

71 Zudem wurde die Pflege der Fläche auf die Bedürfnisse der Blüten besuchenden Insekten abgestimmt. Dies geschah in enger Abstimmung zwischen der Projektleitung, der Betreuerin vor Ort sowie der Agenda-Koordinatorin der Stadt Traunstein. Die Durchführung lag bei der Stadtgärtnerei Traunstein. 5.3 Versuchsanlage Auf drei ausgewählten Standorten wurden handelsübliche Saatgutmischungen unter definierten Versuchsbedingungen angebaut und in der Blühphase botanisch und entomologisch bezüglich ihres Wertes für Wildbienen und Schwebfliegen bewertet. Die Versuche wurden von drei Landwirten vereinbarungsgemäß angelegt. Allerdings zerstörte ein Hagelunwetter im Juni 2005 eine der Versuchsanlagen, so dass dieser Versuch zunächst aus der Bewertung genommen werden musste. Erstaunlicherweise erholten sich die Bestände aber in den folgenden Wochen wieder nahezu vollständig, so dass in den Folgemonaten eine normale Auswertung erfolgen konnte. 5.4 Blütenökologische Bewertung von vier handelsüblichen Saatmischungen für Blühflächen Blütenbesuchende Insekten sind in ihrem Vorkommen auf ein Blütenangebot angewiesen. Im Gegenzug sichern sie bei vielen Feldfrüchten die Bestäubung. Eine größere Rolle für die Bestäubung spielen unter den Blütenbesuchern Honigbienen, Wildbienen und Schwebfliegen. Schwebfliegen haben zudem einen messbaren Einfluss auf die Regulation der Blattlauspopulation. Diese wildlebenden Insekten werden vor allem in Agrarlandschaften immer seltener. Aber auch die Haltung von Honigbienen ist rückläufig. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden vier handelsübliche Saatgutmischungen nach ihrem Blütenangebot und dem Auftreten von Blütenbesuchern aus den Gruppen der Stechimmen, Fliegen, Honigbienen, Hummeln und Schmetterlinge bewertet (BRAUN 2005). Die Untersuchungen fanden zur Vollblüte in den Monaten Juli, August und September statt. Die Ergebnisse wurden statistisch auf Zusammenhänge oder Unterschiede überprüft. Die unterschiedlichen Blütenbesucher nutzen verschiedene Nahrungsressourcen. Daher ist eine eindeutige Empfehlung schwierig. Die Tübinger Mischung bildet für den Großteil der untersuchten Blütenbesuchergemeinschaft ein sehr gutes Nahrungshabitat. Sie bietet die größte Blütendeckung, die größte Vielfalt blühender Pflanzenfamilien und gleichzeitig die größte Vielfalt an Stechimmen. Die Feldblumenmischung erwies sich als ähnlich wertvoll. Sie ist besonders für Fliegen interessant und hat die größte Vielfalt im Blütenangebot. Die Bienenweide ist eine der Mischungen, die gerne von Stechimmen in großer Individuenzahl besucht wird. Sie wird zur gezielten Förderung von Honigbienen empfohlen. MS 100 A wird nicht empfohlen, da sie in den meisten untersuchten Parametern schlecht abschneidet. In der Untersuchung wurde ebenfalls die Bedeutung räumlicher Nähe solcher Blühflächen zu Habitatflächen für Blüten besuchende Insekten deutlich, von denen diese einwandern können. Die Untersuchung bestätigt den Wert von Blühflächen für Blüten besuchende Insekten in Agrarlandschaften. Eine zuverlässige Bewertung von vier handelsüblichen Saatmischungen für landwirtschaftliche Blühflächen konnte fundiert erfolgen. 70

72 5.5 Powerpoint-Präsentation Aus dem für die Informationsveranstaltungen zusammengestellten Bildmaterial sowie aus Bildern aus dem Projekt Blühender Chiemgau sowie auf Grundlage der erarbeiteten Konzepte und Empfehlungen wurde eine Powerpoint-Präsentation erstellt. In dieser Präsentation sind die Lebensbedingungen der Blüten besuchenden Insekten in unserer Kulturlandschaft und Vorschläge zur Verbesserung sowie Möglichkeiten der ästhetischen Gestaltung ländlicher und städtischer Lebensräume verständlich und ansprechend dargestellt. Diese Präsentation ist auch für den überregionalen Einsatz geeignet. 6. Fazit Das Projekt kann insgesamt als sehr erfolgreich bewertet werden. In der Projektregion konnten viele Flächen optisch und naturschutzfachlich aufgewertet werden. Die gewonnen Erkenntnisse sowie die erarbeiteten Informationsmaterialien können auch nach Ablauf des Projektes sinnvoll und zielorientiert eingesetzt werden. Sowohl innerhalb der Region als auch darüber hinaus konnte eine große öffentliche Aufmerksamkeit gewonnen werden. Im Einzelnen kann der Projekterfolg folgendermaßen beschrieben werden: 6.1 Beteiligung und Durchführung Insgesamt hatten sich etwa 60 Personen mit über 100 Einzelflächen zur Teilnahme am Projekt Blühender Chiemgau bereit erklärt. Diese Personen wurden mit Rundbriefen und Infomaterial eingebunden und zum Teil telefonisch betreut. Dabei war der Beratungsbedarf extrem unterschiedlich. Viele Personen haben eigenständig die Anregungen aufgegriffen und zum Teil die vorgeschlagenen Konzepte, zum Teil auch eigene Ideen umgesetzt. So kann auch die relativ geringe Anzahl von zurückgesandten Bewertungsbögen der angelegten Blühflächen erklärt werden. Dazu kommt natürlich auch eine geringe Bereitschaft von Landwirten, zusätzlichen Dokumentationsaufwand zu leisten. Abb.8: Konventionell wirtschaftende Landwirte in einjähriger Stilllegung 71

73 Es zeigte sich aber auch, dass die Betreuung der Einzelpersonen zum Teil sehr arbeitsintensiv ist. Darum wurde der Kostenrahmen für diesen Bereich im Laufe des Projektes aufgestockt. Angelegt wurden in der ersten Aussaat-Phase im Frühjahr überwiegend einjährige Blühstreifen sowie ein- und mehrjährige Stilllegungen. In der zweiten Phase im Juli/August dominierten die Zwischenfrüchte. Gerade die Zwischenfrüchte waren sowohl hinsichtlich der späten Nahrungsversorgung der Blütenbesucher, als auch im Hinblick auf die Ästhetik einer ansonsten im Spätsommer weitgehend farbenarmen Kulturlandschaft, besonders interessant. Vor allem konventionell wirtschaftende Landwirte waren von der ungewohnten Farbenpracht auf ihren Äckern sehr positiv überrascht. Leider gelang es nicht, den Blühenden Chiemgau auch auf der Rohstoff verarbeitenden Ebene zu vermarkten. Voraussetzung wäre dafür eine enge Kooperation zwischen Verarbeitern und Erzeugern gewesen. Eine Möglichkeit wäre z.b. die Kooperation zwischen einem Bäcker und seinen Getreidelieferanten, die ihre Getreidefelder mit Blühstreifen umgeben. Eine solche Kombination wurde leider nicht gefunden. Versuche, eine Kooperation mit einer regionalen Beratungs- und Vermarktungsorganisation aufzubauen, scheiterten letztendlich an der Unklarheit und Unzuverlässigkeit dieses Unternehmens. 6.2 Öffentliche Resonanz Beeindruckend war bereits in der ersten Phase des Projektes das große Interesse am Thema. Die Infoveranstaltungen, zu denen per Tagespresse im gesamten Wirkungsbereich von Region aktiv Chiemgau-Inn-Salzach eingeladen wurde, waren mit zum Teil mehr als 50 Personen sehr gut besucht. Die Besucher teilten sich auf in etwa 50% Landwirte, 25% Imker und 25% Naturschützer sowie Verwaltungspersonal und sonstige Personen. Ebenfalls überraschend war die große Bereitschaft der anwesenden Personen, sich mit eigenen Flächen am Projekt zu beteiligen. Umso bemerkenswerter ist diese Tatsache, da die Personen nicht mit einer finanziellen Entschädigung oder Unterstützung rechnen konnten. Lediglich beim Bezug des Saatgutes konnte mit leicht reduzierten Preisen (Großmengenpreise auch bei Kleingebinden) gerechnet werden. Dies war auch in der Konzeptionierung des Projektes bewusst so gestaltet worden, um nicht in erster Linie Mitnahmeeffekte aufgrund von finanziellen Unterstützungsleistungen zu produzieren, sondern die Eigeninitiative zu fördern. So ist die Chance, dass derartige Maßnahmen auch nach Ablauf des Projektes weitergeführt werden, deutlich größer, als wenn die Finanzierung z.b. der Saatgutkosten im Rahmen des Projektes übernommen wird und danach ersatzlos wegfällt. Ebenfalls positiv war das Interesse an den Rundfahrten durch den Blühenden Chiemgau. Hier zeigten überwiegend Landwirte Interesse, die auch selber Blühflächen angelegt hatten. Daneben waren aber auch zahlreiche Personen dabei, die am Projekt selber nicht unmittelbar beteiligt waren. Das Echo auf das Projekt war durchgehend positiv, sowohl das Presseecho als auch die Rückmeldungen der Naturschutz- und Landespflegeverbände und ebenso die Resonanz 72

74 Abb.9: Felderbegehung bei Versuchsanlage in Tittmoning von Landwirten, Imkern und Privatpersonen. Dieses positive Echo drückte sich auch dadurch aus, dass zahlreiche Vorträge und Veranstaltungen zum Thema durchgeführt wurden, die nicht im Rahmen des Projektes durchgeführt, sondern von den jeweiligen Veranstaltern selber finanziert werden mussten. Dieses Interesse zeigte sich auch noch im Folgejahr Ähnlich positiv fiel das Interesse am Info-Pavillon auf der Bundesgartenschau BUGA 05 in München aus. Auch hier fanden viele rege Einzelgespräche statt und es wurde umfangreiches Infomaterial abgegeben. Das große Interesse lässt sich auch an der Anzahl von ca. 500 Quizbögen ablesen, die begleitet durch intensive Gespräche am Infopavillon von Region aktiv Chiemgau-Inn-Salzach ausgefüllt wurden. Mit der Präsenz auf der BUGA 05 konnte das Projekt weit über die Projektgrenzen hinaus bekannt gemacht werden. Abb. 10 und 11: Der Infostand im BUGA-Pavillon von Region aktiv Chiemgau-Inn-Salzach 7. Zusammenfassung und Ausblick Im Projektjahr 2005 konnte vor allem ein Bewusstsein für die Thematik und somit nur ein Grundstein für die Gestaltung eines Blühenden Chiemgaus gelegt werden. Die Reso- 73

75 nanz auf das Projekt sowie die umgesetzten Maßnahmen zeigten jedoch deutlich, dass ein großes Veränderungs- und Gestaltungspotential vorhanden ist, das durch gezielte Unterstützung und Beratung genutzt und gefördert werden könnte. Dazu wäre es jedoch sinnvoll und erforderlich, dauerhaft eine Form der Naturschutzberatung im Chiemgau einzurichten, die aber einer entsprechenden Finanzierung bedarf. Diese Naturschutzberatung könnte an unterschiedlichen Stellen angesiedelt sein. Das Dach von Region aktiv Chiemgau-Inn-Salzach wäre aufgrund einer gewissen Neutralität im Gegensatz zu den Naturschutzverbänden vor allem im Hinblick auf konventionell wirtschaftende Landwirte zu bevorzugen. Eine Bearbeitung durch das Landwirtschaftsamt ist alleine schon aufgrund der aktuellen Finanzsituation nicht zu erwarten. Zudem konnten nur einige wenige Konzepte für die Bereiche Landwirtschaft, Garten und kommunale Flächen entwickelt und getestet werden. Hier gibt es noch einen großen Entwicklungsbedarf zum Beispiel in den Bereichen Forstwirtschaft, Obstbau, Landschafts- und Gartenbau, Landschaftsplanung und vielen anderen Bereichen. Auch das könnte Inhalt eines weiteren Projektes sein. Aus dem Projekt Blühender Chiemgau lässt sich das Fazit ziehen, dass grundsätzlich eine hohe Bereitschaft vorhanden ist, Naturschutz auch in der Fläche umzusetzen. Dies gilt für unter-schiedlichste Personengruppen, angefangen bei Landwirten über Jägern, Imkern und Privatper-sonen bis hin zu Personen in Verwaltung und Behörden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist zum einen die Bewusstseinsbildung und das Schaffen einer gewissen Betroffenheit und eines persönlichen Bezugs, zum anderen aber auch eine praxisorientierte und zum Teil intensive Betreuung durch Fachleute. Dies wiederum kann nur geleistet werden, wenn entspre-chende finanzielle Möglichkeiten vorhanden sind. 8. Literaturverzeichnis BRAUN, R. (2005): Blütenökologische Bewertung von vier handelsüblichen Saatgutmischungen CHARRIÈRE, J.-D, HURST, J., IMDORF, A., FLURI, P. (1999): Bienenvergiftung. Schweizerisches Zentrum für Bienenforschung, Liebefeld; Mitt. 36. DATHE, H.H. (2001): Apidae. In: DATHE, H.H., TAEGER A., BLANK, S. M. (Hrsg.): Entomofauna Germanica Bd. 4. Verzeichnis der Hautflügler Deutschlands. - Ent. Nachr. Ber., Beiheft 7: FLURI, P., FRICK, R., JAUN, A. (2000): Bienenverluste beim Mähen mit Rotationsmähwerken, Schweizerisches Zentrum für Bienenforschung, Liebefeld; Mitteilung Nr. 39 PASCHKE, J. (1937): Der Baurahmenimker. Verlag der Leipziger Bienenzeitung. WESTRICH, P., SCHWENNINGER, H.R., DATHE, H.H., RIEMANN, H., SAUER, C., VOITH, J., WEBER, K. (1998): Rote Liste der Bienen (Hymenoptera: Apidae). In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. Schrr. Landschaftspfl. Naturschutz 55: Anschrift des Verfassers: Utto Baumgartner, Netzwerk Blühende Landschaft, Solla 6, Windorf, Tel.: , baumgartner@bluehende-landschaft.de, 74

76 Förderpreis Naturschutzhöfe: Naturschutzleistungen mit Vorbildcharakter Nicole Krüger 1. Wettbewerb und Bewerberstruktur Mit der Durchführung des Förderpreises Naturschutzhöfe wurde eine lang gehegte Idee des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) und der Naturschutzverbände Realität: vorbildliche Leistun-gen von Höfen im Bereich Naturschutz zu würdigen und als Praxisbeispiele bekannt zu machen. Ausgeschrieben wurde der Wettbewerb im Frühjahr 2006, es bewarben sich 233 Betriebe. Im Februar 2007 übergab Bundesumweltminister Sigmar Gabriel erstmals den Förderpreis Naturschutzhöfe an drei Betriebe (Abb. 1), neun weitere Höfe erhielten eine Auszeichnung (Tab. 1). Der Wettbewerb stand sowohl biologisch als auch konventionell wirtschaftenden Betrieben offen. Bewertet wurden die Kriterien biologische Vielfalt auf der Betriebsfläche, betriebliche Natur schonende Maßnahmen, aktive Landschaftsgestaltung, Öffentlichkeitsarbeit in Verbindung mit Naturschutzmaßnahmen. Abb. 1: Bundesumweltminister Sigmar Gabriel übergibt den Förderpreis Naturschutzhöfe an die Preisträger Wüst, Seiler und Thielecke (Foto: Menzler) Rund 75 Prozent der insgesamt 233 Bewerber sind Haupterwerbsbetriebe und 25 Prozent Nebenerwerbsbetriebe. Drei Viertel der Bewerber wirtschaften biologisch, ein Viertel betreibt konventionellen Landbau. Mehr als die Hälfte der Bewerber machen Gemischtbetriebe aus, ein Viertel reine Grünlandbetriebe, einige wenige sind reine 75

77 Ackerbaubetriebe beziehungsweise Obst- und Weinbaubetriebe. Auch ein Forst- und Teichwirtschaftsbetrieb nahm teil. 32 Höfe zählen zu den klassischen Landschaftspflegebetrieben, die extensive Beweidung mit Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden oder Eseln durchführen. Die vielfältige Bewerberstruktur zeigt, dass bei den verschiedensten Betriebstypen Interesse am Naturschutz besteht. Für die Umsetzung kann neben der professionellen Landschaftspflege als Betriebszweig ein breites Spektrum an Maßnahmen genutzt werden. Tab. 1: Förderpreis Naturschutzhöfe 2006 Die drei Preisträger des Förderpreises Naturschutzhöfe: Demeter-Betrieb Wüst, Königheim-Brehmen Bioland-Weingut Seiler, Weyher Brockenbauer Thielecke, Tanne Neun weitere Betriebe erhielten eine Auszeichnung: Hof Luna, Everode Agrar GmbH Crawinkel, Crawinkel Hof Eggers in der Ohe, Hamburg Landschaftspflege mit Biss, Oberndorf-Beffendorf Bioland-Hof Familie Mammel, Lauterach Müller-Hof, Allensbach-Kaltbrunn Bannmühle, Odernheim Arche-Rhönschafhof Pößel, Schernberg Vorwerk Podemus, Dresden 2. Faktoren für erfolgreichen Naturschutz 2.1 Agrarkulturelle Vielfalt bewahren Großes Engagement zeigen die Bewerber beim Einsatz seltener Kulturarten und -sorten sowie Nutztierrassen: Champagnerroggen, Pommerscher Dickkopf, Moorschnucken, Hinterwälder, Buntes Bentheimer Schwein und viele andere Sorten und Rassen werden kultiviert und gezüchtet. Die agrarkulturelle Vielfalt zu erhalten, ist ein bedeutender Beitrag zur Bewahrung der biologischen Vielfalt. 2.2 Naturschutz beginnt im Kleinen Naturschutz auf dem Hof beginnt mit ganz einfachen Dingen, wie dem Anbringen von Nistkästen für Vögel, Fledermäuse oder Wildbienen (Abb. 2). Mähstreifen und Uferstreifen werden bewusst als Nahrung und Deckung für Insekten und Wildtiere stehen ge- 76

78 Abb. 2: Wildbienennisthölzer in den Weinbergen von Ludwig Seiler (Foto: Menzler) lassen. Die Auseinandersetzung mit Einzelaspekten schafft die fachliche Grundlage und das Bewusstsein für komplexere Zusammenhänge der Gesamtlandschaft. 2.3 Naturschutz in die Nutzung integrieren Unentbehrlich für die Nachhaltigkeit von Maßnahmen und zugleich eine interessante Aufgabe ist die Entwicklung von Nutzungskonzepten. Dabei können alte Kulturtechniken Anregungen geben und noch heute in moderne landwirtschaftliche Betriebsabläufe integriert werden: Hecken für die Brennholznutzung anlegen und pflegen, artenreiches Feuchtgrünland und Niedermoorwiesen bewirtschaften und das Mähgut als Kompost für den Acker einsetzen, Mähstreifen im Feldfutterbau als Deckung für Feldlerche, Wachtel und Hase belassen und später für die Saatgutgewinnung nutzen. Abb. 3: Distelfalter, Bioland-Hof Mammel (Foto: Menzler) 77

79 2.4 Wissen über die Zusammenhänge Viele der ausgezeichneten Landwirte verfügen über umfangreiches naturschutzfachliches Wissen. Trifft dieses auf Freude am Beobachten und einen starken praktischen Innovationsgeist, können ausgefeilte Bewirtschaftungssysteme entstehen, die Artenvielfalt, Pflanzenwachstum und -gesundheit gleichzeitig fördern. So hat etwa der Bioland-Winzer Ludwig Seiler eine enorme Kenntnis von Flora und Fauna. Dank seiner speziellen Bodenbearbeitung und Begrünung können sich selten gewordene, sensible Weinbergarten etablieren. 2.5 Kreative Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit Kreative Ideen und starke Präsenz in der lokalen Presse können dabei helfen, eine regionale Vermarktung aufzubauen. Durch Veranstaltungen und Führungen lassen sich die Zusammenhänge von Naturschutz, Kulturlandschaft, Tiergesundheit und Lebensmittelqualität vermitteln das schafft bei den Kunden ein Bewusstsein für die vielfältigen Funktionen der Landwirtschaft. So werden dauerhaft Kunden, Multiplikatoren und Unterstützer gewonnen. Der Betrieb Landschaftspflege mit Biss lädt beispielsweise zu den Veranstaltungen Biss-Fest und Tritt-Fest ein (Abb. 4). Hinter diesen griffigen Titeln verbergen sich geführte Wanderungen durch ein Naturschutzgebiet mit anschließender Verköstigung. Abb. 4: Landschaftspflege mit Biss: Umtrieb der Ziegenherde (Foto: Menzler) 2.6 Beratung und Unterstützung durch Partner In den meisten ausgezeichneten Betrieben herrscht ein gewisser Grad an innerbetrieblicher Arbeitsteilung, viele haben zudem verschiedene Partner von außen. Sehr positiv läuft zum Beispiel die Zusammenarbeit von Grünlandbetrieb Thielecke mit dem Landschaftspflegeverband Harz: Die Naturschutzfachleute machen auf sensible Bereiche, seltene Pflanzen und Tiere aufmerksam und Thieleckes können mit ihrer Nutzung meist flexibel und ohne großen Aufwand auf bestimmte Ansprüche eingehen. In zwei der ausgezeichneten Betriebe (Hof Luna und Hof Eggers in der Ohe) gibt es einen Förder- 78

80 verein beziehungsweise Freundeskreis. Die Mitglieder un-terstützen die Höfe bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen sowie bei Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung etwa beim Aufstellen eines Storchenhorstes, bei Hecken- und Baumpflanzungen oder beim Bau eines Naturlehrpfads. Es ist also nicht notwendig, dass der einzelne Landwirt Naturschutzexperte, Praktiker, Umweltpädagoge und Veranstalter zugleich ist. Insbesondere die Zusammenarbeit von Menschen, die sich gegenseitig mit ihrem Wissen, ihren Fähigkeiten und ihrem Engagement ergänzen, stellt die Grundlage für herausragende Naturschutzleistungen dar. 2.7 Motivation und Einstellung Landschaftsästhetik, Freude an der Natur sowie Heimatverbundenheit sind häufige emotionale Beweggründe für aktive Naturschutzmaßnahmen. Oft steht auch der Gedanke dahinter, Nützlinge zu fördern und ökologische Zusammenhänge zu bewahren. Die Art der Naturschutzmaßnahmen ist so vielfältig wie die Landschaften und die Menschen selbst. Die einzelnen Naturschutzleistungen hängen sehr stark von den persönlichen Interessen der Landwirte sowie vom Naturraum ab. Die persönliche Neugier entscheidet mit, ob Versuche mit insektenfreundlichen, blühenden Untersaaten ausprobiert, ob alte Gemüsesorten kultiviert und vermarktet werden oder ob der Emmer mit seinen Back- und Braueigenschaften wiederentdeckt wird. Abb. 5: Landwirt Helmut Müller (rechts) arbeitet eng zusammen mit der Naturschutzstation Möggingen (Foto: Menzler) 3. Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz 3.1 Menschen, die in der Landschaft tätig sind Die biologische Vielfalt der europäischen Kulturlandschaften ist über Jahrhunderte auch durch landwirtschaftliche Nutzung entstanden. Aufgrund unterschiedlicher Nutzungen entwickelte sich eine hohe Standortdiversität, die eine hohe Biodiversität ermöglichte. Die Ausräumung der Landschaft und die Nivellierung der Standorte führen 79

81 aber seit etwa 50 Jahren zu einem drastischen Artenverlust. Es ist ein gesellschaftliches Ziel, den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen dafür bedarf es naturverträglich wirtschaftender Landnutzer: Menschen, die in der Landschaft tätig sind, sorgsam mit ihr umgehen und die Vielfalt wieder bewusst fördern. 3.2 Honorierung durch die Gesellschaft Naturschutzleistungen zu erbringen, bedeutet für einen Betrieb jedoch auch einen gewissen Mehraufwand. Viele Naturschutzmaßnahmen sind für die Betriebe allein finanziell nicht tragbar. Sinnvolle Agrarumweltprogramme spielen deshalb eine wichtige Rolle, um die Leistungen, die für die Gesellschaft erbracht werden, langfristig zu honorieren. 3.3 Begeisterung weitertragen Viele Landwirte besitzen die Gabe, überzeugend und begeisternd von ihrem Hof und ihrer Arbeit zu erzählen. Darin liegt ein großes Potenzial der ausgezeichneten Naturschutzhöfe als Modellbetriebe können sie den Naturschutzgedanken an Kollegen und Besucher weitergeben. Durch den Förderpreis Naturschutzhöfe wurden das starke Engagement und die Vielfalt von Naturschutzansätzen auf den Höfen sichtbar. Diese praktischen Beispiele zu honorieren und bekannt zu machen ist das Anliegen des Förderpreises. Initiiert und durchgeführt wurde der Wettbewerb vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) gemeinsam mit der Stiftung Ökologie & Landbau (SÖL). Das Projekt wurde gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und fachlich begleitet vom Institut für Agarökologie und Biodiversität (ifab). Weitere Projektpartner waren der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV),der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Bund Naturschutz Bayern (BN) sowie die Stiftung Europäisches Naturerbe (Euronatur). 80 Abb. 6: Landwirt Mammel, Linsen mit Stützfrucht Gerste, die Kultur lässt Licht für Ackerwildkräuter (Foto: Menzler)

82 4. Zusammenfassung Mit dem Förderpreis Naturschutzhöfe 2006 wurden erstmals bundesweit vorbildliche Leistungen von Höfen im Bereich Naturschutz ausgezeichnet und als Praxisbeispiele bekannt gemacht. Anhand der drei Preisträger und den weiteren neun ausgezeichneten Betrieben wird deutlich, welche Faktoren Naturschutz erfolgreich machen. Die Motivation des Einzelnen, sinnvolle Nutzungskonzepte, partnerschaftliche Zusammenarbeit von Naturschutzfachleuten und Landwirten sowie die finanzielle Honorierung der Leistung spielen eine wichtige Rolle. Anschrift der Verfasserin: Nicole Krüger, Stiftung Ökologie & Landbau, Weinstr. Süd 51, Bad Dürkheim, Tel ,

83 Der Lämmerhof Landwirtschaft pro Natur Detlef Hack 1. Lage des Betriebes in der Landschaft Der Lämmerhof liegt im südöstlichen Schleswig-Holstein in der Ortschaft Panten und hat seine Flächen schwerpunktmäßig im mittleren Bereich des Naturraumes Stecknitztal zwischen den Ortschaften Hollenbek und Panten ungefähr 10 km nordwestlich von Mölln (Abb.1). Kennzeichnend für die Landschaft und somit für den Hof ist das für norddeutsche Verhältnisse relativ tief eingeschnittene Tal der Stecknitz mit seinen vielen deutlich ausgeprägten Seitentälern, die weit in die umgebende Moränenlandschaft hineinreichen. Die eiszeitliche Entstehungsgeschichte ist in der Landschaft gut abzulesen. Das mit Flachgewässern und quellreichen Niedermoorbereichen sehr gut ausgestattete Gebiet weist ein hohes Naturschutzpotential auf. Die Bodenverhältnisse sind mit Abb. 1: Flächenbestand des Lämmerhofs 82

84 schweren Lehm- und Tonböden, trockenen Sanderbereichen, fruchtbaren Ackerstandorten und vermoorten Talräumen überaus wechselhaft und zusätzlich in den vom Relief her flacheren Geländegebieten teilweise vergleyt. Das Gebiet ist daher durch Meliorationsmaßnahmen wie Entwässerungen und andere Nutzungen der letzten 100 Jahre (Elbe Lübeck Kanal, ehemals Stecknitz) stark verändert worden. Die Entwässerung erfolgt größtenteils in Richtung der etwa 40 km entfernten Ostsee. Ein besonderes Charakteristikum ist der für schleswig-holsteinische Verhältnisse relative hohe Waldanteil (ca. 25%) und die noch aus historischen Zeiten stammenden alten Knicks (Wallhecken). Auch auf den Betriebsflächen sind daher noch viele alte Feldgehölze, Moorsenken und Knicks vorhanden. Durch das unruhige Relief, mit Geländekanten, Höhenunterschieden und Landschaftselementen ist der Landschaftsraum samt Betriebsflächen von naturschutzfachlich interessantem Strukturreichtum geprägt. 2. Bedeutung des Hofes für den Naturschutz Die Biotopkartierung des Landes Schleswig-Holstein weist für den Bereich des Stecknitztales samt Seitentälern umfangreiche Schwerpunkte im landesweiten Biotopverbundsystem aus und stellt ein dichtes Verbundachsennetz dar. Viele Landschaftsbestandteile des Hofumfeldes sind daher als FFH- und Vogelschutzgebiete entsprechend dem Natura 2000-Netz gemeldet. Unter anderem findet sich im Landschaftsraum z.b. die höchste Siedlungsdichte an Kranichbrutrevieren im westlichen Verbreitungsareal. Aber auch viele andere und vor allem biotopwechselnde Arten wie Weißstorch, Kiebitz, Seeadler, Schwarzspecht, Bekassine oder Waldwasserläufer nutzen die Flächen des Hofes als Brut bzw. Rast- und Nahrungsbiotop. Der Hof liegt sozusagen eingebettet in einem Gebiet mit erheblicher Bedeutung für den Naturschutz. Die Gründe hierfür sind zum einen klimatisch bedingt aufgrund der Übergangslage der Region zum kontinental geprägten Klimagebiet, aber ganz besonders auch im Erhalt vieler historischer Landschaftsbestandteile zu sehen. So sind zum Beispiel die meisten Saum- und Verbundstrukturen der Landschaft Knicks mit einem Alter von über 200 Jahren sowie bäuerliche Feldgehölze an Geländekanten oder begleitende Saumwälder entlang der Ufer- Abb. 2: Neue offene Gewässerstruktur als Biotop für Vögel 83

85 bereiche von Stillgewässern und an nicht begradigten bzw. wasserbaulich veränderten Bachläufen. Ein hoher Naturschutzwert zeichnet diese Landschaftselemente aus und macht es möglich, dass sich in der Feldflur noch stabile Bestände von Niederwildarten wie Feldhase und Fasan finden. Weiter kommen Rebhuhn, Wachtel und auch Wachtelkönig in kleinen und zum Teil nur sporadisch brütenden Populationen vor. Regionaltypische, aber gefährdete Amphibienarten wie Laubfrosch, Moorfrosch und Kammolch sind in allen Gewässern in stabilen Populationen vorhanden. Biotopneuanlagen wurden zudem immer schnell besiedelt und zeugen von dem guten Renaturierungspotential der Landschaftsbestandteile des Hofes. Vogelarten, die in den angrenzenden Waldökosystemen ihr Brutgebiet haben bzw. in engem Bezug zum Wald stehen, sind oftmals im Gelände an Gewässern und Gehölzsäumen anzutreffen (Abb. 2). Hervorzuheben sind hier der Seeadler, Kranich, Schwarzspecht, Zwergschnäpper, Waldwasserläufer, Rotmilan und in Gewässernähe auch Gänsesäger und Schellente sowie an Sukzessionsflächen Schlagschwirl, Heidelerche, Wendehals und Sperbergrasmücke. 3. Historie und jüngere naturschutzfachliche Entwicklung des Hofes Der Hof ist ein Zusammenschluss zweier bäuerlicher Familienbetriebe. Historisch lassen sich die Betriebe zurückverfolgen bis zur Verkoppelung Ende des 18 Jahrhunderts. Kennzeichen der Verkoppelung, die unter dänischer Herrschaft durchgeführt wurde, ist eine der ersten großen Landreformen der Region. Grund waren erhebliche Schwierigkeiten des Landadels, der im Besitz sämtlicher Flächen war, die Landbevölkerung zu versorgen und entsprechende Erträge aus den Dorfschaften zu ziehen. Eine Leibeigenschaft bestand in der Region nicht. In der Verkoppelung wurde die Feldflur auf die bäuerliche Dorfbevölkerung je nach Stand und Ansehen verteilt. Auflage war, die jetzt im privaten Besitz befindlichen Grundstücke durch Wallhecken nach außen erkennbar abzugrenzen. Die Landschaft wurde nun so aufgeteilt, dass die einzelnen Felder einigermaßen homogen waren und jede Familie gleichmäßig viele Felder jeden Bodentyps besaß, so dass die Höfe anschließend von ihrer Bewirtschaftungsausrichtung her alle ähnlich strukturiert waren. Die durchschnittliche Feldgröße betrug knapp drei Hektar, umgeben von auf Wällen angelegten Hecken. Das Pflanzmaterial stammte von Wildgehölzbewuchs aus in der Feldmark brach gefallenen Bereichen und Rodungen von in der Feldmark befindlichen Waldbereichen. Alte Flurnamen wie Zuschlag, Kühser Holz oder Wedenhagen und Jergottkoppel (Alte Waldgebiete) zeugen von den Rodungsaktivitäten. Andere Flurnamen wiesen auf die gute Bodenqualität, wie Butterkuhle oder Essen, weitere auf überaus schwierige Verhältnisse hin, etwa Im Krieg oder Hölle. Die Landschaft hatte sich durch die Verkoppelung erheblich verändert, der Waldanteil ging zurück, dafür hatte sich in der Feldmark eine bedeutende Saumstruktur mit ca. 200 m Randlänge je Hektar zu den Äckern entwickelt. Die Knicks stehen auf etwa drei Meter breiten und einem Meter hohen Erdwällen, die beidseitig zur besseren Dränung der Fläche einen Graben hatten, aus dem das Wallmaterial stammte. Die so gebildeten Säume wiesen Breiten von bis zu sechs Metern auf. Die Knicks dienten neben der Eigentumsabgrenzung auch zur Gewinnung von Brennmaterial (der Großgrundbesitz wollte die Bauern aus den Wäldern ausschießen) und als Umzäunung der Flächen für Beweidungszwecke. Auf die etwa 600 ha große Feldmark kamen 70 km Wallhecken, die in 84

86 20 jähriger Bauphase in einmaliger kulturhistorischer Leistung geschaffen wurden. Knicks, Feldgehölze und Kleingewässer, netzartig miteinander verbunden, hatten in der Landschaft etwa einen Anteil von 15 %, eingebettet in einer historischen, extensiven Landnutzung. Aus Überlieferung und diversen anderen Quellen ist belegt, dass die Artenvielfalt und die Jagdstrecken in dieser Zeit besonders hoch waren. Dieser Zustand hielt 200 Jahre an. Mit Ende des zweiten Weltkrieges änderte sich der Produktionsdruck auf die Landwirtschaft erheblich. Steigende Bevölkerungszahlen führten zu mehr Intensität auf den Flächen. Anschließende Bevölkerungsabwanderung in die Städte und Umstellung in den Dörfern auf fossile Brennstoffe machten die Hecken scheinbar überflüssig. Von 1954 bis 1957 fand in Panten eine Flurbereinigung als freiwillige Zusammenlegung statt. Mit großer Technik wurden 70% der Heckenstruktur gerodet. Bis Anfang der 80 Jahre fanden Flurbereinigungen auch in den anderen Dörfern statt, teilweise noch weitaus intensiver. Der Teilbetrieb Lämmerhof Mannhagen hatte seine Flurbereinigung Mitte der 70er Jahre. In der Feldmark Panten fand die Flurbereinigung nur auf den besseren Standorten intensiv statt, weil sich die Betriebe über die Neuverteilung der Flächen schwächerer Standorte nicht einigen konnten. Auf den schwieriger zu bewirtschaftenden Standorten ist daher wenig verändert worden. Einzelne besonders schwerwiegende Maßnahmen wie Absenkung des Pantener Sees (jetzt Pantener Moorweiher) und des Hellmoores um bis zu zwei Meter wurden aber trotzdem durchgeführt. Mit weiterer Intensivierung der Landbewirtschaftung durch moderne Produktionsmethoden, ließ der Rückgang der Artenvielfalt und Niederwildpopulationen nicht lange auf sich warten, so dass mit Mitte der 80er Jahre nicht einmal mehr Treibjagden durchgeführt wurden. Das Problem bestand landesweit, so dass ab Ende der 80er Jahre politisch an der Etablierung eines landesweiten Biotopverbundes zur Sicherung der von schleichender weiterer Fragmentierung bedrohten, letzten Rückzugsräume des Arteninventars gearbeitet wurde. Biotopgestaltende Einzelmaßnahmen wurden schon Ende der 80er Jahre auf dem Betrieb durchgeführt, allerdings mit mäßigem Erfolg. Im Abb. 3: Hofgrundstück Lämmerhof Panten 85

87 Zuge des Generationswechsels wurde der Betrieb 1989 umgestellt auf ökologische Anbauweise. Der Hof war zu dem Zeitpunkt hoch spezialisiert auf Schweinemast und Ackerbau mit Schwerpunkt Raps, Weizen und Zuckerrüben. Hintergrund der Umstellung war das ausgeprägte Naturschutzinteresse der jetzigen Betriebsinhaber. Etwa zeitgleich mit der Umstellung wurde für Panten und Umgebung die naturschutzfachliche Bedeutung des Stecknitztales samt Seitentälern für den landesweiten Biotopverbund erkannt. Zur Rettung des stark gestörten ehemaligen Pantener Sees wurde, um eine arbeitsfähige rechtliche Basis zu erhalten, 1992 wiederum eine Flurneuordnung auf freiwilliger Basis einberufen. Im Rahmen der Flurneuordnung wurde der Pantener See sichergestellt und 1996 zum NSG Pantener Moorweiher auf 150 ha Gesamtfläche ausgewiesen. Die Flächen befinden sich weitestgehend im Eigentum der Stiftung Naturschutz. Die im Bereich des NSG liegenden Flächen (17 ha) des Lämmerhofes wurden in das Projekt gegen Geldausgleich eingebracht. Die Wasserstände des Sees sind auf den ursprünglichen Zustand wieder angehoben worden und haben eine positive Entwicklung für die Natur dynamisch ermöglicht. Auf den Ackerflächen des Lämmerhofes beschränkten sich hingegen, trotz etwa 15 biotopgestaltender Einzelmaßnahmen (Knickpflanzungen, Anlage von Feuchtbiotopen, Feldgehölzen und Ruderalflächen) die Veränderungen auf Steigerung der Insektenvielfalt und Zunahme von einzelnen Feldvögeln und Amphibienarten mit geringerem Anspruch an ihre Lebensraumgröße. Inspiriert von Gesprächen mit den örtlichen Naturschutzakteuren und den Möglichkeiten einer Neuausrichtung des Flächeninventars durch Flurneuordnung und umfassenden Biotopverbund entschloss man sich, mit den Eigentumsflächen des Betriebes umzuziehen. Ziel war das noch in Fragmenten vorhandene Hellmoorgebiet nördlich der Ortslage Panten, umgeben von Flächen, die in der Flurbereinigung 1957 nicht oder nur wenig ihrer historischen Landschaftsstruktur beraubt wurden. Die Flächen waren aus landwirtschaftlicher Sicht deutlich schwieriger zu bewirtschaften, hatten aber aufgrund ihrer historischen Landschaftsstrukturen ein 86 Abb. 4: Nach Auflösen der Verrohrungen: frei auslaufender Quelltopf am Hellmoor

88 Abb. 5: Nach Auflösen der Verrohrungen: Sohlgleite als Furt am Hellmoor weitaus bedeutenderes naturschutzfachliches Entwicklungspotential. Die Flächenveränderungen wurden im Zeitraum 1996 bis 2006 realisiert, so dass der Lämmerhof jetzt auf ein arrondiertes Gebiet von 110 ha Eigentumsfläche bzw. 150 ha bewirtschaftete Fläche, eingebunden in den EJB Hellmoor Hack von 160 ha, zurückgreifen kann. Aufgrund der günstigen Topographie konnten die Wasserverhältnisse auf ein naturschutzfachlich optimales Niveau zurückgebaut werden (Abb. 4 und 5). Begleitend fanden ca. 30 Naturschutzmaßnahmen statt, und etwa 20 weitere kommen noch bis Ende 2009 zum Abschluss. Die Entwicklung des Gebietes ist mit dem Kreis Herzogtum Lauenburg und den Land Schleswig-Holstein auf Basis eines öffentlich-rechtlichen Vertrages umfassend abgesichert. Das Land Schleswig-Holstein hat im Rahmen der Flurneuordnung etliche Arrondierungskäufe im Bereich der angrenzenden Diekbekniederung realisiert und sie im Rahmen zur naturschutzfachlichen Entwicklung und Bewirtschaftung auf die Eigentümer des Lämmerhofes im Jahr 2006 übertragen. Das Hellmoorgebiet ist somit über die Niederungsflächen der Diekbekniederung direkt mit dem NSG Pantener Moorweiher verbunden. Die so etablierte großräumige agrarisch geprägte Offenlandschaft trägt erheblich zur Sicherung und Verbesserung der Bestände von Weißstorch, Kranich und auch von Kiebitz, Bekassine und anderen Wiesenvogelarten bei. Durch die geschaffenen Vernetzungsstrukturen und die chemiefreie Bewirtschaftung wurden die Artenvielfalt und auch die Stabilität der Nahrungsnetze qualitativ und quantitativ erheblich verbessert. Alle aufgeführten Maßnahmen zusammen haben zu einer Feldflur geführt, in der die Verinselung der einzelnen Biotope aufgehoben ist. Durch die fließenden Übergänge zwischen Gehölz- und Grünlandhabitaten, z.b. durch Gehölzinseln in den Weideflächen, sowie zwischen Moor- und Grünlandhabitaten zu den Ackerstandorten, durch Einrichtung extensiver Weidelandschaften an den Moorrändern oder Wiedervernässung vermoorter Senken im Grünland des Hellmoor (Abb. 6) und Pantener Moorweiher Gebietes konnte eine Landschaft entwickelt und gesichert werden, die die Ausbreitung von Arten 87

89 Abb. 6: Hellmoor nach Abschluss des Renaturierungsprozesses fördert und biotopwechselnde Wanderarten stützt. Ende 2007 übernahm der Lämmerhof auch die Pflege und Entwicklungsbeweidung der halboffenen Weidelandschaft NSG Pantener Moorweiher. 4. Landwirtschaft pro Natur ein Ziel der Flurneuordnung Panten Die Ziele der Flurneuordnung auf dem Lämmerhof sind: Arrondierung und Flächenerwerb für das Hellmoor und die Diekbekniederung Wiedervernässung und Renaturierung des Hellmoores und der Diekbekniederung Entwicklung des Biotopverbundes Hellmoor Diekbekniederung Pantener Moorweiher (Naturschutzgebiet und FFH Gebiet) Beispielhafte Integration von Naturschutzflächen in den Vollerwerbsbetrieb Lämmerhof Entflechtung von Landnutzungskonflikten: Das Projekt Hellmoor entstand auf Initiative des Lämmerhofes. Im Interesse des Landesnaturschutzes wurde das Hellmoorprojekt (ca. 115 ha) vom ALR in die laufenden Projekte Pantener Moorweiher (ca. 180 ha) und Diekbekniederung (ca. 50 ha) eingebunden. Das Amt für ländliche Räume Lübeck ist Betreiberin des laufenden Flurneuordnungsverfahrens Panten. Die örtlichen Landwirte und Grundeigentümer sind im Rahmen der Teilnehmergemeinschaft vertreten und durch einen unabhängigen Vorstand in das Verfahren eingebunden. Für alle Maßnahmen gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Finanzierung der Naturschutzmaßnahmen: Land Schleswig-Holstein unter Mitfinanzierung des EU-Programms Zukunft auf dem Land, Kreis Herzogtum Lauenburg. 88

90 5. Neue Herausforderungen, die eines besonderen Umgangs bedürfen Mit den erheblich verbesserten Lebensraumbedingungen in der freien Landschaft sind auch einige Ereignisse eingetreten, deren Verlauf vorher nicht so absehbar war. So treten in den Flächen vermehrt Wildschäden auf, die auf die hohe Attraktivität der Flächen für Rot- und Schwarzwild, besonders in den Waldrandbereichen, zurückzuführen sind. Auch hat der Kranich inzwischen stolze Populationen aufgebaut, der die mit Sommerungen bestellten Flächen als Einladung versteht und dann zeitweilig mit 200 Exemplaren dem gesunden Nahrungsangebot frönt. Der Kranich liebt Keimspross und Korn von Grobleguminosen als Futterpflanze. Dort, wo er zusammen mit Schwarzwild auftritt, ist die Kultur flächenhaft abgängig. Im Landkreis ( ha) werden pro Jahr knapp 4000 Stück Schwarzwild erlegt. In der Nähe der Schlafplätze des Kranichs ist somit kaum Grobleguminosenanbau möglich. Den Landwirten des Hofes wird hier einiges an Toleranz für die Lebensbedingungen des Großvogels und auch Kreativität, um ihm ein Schnippchen zu schlagen, abgefordert. Getreide erholt sich nach Kranichfraß allgemein wieder. Hier zeigt aber die Graugans hohe Bereitschaft, Weideflächen ungenutzt zu überqueren, um dann 150 m weiter frisch auflaufendes Getreide kurzrasig zu halten. Es ist also damit zurechnen, wenn die Artenvielfalt erfolgreich gesteigert wird, dass auch einige Großarten mit Schadpotential für die genutzten Flächen durchaus vermehrt auftreten. Eine andere Frage ist die des Umgangs mit dem zarten Rebhuhnbestand und seinen Prädatoren. Die Beutegreifer sind zwar nicht zahlreicher als früher, aber ihnen fehlt die leichte Beute, die sie sättigt und von den Hühnervögeln ablenkt. Frühere Landschaften hatten in der Feldmark Kadaverplätze, wo Raubwild sozusagen hygienisierend tätig werden konnte. Die Maus allein, obwohl im Ökolandbau gut vertreten, macht den Fuchs nicht immer satt. Ob ein Prädatorenmanagement nötig ist, oder welche Strategien und andere Möglichkeiten der Ablenkung zur Verfügung stehen, sollte geklärt werden. Damit nicht unnötig Unruhe in die Landschaft gebracht wird hat der Lämmerhof sich derzeit für ein Ruhen der Jagd ausgesprochen, um durch Beobachten und Wahrnehmen Abb. 7: Anlage eines Kleingewässers auf Ackerstandort 89

91 die Situation einschätzen zu lernen, im Hinblick auf ein gezieltes Handeln. Der Pflichtabschuss beim Schalenwild ist davon ausgenommen. Erstaunlicherweise wurde dieser in 2007 bereits durch Fallwild an der angrenzenden wenig befahrenen Kreisstraße weitestgehend erfüllt (eine Folge von Pendlern, die regelmäßig in der Morgendämmerung mit 120 km/h zur Arbeit fahren). Dies wirft die Frage auf, was der Straße an unbemerkten Opfern zusätzlich zum Opfer fällt, bzw. wie hier ein wirksamer Schutz organisiert werden könnte. Zum Beispiel würde eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h aus Wildschutzgründen erheblich Abhilfe schaffen und ein plötzliches Bremsen der Autofahrer auch risikoarm ermöglichen. So bleiben noch einige Aufgaben, wie naturschutzfachliche Ideen individuell betriebsbezogen und in der Diskussion mit Behörden umgesetzt werden können und wie das Ganze dann erfolgreich in die wirtschaftlichen Abläufe zu integrieren ist. 6. Betriebsspiegel Betriebstyp Anerkannter Demeter Betrieb (Umstellungsbeginn: 1989) Marktfruchtbau mit 350 ha Gesamtfläche mit den Schwerpunkten Getreidebau (ca. 250 ha) und Gemüsebau (ca. 1 ha Freiland, 2500 qm Gewächshaus, heizbar). Bewirtschaftungsvertrag mit einem 120 ha Hof aus dem Nachbarort. Pachtflächenanteil 150 ha. Ökologische Gegebenheiten Östliches Hügelland, Grund- und Endmoränengebiet, leicht kupiertes Gelände tlw. vergleyt und anmoorig, Flächen nur in Panten (Eigentum) arrondiert, 45 Flurstücke, 85 Schläge. Nächste Städte: Mölln, Ratzeburg 10 km, Lübeck 30 km, Hamburg 55 km. Klima Mittl. Temp. 8,5 C, mittl. Niederschlag 660 mm, Sonnenscheindauer 1330 h, Früh- u. Spätfröste ab X-V, Hauptwindrichtung S-W. Boden Braunerde: 35 ha Sand BP, 110 ha ls BP, 150,0 ha sl+sl BP, 40,0 ha L+lT BP. 25 ha Feuchtgebiete, Moore, Wasser; 10 ha Wald und Feldgehölze, 30 ha mooriges Grünland, 30 ha mineralisches Grünland, 18 ha Knicks, 7 ha Ruderalflächen. Gesamtfläche: ca. 350 ha LN + Naturschutzbeweidung und Pflege auf 120 ha. Fruchtfolge: Schwerer Boden: Kleegras, evtl. 2x als Hauptfrucht, Winterweizen/S. Weizen.; Dinkel/S. Weizen.; S. Gerste. Mittlerer Boden:: Kleegras, Sommerweizen, Dinkel oder. Hafer, Roggen oder Gerste, Hafer oder Körnerleguminosen. Leichter Boden: Kleegras, Winterroggen evtl. 2x; Hafer oder Sommergerste. Grundsätzlich variable Fruchtfolge, Flächen begrünt durch den Winter, Getreide mit Untersaaten oder Zwischenfrüchten. 90

92 Abb. 8: Schweinehaltung auf dem Lämmerhof Tierhaltung 65 Mutterschafe + Nachzucht, 100 Mastschweine Offenstall mit Auslauf (Abb. 8), 35 Mutterkühe ganzjährig draußen + Kälber, ohne Stall, nur Winterunterstand während der Kalbezeit. Vermarktung Getreideabsatz vorwiegend selbst organisiert über diverse Bäckereien. Ca. 500 t Getreidezukauf pro Jahr über gewerblichen Betriebsteil Lämmerhof Naturprodukte. Sonstiger Absatz über andere Biohöfe, Bioschlachter, Hofladen. Auf dem Hof mit Hofladen sind insgesamt 15 Menschen beschäftigt. 7. Zusammenfassung Der Lämmerhof ist eingebunden in eine mit staatlichen Naturschutzstellen erfolgreich verknüpfte und funktionierende Umsetzung samt einer Beratung von regionalen Naturschutzakteuren und Institutionen. Von Anbeginn des Prozesses bestand ein gutes Vertrauensverhältnis zu den hauptamtlichen Naturschützern des Kreises und des Landes. Im Gegenzug wurden auch hier die besonderen Naturschutzziele der Lämmerhofbetreiber anerkannt und mit staatlicher Hilfe auf finanzieller und rechtlicher Basis (Flurneuordnung) erfolgreich unterstützt und umgesetzt. Das besondere Engagement einzelner Personen hat hier in bemerkenswerter Weise zu einem Ergebnis von landesweiter Bedeutung geführt. Hervorzuheben sind hier Mitarbeiter der Flurneuordnung wie Elke Martens und Peter Petersen. Weiterhin zu nennen sind die UNB des Landkreises in Person von Dr. Karl Heinz Schulz und die selbst über Regierungswechselzeiten hinweg zuverlässige Unterstützung des MLUR in Person von Herrn Elscher, Herrn Wrage und Herrn Kruse. Zu erwähnen ist auch die gute Zusammenarbeit mit dem StUA Itzehoe, Herr Liedloff und Herr Hausenberg und die Beratungsaktivitäten des WWF in Mölln, Thomas Neumann und Silke Engling sowie dem örtlichen Verein Natur Plus e.v. Panten. 91

93 Unvergleichlich ist der Einsatz der Mitarbeiter des Hofes. Ein integrativer Naturschutz ist nur möglich, wenn der Betrieb mit seinem Personal hinter der Naturschutzidee steht und die Herausforderung, Landwirtschaft als multifunktionale Aufgabe anzusehen, annimmt. Die drei auf dem Lämmerhof beschäftigten Landwirte, Rudolf Walch, Herwig Meiburg und Marcel Treu haben das Projekt immer unterstützt und konstruktiv an praktischen Umsetzungsvarianten mitgearbeitet. Das geht über die Anlage von Blühstreifen bis zur Umlegung von Flächendrainagen, Zaunsystemen und vielem mehr weit hinaus. Auch die manchmal etwas schmerzvolle Tolerierung von Fraßschäden an den Kulturen gehört dazu. 8. Literaturverzeichnis ALR LÜBECK: Textentwurf Stellwand Flurbereinigung Panten 2006 Web Seite Natur Plus Panten (noch im Aufbau) Anschrift des Verfassers: Detlef Hack, Der Lämmerhof, Hack und Brüggemann GbR, Dorfstraße 10, Panten, Tel.: , 92

94 Naturschutz in der Landwirtschaft Spagat zwischen Theorie, Praxis, Nutzen und Anspruch Dirk F. Appel 1. Betriebsportrait: Naturschutzhof Krautfürnix 1.1. Allgemeine Eckdaten Der als Gemischtbetrieb bewirtschaftete Demeter - Hof liegt im nordöstlichen Baden-Württemberg im Main-Tauber-Kreis auf etwa 320 m über N.N., mit ca. 500 mm Jahresniederschlägen und einer mittleren Jahrestemperatur von ca. 7 C. Die Böden befinden sich auf Muschelkalk, sind extrem flachgründig und steinig mit Bodenzahlen von Die bewirtschaftete Fläche beträgt derzeit ca. 150 ha, was für süddeutsche Verhältnisse schon ziemlich groß ist. Davon sind 75 ha Getreidebau (insbesondere Dinkel), 50 ha Ackerfrüchte, 10 ha Dauergrünland, 6 ha Wald und der Rest Hecken, Obstbäume und so genanntes Unland. Etwa die Hälfte sind eigene Flächen, was in Süddeutschland ebenfalls ungewöhnlich ist. Der Betrieb existiert seit 1999 als Familienbetrieb und ist seit 2003 vom Demeter-Verband vollständig anerkannt wurde der Hof mit dem Förderpreis Naturschutzhöfe des Bundesamtes für Naturschutz ausgezeichnet. Als Besonderheiten gelten die pfluglose Bodenbearbeitung, keine starre Fruchtfolge, Mutterkuh- und Schweinehaltung ganzjährig im Freien, Laubfütterung, Pensionstiere (Milchkühe), große Artenvielfalt bei den Nutzpflanzen (ca. 25 verschiedene Feldfruchtarten bzw. -sorten) und keine aktive Düngung, weder mit Mist noch mit Gülle. Abb. 1: Mit markanten Akzenten möchten wir Möglichkeiten einer liebevolleren Landwirtschaft zeigen 93

95 1.2 Bodenfruchtbarkeit und Bodenstruktur Die Förderung der Bodenfruchtbarkeit hat einen sehr hohen Stellenwert. Hierzu gehören maßgeblich Mischanbausysteme, Minimalbodenbearbeitung auf maximal drei Zentimeter und reduzierter Reifendruck der Fahrzeuge, um die Bodenlebewesen zu schonen. Wir arbeiten mit Regenwürmern pro Quadratmeter, wobei wir Zahlen von anstreben. Die Zahl der Regenwürmer wird allerdings nicht wissenschaftlich ermittelt, sondern überschlagen. Regenwürmer gelten als Indikatorarten der Bodenvitalität. Dazu gehört die intensive Fütterung des Bodens; dabei kommen bis zu 6 GV pro ha in Betracht. Das Stroh wir legen Wert auf langstrohige Sorten bleibt im Wesentlichen auf dem Acker. Somit glauben wir, einen nachhaltigen Humusaufbau zu erreichen, der für dauerhafte Fruchtbarkeit unumgänglich ist. Ein weiteres Augenmerk legen wir auf eine gute Bodenstruktur, um das Wasserhaltevermögen zu verbessern. Das ist schon deshalb geboten, weil die Feldfrüchte normalerweise mit den Niederschlägen bis zum Frühsommer auskommen müssen. Dem begegnen wir auch mit entsprechender Sortenwahl. Außerdem ist etwa alle 10 Jahre mit einem sommerlichen Hochwasserereignis zu rechnen, was im konventionellen Bereich mit erheblicher Erosion verbunden ist. Schon jetzt sind hier deutliche Tendenzen beobachtbar. Abb. 2: Artenvielfalt in einem Einkornbestand: Was ist eigentlich Ertrag? 1.3 Erhaltung und Förderung alter Sorten, Rassen und Techniken Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Erhaltung und Förderung alter Sorten und Rassen, und zwar auch im Ertragsanbau. Neben alten Regionalsorten (z.b. Bauländer Spelz, Klee, Wicken und Luzerne) pflegen und vermehren wir beispielsweise Schwarzhafer, Imperialgerste, Sommergetreidesorten und Linsen. Ein weiterer wesentlicher Betriebszweig ist die Produktion von Einkorn und Buchweizen. Bei den Tieren arbeiten wir mit Hinterwäldern und English Longhorns sowie Mangaliza (Wollschwein) und der Nachzucht des Deutschen Weideschweins. Hier ist der Aufbau der Schnaitelwirtschaft (mineralstoffreiche Laubfütterung) von Bedeutung, um autarke Gesundheit der Tiere 94

96 zu gewährleisten. Insbesondere die Rinder werden zur synergetischen Hecken- und Waldpflege (Hutewirtschaft) eingesetzt. Seit 2007 sind wir auch Zuchtzwinger für den Schwarzen Großspitz, eine der ältesten Hofhundrassen, die am Rande des Aussterbens steht. Im Betriebsalltag legen wir Wert auf sparsamen Umgang mit Ressourcen. Die schonende Bodenbearbeitung wirkt sich kraftstoffsparend aus. Bei Bauvorhaben nutzen wir Waldressourcen (Stangenholz), Lehm und Stroh. Der Einsatz von Solarenergie (Getreidetrocknung) und Pflanzenöl aus Leindotter (Kraftstoff und Energieversorgung) sind geplant. Damit versuchen wir, den Hof subsistent zu machen, um Handlungsspielräume zu gewinnen. 1.4 Projekte, Kooperationen, Hemmnisse und Belohnungen Auf der kulturellen Ebene führen wir regelmäßig Schulprojekte durch, soweit dies arbeitstechnisch möglich ist. Wir bieten Plätze für Praktika (z.b. Waldorfschüler) und führen Hofbegehungen, Vorträge und Seminare durch. Aktiv sind wir außer im Demeter- Verband im Aktionsbündnis GegenGen Main-Tauber, im Biologisch-Dynamischen Arbeitskreis Würzburg, in Saatgutprojekten und in einem Braugerstenprojekt. Als Patenhof des georgischen BorjRali-Projektes helfen wir mit Saatgut, Logistik und landwirtschaftlichem Know-how. Schließlich engagieren wir uns beim Aufbau des Netzwerkes Naturschutzhöfe der Stiftung Ökologie und Landbau (SÖL) und des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Wie schafft ein Familienbetrieb diese vielfältigen Aufgaben? Mit sehr viel persönlichem Einsatz aller Beteiligten bei (zu) wenig wirtschaftlichem Ausgleich, in der Hoffnung, dass sich die ganze Arbeit und der tägliche Einsatz irgendwann auszahlen und die Handlungsfähigkeit erhalten bleibt: Eben Kraut für nix, getragen von vielen Kunden und Kollegen, die in der persönlichen Begegnung Mut machen! Der zäheste Widerstand kommt in der Tat von Behörden, die sich zwar gerne mit Erfolgen mitschmücken, ansonsten aber fast Abb. 3: Schwarzstorch auf Heimatsuche? Wir versuchen Räume zu schaffen: Wer oder was diese belegt, ist oft überraschend 95

97 nur Probleme bereiten und rück-sichtslos bremsen bis zur Schmerzgrenze; das ist eine traurige Tatsache. Die Natur ist die erste, die wirklich belohnt: In 2007 (vier Jahre nach der vollständigen Anerkennung, acht Jahre nach Bewirtschaftungsbeginn) konnten wir die Wiesenweihe im Frühjahr und den Schwarzstorch im Spätsommer für einige Wochen begrüßen, in der Hoffnung, dass sie, wie schon die Feldlerche und der Feldhase, bald zum Hof gehören, neben all den vielleicht weniger spektakulären Helfern. Es ist schade, dass man auf diesem Felde so kämpfen muss, während die Zerstörung im Namen der Zivilisation und des Fortschritts so leicht gemacht wird. 2. Gedanken zum Thema Naturschutz In verschiedenen Vorträgen und den Arbeitsgruppen der Tagung tauchten Begriffe wie Naturschutzprofil, Naturschutzplan und spezieller (Bio-)Diversität auf. Dies wirft die Fragen auf: Was ist überhaupt Naturschutz, insbesondere im Rahmen einer Landwirtschaft? Was ist, wenn es um Fördergelder geht, förderungswürdig und was nicht? Wie sieht es mit der diesbezügli-chen Planungssicherheit eines Betriebes aus, der sich engagieren will? Um diese Fragen zu beantworten, kommt der Begriff der Standardisierung von Naturschutz (-maßnahmen) ins Spiel. Diese wurde gewissermaßen stillschweigend als hinreichend gegeben angenommen, obwohl dieser Punkt alles andere als wirklich greifbar ist. Sehr deutlich wurde dies im Rahmen der Darstellungen einzelner Projekte (z.b. Brodowin, Agrar GmbH Crawinkel), bei denen sich zeigte, dass Einzelprojekte nur sehr schwer auf andere Rahmenbedingungen (Betriebsgrößen, klimatische und geophysikalische Gegebenheiten, politisches Umfeld usw.) übertragbar sind. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass ein Naturschutzplan für einen Hof umfassend zu gestalten ist und viele individuelle Parameter einschließen muss, wenn Maßnahmen wirklich nachhaltig wirken und nicht nur als Make-up dienen sollen. Am Beispiel des Begriffes Diversität bezogen auf konkrete Projekte soll hier die Problematik dargestellt werden. 2.1 Der Begriff der Diversität und die Standardisierung von Naturschutz Der Diversitätsbegriff zeigt sich als außerordentlich vielschichtig. Diversität ist keine eigenständige Qualität, sondern abhängig von einem Raum-Zeit-Fenster und mentalen Zielen, die vorher festgelegt werden. Eine Standardisierung birgt deshalb immer die Schwierigkeit der gewissen Ergebnisoffenheit von Maßnahmen in sich, insbesondere hinsichtlich der Fortentwicklung über das festgelegte Raum-Zeit-Fenster hinaus. Es gibt genügend Beispiele dafür, wie sich eine Maßnahme oder ein Ereignis im einen Raum- Zeit-Fenster als Erhöhung von quantitativer Diversität darstellt, in einem anderen aber als senkend. Oft steht am Beginn einer Maßnahme zur Erhöhung von Diversität eine mehr oder weniger kurzfristige Senkung derselben (z.b. ein Umbruch, das Ausbaggern eines Tümpels, Unterdrückung von Beikraut bei Aufforstungen usw.). Bei verschiedenen Neophyten verhält es sich gerade umgekehrt und ein Bestand kann zum ernsten Problem werden. Andere Maßnahmen erfordern eine regelmäßige Betreuung der entsprechenden Fläche, um die ursprüngliche Diversitätsidee zu verwirklichen, zu entwickeln oder zu erhalten. Die Pflanzung einer Hecke macht nur Sinn, wenn gewähr- 96

98 leistet ist, dass die Hecke auch langfristig gepflegt bzw. genutzt wird. Immer wieder ist zu beobachten, dass mit großem Pomp Pflanzaktionen durchgeführt und gefördert werden. Nach relativ wenigen Jahren wächst die Hecke mangels Pflege durch und der Diversitätswert bleibt zweifelhaft oder spielt sich auf einer ganz anderen Ebene ab, als ursprünglich geplant. Weiter ist die Diversität abhängig von den betrachteten Zielarten bzw. deren wie auch immer eingeschätzten Nützlichkeit. Diese kann sowohl biotisch sein, also wie sich Organismen in dem betrachteten System auswirken, als auch abiotisch, z.b. als Repräsentanten einer bestimmten angestrebten Kulturform wie der Streuobstwiese, der Hecke, des Waldes und vielem mehr. Letzteres darf nicht unterschätzt werden. Die historische Entwicklung etwa von Hecken, Knicks und Streuobstwiesen sind das Ergebnis von Nutzungsformen. Werden nun solche Maßnahmen verwirklicht, ohne die entsprechende Nutzungsform mit zu entwickeln, entpuppt sie sich von Beginn an als eine Art musealer Pflegefall, die nur über kosten- und arbeitsintensive Folgeleistungen erhalten bleibt. Dann ist die Gefahr sehr groß, dass bei veränderten Rahmenbedingungen, wie der Kürzung von Fördermitteln, die Maßnahme buchstäblich versandet. Damit entsteht die Situation, in der Naturschutz und Diversitätspflege zu echten Kostenfaktoren werden und es wird schwierig, Nachhaltigkeit zu gewährleisten (STREETER et al. 1985, LANG et al. 2007). 2.2 Geistige und kulturelle Diversität Darüber hinaus zeigt sich Diversität nicht nur auf der materiellen Ebene, sondern es gibt auch eine geistige Diversität, die sich der wissenschaftlichen Betrachtung wenigstens nach gängigen Kriterien entzieht, nichtsdestotrotz im Rahmen der materiellen Diversität aber notwendig wirksam ist. Neben der oben angedeuteten Form als mentales Ziel äußert sie sich beispielsweise darin, von vielen von einander unabhängigen Ansätzen aus zu agieren, die sich gegenseitig tolerieren. Diese möchte ich kulturelle Diversität nennen. An dieser Stelle eröffnet sich ein Thema, das sehr weitläufig ist und erst langsam ins Blickfeld von Wissenschaft und Politik gerät. Es ist hinreichend geklärt, dass (substanzielle) Systeme mit größerer Diversität robuster, überlebensfähiger sind als uniforme Systeme. Damit mag zusammenhängen, dass etwa in den Steppen-, Wüstenund Polargegenden mit drastischeren Auswirkungen des Klimawandels gerechnet wird, als in borealen und (intakten) tropischen Gegenden. Bei der kulturellen Diversität verhält es sich gerade so! Vielfältige Ansätze im Umgang mit der (Um-) Welt machen das sozio-kulturelle System Menschheit-im-Ökosystem- Erde robuster. Was wir im Rahmen des Globalitätswahns derzeit jedoch erleben, ist das genaue Gegenteil: Die Welt wird in jeder Hinsicht aus niederen nämlich kurz gedachten ökonomischen Beweggründen uniformiert. Dies wird als notwendiger, unausweichlicher Fortschritt dargestellt und nicht weiter reflektiert. Dass dabei Systeme, die mit der (Um-) Welt ganz anders umgehen, aussterben und die damit einher gehenden Gefahren werden überhaupt nicht in Betracht gezogen. Es wäre eine spannende Aufgabe, zu untersuchen, inwieweit die Weltwirtschaftskrise des letzten Jahrhunderts ohne die Ressource kulturelle Diversität überhaupt systemintern (= marktwirtschaftlich ) zu bewältigen gewesen wäre. Historisch betrachtet gibt es gute Gründe, davon aus zu gehen, dass es eine Regel gibt, wonach sich der Abstieg oder 97

99 der Untergang einer führenden Kultur oder Zivilisation vollzieht, indem sie von einer anderen abgelöst wird, die für die gerade vorherrschende als wild gilt und rational (= wissenschaftlich ) nicht aufgelöst werden kann. 2.3 Dynamik der Diversität und Folgerungen für den Naturschutz Diversität ist in diesem Sinne ein Prozess und besser mit Diversifikation umschrieben. Sie kann im wissenschaftlichen Sinn nicht vollständig beschrieben werden, da Wissenschaft lediglich analysiert und auf Grund analytischer Ergebnisse extrapoliert. Damit wird sie der Dynamik des Prozesses aus sich heraus und seiner prinzipiellen Ergebnisoffenheit nicht gerecht bzw. sie müsste entsprechend erweitert werden. Ob dies unter den derzeitigen wissenschaftlichen Krite-rien überhaupt möglich ist, ist eine andere Frage. Denn am Ende käme dabei eine ganz andere Wissenschaft, mit anderen Kriterien für Wissenschaftlichkeit, heraus. In derart komplexen Strukturen wie dem Naturschutz, müssen diese Rahmenbedingungen aber Beachtung finden, um nicht die gleichen Fehlentwicklungen zu bewirken, wie sie derzeit in den konventionellen Wissenschaften zu beobachten sind: Die Tendenz, dass mit viel zu schwachen Argumenten viel zu starke Thesen vertreten werden. Damit entfaltet sich mit der Einführung von Standards die Gefahr von Uniformierung auf einer anderen Ebene, die das System insgesamt anfälliger macht. 3. Plädoyer: Erfahrungswissen in die Naturschutzberatung Eine Naturschutzberatung (VAN ELSEN et al. 2004) ebenso wie die Förderung von Naturschutzmaßnahmen darf deshalb nicht auf standardisierte Kriterien begrenzt bleiben. Es ist sicherlich notwendig, mit Standards zu arbeiten; allerdings eher aus politischen Gründen, wenn man so sagen darf. Daneben müssen auch Freiräume gewährleistet sein, um völlig neuartige Konzepte zu testen und diese müssen finanziert werden können und zwar sowohl das notwendige Material und auch die notwendigen Arbeitskräfte. Dabei kann nicht nur auf wissenschaftliches Wissen zurückgegriffen werden, sondern es muss auch Erfahrungswissen einfließen, wie es Ton BAARS (2007) in dem Aufsatz Konturen einer Erfahrungswissenschaft anreißt. Dies stellt eine große Herausforderung für die künftige Herangehensweise beim Naturschutz gerade in der Landwirtschaft dar. Wir vom Naturschutzhof Krautfürnix können dabei auf verschiedene Erfahrungen zurück blicken. Zwar hat die Verleihung des Förderpreises dazu geführt, dass die Akzeptanz für unsere innovativen Ansätze erheblich gewachsen ist, doch das genügt nicht! Viele Ideen werden noch immer durch Finanzierungsprobleme und/oder Standardkulissen oft bedingt das eine das andere gehemmt oder gar unterbunden. Gleichzeitig ist beobachtbar, dass wenig erfolgversprechende oder wenigstens fragwürdige Projekte zum Teil großzügig gefördert werden, weil entsprechende Förderkulissen erfüllt werden, oder noch weiter, dass Fördergelder mit der aktiven Schaffung von Förderkulissen abgeschöpft werden, obwohl nur wirtschaftliche Interessen und keine primär naturschützerischen dahinter stecken. Aufzuwerfen ist auch die Frage der Qualifikation von förderfähigen Naturschutzberatern, wofür offensichtlich teilweise schon Profile existieren, die auf akademische 98

100 Ausbildung beschränkt sind. Es geht aber auch darum, dass Experten im Baars schen Sinne förderfähig sein müssen. Zum einen ist nur so den erweiterten Aspekten von Naturschutz gerecht zu werden und zum anderen dem Verdacht zu begegnen, dass sich Agrarakademiker lediglich einen Einkommenszweig sichern wollen. 4. Umdenken im Naturschutz ist notwendig Naturschutz in der Landwirtschaft und im Gefolge die Ausrichtung der Einzelbetrieblichen Naturschutzberatung machen nur dann Sinn, wenn empfohlene und durchgeführte Maßnahmen einen Synergieeffekt haben, der sich im weiteren betrieblichen Ablauf auch wirtschaftlich abbildet. Es muss dabei vermittelt werden, dass Naturschutzmaßnahmen einen umfassenden Nutzen auch für den Betrieb bringen, selbst wenn sich dieser erst nach einer gewissen Zeit einstellt. Mit den derzeitigen Rahmenbedingungen ist das kaum zu erreichen, da die Förderinstrumente viel zu kurz greifen. Es sind grundsätzliche Korrekturen in der Perspektive auf Naturschutz sowohl seitens der Wissenschaften, als auch seitens der Politik und auch seitens der Landwirte notwendig. Es darf angenommen werden, dass die entsprechenden Kompetenzen für eine einzelbetriebliche Naturschutzberatung angesichts der Komplexität des Sachverhalts völlig unzureichend sind. Die derzeitigen Ansätze und Beispiele können nur als erste Schritte gewertet werden und sind für die Zukunft wesentlich auszubauen. Sehr dringlich ist die mittelfristige Akquise finanzieller Mittel, bis Maßnahmen synergetisch in den betrieblichen Ablauf durchschlagen. Landwirten sollten Synergien an Beispielen vermittelt werden, um sie zu einem entsprechenden Umdenken zu bewegen. 5. Literaturverzeichnis BAARS, T. (2007): Konturen einer Erfahrungswissenschaft Lebendige Erde 5: Darmstadt. LANG, E., BUSCH-LÜTY, C., KOPFMÜLLER, J. HRSG. (2007): Wiedervorlage dringend Ansätze für eine Ökonomie der Nachhaltigkeit: München, 253 S. STREETER, D., RICHARDSON, R., DREYER, W. (1985): Hecken Lebensadern der Landschaft: Hildesheim, 159 S. VAN ELSEN, T., MEYERHOFF, E., OPPERMANN, R., WIERSBINSKI, N., (2004): Naturschutzberatung für die Landwirtschaft Ergebnisse des 1. Trainingsseminares, BfN-Skript 119, Bonn, 132 S.. Anschrift des Verfassers: Dirk F. Appel, Naturschutzhof Krautfürnix, Kehrlich 14, Külsheim, Tel.: , 99

101 Müller-Hof, Allensbach/Kaltbrunn: Vielseitiges Betriebskonzept enge Zusammenarbeit mit der Naturschutzstation Helmut Müller 1. Immer auf der Suche nach Nachhaltigkeit Ganz im Süden von Deutschland am Bodensee liegt der Bodanrück, eine faszinierende Hügelkette, die den See in Ober- und Untersee teilt. Prägend ist der Wechsel von Natur- und Kulturlandschaft, von Wald, Seen und Ried (süddeutsch für Niedermoor) sowie Obstwiesen, Grünland und Ackerbau. In dieser schwungvoll modellierten Landschaft mit ihren reizvollen Ausblicken liegt der Müller-Hof. Wenn man die Blätter und Vögel singen hört, dann weiß man, dass man nicht viel braucht, um zufrieden zu sein, so die Aussage von Landwirt Helmut. Der Landwirt ist ein wissbegieriger, geselliger Mensch, ständig auf der Suche nach neuen Ideen und Weiterentwicklung. Abb. 1: Blick über den Mindelsee (Foto: Menzler) Auf seinem Hof herrschen Dynamik und Vielfalt. Kühe, Schweine und Pferde, Direktvermarktung, Biogas und Ferienwohnungen werden auf dem Müller-Hof gemanagt. Seit 1981 wirtschaften Helmut und Ruth Müller biologisch. Ausschlag hierfür war die Geburt von Michael. Das dritte von fünf Kindern kam behindert zur Welt, so dass die bisherige konventionelle Bewirtschaftungsweise mit Kunstdünger und Pestiziden infrage gestellt wurde. Pestizide könnten die Behinderung verursacht haben, schlussfolgerten zwei Unikliniken. Mit viel Mut entschied sich das Paar trotz anfänglicher Resignation, weiterzumachen, aber nicht wie bisher, sondern als Öko-Landwirte und Erzeuger gesunder Lebensmittel nach nachhaltigen Lösungen für die Gesellschaft zu suchen. Nach zehnjähriger Erprobungs- und Umstellungsphase hatte Helmut Müller seinen Platz als Bio-Bauer gefunden. Seit 1992 hat er einen Demeter-Betrieb. 100

102 Die Nachhaltigkeit wird auf dem Müller-Hof auch im Bereich erneuerbarer Energie praktiziert: Vor einigen Jahren wurde eine Biogasanlage gebaut, die mit der Gülle aus dem Laufhof und Futterresten gefüttert wird. Sie versorgt den Hof mit Wärme und Energie. Auch das Stalldach ist mit Photovoltaikmodulen bestückt. Die Schlepper tanken Rapsöl. Weitere Pläne im Bereich der regenerativen Energie liegen bereits in der Schublade: Das reichlich anfallende Grüngut (Schilf) möchte Helmut Müller ebenfalls energetisch nutzen, um den 800-Seelen-Ort zu versorgen. Daher wurde mittlerweile die Initiative Elabo (Energie und Landschaftspflege Bodensee) gegründet, eine Machbarkeitsstudie liegt bereits vor. Die Schilffeuerungsanlage mit einer Leistung von 500 kw soll etwa Liter Heizöl im Jahr einsparen. Die Bürger als Nutzer erwerben Anteile, um in ein entsprechendes Nahwärmenetz zu investieren. Das Modellprojekt steht für regionale Biomasse, regionale Wertschöpfung und regionale Energiesicherung und sichert die Landschaftspflege auf Dauer. Das nachhaltige Engagement für die heimatliche Landschaft bewältigt der Müller-Hof zusammen mit drei Gesellen, zwei Lehrlingen und einem Praktikanten, die zum Teil mit Familie auf dem Hof wohnen. Tab. 1: Betriebsdaten Betriebsdaten: 150 ha und zusätzlich 100 ha Pflege von Feuchtgrünland im NSG 55 ha Acker, 93 ha Grünland, 2 ha Streuobst, 0,5 ha Wald 65 Milchkühe, 65 Rinder, 30 Mastschweine, 7 Ziegen, 5 Pferde, 150 Hühner 7 AK Schwerpunkt: Tierhaltung, Getreide (alte Sorten), Hofladen, Tourismus, Landschaftspflege im Feuchtgrünland, Energie Besonderheiten: Umweltbildung, Hofladen, Hofkulturtage 2. Feuchtgrünland und Ackerbau eine gute Kombination mit langer Tradition Seit 30 Jahren bewirtschaftet Familie Müller die Feuchtwiesen, Streuwiesen und Schilfzonen des Naturschutzgebietes (NSG) Mindelsee. Das Gebiet ist von besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung: Knabenkräuter, Händelwurzarten, Sibirische Schwertlilie und Schachblume sind nur einige Beispiele für die seltenen Pflanzenarten, die dort vorkommen. Eine Liste der Brutvögel erstreckt sich über drei Seiten. Die Zusammenarbeit des Hofes mit der Naturschutzstation Möggingen geht Hand in Hand. Gemeinsam wurde eine rationelle Pflege und sinnvolle Arbeitsteilung entwickelt. Der Müller-Hof übernimmt die Maschinenarbeit und verwertet den Aufwuchs, die Mitarbeiter der Naturschutzstation sind für die Handarbeiten, das Monitoring und Pflegemanagement zuständig. Bei Arbeitseinsätzen, die das Handanlegen vieler Menschen bedürfen, sind die Zivildienstleistenden der Naturschutzstation und die Lehrlinge des 101

103 Hofes gemeinsam im Na-turschutzgebiet anzutreffen. Das Mähgut wird hauptsächlich als Kompost für den Acker eingesetzt oder, je nach Qualität, als Einstreu für die Tiere oder als Substrat für die Biogasanlage genutzt. Diese Verwendung ist historischen Ursprungs, denn das nahegelegene Gemüseanbaugebiet, die Halbinsel Reichenau, profitierte früher bereits vom Nährstoffübertrag aus dem Ried. Energiegewinnung durch Schilfverbrennung für die gesamte Gemeinde ist eine weitere Idee, in der Helmut Müller vorankommen möchte. Abb. 2: Riedwiese im Naturschutzgebiet Mindelsee (Foto: Menzler) Abb. 3: Balkenmäher zur Pflege feuchter Standorte (Foto: Menzler) Die 170 Hektar des eigenen Betriebes, zu zwei Drittel Grünland, liegen an der Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Naturschutz und sind verteilt auf mehr als 100 Schläge. Auf den Feldern wächst bei Helmut Müller vor allem Getreide in vielfältiger Art, wie Gerste, Hafer und Erbsen für Futter, Weizen, Roggen, Dinkel, Emmer und 102

104 Einkorn für Brot. Auch Hartweizen und Nacktgerste bzw. -hafer baut er an. Vermarktet wird an zwei Demeter-Bäcker, deren Brote es auch im Hofladen gibt. Viel Dinkel wird über das nahe gelegene Hildegard-Zentrum vertrieben, das die Heilansätze der Hildegard von Bingen in Kuren und Seminaren verbreitet. Saatgut wird selten zugekauft, lieber vermehrt der Hof selbst und zieht seine Hofsorten. Damit das Saatgut rein bleibt, nutzt Müller nur eine Sorte je Frucht und lässt es nach der Getreidereinigung über einen Gewichtsausleser laufen, so dass nur große, gesunde Körner gesät werden. Zur Reduzie-rung der anhaftenden Pilzsporen wird das Saatgetreide zudem poliert. Die älteste Sorte auf dem Hof ist Dinkel ( Oberkulmer Rotkorn ). Kleegras steht auf Prozent der Fläche. Kartoffeln werden nur in kleinem Umfang gelegt. Auch bei Mais (nach Kleegras) züchtet der Landwirt auf Basis kroatischer Sorten, die ein Mitarbeiter aus seiner Heimat mitgebracht hatte. Mit den Erträgen ist Müller sehr zufrieden, mit den Jahren hätten sich die Äcker verändert und auch dank des Einsatzes von Gülle und Kompost ein großes Potenzial entwickelt. Abb. 4: Helmut Müller in einem Dinkel-Bestand (Foto: Menzler) Der Landwirt ist auch gefragt, wenn in der kleinparzellierten Flur etwas brach fällt: die Pflege der Kulturlandschaft in der touristischen Region ist wichtig. Wo es geht, achtet Helmut Müller auch hier auf extensive bzw. naturschützerische Aspekte. Um Flecken von Wiesenknopf mäht er beispielsweise herum, denn der ist Wirtspflanze für eine geschützte Bläulings-Art. Auch eine Ameisen schonende Mähtechnik ohne Kreiselmäher hilft dem Schmetterling, denn der muss sich im Ameisenbau verpuppen. Lernen von den Naturschützern das Hinschauen auf die Naturzusammenhänge erfüllt den Landwirt: Ich muss immer verstehen, was ich tue. Dieses Wissen nutzt er z.b. mit dem Ampfenkäfer. Dessen Larven dürfen sich auf einem Schlag mit reichlich Ampfer vermehren. So kann er sie auf andere Flächen exportieren, um den Ampfer in Schach zu halten. 103

105 3. Sinn für Landschaftsstrukturen und -genüsse Der Müller-Hof demonstriert, dass reizvolle Kulturlandschaft und Gaumenfreuden eng miteinander verknüpft sind. Helmut Müller erzählt von Zusammenhängen zwischen Landschaftselementen und Nützlingen, zwischen Kompost und Bodenlebewesen und im gleichen Atemzug berichtet er von Backerfolgen bei Biskuitteig aus Einkorn-Mehl oder vom besonderen Geschmack von Rindersalami nach italienischem Rezept. Beim Streifzug durch die Landschaft zeigt Helmut Müller blühende Wiesen, Felder mit Einkorn in sanftem Grün und erhabene Landschaftsausblicke über den Mindelsee und die Riedflächen. Während sich Helmut Müller beim Anblick seiner Pflegewiesen freut, schimpft er über die sich ausbreitende Goldrute und erzählt von seinen Eindrücken und den stillen Momenten, die die Naturschutzaufgabe für ihn bereithält: Eintauchen in das Farbenspiel der großen Trockenwiese, nur der Himmel und die Blüten um sich. Der Storch ist sofort da, wenn er nur das Mähwerk hört, um Mäuse und Frösche zu picken. Genauso aber freut es den Landwirt, wenn er in der winterlichen Abgeschiedenheit des zugefrorenen Mindelsees Zeit hat, zu sich zu kommen. Der Müller-Hof ist aber auch noch eine produzierende Landwirtschaft mit 65 Milchkühen, 30 Schweinen und 150 Legehennen. Im hofeigenen Laden werden Getreide, Wurst, Fleisch, Käse, Apfelessig und Kartoffeln vom Hof, aber auch ein übliches Bioladensortiment von Molkereiprodukten bis Gemüse verkauft. Die Milch der schwarzbunten Herde geht zum Teil an die Molkerei Bergpracht, zum Teil wird sie von einer mobilen Käserei direkt auf dem Müller-Hof verarbeitet. Die Tiere werden in der hofeigenen Metzgerei geschlachtet. Müllers Herde ist bodenständig, sie wurde vom Vater übernommen. Die Bullen stammen aus eigener Nachzucht und nur zur Vermeidung von Inzucht wird mal einen Stier dazu gekauft. Dem Futter von Wiesen und Äckern wird teilweise selbstgemachter Apfelessig von den zwei Hektar Streuobstwiesen rund um den Hof zugesetzt. Das senkt den Zellgehalt in der Milch, weiß Helmut Müller, dessen Kühe immerhin ein Durchschnittsalter bis zu acht Jahren vorweisen. Einwohner, Gäste und auch durchradelnde Touristen nutzen den Milchautomaten, an dem durchgehend von sieben bis 22 Uhr frische Milch gezapft werden kann. 104 Abb. 5: Neugeborenes Kälbchen auf dem Müller-Hof (Foto: Menzler)

106 Abb. 6: Ziegen und Pferde auf dem Müller-Hof (Foto: Menzler) 4. Lernort Bauernhof Weitere Schwerpunkte sind auf dem Müller-Hof die Öffentlichkeitsarbeit und der Tourismus. Angeboten werden Übernachtungen im Heuhotel oder in der Ferienwohnung. Neuerdings gibt es für Gäste mit Pferden die Möglichkeit von Einstellboxen. Ein großer Tätigkeitsbereich von Landwirtin Ruth Müller ist der Lernort Bauernhof. Rund 60 Schulklassen kommen jährlich auf den Hof und lernen die verschieden Bereiche der Landwirtschaft kennen, wie z.b. Themen über Tiere, Milch, Kulturpflanzenvielfalt, Landschaftspflege, Streuobst und viele Angebote mehr. Als nächstes steht die Planung und Umsetzung eines Seminarraumes auf dem Hof an. Das vielfältige Engagement des Hofes ist beeindruckend. Trotzdem vergisst es Helmut Müller nicht und empfiehlt es auch Besuchern weiter, sich immer wieder auf die Bank am Waldrand zu setzen, zur Ruhe zu kommen, den Blick über den Hof und das Tal schweifen zu lassen und einfach nur den Tönen in der Landschaft zu lauschen. Abb. 7: Blick auf den Mindelsee (Foto: Menzler) 105

107 Abb. 8: Teichrosen im Mindelsee (Foto: Menzler) 5. Hofkultur Überregional bekannt ist das Hoffest auf dem Müller-Hof, das in einem Turnus von zwei Jahren stattfindet, und kulinarische mit kulturellen Genüssen verbindet. Seit mehreren Jahren finden die gemeinsam von Modellprojekt Konstanz GmbH, Bodensee-Stiftung und dem Kultur- und Verkehrsbüro Allensbach organisierten Hofkulturtage auf dem Müller-Hof statt. Heuhotel und Kinderprogramm, Jazzfrühstück und Kunst im Stall erhöhen die Attraktivität nicht nur des Hofes sondern des ganzen des ländlichen Raumes und sensibilisieren neue Zielgruppen für landwirt-schaftliche Themen. Die Hofkulturtage erfahren jedes Mal einen enormen Besucherandrang und werden auch in Zukunft fortgeführt. 6. Zusammenfassung Der Müller-Hof in Kaltbrunn ist seit vier Generationen ein Familienbetrieb und in den Bereichen Tiere, Getreideanbau, Landschaftspflege, Tourismus und Energie aktiv. Die in jüngster Zeit bedeutsamste Veränderung vollzog sich 1981 durch die Umstellung auf ökologische und biodynamische Landwirtschaft. Diese Entscheidung hat den Müller-Hof in den letzten 26 Jahren grundlegend verändert. Heute ist der Hof ein Betrieb mit sechs Tätigkeitsfeldern, die alle einem Ziel dienen: Ein ganzheitlicher Umgang mit Landschaft und Tieren. Für seinen behutsamen Umgang mit Natur und Landschaft als Ergänzung einer nachhaltigen ökologischen Bewirtschaftung wurde der Demeterbetrieb Müller aus Allensbach-Kaltbrunn im Jahr 2007 von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel im Rahmen der Verleihung des Förderpreises Naturschutzhöfe im Bundesamt für Naturschutz in Bonn ausgezeichnet. 7. Literaturverzeichnis Olbrich-Majer, M. (2007): Portrait Müllers Wiesen. - Lebendige Erde 4: 8-11, Darmstadt. 106

108 Anschrift des Verfassers: Helmut Müller, Müller-Hof, Markelfingerstr. 12, Allensbauch/Kaltbrunn, Tel.: , 107

109 Agrar GmbH Crawinkel Ort im Land der Ideen: Erfahrungen bei der Gestaltung und Entwicklung von Weidelandschaften Heinz Bley und Harald R. Lange 1. Die Agrar GmbH Crawinkel geht neue Wege Ausgedehnte Weidelandschaft, ein Hauch von Wildem Westen oder afrikanischer Serengeti und das mitten in Thüringen? Heinz Bley hat auf den Flächen einer ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Crawinkel neue Wege in der ländlichen Entwicklung eingeschlagen. In der 2300 Hektar großen Agrar GmbH Crawinkel züchtet er Sport- und Freizeitpferde, erzeugt Bio-Rind- und Schaffleisch, betreibt Landschaftspflege und hält vielfältige Tourismusangebote bereit. Die Agrar GmbH Crawinkel stellte 2003 den Gesamtbetrieb auf Grünlandbewirtschaftung um. Neben umfangreichen Berg- und Feuchtwiesenkomplexen im Thüringer Wald und ausgedehnten Schaftriften auf den Halbtrockenrasen und Schotterhängen der Ohrdrufer Muschelkalkplatte bewirtschaftete der Betrieb über 600 Hektar Ackerland, die in Grünland umgewandelt wurden. So sind Standweiden beachtlicher Größe zwischen 10 bis 300 Hektar entstanden. Ganz im Sinne des Naturschutzes soll durch eine ganzjährige, großräumige Beweidung mit 0,3 0,6 Rindern oder Pferden pro Hektar die Entwicklung und Erhaltung von offenen und halboffenen Landschaften erreicht werden. Für die Bewirtschaftung des Grünlandes hat die Agrar GmbH Crawinkel einen betrieblichen Managementplan entwickelt, der auch Voraussetzung für die Teilnahme an Naturschutzförderprogrammen ist. Durch ein geeignetes räumliches und zeitliches Mahd- und Weidemanagement werden gefährdete Tier- und Pflanzenarten gefördert. Die Wirkungen dieser Maßnahmen werden in Crawinkel wissenschaftlich begleitet und auf ihren Erfolg hin überprüft. Abb. 1: Großflächige Weidelandschaften (Foto: D. Menzler) 108

110 Tab. 1: Betriebsdaten Betriebsdaten: 2300 ha 2280 ha Grünland, 20 ha Wald 1000 Rinder, 200 Pferde, 380 Schafe, 320 Ziegen Galloway, Scottish Highland, Deutsch Angus, Hereford, Heckrind, Ungarisches Steppenrind, Konik, Tarpan, Fjordpferd, Shetlandpony und Warmblutpferde, Merino Landschaf, Rhönschaf, Thüringer Waldziege, Weiße und Braune Deutsche Edelziege, Burenziege und Harzer Ziege 15 AK 2. Naturschutz-Effekte einer großflächigen Beweidung 2.1 Ziele bei der Gestaltung von Weidelandschaften Die Offenhaltung von Landschaften ertragsarmer Standorte, aus denen sich die Landwirtschaft immer mehr zurückzieht, ist in den letzten 50 Jahren in vielen Regionen Europas ein Thema geworden. Großflächige Beweidung stellt dabei einen der Lösungswege dar. Die Gestaltung von Weidelandschaften beinhaltet bzw. berücksichtigt verschiedene Zielfunktionen. Der Begriff Weide-Landschaften impliziert Großräumigkeit sowie die Einflussnahme auf das Landschaftsbild im Sinne der Erhaltung oder Steuerung von Landschaftsstrukturen, zum Beispiel des Anteils und der Art von Landschaftselementen bzw. Biotopen. Dies ist auch im Managementplan fest verankert. Auch kann eine Extensivierung durch Beweidung dazu beitragen, den früher veränderten Landschaftshaushalt wieder zu renaturieren, indem z.b. Entwässerungen wieder zurückgebaut werden, sich Artenpotenziale erhöhen und sich Nahrungsketten bzw. -netze neu knüpfen. Ziele der Landbewirtschaftung und des Naturschutzes sind unmittelbar und funktionell miteinander gekoppelt. Beide haben jahreszeitliche und räumliche Aspekte wie beispielsweise der Pflanzenaufwuchs, die Nutzbarkeit von Habitaten durch am Boden brütende Vögel oder die Sicherung von Pflanzen- und Tiervorkommen trotz Beweidung. 2.2 Weidemanagement Wesentlich für die Etablierung von Weidelandschaften ist das Verhalten der Weidetiere. Die damit verbundene Dynamik bei der Flächeninanspruchnahme führt automatisch zur Strukturanreicherung, die man so akzeptieren muss, aber auch in gewissem Umfang steuern kann. Die großen Weidegänger gestalten sich ihre, durch den Menschen begrenzten Flächen der Weidelandschaft selbst und ergänzen sich dabei, wenn z.b. Rinder und Pferde gemeinsam eine Weide nutzen. 109

111 Eingeschlossen in die Gestaltung der Weidelandschaft sind Fragen der Tiergesundheit, der veterinärmedizinischen Betreuung, der Tierentnahme (für Tierzucht und Fleischproduktion), z.b. durch Integration von Fanggattern oder -schleusen. Abb. 2: Transportable Fanggatter Wesentliche Unterschiede bei der Entwicklung von Weidelandschaften ergeben sich aus dem Grad der Extensivierung. So ist die ganzjährige Freilandhaltung auf großen Standweiden stets mit der Bereitstellung von Winterfutter und der Anlage von geschützten und in jeder Witterungssituation gut anfahrbaren Winterfutterplätzen verbunden. Die Winterfuttergewinnung in Form von Silage oder Heu im eigenen Betrieb sichert kurze Transporte und eine anteilige Nutzung von Mähflächen. Die Beteiligung an Mähprogrammen des Naturschutzes (Wiesenbrüterprogramm, Bergwiesenprogramm) und der damit verbundenen Erhaltung von Standorten gefährdeter Pflanzen ist wünschenswert und für einige Lebensgemeinschaften hochspezialisierter Arten zwingend notwendig. 110 Abb. 3: Highlandjungtier am Winterfutterplatz

112 Das Betreiben saisonaler Standweiden erfolgt z.b. in den Kammlagen des Mittelgebirges, wo hohe Schneelagen keine problemlose Winterfutterbereitstellung und Betreuung der Tiere möglich machen. Auf diesen Flächen werden entsprechend dem Managementplan zeitweilig und kleinflächig andere Beweidungsregime gewählt, wie die späte und zeitlich begrenzte Beweidung von Nasswiesen und Sumpfhochstauden, gelegentlich verbunden mit Brutplätzen der Bekassine, des Wachtelkönigs oder auch des Braunkehlchens. Aus Naturschutz- und anderen Gründen können dem Managementplan entsprechend Teilflächen der Standweiden zeitweilig von der Beweidung ausgenommen werden, z.b. zur Gewährleistung der Wasserqualität eines am Unterlauf eines Baches liegenden Schwimmbades, zur befristeten Bereitstellung von gemähten Flächen für kommunale Veranstaltungen oder zur Gewährleistung der generativen Vermehrung geschützter Pflanzen (z.b. Orchideen-Vorkommen) bzw. der Erhaltung von seltenen Pflanzengesellschaften und besonders geschützten Biotopen (z.b. von Moorstandorten, Vorkommen von FFH-Arten wie dem Dunkelblauen Wiesenknopfameisenbläuling) usw. Im Betriebsbereich sind folgende Schutzgebiete zu pflegen bzw. ist ein guter Erhaltungszustand zu sichern: Tab. 2: Schutzgebiete Zu pflegende Schutzgebiete: Anteil NATURA 2000 Gebiete (FFH- und Vogelschutzgebiet) Biosphärenreservat Vessertal (EU-VS-Gebiet) Ohrdrufer Muschelkalkplatte und Apfelstädtaue (VSG, neu) bisher 408 ha mind. 800 ha FFH-Gebiete: Kleinere Schutzgebiete Erlebachwiesen bei Wölfis Wilde Gera bis Plaue und Reichenbachtal Jonastal und TrÜbPl. Ohrdruf Christeser Grund Rennsteigwiesen bei Schmiedefeld Schneekopf-Schmücker Graben FND Wiese am Brand bei Gehlberg FND Burglehne bei Gräfenroda GLB Kleiner Bienstein im Jonastal ca. 10 ha Durch Steuerung der Besatzdichte zwischen 0,3 0,6 GVE/ha ist eine feinfühlige Einflussnahme auf die Vegetationsdecke möglich. Dabei soll die Mindesttierzahl im Gesamtbetrieb von 0,5 GVE/ha nicht unterschritten werden (bisher geforderter Tierbesatz in den benachteiligten Gebieten). Mit einer gezielten Unterbeweidung kann, wenn dies dem Naturschutzziel entspricht, der Anteil an Hochstauden und Gehölzen im Sinne einer gesteuerten Landschaftsentwicklung zunehmen, was eine weiträumige Strukturanreicherung bewirkt. 111

113 Abb. 4: FFH-Lebensraum Fließgewässer Abb. 5: Schatten spendende Gehölze ein Muss Vorhandene Gehölze werden durch die Weidetiere zum Schutz vor Wind und Sonne, aber auch zur Nahrungsaufnahme aufgesucht. Mantelgebüsche und Säume werden dabei stellenweise beseitigt oder tunnelförmig geöffnet, sofern die Sträucher nicht dornbewehrt sind. Deshalb ist bei großen Weidekomplexen mit Rindern, aber auch Schafen das Vorhandensein von größeren, baumbestandenen Feldgehölzen zur Beschattung bei starker Sonneneinstrahlung und Hitze erforderlich, um neu entstehende Gebüsche oder auch Saum- und Schleiergesellschaften zu schonen bzw. zu fördern. Wird mit verschiedenen Weidetierarten und -rassen auf der gleichen Fläche gearbeitet, muss man mehr Flächen für das Komfortverhalten der Tiere einplanen. (ebene Liegeplätze, Scheuerpfähle, Tränkstellen etc.). 112

114 Mit der Anzahl von Winterfutterplätzen, Salzlecken und Tränkstellen kann man die Belastung der Weideflächen streuen und reduzieren und die Tiere auch dorthin lenken, wo sie sich sonst wegen anderer Faktoren nicht so häufig aufhalten. Die Größe der Standweiden sollte wegen des anteiligen Betreuungsaufwandes möglichst 20 ha nicht unterschreiten. Entfernt liegende, schwerer kontrollier- und befahrbare Weideflächen (Relief), sind möglichst mit ortserfahrenen Mutterkühen, Jungkühen und größeren schon ohrmarkierten Kälbern oder gesondert mit Jungbullen zu besetzen (Beachtung der Sozialstrukturen). Abb. 6: Heck-Rind und Galloway-Herde In die Koppeln können auch Pferde der Robustrassen im Verhältnis: Rinder zu Pferden = 5 : 1 oder 6 : 1 eingestellt werden (Konik, Tarpan, Exmoor-Pony u.a.). Beste Erfahrungen gibt es in Crawinkel auch mit ganzjähriger Freilandhaltung von Warmblutpferden, bei guter Kondition und Gesundheit. Futterverwertung und Pflegeeffekte werden durch die verschiedenen Weidegänger kombiniert. Flächenformen der Koppeln sollen möglichst kompakt und nicht zu langgestreckt sein (lange Wechsel). Gehölze, Bergkuppen und unterschiedlich exponierte Hänge, die im Tagesgang von der Witterung differenziert beeinflusst werden, sind zweckmäßigerweise in die Standkoppeln einzubeziehen. Sie führen zu einem täglichen Wanderungsverhalten und zu einer ganzflächigen Nutzung der Grünlandfläche. Die Tiere können sich in Abhängigkeit von der Jahres- und Tageszeit Futter verschiedener Qualität und Zusammensetzung suchen. Bevorzugte Flächen entwickeln sich zu sogenannten Weiderasen. Dazwischen liegende Weidereste, oft auch durch Geilstellen bedingt, führen zu einer Feinstrukturierung der Flächen und sind oft Initiale für die gewünschte Ansiedlung von Gehölzen. Natürliche, kontinuierliche Tränkangebote an Fließ- oder Standgewässern sind bei geringer Besatzdichte problemlos nutzbar. 113

115 Aus energetischen Prinzipien und in Abhängigkeit von anderen Requisiten, z.b. Liege-, Sandbade- oder Schattenplätzen, legen die Weidetiere ihre Hauptwechsel an und beeinflussen dabei zwangsläufig auch das Bachbett oder das Ufer von zu querenden Fließgewässern. Abb. 7: Galloway-Kuh in einer Tränkmulde des Heimigbaches 3. Mehrfachnutzung von Landschaften mit extensiven Weidesystemen Die Mehrfachnutzung von Weidelandschaften für Freizeit und Erholung (Tourismus), für die Wasserwirtschaft (sauberes Grundwasser), die Jagd oder auch die Forst- und Holzwirtschaft, sofern Flächen mit bewirtschaftbaren Holzvorräten oder -sortimenten anoder eingeschlossen sind, ist zukünftig stärker in Betracht zu ziehen. Hier gibt es nach unserer Erfahrung durchaus noch größere Spielräume. Gradmesser für die erfolgreiche Mehrfachnutzung sind die Akzeptanz der Weidesysteme und die nutzungsbedingten Ergebnisse in der Landschaftspflege bei Urlaubern, Einwohnern und sonstigen Nutzern (Sport- und Wandervereine, Jagdpächter etc.) Das historisch gewachsene und durch verschiedene Nutzungen frequentierte Wegenetz muss in das Konzept der großen Standweide auf der Basis tragfähiger Kompromisse eingebunden werden. Eine beidseitige Auszäunung von Rad- und Wanderrouten ist bei stark frequentierten Wegen unumgänglich. Nebeneinander liegende Koppeln können durch Weidewechsel miteinander verbunden werden. Der Weg wird in diesem Fall mit Stahlrosten für das Weidevieh gesperrt, ist aber für Fußgänger, Radfahrer und Fahrzeuge der Landund Forstwirtschaft (außer schweren Holzabfuhrfahrzeugen) passierbar. An weniger begangenen Wegen können Schleusen in den Weidezaun eingebaut werden, wie dies von den Almen im Hochgebirge oder von den Deichen an der Nordsee bekannt ist. Hier sind allerdings Aufklärungstafeln für Wegebenutzer erforderlich, die auf das mögliche Tierverhalten bei einer Begegnung auf der Fläche oder die Funktion der Tore hinweisen. 114

116 Im Fokus der öffentlichen und kritischen Beobachtung befinden sich immer wieder die in den Weideflächen befindlichen Fließgewässer. An gefährdeten Stellen, wenn der Bach auch gleichzeitig ein wichtiger Vorfluter oberhalb und innerhalb der Gemeinde ist, kann man die Uferstruktur durch ein- oder beidseitige Auszäunung sichern oder die Bachquerung abschnittsweise an Steilböschungen oder an Quelltrichtern unterbinden. Die Entwicklung von regelmäßigen Tränkplätzen aus der fließenden Welle lässt sich mit solchen Maßnahmen zielgerichtet steuern. Wichtige Amphibienlaichgewässer müssen in geeigneter Weise geschützt werden. Bei der Gestaltung von Weidelandschaften ist im Sinne des Tourismus auch an das hautnahe Tiererlebnis zu denken. Abb. 8: Weidewechsel mit Gitterrost in der Flur Schmiedefeld Exponierte Beobachtungspunkte, kombiniert mit Salzlecken und Tränkplätzen, bieten gute Möglichkeiten, sich gefahrlos den imposanten Weidetieren verschiedener Arten und Rassen hinter dem Zaun zu nähern und das Verhalten der Weidegänger zu studieren. 4. Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung und Tourismus runden das Betriebskonzept ab Mit der Zunahme der landschaftlichen Ästhetik und der Vielfalt des Weidegeschehens ergeben sich neue Möglichkeiten des Landschaftserlebens, die für die Umweltbildung oder für den Tourismus in der Region aufgegriffen werden können. Unter dem Motto Weide-Wildnis und Visionen beteiligte sich der Betrieb 2006 erfolgreich am Wettbewerb Deutschland Land der Ideen. Teil der Betriebsphilosophie der Agrar GmbH Crawinkel ist die Begleitung durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit. Gemeinsam mit regionalen Akteuren konnten über das Förderprogramm Leader-plus zahlreiche Projekte zur Öffentlichkeitsarbeit umgesetzt werden, z.b. ein Internet-portal zu Fragen der Weidewirtschaft, Fachtagungen in Zu- 115

117 sammenarbeit mit der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie sowie Exkursionen und Fachführungen für verschiedene Zielgruppen. Im Rahmen von Leader-Plus- Projekten entstanden drei Kurzvideos über die Betriebsschwerpunkte sowie Flyer und eine Wanderausstellung. Infotafeln sind an exponierten Standorten in der Weidelandschaft installiert. Unternehmer aus dem Ort bieten in Zusammenarbeit mit der Agrar GmbH Kremserfahrten über die Betriebsflächen und kulinarische Betreuung an. Bereits der Anblick der Tierherden verschiedener Rassen in dieser weiten Landschaft ist ein Erlebnis: Galloway, Scottish Highland, Deutsch Angus, Hereford, Heckrind, Ungarisches Steppenrind, Koniks und Warmblutpferde, Schaf- sowie Ziegenherden. Es motiviert mich, in einer ästhetisch ansprechenden, artenreichen Landschaft zu wirtschaften und die Möglichkeit zu haben, mit Naturschutzmaßnahmen das Betriebseinkommen wesentlich zu ergänzen, freut sich Heinz Bley. Abb. 9: Heck-Rind-Stier (Foto: Gunter Heß) 5. Zusammenfassung Ziele des Naturschutzes, insbesondere des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000, sollen durch ganzjährige und großräumige Beweidung mit 0,3 0,6 Rindern oder Pferden pro Hektar sowie durch Schaf-/Ziegenhut mit der Erhaltung von offenen und halboffenen Landschaften auf landwirtschaftlichen Ungunststandorten im Bereich des Thüringer Waldes und der Ohrdrufer Muschelkalkplatte erreicht werden. Die Bewirtschaftung des reinen Grünlandbetriebes erfolgt durch die Agrar GmbH Crawinkel auf der Basis eines Managementplanes. Im Rahmen von LEADER-PLUS wurden Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und zur touristischen Entwicklung gefördert. Erfahrungen bei 116

118 der Entwicklung von extensiven, ganzjährigen Beweidungssystemen und der Mehrfachnutzung von Erholungslandschaften wurden vorgestellt. 6. Literaturverzeichnis REISINGER, E. (2004): Ausgewählte naturschutzfachliche und sozioökonomische Anforderungen für die Etablierung großflächiger Weidesysteme. In: Schr.- R. f. Landschaftspfl. u. Natursch. 78: , Bonn. REISINGER, E., LANGE, H. R. (2005): Großflächige Beweidung ein Praxisbericht aus dem Thüringer Wald. In: Landschaftspflege u. Naturschutz in Thür. 42: , Jena. WEBER, A. (2007): Schöne neue Wildnis. In: GEO - Das Reportage-Magazin 09: 28-56, Hamburg. Anschriften der Verfasser: Heinz Bley, Agrar GmbH Crawinkel, Gosseler Str. 25, Crawinkel, Tel.: , mit-bley-dabei@web.de, Dr. Harald R. Lange, Ingenieurbüro für Naturschutz, Umweltberatung und Regionalentwicklung INUR, Prof. Schmidt-Str. 20, Ilmenau, Tel.: , Harald.R.Lange@gmx.de 117

119 Gesamtbetriebliche Naturschutzberatung Position der Landschaftspflegeverbände Wolfram Güthler 1. Landschaftspflegeverbände eine Idee greift um sich Die Idee der Landschaftspflegeverbände ist schnell erklärt: Naturschützer, Bauern und Kommunen schließen sich auf regionaler Ebene in einem Verein zusammen und beschließen, sich gemeinsam in Sachen Landschaftspflege zu engagieren. Alle drei Gruppen sind dabei im Vorstand gleichmäßig vertreten das fördert eine vertrauensvolle Kooperation. Gemeinsames Ziel ist eine attraktive Kulturlandschaft. Um diese zu erreichen, bekommen Landwirte ihre Arbeit für den Naturschutz honoriert. Die Landschaftspflegeverbände verstehen sich dabei als Umsetzer für konkrete Maßnahmen. Abb. 1: Landschaftspflegeverbände in Deutschland 118

120 Auf diesem Grundkonzept aufbauend sind die Landschaftspflegeverbände bei der Moderation von Konflikten zwischen Naturschutz und Landnutzern, in Sachen Umweltbildung, bei der Regionalvermarktung, der Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie im sanften Tourismus aktiv. Inzwischen gibt es diese Verbände in 141 Regionen in allen Bundesländern (siehe Abb. 1), Tendenz steigend. Über Bauern beteiligen sich jedes Jahr in den Landschaftspflegeverbänden am Naturschutz. Die Namen der Verbände sind regional unterschiedlich: Neben der Ursprungsbezeichnung sind als Namen auch Lokale Bündnisse in Schleswig-Holstein, Landschaftserhaltungsverbände in Baden-Württemberg oder Biologische Stationen in Nordrhein- Westfalen verbreitet. Auf Bundesebene ist der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) als Dachverband dieser regionalen Organisationen tätig. 2. Beratung von Landwirten als Ausgangspunkt Naturschutz durch Landwirtschaft kann nur dann funktionieren, wenn die Landwirte intensiv beraten werden (Abb. 2). Dabei ist die Kommunikation keine Einbahnstraße, denn gerade von den Landwirten kommen dabei wichtige Anregungen und Kritik. Abb. 2: Beratung auf dem Betrieb durch Vertreter des Landschaftspflegeverbandes Die Bauern wissen beispielsweise selbst am besten, wann ihre Feuchtwiese befahrbar ist. Die Beratung und Überzeugungsarbeit haben die Landschaftspflegeverbände von Anfang an geleistet. Bisher stand dabei die Einzelfläche im Fokus, auf der konkrete Maßnahmen wie die Anlage einer Hecke, die Mahd einer Orchideenwiese oder die Pflege einer Streuobstwiese, anstanden. Darüber hinaus haben die Landschaftspflegeverbände bereits frühzeitig eine gesamtbetriebliche Naturschutzberatung von Landwirten umgesetzt. Beispielhaft seien hier die Hüteschäfer in Thüringen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Südniedersachsen genannt, für die die Landschaftspflegeverbände Gesamtkonzepte entwickelt und umgesetzt haben. Neben naturschutz- 119

121 fachlichen Inhalten waren dabei wesentliche weitere Aspekte zu klären: Die Schaffung von Tränken und die Klärung von Pferchflächen, die Zustimmung von Flächeneigentümern und die Schaffung von Triebwegen oder gar Schafstellen sind dabei wichtige Teilaspekte. In einigen Regionen, so z.b. im Lechtal in Bayern oder im Landkreis Göttingen in Südniedersachsen konnten dabei sogar neue Schafreviere eingerichtet werden hier wird der Naturschutz über die Beratung zum Jobmotor! 3. Naturschutzberatung im Ausland breit etabliert Die Landschaftspflegeverbände haben auf Grund dieser Erfahrungen sowie von Exkursionen ins europäische Ausland insbesondere nach Großbritannien, die Niederlande, Belgien, die Schweiz und Österreich angeregt, die gesamtbetriebliche Naturschutzberatung auch in Deutschland auszubauen. Die Erfahrungen im Ausland belegen eindrucksvoll, dass die gesamtbetriebliche Naturschutzberatung ein Ansatz ist, der die Akzeptanz der Landwirte für den Naturschutz wesentlich erhöht. Gleichzeitig können die Programme zielorientierter und flexibler eingesetzt werden. Der DVL schlägt deshalb vor, diese Erfahrungen aus dem Ausland bei der Konzeption einer derartigen Beratung in Deutschland intensiv zu berücksichtigen. Im Folgenden werden einige Beispiele genannt, die Anreize geben können: Eine sehr gute Verknüpfung der naturschutzfachlichen Daten mit dem Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem der Landwirtschaft über ein Geographisches Informationssystem in Belgien. Hierdurch wird eine Beratung wesentlich erleichtert. Die Förderung von Zusammenschlüssen von Landwirten in den Niederlanden, die in Grünlandgebieten ihre Leistungen gemeinsam anbieten können und über diese Kooperativen auch die Naturschutzberatung organisieren. Ein ausgefeiltes, EU- kofinanziertes Beratungsmodell in Österreich, das für die Landwirte optimale Flexibilisierungsmöglichkeiten belässt (z.b. Mahdzeitpunkte nach phänologischen Daten, wie dem Blühbeginn des Holunders, Rotation von Spätmahdflächen, etc.). Eine sehr ansprechende und praxistaugliche Ausarbeitung der Naturschutzpläne in den österreichischen Bundesländern Niederösterreich und Salzburg. Ein interessantes Bewerbungsmodell für Agrarumweltprogramme über Naturschutzpläne in Großbritannien. 4. Naturschutzberatung in Deutschland auf dem Vormarsch Interessant ist, dass in den Kreisen der Umweltakteure das Bewusstsein für die Bedeutung einer gesamtbetrieblichen Naturschutzberatung in den letzten Jahren wesentlich gewachsen ist. So brachte eine vom DVL durchgeführte anonyme Befragung zentraler Akteure aus den Natur-schutzabteilungen der Länderministerien und von auf Landesund Bundesebene tätigen Agrarexperten der Naturschutzverbände im Jahr 2006 (die Befragung wurde im Rahmen des vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Projektes Finanzierung von Natura 2000 durchgeführt) folgende drei zentrale Nennungen bezüglich der notwendigen Änderungen im Bereich der Förderpolitik für die ländliche Entwicklung: 120

122 Eine bessere Finanzausstattung der Politik für die ländlichen Räume gaben 16 Personen als Priorität an. Effizientere Programme und weniger einschränkende Verwaltungs- und Kontrollvorgaben hatten für 15 Personen zentrale Bedeutung. Der Ausbau einer Naturschutzberatung und hierbei insbesondere gesamtbetrieblicher Naturschutzpläne fanden 13 Personen besonders wichtig. Die Naturschutzberatung ist somit innerhalb des Naturschutzes als wesentlicher Baustein bei der Weiterentwicklung des Verhältnisses von Naturschutz und Landwirtschaft anerkannt. Damit sollte der breite Ausbau dieses Bereiches in den nächsten Jahren in allen Bundesländern ein erreichbares Ziel sein. Hoffnungsfroh stimmt, dass aktuell in zahlreichen deutschen Bundesländern eine Naturschutzberatung über die neuen Programmpläne für die ländliche Entwicklung für den Zeitraum 2007 bis 2013 vorgesehen ist. Auch wenn es sich dabei meist um eher bescheidene Ansätze für Modellprojekte handelt, so bieten sie doch die Chance, die gesamtbetriebliche Naturschutzberatung angepasst auf die jeweilige Situation zu erproben. Ein hoher Handlungsdruck herrscht dabei insbesondere bei der Umsetzung von Natura 2000, da hier auf großer Fläche Landwirte betroffen sind. Allerdings bleibt festzuhalten, dass eine finanziell sehr schlecht ausgestattete Politik für den ländlichen Raum dazu führt, dass die Naturschutzberatung nur verhalten vorankommt. Hier scheint es auch im Sinne der langfristigen Sicherung von Finanzmitteln für die Landwirte zwingend, in der Agrarpolitik die Gelder aus der so genannten ersten Säule der EU-Agrarpolitik in die ländliche Entwicklung und dabei insbesondere in die Agrarumweltprogramme umzuschichten. Schließlich sind diese Fördermaßnahmen, die Landwirte für ökologische Leistungen honorieren, gesellschaftlich breit legitimierbar. Neben ausreichenden Finanzen ist allerdings ebenfalls erforderlich, dass eine qualifizierte gesamtbetriebliche Naturschutzberatung auf anspruchsvollen Agrarumweltprogrammen und hierbei insbesondere auf einem passgenauen Vertragsnaturschutz aufbauen kann. Wird auf Düngung verzichtet, eine Wiese spät gemäht oder gar Magerrasen mit Schafen beweidet, so ist eine am Weltmarkt orientierte Landwirtschaft dringend auf die gezielte und differenzierte Honorierung dieser Leistungen angewiesen. Aus Naturschutzsicht sind dabei oftmals unterschiedliche Auflagen erforderlich, da Arten und Lebensräume verschiedene Ansprüche an die Bewirtschaftung stellen. Umso enttäuschender ist es, dass einige Bundesländer bisher nur völlig unzureichende Agrarumweltprogramme anbieten, die weder naturschutzfachliche Ziele umsetzen können, noch für die Bauern eine Perspektive bieten. Dies trifft beispielsweise weitgehend auf den Vertragsnaturschutz in Hessen, Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern zu. 5. Ein Beispiel aus der Praxis Wie Naturschutzberatung effizient laufen kann, zeigt ein im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft vom DVL in den Jahren 2006 und 2007 durchgeführtes Modellvorhaben. Über den DVL wurden regionale Partner, überwiegend Landschaftspflegeverbände, angeleitet und betreut, die in Natura 2000-Gebieten Landwirte berieten. Grundlage waren dabei die aktuell erarbeiteten Managementpläne sowie die in Sachsen vorhandenen Agrarumweltprogramme. Dabei wurden 121

123 in 45 von der Naturschutzverwaltung genannten Natura 2000-Gebieten die betroffenen Bauern über Einzelgespräche beraten. Das Projekt führte zu folgenden Ergebnissen: Die Beratung erwies sich als gute Basis, um eine zielgerichtete Umsetzung der Managementpläne zu erreichen. Probleme traten dort auf, wo in Managementplänen Maßnahmen vorgeschlagen wurden, die über die bestehenden Agrarumweltprogramme nicht abgedeckt waren. Über das Projekt wurden sowohl die Landwirte als auch die Fachbehörden wesentlich im Antragsverfahren für die Agrarumweltprogramme unterstützt. Überwiegend nahmen die Landwirte sehr positiv auf, dass der Naturschutz zu ihnen auf den Betrieb kam. Dies führte dazu, dass die Landwirte auch viele anderen Probleme, die sie mit dem Naturschutz haben (z.b. Cross Compliance) zu Themen der Gespräche machten. Dabei konnten vielfach Fragen und Unsicherheiten geklärt werden. Die Beratung führte dazu, dass die spezifischen Anliegen des Naturschutzes (z.b. flächenspezifische Erhaltungsziele für FFH-Lebensräume) transportiert werden konnten. Damit wurden in erheblichem Umfang Missverständnisse abgebaut. Über die Beratung bekam der Naturschutz ein Gesicht, an das sich die Landwirte auch dann wandten, wenn später Probleme auftraten. Dabei war von entscheidender Bedeutung, dass die Landschaftspflegeverbände in den Bereichen Landwirtschaft und Naturschutz gleichermaßen kompetent und regional verankert sind und eine hohe Dialogfähigkeit besitzen. Leider konnte die Beratung nur auf den Natura 2000-Flächen des Betriebes intensiver erfolgen. Hier wäre es wünschenswert, wenn der Gesamtbetrieb in die Beratung integriert werden könnte. Von Seiten der Landwirte wurde dieser Wunsch deutlich geäußert. Andererseits konnte über die Fokussierung der Beratung und der Vertragsnaturschutzprogramme auf Natura 2000 auch erreicht werden, dass die Landwirte diese Gebiete nun als Förderkulisse wahrnahmen und damit Natura 2000 ein positiveres Image bekam. 6. Zusammenfassung Aus Sicht des DVL sind die regional verwurzelten Landschaftspflegeverbände auf Grund ihrer Vermittlerstellung zwischen Landwirtschaft und Naturschutz die idealen Partner für die Verwaltung, um eine gesamtbetriebliche Naturschutzberatung umzusetzen. Wir hoffen, hier in den nächsten Jahren gemeinsam dieses neue Instrument von einzelnen engagierten Modellvorhaben hin zu einem Mainstream-Instrument des Naturschutzes mit guter Breitenwirkung entwickeln zu können. Anschrift des Verfassers: Wolfram Güthler, Bundesgeschäftsführer beim Deutschen Verband für Landschaftspflege e.v. (DVL), Feuchtwanger Straße 38, Ansbach, Tel.: , 122

124 Naturschutz im Ökologischen Landbau Ein Handbuch für Praktiker, Berater und Verwaltung Sarah Fuchs und Karin Stein-Bachinger 1. Einleitung: Naturschutz im Ökologischen Landbau braucht Wissen Die positiven Umwelt- und Naturschutzwirkungen des Ökologischen Landbaus (ÖL) und sein hohes Naturschutzpotenzial sind vielfach nachgewiesen (u.a. FLADE et al. 2006, HOLE et al. 2005, OPPERMANN et al. 2004, STEIN-BACHINGER et al. 2007). Die Bestandesdichten von typischen Agrarlandschaftsarten (und damit das Naturschutzpotenzial) sind auf ökologisch bewirtschafteten Flächen häufig deutlich höher als auf konventionellen Vergleichsflächen, so dass Naturschutzziele oft einfacher und effektiver verwirklicht werden können (STEIN-BACHINGER et al. 2007; FLADE et al. 2006). Gleichzeitig werden zukünftig die Finanzmittel zur Honorierung ökologischer Leistungen drastisch gekürzt werden. Damit wird eine Konzentration der verfügbaren Mittel auf wertvolle Flächen innerhalb von Schutzgebieten einhergehen, auf denen zielgenau und mit sichtbarem Erfolg gebietsspezifische Naturschutzziele z.b. auf der Grundlage von Schutzgebietskulissen umgesetzt werden können (FLADE mdl. Mitt.). Der Ökologische Landbau bringt für solche Anforderungen beste Voraussetzungen mit, braucht aber auch das nötige Wissen. Die aktuell für ökologische Betriebe nutzbaren Programme sind aber in der Regel nicht ausreichend an die landwirtschaftlichen Anforderungen und spezifischen Naturschutzkonflikte dieser Wirtschaftsweise angepasst. So ist davon auszugehen, dass populäre Maßnahmen wie die sogenannten Feldlerchenfenster (z.b. NABU 2007), die innerhalb von konventionellen Anbausystemen entwickelt wurden, im Ökologischen Landbau nicht die gleichen Effekte auf Landwirtschaft und Fauna haben wie auf konventionellen Flächen. Bisher finden ökologisch wirtschaftende Landwirte oder Naturschutzberater kaum praxisorientierte Antworten auf Fragen wie: Wo entstehen wesentliche Konflikte zwischen Ökologischem Landbau und Naturschutz? Wo lohnt es sich am effektivsten, auf solche Konflikte einzugehen? Welche Maßnahmen bieten sich vor Ort an? Nach welchen Regeln können Flächen zuverlässig identifiziert werden, die ein hohes Potenzial bezüglich konkreter Naturschutzziele besitzen? Auf welchen Flächen kann mit möglichst wenig Aufwand ein möglichst großer Nutzen für die Belange des Naturschutzes erzielt werden? Wie gehe ich mit gegenläufigen Ansprüchen von Zielarten und mit pflanzenbaulichen Risiken um? Hier setzt das Projekt Naturschutz im Ökologischen Landbau Ein Handbuch für Praktiker, Berater und Verwaltung an: In dem Handbuch werden praktikable und erprobte Naturschutzmaßnahmen und Optimierungsstrategien für ökologische Betriebe erläutert. Das Projekt wird gefördert vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Weiterhin unter- 123

125 stützen das Projekt das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Raumordnung des Landes Brandenburg (MLUR) und das Landesumweltamt Brandenburg (LUA). Gemeinsame Projektträger sind das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.v. und der Verein Ökodorf Brodowin. 2. Vorgehen bei der Erstellung des Handbuchs Wir bereiten die aktuell verfügbaren Ergebnisse zum Thema Naturschutz im Ökologischen Landbau zu Steckbriefen für konkrete Maßnahmen und Zielarten auf. Als umfassende Grundlage stehen Ergebnisse langjähriger Forschung und Anwendung aus dem BfN-Projekt Naturschutzhof Brodowin zur Verfügung. Dieses Projekt soll aufgrund seiner zentralen Bedeutung für das Handbuch im Folgenden kurz vorgestellt werden. Die Laufzeit des Projektes erstreckte sich von 2001 bis 2006, gefördert wurde es vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Träger war der Verein Ökodorf Brodowin. Projektmitarbeiter waren u.a. Sarah Fuchs, Frank Gottwald, Angela Helmecke, Karin Stein-Bachinger, Peter Zander, Johannes Schuler, Johannes Grimm, Ralf Gottschall und Heike Schobert. Als Kooperationspartner sind neben dem Ökodorf Brodowin GmbH & Co. KG zu erwähnen: Das Landesumweltamt (LUA) Brandenburg, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.v. und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) ( STEIN-BACHINGER et al. 2007). Die Ergebnisse aus dem Projekt werden ergänzt um Informationen aus Literatur und weiteren praxisorientierten Projekten. Begleitend werden Experten aus Praxis, Beratung, Verwaltung und Wissenschaft als Dialogpartner in diesen Prozess einbezogen. Hierzu werden Befragungen per oder Telefon, Besuche vor Ort sowie zwei Workshops Abb. 1: Unversehrtes Feldlerchennest auf einem Luzerne-Kleegrasschlag in Brodowin nach Hochschnitt. Der Anteil zerstörter Nester verringert sich durch Hochschnitt um bis zu 60 % (Foto: Andreas Matthews). 124

126 durchgeführt, um die Inhalte des Handbuches eingehend zu diskutieren und eine hohe Wirksamkeit, Umsetzbarkeit und Akzeptanz dieser Inhalte zu erreichen. In dem Forschungs- und Entwicklungs-Vorhaben Naturschutzhof Brodowin wurden zahlreiche Ackerbau- und Strukturmaßnahmen (u.a. Spät- und Hochschnitt im Luzerne- Kleegras (Abb. 1), Striegelverzicht, reduzierte Saatstärke und verzögerte Stoppelbearbeitung in Körnerfrüchten, Schlagverkleinerung, Heckenneupflanzungen und Gehölzpflege, Blüh- und ungemähte Luzerne-Kleegrasstreifen, Anlage und Pflege von Säumen und Gewässerrandstreifen) zum Schutz von Feld- und Heckenvögeln, Amphibien, Tagfaltern und Heuschrecken, dem Feldhasen und der Segetal-/Trockenrasenflora erprobt und bewertet. Die Untersuchungen erfolgten in enger Kooperation mit dem Demeter- Betrieb Ökodorf Brodowin GmbH & Co. KG (1200 Hektar) in Nordostdeutschland. Die Dauer des Projektes ermöglichte sehr umfangreiche Erkenntnisse zu den spezifischen Konflikten zwischen Ökologischem Landbau und Naturschutz und den Auswirkungen der Maßnahmen auf die Zielarten und die Landwirtschaft. 3. Inhalte des Handbuchs Das Handbuch stellt Naturschutzmaßnahmen vor, die kurz gefasst und leicht verständlich, im Betrieb gut umsetzbar, betriebswirtschaftlich kalkuliert und für den Landwirt individuell auszuwählen sind. Typische Tier- und Pflanzenarten, ihre Lebensraumansprüche, ihre Schutzbedürfnisse und geeignete Maßnahmen werden artbezogen beschrieben. Der inhaltliche Schwerpunkt ist auf den Nordostdeutschen Raum sowie Ackerbauverfahren im großflächigen Ökologischen Landbau gerichtet. Das Handbuch ist in vier Kapitel gegliedert: I. Vermittlung der Bedeutung von Naturschutzmaßnahmen im Ackerbau (Einführung): Kenntnisstand Naturschutz im Ökologischen Landbau, Hintergründe, Zielstellung, Adressaten sowie Kriterien für die Auswahl der Zielarten, von naturschutzfachlichen Zielzuständen und die Auswahl der Maßnahmen im Ackerbau. II. Naturschutzfachliche Maßnahmen im Ackerbau: Je Maßnahme ein Steckbrief: Ziel, Wirkungsweise bezogen auf die Zielarten/-gruppen und landwirtschaftlichen Aspekte: Genaue Beschreibung der Umsetzung, Konsequenzen und mögliche Problembehandlung III. Lebensbedingungen und Schutzbedürfnisse ausgewählter Zielarten/-artengruppen wildlebender Flora und Fauna: Je Zielart oder Zielgruppe ein Steckbrief: Foto, Kurzartbeschreibung inkl. Habitatansprüche (Abb. 2), Liste relevanter Maßnahmen mit den artspezifischen Anforderungen und den wichtigsten Effekten. IV. Gesamtbetriebliche Lösungen: Anleitung zur Erstellung längerfristiger Bewirtschaftungspläne auf Einzelbetriebsebene entsprechend (schutzgebiets-) spezifischer Zielsetzungen: u.a. Priorisierung der Maßnahmen, Umgang mit Zielkonflikten bei gegenläufigen Lebensraumansprüchen von Zielarten. 125

127 Abb. 2: Schafstelzen benötigen geeignete Sitzwarten. Daher können sie Ackerschläge nur dann flächig besiedeln, wenn ein mehrstufiger Pflanzenhorizont vorhanden ist. Entsprechend kann die Art durch eine günstige Fruchtartenwahl (z.b. Gemenge), Striegelverzicht, das Belassen von Drilllücken oder die Anlage von schlaginternen Blühstreifen effektiv gefördert werden (Foto: Andreas Matthews). Das Handbuch wird ab Sommer 2008 erhältlich sein. Es wird die aktuell verfügbaren Ergebnisse zum Thema Naturschutz im Ökologischen Landbau in einer fortschreibbaren Form vorhalten und damit eine Initialfunktion wahrnehmen. Darauf aufbauend können zukünftig weitere regionale Besonderheiten, Maßnahmen und Zielarten sowie neuere Projektergebnisse aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands, die in den kommenden Jahren erarbeitet werden, mit aufgenommen werden. 4. Gesamtbetriebliche Bewirtschaftungspläne am Beispiel von Ökodorf Brodowin GmbH & Co. KG Aktuell wird auf dem Kooperationsbetrieb Ökodorf Brodowin GmbH & Co. KG des abgeschlossenen Naturschutzhof-Projektes die schrittweise Umsetzung eines gesamtbetrieblichen Bewirtschaftungsplanes ab Frühjahr 2008 vorbereitet. Dazu wurde bereits auf Grundlage der Projektergebnisse und in ehrenamtlicher Tätigkeit der früheren Projektmitarbeiter ein betriebsspezifischer Naturschutzplan erarbeitet. Der Naturschutzplan besteht aus: 1. Potenzialkarten für die Zielarten/-gruppen Feldvögel, Feldhase, Amphibien, Insekten, Segetalflora, in denen Schläge oder Standorte mit hohem oder sehr hohem Potenzial gekennzeichnet sind (Abb. 3). 2. Einer Zusammenstellung von Hot-Spot -Standorten der Betriebsfläche: Hot-Spot- Standorte werden in diesem Zusammenhang als Sonderflächen mit hoher Bedeutung für den Naturschutz definiert, welche der Betrieb nicht verändern oder eliminieren sollte. 3. Einem gesamtbetrieblichen Strukturkonzept, welches ortsabhängige, mehrjährige oder dauerhafte Strukturen wie Säume, Gewässerrandstreifen oder Hecken enthält. 126

128 4. Einer Liste von geeigneten Maßnahmen inkl. Schutzzielen, Bearbeitungshinweisen und Kosten. Aus dem gesamtbetrieblichen Naturschutzplan wurde im Sommer/Herbst 2007 in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsleiter ein konkreter, auf die geplante Fruchtfolge und den erwarteten Förderrahmen abgestimmter Maßnahmenplan für das Jahr 2008 zusammengestellt. Nächste Schritte werden die Abstimmung des Maßnahmenplans mit dem Landesumweltamt Brandenburg und die Umsetzung der Maßnahmen ab Frühjahr 2008 sein. Für die Folgejahre besteht die Aussicht auf eine langfristige Umsetzung eines Maßnahmenpaketes mit Auswahl- und Erweiterungsmöglichkeiten. Der Landwirtschaftsbetrieb will sich mit diesen Aktivitäten in der Öffentlichkeit profilieren und plant begleitend die Aufstellung von Informationstafeln sowie Mitteilungen per Internet und für die rund 1700 Abo-Kunden. Der Betrieb kann damit innerhalb des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin eine Initial- und Vorbildfunktion zum Thema Naturschutz im Ökolandbau übernehmen. Abb. 3: Ausschnitt aus der Potenzialkarte Feldvögel. Dargestellt ist der südöstliche Teil der Betriebsflächen des Ökodorf Brodowin GmbH & Co. KG. Schläge mit hohem oder sehr hohem Potenzial sind in der Regel durch überdurchschnittliche Revierzahlen einer oder mehrerer Zielarten gekennzeichnet. Feldvogel-Maßnahmen werden für eine hohe Effizienz nur auf solchen Schlägen durchgeführt. 127

129 5. Zusammenfassung In einem vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderten Projekt wird 2007/2008 ein Praxishandbuch zur Integration von Naturschutzmaßnahmen in den Ökologischen Landbau erstellt. Grundlage bilden die Ergebnisse aus dem BfN-Vorhaben Naturschutzhof Brodowin. Mit Experten aus Praxis, Beratung, Verwaltung und Wissenschaft diskutieren wir ausgewählte Maßnahmenvorschläge. Im Ergebnis werden in dem Handbuch in kurz gefassten Steckbriefen typische ackerbewohnende Tier- und Pflanzenarten, ihre Lebensraumansprüche, Schutzbedürfnisse und artbezogen geeignete Maßnahmen vorgestellt. Technikbedarf, Bearbeitungshinweise, Dauer, Kosten, Ertrags- und Qualitätsminderungen, Risiken und Problembehandlung werden Maßnahme für Maßnahme behandelt. Eine geeignete Vorgehensweise zur Erstellung und langfristigen Umsetzung gesamtbetrieblicher Bewirtschaftungs- bzw. Naturschutzpläne wird an einem aktuellen Beispiel aus Brandenburg (Demeterbetrieb Ökodorf Brodowin GmbH & Co. KG) dargestellt. 6. Literaturverzeichnis FLADE, M., PLACHTER, H., SCHMIDT, R. & WERNER, A. (2006): Nature Conservation in Agricultural Ecosystems. Results of the Schorfheide-Chorin research project. Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verlag), 706. S. HOLE, D.G., PERKINS, A.J., WILSON, J.D., ALEXANDER, I.H., GRICE, F. & EVANS, A.D. (2005): Does organic farming benefit biodiversity? Biological Conservation 122: NABU (Hrsg.) (2007): Feldvögel Kulturfolger der Landwirtschaft. Bonn. 10 S. OPPERMANN, R., HÖTKER, H., KRISMANN, A., BLEW, J. (2004): Wieviel Naturschutz leisten die Ökolandbaubetriebe jetzt und welche Perspektiven gibt es für die Zukunft? Ergebnisse einer bundesweiten Untersuchung. Landbauforschung Völkenrode FAL Agricultural Research 272: STEIN-BACHINGER, K., FUCHS, S., GOTTWALD, F, HELMECKE, A., GRIMM, J., ZANDER, P., SCHULER, J., SCHOBERT, H., GOTTSCHALL, R. (2007): Naturschutzfachliche Optimierung des großflächigen Ökolandbaus am Beispiel des Demeterhofes Ökodorf Brodowin. Unveröffentlichter Abschlussbericht. Brodowin. 558 S. Anschriften der Verfasserinnen: Sarah Fuchs, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZLAF) e.v., Institut für Land-Nutzungssysteme und Landschaftsökologie, Eberswalder Straße 84, Müncheberg, Tel.: , Dr. Karin Stein-Bachinger, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZLAF) e.v., Institut für Land-Nutzungssysteme und Landschaftsökologie, Eberswalder Straße 84, Müncheberg, Tel.: , 128

130 Freiwilliger Naturschutz in der Landwirtschaft Angela Helmecke und Hermann Hötker 1. Einführung Die Lebensgemeinschaften der Agrarlandschaften in Europa sind stark bedroht. Die Bestände vieler typischer Tier- und Pflanzenarten gehen kontinuierlich zurück, was sich insbesondere in der überproportionalen Präsenz dieser Arten in den Roten Listen widerspiegelt (BAUER et al. 2002; SCHNEEWEISS 2004; NaFaWeb). Da Agrarlebensräume etwa die Hälfte der Fläche Mitteleuropas einnehmen, hat der Rückgang der Agrararten einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Biodiversität insgesamt. Der wesentliche Grund für diese Entwicklung war und ist die Intensivierung der Landwirtschaft, die zurzeit durch den zunehmenden Anbau nachwachsender Rohstoffe für die Energiegewinnung noch eine zusätzliche Dynamik gewinnt. Ohne Gegenmaßnahmen dürften viele einstmals häufige Tier- und Pflanzenarten aus der Kulturlandschaft verschwinden. Abb. 1: Kiebitz Früher typischer Brutvogel der Wiesen Nicht nur Naturschützer, sondern auch viele Landwirte beklagen den Verlust an biologischer Vielfalt und wären bereit, auf ihren Betrieben etwas für die Natur zu tun. Neben produktionstechnischen und finanziellen Zwängen ist aber oft der Mangel an Zeit, sich hierüber Informationen zu besorgen, einer der wichtigsten verhindernden Gründe. Hier setzt das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und von BINGO! Die Umweltlotterie geförderte Projekt Freiwilliger Naturschutz in der Landwirtschaft an. Ziel des Vorhabens ist es, Landwirte zu ermutigen, auf ihren Höfen in eigener Regie freiwillige Naturschutzmaßnahmen durchzuführen und sie dabei fachlich zu unter- 129

131 stützen. Naturschutzpartner vor Ort sollen die ortsansässigen NABU-Aktiven sein, die für diese Aufgaben geschult werden. Der NABU (inklusive LBV in Bayern) verfügt mit seinen lokalen Gruppen und ca ehrenamtlich Aktiven über ein flächendeckendes Netzwerk von Naturschutz-Experten. Nicht zuletzt sind viele Landwirte auch Mitglieder des NABU. Der Verband verfügt also über die Möglichkeit, Kontakt zu sehr vielen Landwirten aufzunehmen. Es soll daher, möglichst langfristig, ein flächendeckendes System von interessierten Landwirten und ehrenamtlichen Naturschützern entstehen, welches gemeinsam konkrete Maßnahmen auf rein freiwilliger Basis zur Verbesserung der Biodiversität im Agrarbereich umsetzt. Das Projekt ist als eine Pilotstudie ausgelegt, die die Umsetzbarkeit und wichtige Kenngrößen für ein potentiell bundesweites Projekt ermitteln soll. 2. Vorgehensweise In einem begrenzten Raum (drei Regionen in Schleswig-Holstein) und einer begrenzten Zeit (zwei Jahre, ab Januar 2008) sollen zunächst Erfahrungen mit der Projektidee gesammelt werden. Diese Erfahrungen beziehen sich sowohl auf die Ansprache der Landwirte, die durchgeführten Maßnahmen als auch die Qualifizierung der ehrenamtlichen NABU-Aktiven. In den Kreisen Pinneberg und Rendsburg sowie der Eider-Treene-Sorge- Region sollen durch ehrenamtliche Naturschützer und Projektmitarbeiter Landwirte angesprochen und zu gemeinsam konzipierten Naturschutzmaßnahmen angeregt werden. Die Maßnahmen können dabei sehr unterschiedlich sein und von der Anbringung von Nisthilfen für Vögel bis zur Anlage einjähriger Blühstreifen oder amphibienfreundlicher Bewirtschaftung von Nassstellen reichen und dabei Wiesen, Äcker wie auch die Höfe selbst mit einbeziehen. Abb. 2: Zweijähriger blütenreicher Ackersaum Die zu erwartenden Effekte werden vor allem Arten und Artengruppen zu Gute kommen, die noch vergleichsweise weit verbreitet sind, aber wie z.b. die Feldlerche teilweise auch bereits stark rückläufige Bestände aufweisen. Selbst wenn nur ein 130

132 kleinerer Teil der Landwirte zur Mitarbeit bereit wäre, könnte so ohne großen finanziellen Aufwand eine enorme Breitenwirkung für den Naturschutz im ländlichen Raum erzielt werden. Das Projekt ist dabei sowohl offen für ökologisch als auch konventionell wirtschaftende Landwirte. Der Erfolg der Aktionen sollte möglichst gemeinschaftlich von Landwirten und NABU- Aktiven (durch Nistkastenkontrollen, einfache Bestandsaufnahmen etc.) überprüft und anschließend bewertet werden. Abb. 3: Ulmenzipfelfalter auf Kamille Für die Evaluation der Projektidee ist neben der Erfolgskontrolle aber auch die Darstellung von Schwierigkeiten in der Umsetzung, bei der ersten Kontaktaufnahme oder in der Ideenvermittlung von Bedeutung und kann in Verbesserungsvorschlägen münden. 3. Projektziele Die Projektergebnisse nach der zweijährigen Studie werden eine Abschätzung des potentiellen Nutzens der durchgeführten Maßnahmen für die biologische Vielfalt im Agrarbereich erlauben und gleichzeitig konkrete Handlungsempfehlungen für eine potenzielle Ausweitung des Projektes auf weitere Regionen beinhalten. Die gewonnenen Erfahrungen fließen in die Erstellung von Schulungsinhalten für NABU-Aktive und andere ehrenamtliche Naturschützer ein, um so ein erfolgversprechendes Vorgehen im bundesweiten Maßstab zu gewährleisten. Langfristiges Ziel des Projektes, insbesondere nach deutschlandweiter Erprobung, ist damit einerseits der Erhalt der Agrobiodiversität, andererseits ein besseres Verständnis der Landwirtschaft für Naturschutzaspekte und gleichzeitig eine Sensibilisierung der NABU-Aktiven für die Wirtschaftsweise und die Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Betriebe. Dies dürfte eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz in Zukunft fördern. 131

133 4. Zusammenfassung Seit Jahren ist zu beobachten, dass die Bestände vieler typischer Tier- und Pflanzenarten der Agrarlandschaft kontinuierlich zurückgehen. Wesentlicher Grund für diese Entwicklung war und ist die Intensivierung der Landwirtschaft. Nicht nur Naturschützer, sondern auch viele Landwirte beklagen den Verlust an biologischer Vielfalt. Im neuen Projekt Naturschutz in der Agrarlandschaft sollen Landwirte durch ehrenamtliche Naturschützer vor Ort ermutigt werden, auf ihren Höfen in eigener Regie freiwillige Naturschutzmaßnahmen durchzuführen. Dieses Projekt wird zunächst in drei verschiedenen Regionen Schleswig-Holsteins die Umsetzbarkeit dieses Konzeptes erproben und anschließend eine deutschlandweite Übertragbarkeit prüfen. Langfristiges Ziel ist neben der Steigerung der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft die Sensibilisierung der Landwirte für Naturschutz- und Umweltmaßnahmen und gleichzeitig ein intensiverer Dialog zwischen lokalen Naturschutzorganisationen und der ortsansässigen Landwirtschaft. 5. Literaturverzeichnis BAUER, H.-G., BERTHOLD, P., BOYE, P., KNIEF, W. SÜDBECK, P., WITT, K. (2002): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands. Berichte zum Vogelschutz 39, NAFAWEB NATURSCHUTZ-FACHINFORMATIONEN IM WORLD-WIDE WEB, Info 3/98 (Zugriff am ). SCHNEEWEISS N., KRONE, A., BAIER, R. (2004): Rote Listen und Artenlisten der Lurche (Amphibia) und Kriechtiere (Reptilia) des Landes Brandenburg. Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg, 13(4), Beilage. Anschrift der Verfasser: Angela Helmecke und PD Dr. Hermann Hötker, Michael-Otto-Institut im NABU, Goosstroot 1, Bergenhusen, 04885/570, 132

134 Kulturlandschaftsgestaltung in landwirtschaftlichen Betrieben mit Integration von behinderten Menschen Fallbeispiele in Deutschland Marie Kalisch und Thomas van Elsen 1. Einleitung und Zielsetzung Die aktive Gestaltung und Entwicklung von Natur und Kulturlandschaft auf landwirtschaftlichen Betrieben ist heute nicht selbstverständlich, auch nicht auf ökologisch bewirtschafteten Höfen. Im Rahmen einer früheren Studie wurden 16 ausgewählte Biobetriebe untersucht, deren Landwirte sich besonders in der Entwicklung der Kulturlandschaft engagierten (VAN ELSEN et al. 2003). Freiräume dafür fanden sie zum Teil durch die Einbeziehung therapeutischer und sozialer Anliegen, welche zusätzliche Einkommensquellen und Arbeitskräfte ( mehr helfende Hände ) für die Höfe bieten. Daraufhin wurden mittels bundesweiter Fragebogen-Recherche Höfe mit Integration und Therapie von ehemaligen Drogenabhängigen untersucht. Eines der Ziele war, einen Überblick über bestehende Ansätze in Deutschland zu erhalten, ihr Engagement in Landschaftsentwicklung und Naturschutz zu untersuchen und die Hypothese zu prüfen, ob diese Höfe zu Landschaftsentwicklung und Naturschutz beitragen (VAN ELSEN et al. 2006). Es zeigte sich, dass die Klienten überwiegend in arbeitsintensive Arbeitsbereiche, wie Tierhaltung, Gartenbau und Landschaftspflege integriert werden. Die Integration beeinflusst die Struktur der Betriebe: viel Handarbeit, viele verschiedene Arbeitsbereiche sowie einfach strukturierte Arbeitsformen dienen der ausreichenden Beschäftigung der Klienten. Mehr als 70% der Betriebe führen Landschaftspflege- Maßnahmen durch, bevorzugt werden Heckenpflanzungen sowie die Pflege von Obstgärten und verschiedenen Biotopen. Darüber hinaus arbeiten Klienten im Wald, sie pflegen die Umgebung der Einrichtungen und öffentliche Plätze. Die Hälfte der befragten Einrichtungen halten Betriebe mit Klienten für besonders geeignet, Maßnahmen in Landschaftspflege und Naturschutz durchzuführen. Auch in Maßnahmen zur Erhaltung der Artenvielfalt sind mehr als 60% der Betriebe engagiert. Konkret werden artenreiche Grünlandflächen erhalten, Obstgärten mit seltenen oder heimischen Sorten gepflegt sowie seltene und bedrohte Nutztierrassen gehalten. 85% der ökologischen und 50% der konventionellen Betriebe integrieren solche Maßnahmen in ihre Bewirtschaftung (VAN ELSEN et al. 2006). Die Bearbeitung des Themas Soziale Landwirtschaft und Kulturlandschaftsgestaltung steht vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels in der Landwirtschaftspolitik (vgl. DEIMER 2005, DABBERT et al. 2002: 81, BMVEL 2004:14, 73), die zunehmend die multifunktionalen Aufgaben der Landwirtschaft in der Gesellschaft hervorhebt und honoriert. Die vorliegende Arbeit fragt nach den Potenzialen landwirtschaftlicher Betriebe mit Integration von Menschen mit Behinderung für die Kulturlandschaftsgestaltung und sich daraus ergebendem Bedarf an Naturschutzberatung. Die Integration von Menschen in landwirtschaftliche Tätigkeiten unter sozialen, therapeutischen und/oder pädagogischen Gesichtspunkten als neue Form der Betriebsorganisation soll 133

135 beschrieben und Synergien mit gesellschaftlich geforderten Aufgaben wie der Landschaftspflege sollen erforscht werden. Dazu werden drei Beispiele sozial gestalteter, ökologisch wirtschaftender Betriebe mit Integration von Menschen mit Behinderungen untersucht: Wie sind die Betriebe strukturiert? In welchem Zustand befindet sich die Landschaft der Höfe aus naturschutzfachlicher Sicht? Welche Möglichkeiten haben diese Höfe, ihre Flächen mit Hilfe der behinderten Mitarbeiter zu gestalten, zu entwickeln und zu pflegen? Wie werden die behinderten Menschen (in die Landschaftsarbeit) eingebunden? Welche Faktoren hemmen oder fördern die Landschaftsarbeit in den Untersuchungsbetrieben? Welche Motive und Einstellungen äußern die verantwortlichen Landwirte hinsichtlich Landschaft, Landwirtschaft und der Integration von behinderten Menschen, und wie schätzen sie Möglichkeiten zur Einrichtung von Landschaftspflegegruppen ein? Inwieweit besteht Bedarf an Naturschutzberatung und wie könnte dieser Bedarf gedeckt werden? 2. Methoden Zur Charakterisierung der Untersuchungsbetriebe hinsichtlich ihrer Geschichte und Situation der Landschaft, Strukturen und Integration von behinderten Menschen wurden mehrere Untersuchungsmethoden der Qualitativen Sozialforschung kombiniert. Die Auswahl der Höfe erfolgte im Sinne der grounded theory (bzw. gegenstandsbezogene (begründete) Theorie) von GLASER & STRAUSS (LAMNEK 2005: 100) und der Forderung nach maximale(m) ( ) Kontrast (RÖHRIG et al. 2003). Wichtige Auswahlkriterien betrafen die Intensität von Landschaftsarbeit, die Trägerschaft, Einrichtungsgröße, Anbauverbände, landschaftliche Gegebenheiten sowie Betriebsschwerpunkte. Zwei der drei Betriebe sind als Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) anerkannt. WfbM sind die seit 2001 im Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) gesetzlich verbindlichen Einrichtungen zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben. Die im Folgenden vorgestellten Beispielbetriebe befinden sich in den Bundesländern Hessen und Thüringen. Die Betriebe wurden im Zeitraum von jeweils einer Woche besucht und die Arbeitsabläufe durch Miterleben in einer offenen Form entsprechend ATTESLANDER 2003 (in: LAMNEK 2005, S. 558) teilnehmend beobachtet (KALISCH 2006). In Gesprächen mit den Mitarbeitern wurden Daten zur Struktur der Einrichtung gesammelt und darauf aufbauend am Ende der Aufenthalte Leitfaden-Interviews im Sinne von LAMNEK (2005) mit den verantwortlichen Landwirten geführt, die aufgezeichnet und später qualitativ anhand der Methodik Theoretische Kodierung von STRAUSS & CORBIN (1996 in FLICK 2005, ab S. 257) ausgewertet wurden. Zur Dokumentation von Maßnahmen und Veränderungen in der Landschaft, wie Flächengrößen, Wege- und Siedlungsbau, Nutzungsänderungen, Ausstattung mit Strukturelementen etc., wurden Rundgänge vor Ort kombiniert mit der Sammlung von Kartenmaterial und vergleichender Auswertung von Luftbildern aus verschiedenen Jahren. 134

136 3. Vorstellung der Untersuchungsbetriebe Tabelle 1 zeigt als Übersicht die Betriebsdaten der drei Fallbeispiele. Tab. 1: Übersicht über die Betriebsdaten der drei Fallbeispiele Thema Unterthema Bingenheim Sambach Richerode Struktur der Träger Einrichtung Landwirtschaft idell wirtschaftlich Landwirtschaftliche Betriebsdaten Tierhaltung Lebensgemeinschaft Bingenheim e.v. Lebensgemeinschaft Sambach e.v., Gut Sambach ggmbh Hephata, Hessische Diakonie Rechtsform WfbM Verein WfbM Einrichtung seit Hephata Anzahl Mitarbeiter der Landwirtschaft ca. 17 ca. 34 ca. 23 davon Betreute 8 bis Betreuerschlüssel Bedeutung Therapie/ Produktion 1:4 bis 1:3 (?) 1:6 (Kalb) ca. 1:3 bis 1:5 Betrieb seit 1950, 1991 Quellenhof Landwirtschaft finanziert Betreuung ab 1991 unterverpachtet ca. 1:7, Gärtnerei 1:19 85% über Betreute seit 1991 Neubeginn Anbauverband Demeter Demeter Bioland Fläche 100 ha 530 ha teilarrondiert ca. 90 bis 130 ha arrondiert davon Acker 55 ha 380 ha ca. 50 ha Bodenpunkte 30 bis bis 70 bis 45 Milchvieh/ 40 MV, 150 MV, 50 Mastbullen Rinder Nachzucht, 180 Jungvieh Bullenmast Geflügel nein nein 400 Hühner, 160 Hähnchen, 150 Enten, 300 Gänse Schweine 5 Sauen und eigene Mast 200 Mastschweine 7 Sauen und eigene Mast, Maststall für 160 Schweine in Planung 135

137 3.1 Der Quellenhof in Bingenheim Der Quellenhof wird seit 1991 in seiner jetzigen Form als Demeter-Betrieb geführt und gehört zur anthroposophischen Lebensgemeinschaft Bingenheim e.v. (Bingenheim, Hessen), Träger einer Einrichtung und Werkstatt für geistig und seelisch behinderte Menschen. In der Lebensgemeinschaft lernen und wohnen ca. 120 bis 136 Betreute, davon besuchen 72 bis 85 Jugendliche bis 21 Jahre die Schule und 57 bis 95 Erwachsene arbeiten in den Werkstätten (PUCHER, mdl. Mitt. 2005; LEBENSGEMEINSCHAFT BINGENHEIM e.v. 2000). Dort werden sie von ca. 300 Mitarbeitern, wie Angestellten, Seminaristen, Mitarbeitern im Freien Sozialen Jahr, Zivildienstleistenden und Lehrlingen betreut (PUCHER, mdl. Mitt. 2005). Die Betreuten sind im Alter von zwei bis 50 Jahren und haben verschiedene und verschieden schwere Behinderungen (STARKE (Red.) 4/2005). Der Quellenhof bewirtschaftet ungefähr 100 ha Land mit Qualitäten von 30 bis 60 Bodenpunkten. Ungefähr die Hälfte der in der Flur stark verstreuten Flächen sind Äcker, auf denen in einer zwölfjährigen Fruchtfolge (BIESENTHAL, mdl. Mitt. 2005) verschiedene Getreidearten, Luzerne, Kartoffeln, Futterrüben und Silomais angebaut werden (HEINRICH, mdl. Mitt. 2005). Die ertragsarmen und teilweise sehr flachen Böden werden als Wiesen und Weiden genutzt. In manchen Jahren reicht das von ihnen gewonnene Heu nicht aus (GÜNTHER, mdl. Mitt. 2005). Einige Grünlandflächen sind Streuobstwiesen, die im Herbst geerntet und deren Früchte zu Saft gepresst werden (HEINRICH, mdl. Mitt. 2005). Die Milch von vierzig Milchkühen wird in der hofeigenen Käserei verarbeitet. Die Milchkühe werden zum Fressen und Melken angebunden und sind in der übrigen Zeit in einem überdachten Liegestall bzw. auf den Hof umgebenden Weiden untergebracht. Ihre Ration besteht aus Frischfutter, Luzerne- und Wiesenheu, Silomais und Kraftfutter. Die Kälber werden selbst aufgezogen und die Bullen gemästet. Fünf Sauen bilden die Grundlage für die Schweinemast. Die tierischen und pflanzlichen Produkte werden vorwie-gend über die Lebensgemeinschaft, Mitarbeiter und den Hofladen vermarktet (JANZ, mdl. Mitt. 2006). Das Getreide wird teilweise direkt als Sackware an den Bäcker geliefert (HEINRICH, mdl. Mitt. 2005). Die Integration von Betreuten in die landwirtschaftliche Arbeit war ursprünglich nicht vorgesehen; aber die Zahl zu betreuender Mitarbeiter stieg kontinuierlich an und es lag nahe, die Werkstätten zu entlasten durch Neuschaffung von Arbeitsplätzen auf dem Quellenhof (RITTELMEYER, mdl. Mitt. 2005). Das Betreuungsverhältnis liegt bei ungefähr einem Betreuer auf vier Betreute. Die Menschen mit Behinderung wohnen teils in einem Wohnhaus am Hof und teils in den ca. zwei km entfernten weiteren Häusern der Gemeinschaft. Ein Fahrdienst gewährleistet den Transport zu Arbeitsbeginn, in der Mittagspause und am Arbeitsende. Manche Betreuten können den Weg auch selbstständig zurücklegen. Der am Hof beschäftigte Käser wird von vier Betreuten unterstützt. Neben im Rahmen der WfbM beschäftigten behinderten Menschen, die ca. 22 bis 50 Jahre alt sind, werden halbtags auch Schüler der Heilpädagogischen Schule mit der landwirtschaftlichen Arbeit vertraut gemacht (HEINRICH, mdl. Mitt. 2005). Es gibt mehr männliche als weibliche Betreute in dem landwirtschaftlichen Bereich der WfbM. Im Unterschied zu den anderen Betrieben war in Bingenheim kein Betreuter als Schlepperfahrer in der Feldwirtschaft einsetzbar, die Behinderungsgrade sind relativ schwer. Etwa 80 Prozent der Aufgaben der Betreuten sind nach Schätzung von BIESENTHAL (mdl. Mitt. 2005) Arbeiten in und um den Stall. Sie umfassen Füttern, 136

138 Futter gewinnen, Transportieren, Misten, Einstreuen, sauber halten, Mithilfe beim Melken u.ä. Tätigkeiten. Während der Arbeitszeiten werden entsprechend den Therapieplänen auch einzelne Therapiemaßnahmen (wie z.b. künstlerische Kurse, Massagen etc.) durchgeführt. Deshalb kann die Mitarbeiterbesetzung im Laufe eines Arbeitstages variieren. Der Arbeitstag der Landwirte beginnt um sechs Uhr mit dem Melken. Die Werkstatt beginnt für die betreuten Mitarbeiter um 8.30 Uhr mit einer Arbeitsbesprechung. Bis zur Teepause um 9.45 Uhr werden die Tiere versorgt. Danach wird wieder bis zum Mittag gearbeitet. Die Mittagspause dauert im Winter bis und im Sommer bis 13 Uhr. Am Nachmittag gibt es um 16 Uhr nochmals eine Kaffeepause und um 17 Uhr ist Werkstattende. 3.2 Gut Sambach Gut Sambach in Mühlhausen (Thüringen) ist ein LPG- Nachfolgebetrieb, als Lebensgemeinschaft und landwirtschaftliche ggmbh organisiert und bewirtschaftet ungefähr 530 ha nach den Richtlinien des Demeter- Anbauverbandes. Der Anteil der Ackerfläche beträgt ca. 380 ha und Grünland 150 ha (BÖL 2005) bei Bodenpunktzahlen von 35 bis 70. Die teilarrondierten Flächen sind von der Stadt Mühlhausen und anderen Eigentümern gepachtet (vgl. FEINDT, mdl. Mitt. 2006) und liegen zum Teil in Hofnähe, jedoch auch in anderen Gemarkungen (z.b. Weidensee). Etwa 14 ha des Grünlands machen alte Streuobstwiesen (FEINDT, mdl. Mitt. 2006) mit vor allem Kirschen, Äpfeln und Zwetschgen aus. Auf den Feldern werden Winterweizen, Dinkel, Winterroggen, Sommergerste, Hafer, Erbsen und Ackerfutter angebaut (BÖL 2005). Auf Gut Sambach werden 150 Milchkühe und deren Nachzucht gehalten sowie 200 Mastschweine erzeugt (BÖL 2005), gemästet und in der hofeigenen Schlachterei verarbeitet. Zeitweise wurden auch Hühner, Schafe und Ziegen gehalten (KALB 1999: 32). Zusätzlich zum landwirtschaftlichen Betrieb wird, vor allem zur sinnvollen Beschäftigung der Betreuten, eine Gärtnerei in kleinem Umfang betrieben, deren Produkte im Hofladen und auf Wochenmärkten verkauft werden (FEINDT, mdl. Mitt. 2006). Die Arbeitsbereiche, die z.t. noch in Planung sind, umfassen nach FEINDT (o.j.) folgende Tätigkeiten: Kuhstall, Melkhaus, Kälberstall und Weidepflege, Schweineaufzucht und Maststall, Hofarbeiten, Getreideaufbereitung und Lagerung, Gartenbau und Gemüseaufbereitung, Fleischverarbeitung und Dauerwurstpflege, Pflege der Streuobstwiesen, Hühnerstall und sonstiges Geflügel, Holz- und Metallwerkstatt für Reparaturarbeiten, Haushalt und Großküche. Zur Konzeption gehört auch eine Bäckerei für Kuchen, Brot und Kekse, die im Jahr 2005 abgebrannt ist und noch nicht wieder hergestellt wurde sowie die hofeigene Milchverarbeitung und Käseherstellung. Derzeit wird die Milch noch an die Upländer Bauernmolkerei in Usseln geliefert. Die tierischen Exkremente werden in zwei Biogasbehältern zu Strom fermentiert, der in öffentliche Netze eingespeist und verkauft wird. In der Landwirtschaft sind vier Fachkräfte für die Ställe, ein Schlepperfahrer, zwei Auszubildende und mehrere vom Arbeitsamt vermittelte Ein-Euro-Jobber oder polnische Saisonkräfte beschäftigt. In der Gärtnerei ist ein Gärtner angestellt. Dazu kommen die Mitarbeiter im Verarbeitungsbereich, wie Hofladen und Metzgerei sowie die Wohnheimbetreuung. In BÖL (2005) wird die Zahl der nicht behinderten Mitarbeiter mit 18 Personen angegeben. 137

139 Aktuell arbeiten im heutigen landwirtschaftlichen Betrieb 24 Betreute mit seelischen - geistigen Behinderungen. Im Gegensatz zu den anderen Betrieben ist Gut Sambach keiner WfbM angeschlossen und erhält für die Tagesbetreuung keine Pflegesätze. Insofern werden Beschäftigung, geringfügige Entlohnung der Betreuten und zusätzliche Belastung durch die Betreuten in Form von Mindererträgen und die laut Betriebsleiter etwa 20 Prozent höheren Reparaturkosten aus den Erträgen der Landwirtschaft und nicht von außen (staatlich) finanziert (FEINDT, mdl. Mitt. 2006). Die Betreuten wohnen direkt auf dem Hof in zwei für sie gebauten Wohnheimen. Der Bereich des Wohnens mit der außerlandwirtschaftlichen Betreuung wird über Pflegegelder finanziert, während die Integration in den landwirtschaftlichen Betrieb Gut Sambach ggmbh keine staatliche Unterstützung erhält (FEINDT, mdl. Mitt. 2006). Ziele der Gesellschaft sind umfassende Integration, Absicherung von Lebens- und Arbeitsraum sowie Eingliederung in den strukturierten Tages- und Arbeitsablauf. Durch Arbeitstraining und Arbeitstherapie soll die Selbständigkeit der Betreuten gefördert werden (FEINDT o.j.). Der aufzunehmende Personenkreis umfasst hilfsbedürftige Personen, wie Menschen mit Behinderung mit primär psychischen Erkrankungen, psychisch Kranke und/oder seelisch oder mehrfach behinderte Menschen, psychosekranke behinderte Menschen mit schweren Persönlichkeitsfehlentwicklungen im Zusammenhang mit seelischer Behinderung und lernschwache/behinderte Jugendliche nach Beenden der Schulpflicht (FEINDT o.j.). Eine Besonderheit der derzeitigen Betreuten ist das ungleiche Geschlechterverhältnis von zwei Frauen zu 22 Männern. Das Alter der Betreuten reicht von ca. 24 Jahren bis zum Rentenalter. Die Rentner können auf Wunsch weiter auf dem Betrieb wohnen bleiben. Der Grad der Behinderung der Betreuten ist unterschiedlich; etwa zwei behinderte Mitarbeiter können auch Schlepper fahren und Feldarbeiten verrichten (FEINDT, mdl. Mitt. 2006). Einige waren vor der Wende in den normalen Arbeitsmarkt integriert, wie z.b. als Tierpfleger im Erfurter Zoo und haben durch die starken Umbrüche der Wendezeit oder private Schicksalsschläge, oft verbunden mit Drogenkonsum, die Fähigkeit verloren, sich ohne Hilfen zurecht zu finden (FEINDT, mdl. Mitt. 2006). Andere sind schon seit Jahrzehnten auf dem Betrieb beschäftigt und fühlen sich dort zu Hause. Der Betreuerschlüssel schwankt je nach Arbeitseinteilung und dürfte zwischen 1:3 und 1:6 liegen. Therapeutische Kurse oder Freizeitveranstaltungen, wie Gymnastik, Malen oder Schreiben werden vom Pflegepersonal des Wohnbereichs in den Abendstunden, also außerhalb der Arbeitszeit, geleistet. Im Unterschied zu den anderen Betrieben gibt es keine regelmäßigen therapeutischen Angebote oder Bildungsmaßnahmen während der Arbeitszeit (vgl. FEINDT, mdl. Mitt. 2006). 3.3 Hofgut Richerode Hofgut Richerode ist eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) und gehört der Hephata Hessische Diakonie. Der Betrieb ist voll arrondiert und die Bodenqualitäten liegen bei bis zu 45 Bodenpunkten. Es werden Klee, Kartoffeln, Triticale, Erbsen und Gerste angebaut. Der Betrieb ist mit den meisten Bodenbearbeitungsgeräten ausgestattet, der Mähdrusch erfolgt im Lohn. Besonders die Maschinen und Einrichtungen für die Verarbeitung, wie zum Beispiel Kartoffelsortierung, Schälanlage, Verpackung und Lager gewährleisten die Vermarktung an Großverbraucher als stabile Ab- 138

140 satzwege (RADU, mdl. Mitt. 2006). Der Tierbestand umfasst ca. 50 Mastbullen, die als Kälber von einem der Kooperationsbetriebe der Hephata gekauft und mit 300 kg Schlachtgewicht an die Biofleischerei in Alsfeld vermarktet werden, sieben Sauen, ein Eber, 400 Hühner, 160 Hähnchen, 150 Enten und 300 Gänse (KAISER, mdl. Mitt. 2006). Die Tierhaltung ist noch in der Entwicklung. Neu gebaut wurde im Jahr 2007 ein Schweinestall mit 160 Mastplätzen. Bisher ist das Düngeniveau (ca. 30kg N/ha) noch zu niedrig, um die Fruchtbarkeit dauerhaft stabil zu erhalten (RADU, mdl. Mitt. 2006). Die Entlohnung des Personals ist nach den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR), ähnlich den Bedingungen im Öffentlichen Dienst, geregelt. In der Landwirtschaft sind einschließlich Betriebsleiter vier Mitarbeiter, in der Gärtnerei ein Mitarbeiter angestellt. Das Betreuungsverhältnis in der Landwirtschaft liegt etwa bei 6 Betreuten auf einen Mitarbeiter. Ungefähr 85% des Einkommens des Betriebes wird über Leistungsentgelte erbracht, d.h. nur 15% des Einkommens werden derzeit aus der landwirtschaftlichen Produktion erwirtschaftet (RADU, mdl. Mitt. 2006). Auf dem Hof arbeiten 80 Menschen mit geistiger Behinderung, vierzig davon leben dort in insgesamt vier Wohnhäusern. Fünf Bewohner wohnen im Betreuten Wohnen. Weitere nicht dort lebende behinderte Mitarbeiter werden täglich mit dem Fahrdienst von Treysa gebracht. Es gibt vier Arbeitsbereiche mit je ca. 20 Betreuten: die Hauswirtschaft, der Kartoffelschälbetrieb, die Gärtnerei mit der Kräuterverpackung für Berglandkräuter sowie die Landwirtschaft mit Tierhaltung und Landbewirtschaftung einschließlich Landschaftspflege (RADU, mdl. Mitt. 2006). Die Betreuten haben verschiedene und verschieden schwere Behinderungen (alle vier Leistungsgruppen). Drei Mitarbeiter können auch Schlepper fahren und Feldarbeiten verrichten. In der Landwirtschaft sind fast ausschließlich männliche Betreute beschäftigt. Innerhalb der landwirtschaftlichen Gruppe haben Betreuer und Betreute feste Arbeitsbereiche, für die sie verantwortlich sind, wie z.b. die Viehställe, Kartoffelsortierung, Maschinenwartung usw. Ein Betreuter versorgt z.b. die Schweine selbständig. Beschriftungen und markierte Füllgrenzen auf den Eimern erleichtern dabei die Futterzuteilung. Der Arbeitstag in der Landwirtschaft beginnt morgens um 8 Uhr mit der Versorgung der Tiere und wird um 9 Uhr 30 mit einer halbstündigen Frühstückspause in der Kantine unterbrochen. Die Mittagspause wird von 12 bis 13 Uhr gehalten. Der Arbeitstag endet um 16 Uhr mit einer Kaffeepause. Der Wochenenddienst wird zwischen den Mitarbeitern abgewechselt und mit zusätzlicher Freizeit honoriert bzw. entlohnt (RADU, mdl. Mitt ). Das Alter der betreuten Mitarbeiter reicht von in der Berufsausbildung bis zur Rente. Die Rentner können auf Wunsch weiterhin auf dem Betrieb wohnen bleiben, die jungen Berufsschüler werden auf dem Betrieb in den vier Arbeitsbereichen ausgebildet. Tabelle 1 zeigt die Betriebsdaten der drei Fallbeispiele in einer Übersicht. 4. Die von den Untersuchungsbetrieben bewirtschaftete Kulturlandschaft 4.1 Landschaftssituation Quellenhof Bingenheim Die Landschaft um Bingenheim wird stark genutzt. Den größten Teil der Nutzung macht die Landwirtschaft mit dem Ackerbau aus. Nicht nur die seit 1966 bestehenden sehr geraden Asphaltstraßen, die bis an die Wege gepflügten Äcker, auch die Strommasten, der in seinem Lauf verlegte Fluss Horloff, das Basaltwerk zeigen: die technische Prägung und Gestaltung nach rationellen bzw. wenig ästhetischen Gesichtspunkten 139

141 ist offensichtlich und lässt sich auch akustisch wahrnehmen. Der Eindruck der Vernutzung der Landschaft der strukturlosen Wetterau in direkter Nachbarschaft wird durch die Vielfältigkeit des Standortes Quellenhof gemildert. Es finden sich die Gegensatzpaare Wald und Acker, sanfte Hügel und flache Ebene, verschönertes Dorf und vernutzte Gemarkung sowie einige Streuobstwiesen darin. Die Landschaft ist abwechslungsreich und bietet viele Gegensätze. Abb. 1: Asphaltierter Feldweg beim Quellenhof Abb. 2: Starke Eiche : Mit Baumpflanzungen würdigt die Gemeinschaft ihre Gründer und setzt dabei Akzente in der Landschaft Auf dem Quellenhof Bingenheim sind viele gestalterische und erhaltende Maßnahmen vor allem im Hofbereich und an besonderen Punkten in der Landschaft durchgeführt worden, weil einer der Landwirte und weitere Angehörige der Lebensgemeinschaft starke persönliche Anliegen an die ästhetische Gestaltung hatten. Abbildung 1 zeigt 140

142 die zum Quellenhof (im Bild links) führende Straße, die mit Apfelbäumen bepflanzt wurde. Abbildung 2 zeigt die auf einem Magerrasen zum Andenken an einen der Gründer der Gemeinschaft gepflanzte Eiche als besonderen Akzent in der Landschaft. Die Aktivitäten des Landwirtes wurden durch die anthroposophische Lebensgemeinschaft, die den landwirtschaftlichen Betrieb unterhält und durch die Übernahme von Kosten unterstützt sowie dadurch, dass sie von dem Unternehmen keine wirtschaftliche Rentabilität forderte. In den letzten Jahren stellen sich neue Herausforderungen. Durch Personalwechsel und Veränderungen in den Zielsetzungen der Gemeinschaft werden Landschaftsaktivitäten nicht mehr in dem Maße unterstützt. Neue Konzepte benötigen deswegen neue Leitbilder und eine gesicherte Finanzierung. 4.2 Landschaftssituation Gut Sambach Gut Sambach ist mit Strukturelementen und naturschutzfachlich wertvollen Biotopen reichlich ausgestattet ( Steingraben, Stadtgarten, Bewirtschaftung von ca. 50 ha Magerrasen in einem ehemaligen Militärgelände etc.). Abbildung 3 zeigt uralte Kopfweiden entlang des Steingrabens. Mit der Übernahme der Bewirtschaftung 1990 wurden in Form von Hecken (siehe Abb. 4) und Einzelbäumen neue Elemente in die Landschaft gebracht und einige Felder unterteilt. Heute stellt sich die Frage nach der Erhaltung und Erneuerung der Streuobstwiesen, der Kopfweiden und der Gräben. Durch die relativ kleine, aber vielfältige Struktur mit nur 24 betreuten Menschen in mehreren Betriebszweigen und der fehlenden Möglichkeit zur Auszahlung von Tagessätzen für die Leistung der Arbeitsintegration (keine Anerkennung als WfbM) fehlen sowohl die Arbeitskräfte als auch die finanziellen Grundlagen zur Durchführung der aus Naturschutzsicht sinnvoll erscheinenden Maßnahmen. Besonders im Sommer, wenn Feldarbeiten zusätzlich anfallen, ist die zu dünne Personalausstattung schmerzlich spürbar. Der Hofbereich von Gut Sambach ist weitläufig und unübersichtlich. Ein Besucher hat es nicht leicht, genutzte und ungenutzte Ställe und Bauten auseinander zu halten. Abb. 3: Uralte Kopfweiden entlang des Steingrabens 141

143 Abb. 4: Heckenanpflanzungen zur Unterteilung von Äckern Baumaterial, alte Maschinen und große Mengen Mist befinden sich im unruhigen Hofinnenraum. Dieser wird vom Herrenhaus, dem Kuhstall mit Melkhaus, Kälberstall und Werkstätten eingefasst und stark von Menschen aufgesucht. Für die Gestaltung der Hofanlage ist eine Gärtnerin zuständig. Sie umsorgt den vorderen Teil des Hofes von der Straße aus mitsamt Hofladen und Parkplatz, den beiden Wohnhäusern für die Betreuten, der Kantine bis zum Herrenhaus-Vorgarten. Ihre Aufgaben umfassen Blumenanzucht, Gestaltung mit Zierpflanzen und deren Pflege sowie saisonale Gestaltung mit Schmuck. Es besteht ein Interessenkonflikt zwischen Gestaltung es schön haben und der für die Produktion nötige Freiraum und Maschineneinsatz. 4.3 Landschaftssituation Hofgut Richerode Das Hofgut Richerode (Jesberg, Hessen) wird von einer viel befahrenen Bundesstraße zerschnitten (siehe Abb. 5). Die arrondierten Äcker sind zum großen Teil sehr ausge- 142 Abb. 5: Die Bundesstraße zerschneidet das Hofgut

144 räumt, aber von Wald umgeben. Durch das Tal fließen ein Bach, eine Stromtrasse, Wind und Autos: es ist eine Durchzugslandschaft mit den Begleiterscheinungen Lärm, Abgase, Müll usw. Es gibt keine Rundwege, mit deren Hilfe die Landschaft erschlossen werden kann. Die Landschaft wirkt durch fehlende Zeitzeugen, wie alte Baumgestalten, Hecken usw. sehr jung. Auf Abbildung 6 ist ein für Richerode typischer Entwässerungsgraben abgebildet. Der Hofbereich wirkt hell und ordentlich, gut gepflegt und einladend. Landwirtschaft und Tierhaltung sind erst auf den zweiten Blick wahrzunehmen. Die Frage nach Verschönerung durch Schaffung von Strukturen veranlasst den Landwirt zur Suche nach geeigneten Maßnahmen. Aufgrund der WfbM-Struktur und der Zugehörigkeit zu einer großen konfessionellen Einrichtung sind auf Hofgut Richerode nicht die fehlende Arbeitskräfte Mangelfaktoren für die Umsetzung, sondern die Finanzierung der Maßnahmen (Material, Arbeitszeit etc.), da auch WfbM angehalten sind, die Löhne ihrer Mitarbeiter aus den Produkterlösen zu finanzieren. Einige Pflanzmaßnahmen sind im Hofbereich bereits umgesetzt worden und tasten sich allmählich auch in die Fläche. Finanziert wurden sie überwiegend als Ausgleichsmaßnahmen für Bautätigkeit. Abb. 6: Entwässerungsgraben in Richerode: eine Bepflanzung würde die Drainagewirkung vermindern 5. Entwicklungsperspektiven 5.1 Landschaft zwischen Gestaltung, Pflege und Erfordernissen der Produktion Neben der Nutzung wirken auf den Zustand von Landschaft drei Faktoren: der Mensch, indem er gestaltend mit neuen Akzenten in die Landschaft eingreift (z.b. Neuanlage von Hecken), der Mensch, indem er Landschaftselemente aktiv durch Pflege erhält (z.b. Kopfweiden) sowie die Zeit, in der sich durch die Unterlassung von Eingriffen durch den Menschen (z.b. durch natürliche Sukzession, Alterungsprozesse etc.) die Landschaft verändert. Seit Bestehen der untersuchten Höfe und seit dem Tätigsein der jeweiligen Landwirte hat sich die Landschaft auf allen drei Betrieben verändert. 143

145 Über Maßnahmen in der Landschaft entscheidet nicht der Landwirt alleine, sondern er ist an die Struktur und Bedingungen der Einrichtungen gebunden, wie z.b. Standortfaktoren, Hilfe und Initiative von außen, finanzielle Unterstützung sowie gesetzliche Regelungen, wie z.b. Ausgleichsmaßnahmen nach Bautätigkeit. Auch die Besitzverhältnisse spielen eine Rolle. Bei gestalterischen Landschaftsmaßnahmen konkurrieren naturschutzfachliche Zielvorstellungen und produktionstechnische Erfordernisse um Fläche, Zeit und Arbeitskraft. Die fehlende Finanzierung bewirkt, dass nötige Landschaftsarbeiten nebenbei oder in der Freizeit verrichtet werden müssen. Dem Landwirt mit seiner Motivation, in der Landschaft tätig zu sein, die auch von Bildungshintergrund geprägt wird, sowie seinem persönlichen Ästhetikempfinden kommen Schlüsselpositionen zu, da er entscheiden kann, wie und wofür er seinen mehr oder weniger großen Spielraum einsetzt. Andererseits wirkt die Landschaftssituation auch auf die Motivation, gestaltend tätig zu werden, wenn Defizite oder Fehlentwicklungen (z.b. Vernässung der Flächen, starke Erosion etc.) beginnen, betriebliche Abläufe zu beeinflussen. Landschaftsarbeit findet auf allen untersuchten Höfen in unterschiedlicher Intensität, vor allem aber spontan, nebenbei und nach dem Feuerlöschprinzip statt, weil die täglichen landwirtschaftlichen Arbeiten zuerst erledigt werden müssen. HEINRICH (2006, mdl. Mitt.) drückt es so aus: Wir leben da eher von der Hand in den Mund. Auf Gut Sambach werden gelegentlich ehemalige Obstbauern als Ein- Euro-Jobber für die Baumpflege eingesetzt, wobei ihnen ab und zu auch ein betreuter Mitarbeiter bei dem Transport des Schnittgutes zur Hand geht. 5.2 Einbindung von Menschen mit Behinderung in die Landschaftsarbeit Der Vergleich der Luftbilder zeigt, dass Mechanisierung und Technisierung der Landwirtschaft in den Jahren zwischen 1945 und 1960 die Landschaft weitaus stärker verändert haben, als andere Faktoren in späteren Jahren. Dieser Sachverhalt dokumentiert, dass auch mit der Integration von behinderten Menschen auf den untersuchten Betrieben bisher keine anderen Ansprüche an die landwirtschaftlichen Flächen gestellt worden sind, als auf Betrieben ohne betreute Menschen. Die Einbeziehung der Mitarbeiter mit Behinderung in landwirtschaftliche Tätigkeiten bleibt auf den untersuchten Betrieben vor allem auf die Bereiche Viehhaltung und Gärtnerei beschränkt, was mit der Eignung der Tätigkeiten für die integrierten behinderten Menschen und ihren Bedürfnissen nach einfacher Handarbeit, Überschaubarkeit, Wiederholung usw. begründet wird. Dabei sind die Einschränkungen in der Arbeitsfähigkeit der behinderten Mitarbeiter durchaus unterschiedlich; meist werden in den Grünen Bereichen der WfbM die leistungsfähigsten Mitarbeiter beschäftigt. Die Wohnumgebung und die öffentlichen Bereiche, in denen sich die Mitarbeiter und Kunden häufig aufhalten, wie Hof-, Verkaufs- und Stallbereiche, werden auf den Höfen durchaus liebevoll gestaltet und ordentlich gepflegt, was auch naturschutzfachlich relevante Elemente, wie z.b. Nisthilfen für Vögel, einschließt. Ein ehemaliger Landwirt des Quellenhofs beschreibt diesen Sachverhalt folgendermaßen: Ein wichtiges Motiv war für mich neben Landschaft allgemein natürlich auch diese Frage: Landwirtschaft und Hof, Landschaft und Hof. Ich mein, man macht das ja nicht für sich. Sondern auch wie die Gebäude teilweise, entstanden sind, kam es mir immer darauf an, dass wer da vorbei läuft Und das ist ja mittlerweile eine Spazierachse vom Dorf geworden, dass 144

146 derjenige Landschaft und Landwirtschaft wahrnehmen darf. Also, dass da Schweine draußen laufen. Wo sieht man heute noch Schweine? Oder dann vorne der Rinderstall, die Kühe auf der Weide (...) in dem Sinne, Landwirtschaft zum Anfassen. Und wenn wir schon die Möglichkeit haben, so zu bauen, warum sollen wir dann nicht so bauen? Das soll man wahrnehmen können (JANZ 2006, mdl. Mitt.). Die deutlichsten Veränderungen der Landschaft sind auf allen drei Höfen die neuen Bauten im Siedlungs- und Hofbereich, wo vor allem Wohnhäuser, Ställe, Scheunen oder Verarbeitungs-/Vermarktungsräume errichtet oder eingerichtet wurden. In die Landschaftsarbeit werden behin-derte Menschen bisher kaum eingebunden, obwohl Arbeiten, wie z.b. die Pflanzung, Pflege und Beerntung von Gehölzen und die Verarbeitung der Früchte, das Sägen von Feuerholz und die Gewinnung von Laubheu, der Bau und die Betreuung von Nisthilfen für Vögel und Insekten bis hin zur Mahd von Wiesen und der Pflege von Teichen und Bachläufen viel Handarbeit aber auch die Anleitung durch fachlich versiertes Personal und Zeit benötigen. Oft fehlen diese Facharbeitskräfte, die die behinderten Mitarbeiter anleiten, denn die Landwirte sind mit ihren Arbeiten ausgelastet und die Höfe können kein zusätzliches Personal für Landschaftspflegegruppenleiter beschäftigen, solange Pflegemaßnahmen kein zusätzliches Geld einbringen. 5.3 Landschaftspflege als Dienstleistung und Betriebszweig Eine mögliche Lösung des Konfliktes besteht darin, eigenständige Landschaftspflegegruppen einzurichten, die nicht nur die eigenen Flächen pflegen und gestalten, sondern diese Dienstleistung auch kommerziell anbieten und Flächen anderer landwirtschaftlicher Betriebe sowie kommunaler oder privater Auftraggeber einbeziehen. Garten- und Landschaftspflegegruppen sind bereits heute fester Bestandteil vieler Grüner Bereiche von WfbM und konkurrieren mit Anbietern des Garten- und Landschaftsbaus um Aufträge zur Anlagenpflege. Eine Gruppe Beschäftigter des Hofguts Richerode ist in diesem Aufgabenfeld tätig; Bestandteil der Arbeit sind daneben auch Pflegearbeiten im Naturschutz, die zum Betriebseinkommen beitragen. So wird u.a. eine artenreiche Feuchtwiese mit dem Ziel des Erhalts des artenreichen Biotops gepflegt. Perspektivisch ließen sich solche Pflegearbeiten im Rahmen des Vertragsnaturschutzes ausbauen und erweitern. Pflegearbeiten für landwirtschaftliche Betriebe, die selbst aus Zeit- und Arbeitskräftemangel nicht zur Pflege von Hecken und zum Schnitt von Obstbäumen kommen, bis hin zur Gewinnung von Brennholz, Laubheu und Beerenobst für die Nutzung im eigenen Betriebskreislauf wären solche Ansätze, deren Möglichkeit zur Verwirklichung freilich von deren Wirtschaftlichkeit abhängt. Kooperationen mit Landwirtschaftsbetrieben der weiteren Umgebung im Sinne einer Arbeitskraft- und Maschinennutzungsgemeinschaft wären denkbar, die zur optimalen Auslastung beider Faktoren beitragen. Vorstellbar wäre die Übernahme handarbeitlich intensiver Mäh- oder Baumschnittarbeiten durch Betreute und im Gegenzug die Durchführung von Großmaschinenarbeiten (z.b. Ackerarbeiten) durch den Kooperationsbetrieb. Beispiele für solche Formen der Zusammenarbeit sind möglicherweise bereits bei einzelnen Einrichtungen für Menschen mit Behinderung realisiert und individuell gestaltet. 145

147 Pflege durch Nutzung ist eine weitere Möglichkeit, wie sie z.b. in Richerode durch Landschaftsmaßnahmen auf den eigenen Flächen in ersten Ansätzen verwirklicht wird. Beispiele sind Umgestaltungen, bei denen arbeitswirtschaftliche Überlegungen einbezogen werden, indem zum Beispiel geometrisch ungeeignete Formen oder sehr kleine Flächen aus der Ackernutzung genommen und mit attraktiven beerntbaren Gehölzen (wie z.b. Holunder) bepflanzt werden. Weiterhin kann sich Landschaftsgestaltung und -pflege auch lohnen, wenn durch die gesteigerte Attraktivität des Umfeldes Hofkunden gewonnen werden können. Mit der Einbeziehung von Tourismus und Kunst kann indirekt eine Wertschöpfung stattfinden. Solche Strategien sind zur Finanzierung von Landschaftsmaßnahmen als nachhaltiger einzuschätzen als die Aussicht darauf, dass Prämienzahlungen stärker an ökologische Leistungen gebunden werden. Neue Arbeitsplätze in der Landschafts- und Anlagenpflege müssen den Voraussetzungen der Betriebe (z.b. Landschaftsvorgaben) und den Bedürfnissen der behinderten Menschen (z.b. motorische Fähigkeiten, Belastungsgrenzen etc.) Rechnung tragen und sinnvoll so mit anderen Tätigkeiten kombiniert werden, dass sich die neuen Arbeitsbereiche in den zu allen Jahreszeiten und Wetterlagen unterschiedlichen Arbeitsbedarf einfügen. Konkurrenzen um (leistungsstarke) Arbeitskräfte, Arbeitszeit und Fläche sollten dabei vermieden werden. Eine besondere Profilierung bzw. Zusammenarbeit und Absprache könnte die Konkurrenz mit privaten Landschaftspflegeunternehmen abmildern und neue Aufgabenbereiche erschließen. Das Erstellen von Konzepten zur weiteren Entwicklung ihrer Kulturlandschaft und die Findung von Zielen, was entwik-kelt oder erhalten werden soll, stellen sich als wichtige Aufgaben für die untersuchten Betriebe dar. Herausforderungen bestehen darin, Landschaftsarbeit und -entwicklung auf die Bedürfnisse von behinderten Menschen in der Landschaft abzustimmen, aber auch in der Konzeption der organisatorischen, finanziellen und sozialstrategischen Umsetzungen von Landschaftsarbeit. Hier besteht, auch in Hinsicht auf die optimale Gestaltung von Wohn- und Arbeitswelten für Menschen mit Behinderung, durchaus Forschungsbedarf. 6. Ausblick: Aufgaben der Naturschutzberatung auf sozialen Betrieben Grundsätzlich sollten Berater sozialer Landwirtschaftsbetriebe den gesamten Betrieb als komplexe Einheit aus Menschen, Zuständigkeiten, Bedürfnissen und Erfordernissen betrachten. Soziale Höfe sind oft nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch Wohnund Lebensorte verschiedener Menschen. Auch in der Außendarstellung sind die Betriebe und Träger der Einrichtungen bestrebt, eine positive Wirkung zu erzielen. Kunden, Angehörige der Betreuten, Gemeindemitglieder und interessierte Personen sollen sich wohl fühlen und einen guten Eindruck bekommen. Insofern sollten bei der Erarbeitung von Landschaftskonzepten möglichst viele interessierte Menschen des Hofes partizipativ einbezogen und die Potentiale der Mitwirkung des ganzen vielgestaltigen Umfeldes genutzt werden. Erste Versuche dazu wurden im Jahr 2007 auf zwei der zuvor untersuchten Betriebe, dem Hofgut Richerode und in Bingenheim auf dem Quellenhof, in Form zweier Landschaftsseminare unternommen (RADU et al und KALISCH & VAN ELSEN 2007). Bei dem Seminar in Richerode wurden zahlreiche Menschen aus Gemeinde, Jägerschaft, 146

148 Heimatverein, Naturschutzverwaltung und der betreuten Beschäftigten einbezogen in die Frage, welche Veränderungen und Gestaltungen in der Landschaft von Richerode sinnvoll und umsetzbar wären. Nach einer kurzen Einführung wurden gemeinsam in der Landschaft deren Besonderheiten diskutiert, nach Wahrnehmungsübungen wurden Verbesserungsvorschläge in Form von Skizzen zu Papier gebracht (Abb. 7 und 8). Die Betreuten wünschten sich eine Bepflanzung als Schutz vor der Bundesstraße auf dem Radweg zum Nachbarort, aber auch Fragen der Strukturierung der Felder durch Blühstreifen und die Bewirtschaftung von Feuchtgrünland wurden angesprochen. Durch den partizipativen Charakter wurde ein Austausch ermöglicht, der ein erster Schritt für konkrete Naturschutzmaßnahmen bis hin zu einem Gesamtbetriebskonzept sein kann, das Naturschutz-ziele auf die speziellen Erfordernisse und Möglichkeiten des sozialen Landwirtschaftsbetriebs abstimmt. An einem weiteren Termin nach dem Seminar lud der Betriebsleiter zwei Biologen zum Beratungsgespräch nach Richerode. Zusammen wurden Möglichkeiten der Finanzierung durch Projekte diskutiert und vor Ort wurden besondere Biotope begutachtet und Empfehlungen für die Bewirtschaftung gegeben (Abb. 9). Abb. 7 und 8: Landschaftsseminar mit Beschäftigten in Richerode; Teilnehmer-Skizze mit Vorschlägen zur Anlage von Blühstreifen 147

149 Abb. 9: Naturschutzberatung in Richerode: Wie lassen sich Feuchtwiesen ökologisch aufwerten? Auf dem Quellenhof in Bingenheim fand ein ähnliches Seminar mit Interessierten der Lebensgemeinschaft und den behinderten Mitarbeitern statt. Hier bildete sich im Anschluss eine Gruppe, die sich mit Entwicklungsmöglichkeiten einer verbuschten Obstwiese beschäftigen möchte. Durch klärende Maßnahmen (wie Beweidung) und Arbeitseinsätze will die Gruppe eigene Erfahrungen sammeln, wie sich die Verbuschung verjüngen und der Ort entwickeln kann. Solche Seminare haben zum Ziel, die Beteiligten für Naturschutzfragen und die Aufgabe, Kulturlandschaft aktiv zu gestalten, zu sensibilisieren. Die Beschäftigung mit dem Zustand einer Kulturlandschaft und mit den Bedürfnissen der in ihr lebenden Tiere, Pflanzen und Menschen kann eine Betroffenheit bewirken, aus der heraus Entwicklungshemmnisse und Entwicklungsmöglichkeiten erkannt werden. Die übende Wahrnehmung von Landschaft ist ein wesentlicher Ausgangspunkt dafür, die Verantwortlichen für das Thema zu interessieren und damit Voraussetzungen zu schaffen, die eine Landschaftsarbeit überhaupt erst ermöglichen. Zwar ist theoretisch richtig, dass in der sozialen Landwirtschaft mehr helfende Hände vorhanden und damit eine solide Grundlage für eine aktive Entwicklung von Natur und Kulturlandschaft gegeben ist. Die Freiräume für solche Aktivitäten müssen jedoch hier wie auf jedem anderen Landwirtschaftsbetrieb erst errungen werden. Es braucht Konzepte und Anleitungen, wie die vielfältigen Sachzwänge zu überwinden sind, die der Verwirklichung solcher Ziele zunächst entgegenstehen. Die Zwänge werden nur dann überwunden, wenn den Verantwortlichen die Aufgabe der Landschaftsentwicklung zum persönlichen Anliegen wird, wenn Mittel und Wege gesucht und gefunden werden, bestehende Hindernisse zu überwinden. Für die nächsten Schritte ergibt sich vielfältiger Bedarf an naturschutzfachlicher Beratung, die den Impuls der Verantwortlichen mit Naturschutz-Fachwissen unterstützt und erweitert, aber auch in der Entwicklung praktischer und an Soziale Landwirtschaft angepasste Konzepte ergänzt. Über naturschutzfachliche Aspekte hinaus sind hier 148

150 Fragen der Arbeitsorganisation bis hin zu Konzepten nutzender Biotoppflege im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe zu bearbeiten. Der Bedarf an entsprechenden Handreichungen, Informationsmaterialien und persönlicher Begleitung ist bisher in keiner Weise gedeckt und eine Aufgabe für die Zukunft. 7. Zusammenfassung Die Möglichkeiten zur Kulturlandschaftsgestaltung in landwirtschaftlichen Betrieben mit Integration von behinderten Menschen werden anhand dreier Fallbeispiele in Deutschland untersucht. Die Betriebsstruktur wird vergleichend beschrieben, der Zustand der bewirtschafteten Kulturlandschaft charakterisiert und Möglichkeiten der Höfe, ihre Flächen mit Hilfe der behinderten Mitarbeiter zu gestalten, zu entwickeln und zu pflegen, diskutiert. Dazu wurden die Betriebe im Zeitraum von jeweils einer Woche besucht und die Arbeitsabläufe durch Miterleben teilnehmend beobachtet und Interviews mit den Betriebsleitern durchgeführt. Die Einbindung von den betreuten Menschen in Landschaftsarbeit steht im Spannungsfeld von Gestaltung, Pflege und Erfordernissen der Produktion. Landschaftspflege als Dienstleistung und Betriebszweig zu entwickeln kann hier eine Perspektive bieten. Bei der Entwicklung der Kulturlandschaft ergibt sich vielfältiger Bedarf an naturschutzfachlicher Beratung, die den Impuls der Verantwortlichen mit Naturschutz-Fachwissen unterstützt und erweitert, aber auch in der Entwicklung praktischer und an Soziale Landwirtschaft angepasste Konzepte ergänzt. 8. Danksagung Besonderer Dank gilt den Landwirten der drei untersuchten Betriebe, die die Arbeit ermöglicht und interessant gemacht haben. 9. Literaturverzeichnis ATTESLANDER, P. (2003): Methoden der empirischen Sozialforschung. In: LAMNEK, S. (2005): Qualitative Sozialforschung, 4., vollst. überarb. Auflage, Weinheim, Basel, S. 558 BMVEL (Hrsg.) (2004): Meilensteine der EU- Agrarpolitik. Umsetzung der europäischen Agrarreform in Deutschland, Berlin, 153 S. BÖL (Geschäftsstelle Bundesprogramm Ökologischer Landbau) (Hrsg.) (2005): Demonstrationsbetrieb Ökologischer Landbau, Gut Sambach, 2. Auflage 1/05, Bonn, o.s: DABBERT, S., HÄRING, A., ZANOLI, R. (2002): Politik für den Ökolandbau, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 121 S. DEIMER, C. (2005): Honorierungsansätze für Umweltleistungen in der Landwirtschaft. Genese, Trends und Bewertung. Dissertation Inst. f. Agrarökonomie und Agrarraumgestaltung, Halle/ Wittenberg, 209 S. FEINDT, F. (o.j.): Konzeption der Gut Sambach ggmbh Fachwerkstatt zur Integration behinderter Menschen, Sambach, o.s. FLICK, U. (2005): Qualitative Sozialforschung Eine Einführung. Reinbek, 445 S. 149

151 KALB, H. (1998/99): Landwirtschaft und Sozialtherapie Leitgedanken zu landwirtschaftlichen Betrieben als Arbeitgeber für Menschen mit Behinderung. Diplomarbeit Univ. Kassel Witzenhausen, 71 S. KALISCH, M. (2006): Potentiale der Kulturlandschaftsgestaltung in landwirtschaftlichen Betrieben mit Integration von behinderten Menschen. Eine qualitative Untersuchung von drei Beispielbetrieben. Diplomarbeit, Universität Kassel Witzenhausen, 186 S. KALISCH, M., VAN ELSEN, T. (2007): Kulturlandschaft und Natur entwickeln auf dem Quellenhof. Das Landschaftsseminar in Bingenheim am 15. Februar. Bingenheimer Bote (Ostern 2007), Lebensgemeinschaft Bingenheim e.v.: 36 38, Echzell. LAMNEK, S. (2005): Qualitative Sozialforschung, 4., vollst. überarb. Auflage, 808 S., Beltz Verlag, Weinheim, Basel, S , , LEBENSGEMEINSCHAFT BINGENHEIM e.v. (Sept. 2000): Heim, Schule und Werkstätten für Seelenpflege bedürftige Menschen, Bingenheim, o.s. RADU, F, KALISCH, M., VAN ELSEN, T. (2007): Heimat, Rückzugsgebiet und Pädagogik. Seminar zum Thema Naturschutz und Kulturlandschaft auf dem Hofgut Richerode. Hephata aktuell 10 ( ): 7, Schwalmstadt. RÖHRIG, P., VAN ELSEN, T., INHETVEEN, H. (2003): Kulturlandschaftsentwicklung durch Ökolandbau Was motiviert den Biobauern zur Integration von Naturschutzzielen? Beitr. 7. Wiss.-Tagung zum Ökol. Landbau: , Wien. STARKE, I. (Red.): Bingenheimer Bote, verschiedene Jahrgänge, Bingenheim, o.s. STRAUSS, A., CORBIN, J. (1996): Grounded Theory. Psychologie Verlags Union, Weinheim, 227 S. Strauss, A. & Corbin, J. (1990/1996) In: FLICK, U. (2005): Qualitative Sozialforschung Eine Einführung, Rowohlt, 445 S., Reinbek bei Hamburg VAN ELSEN, T., GÜNTHER, A., PEDROLI, P. (2006): The contribution of care farms to landscapes of the future. A challenge of multifunctional agriculture. In: HASSINK, J., VAN DIJK, M. (Eds.): Farming for Health. Green Care Farming across Europe and the United States of America. Wageningen UR Frontis Series Vol. 13., Springer : , Dordrecht (NL). VAN ELSEN, T., RÖHRIG, P., KULESSA, V. SCHRECK, C., HEß, J. (2003): Praxisansätze und Naturschutzpotentiale auf Höfen des Ökologischen Landbaus zur Entwicklung von Kulturlandschaft. Angewandte Landschaftsökologie 60, , Bonn. Mündliche Quellen BIESENTHAL, G. ( ), Landwirt in Bingenheim seit 2003: Gespräch. FEINDT, F. ( ) und ( ), Geschäftsführer und Landwirt Gut Sambach: Interview. GÜNTHER, K. ( ), Landwirt in Bingenheim 1987 bis 2005, Rentner: Gespräch. HEINRICH, A. ( ), Landwirt in Bingenheim seit 2002: Telefonat. HEINRICH, A. ( ), Landwirt in Bingenheim seit 2002: Gespräch. JANZ, R. ( ), Landwirt in Bingenheim von 1984 bis 2003: Telefonat. 150

152 KAISER, H. ( ), Landwirt und Gruppenassistent in Richerode seit 2002: Gespräch. PUCHER ( ), Geschäftsführer der Lebensgemeinschaft Bingenheim: Gespräch. RADU, F. ( , , ), Landwirtschaftlicher Bereichsleiter Richerode seit 1991: Telefonat, Gespräch, Interview. RITTELMEYER, F. ( ), Landwirt in Bingenheim ab 1950, Rentner: Gespräch. Anschrift der Verfasser: Dipl.-Ing. Marie Kalisch, Dr. Thomas van Elsen, FiBL Deutschland e.v., Standort Witzenhausen, Nordbahnhofstr. 1a, Witzenhausen, Tel: ,

153 Möglichkeiten und Perspektiven der Finanzierung von Naturschutzberatung im ELER-Kontext Förderperiode Ursula Stratmann 1. Vorbemerkung Der vorliegende Beitrag basiert auf der während der Tagung geführten Diskussion zum Arbeitsthema Naturschutzberatung im ELER-Kontext. Mit Naturschutz Geld verdienen? 2. Differenzierung der Fragestellung Bei der Beschäftigung mit obigem Arbeitsthema gilt es zunächst, dessen Mehrdeutigkeit klarer auszudifferenzieren. Denn hiermit sind mindestens zwei unterschiedliche Ebenen angesprochen, die zwar u.u. ineinander greifen, inhaltlich und strukturell aber auseinander gehalten werden müssen: Gleichsam auf der Basisebene betrifft das gestellte Thema die Frage, ob und inwieweit die Implementierung einer einzelbetrieblichen Naturschutzberatung (für Biobetriebe) durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) überhaupt finanziell gefördert werden könnte (... im ELER- Kontext ). Schließlich wurde die fehlende oder zumindest unzureichende Finanzierung immer wieder als eine der Hauptschwierigkeiten für die (dauerhafte) Einrichtung einer Naturschutzberatung genannt gleichzeitig werden diesbezüglich aber große Hoffnungen auf die neue, 2007 begonnene Förderperiode gelegt. Deutlich über diese erste Frage geht demgegenüber die Überlegung hinaus, inwiefern die aus einer entsprechenden Beratung resultierenden Naturschutzleistungen von Betrieben marktfähig sind, so dass sich hieraus für den Landwirt ein Mehrwert ergibt (... Geld verdienen ), der wiederum zur Finanzierung der Naturschutzberatung herangezogen bzw. ihr zumindest im Sinne eines positiven Nutzen-Kosten- Verhältnisses angerechnet werden könnte. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die zuerst genannte Fragestellung. 3. Bestandsaufnahme Förderung der Naturschutzberatung durch den ELER 3.1 Einführung und Überblick Bei der Beantwortung der Frage nach der Förderfähigkeit der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung durch den ELER ist zunächst zu beachten, dass es grundsätzlich Sache der Länder ist, ob und wie sie einen solchen Fördertatbestand in das Spektrum der von ihnen angebotenen Maßnahmen aufnehmen auch wenn der Nationale Strategieplan der Bundesrepublik die Sinnhaftigkeit einer Naturschutzberatung durchaus betont (vgl. ebda. (34f., Herv. US): Beratung, Weiterbildung, Information und Qualifizierung gehen letztlich über die Agrarproduktion im engeren Sinn hinaus und 152

154 umfassen auch Bereiche der Schwerpunkte 2 und 3 der ELER-Verordnung. Eine qualifizierte gesamtbetriebliche Natur- oder Wasserschutzberatung kann beispielsweise helfen, eine Sensibilisierung und Akzeptanz bei den Landbewirtschaftern für den Erhalt der Biodiversität und die Belange von Natura 2000 und der WRRL zu erreichen sowie Agrarumweltmaßnahmen effizient einzusetzen. ). Tatsache ist ferner, dass die in der ELER-Verordnung vorgegebenen Maßnahmenkategorien einen Interpretationsspielraum enthalten, der bei der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung der Maßnahmen von den Ländern genutzt werden kann und bei der Programmierung auch in zum Teil sehr unterschiedlicher Weise genutzt wurde. Dementsprechend ist eine genaue Kenntnis der Inhalte der einzelnen Länderprogramme bzw. besser noch der daraus abgeleiteten Förderrichtlinien zwingend erforderlich, um hierzu tragfähige Aussagen treffen zu können. Da zum Zeitpunkt der Tagung (27./ ) erst 8 Programme von der EU-Kommission genehmigt bzw. vom Ausschuss für ländliche Entwicklung [RDC Rural Development Committee] befürwortet worden waren, ist die nachfolgende Zusammenstellung das Ergebnis einer erst im Nachgang vorgenommenen Auswertung der in den Programmen vorgesehenen Fördermöglichkeiten (Stand: 01/08). Sie geht bewusst über die tatsächliche Förderung der Naturschutzberatung im eigentlichen Sinne hinaus, um auch mit Blick auf evtl. künftig anstehende Richtlinienänderungen zumindest den Kernbereich der potenziell geeigneten Maßnahmen zu erfassen. Ob Beratungskosten in die Transaktionskosten bei der Prämienberechnung von Agrarumweltmaßnahmen (Maßnahme 214) eingeflossen sind (vgl. SCHNAUT 2005), ist in der Regel den Programmen nicht zu entnehmen bzw. es werden z. T. hierbei überhaupt keine Transaktionskosten berücksichtigt. Im Kooperationsprogramm Naturschutz in Niedersachsen wird ein Pauschalbetrag von 50 /Jahr pro abgeschlossener Vereinbarung angesetzt, mit dem zusätzliche Aufwendungen wie auch die Inanspruchnahme von Beratung vergütet werden sollen. Darauf hinzuweisen ist ferner, dass die Auswertung der Entwicklungsprogramme im Sinne der genannten Themenstellung automatisch eine ausschließlich aus nationalen Mitteln erfolgende Förderung unberücksichtigt lässt. Dies betrifft beispielsweise Rheinland-Pfalz: Hier wird an mehreren Stellen innerhalb des Programms auf die Förderung der Naturschutzberatung hingewiesen, ohne jedoch einen entsprechenden Fördertatbestand faktisch zu implementieren (vgl. Kap : Die naturschutzfachliche Beratung und Programmbegleitung wird seit der Einführung der Programme durch externe Berater/Betreuer wahrgenommen. [...] Zentrales Standbein der Beratung ist die Information und Fachberatung der Landwirte [...].) Gleichzeitig wurde Ende Oktober 2007 mit dem Partnerbetrieb Naturschutz ein dreijähriges Modellprojekt gestartet, bei dem Naturschutzbelange in die Betriebs- und Ertragsplanung integriert werden sollen. Auch dieses Projekt wird ausschließlich aus Landesmitteln finanziert. Die nachfolgende Tabelle stellt die genannten Fördermöglichkeiten im Überblick dar. 153

155 Tab. 1: Angebot naturschutzrelevanter ELER-Maßnahmen im Kontext von Qualifizierung/Beratung innerhalb der Länderprogramme zur Entwicklung des ländlichen Raums Beratung Bildung/ Qualifizierung Sonstige Maßnahmen Code Land Sonstige 341 BW (!)! BY BB/BE!! HH (!) HE MV NI/HB NW RP!! (!) [!]!! Leader 41 SL! SN! ST!! SH (!) [!] TH! Erläuterungen: Maßnahmencode gem. VO (EG) Nr. 1974/2006 vom 15. Dezember BW Baden-Württemberg, BY Bayern, BB/BE Brandenburg/Berlin, HH Hamburg, HE Hessen, MV Mecklenburg-Vorpommern, NI/HB Niedersachsen/Bremen, NW Nordrhein-Westfalen, RP Rheinland-Pfalz, SL Saarland, SN Sachsen, ST Sachsen-Anhalt, SH Schleswig-Holstein, TH Thüringen Maßnahme ist auch innerhalb der Nationalen Rahmenregelung förderfähig Maßnahme wird im jeweiligen Entwicklungsprogramm angeboten Maßnahme resultiert ausschließlich aus Altverpflichtung Naturschutzberatung als Fördergegenstand in entsprechender Maßnahme enthalten!/(!) Maßnahme mit gewisser Naturschutzrelevanz / 323: Aktionen zur Sensibilisierung für den Umweltschutz 154

156 114 Inanspruchnahme von Beratungsdiensten durch Landwirte und Waldbesitzer 115 Aufbau von Betriebsführungs-, Vertretungs- und Beratungsdiensten für landwirtschaftliche Betriebe und von Beratungsdiensten für forstwirtschaftliche Betriebe 111 Berufsbildungs- und Informationsmaßnahmen, einschl. der Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse und innovativer Verfahren, für Personen, die in der Land-, Ernährungs- oder Forstwirtschaft tätig sind 331 Berufsbildungs- und Informationsmaßnahmen für die Wirtschaftsakteure in den unter den Schwerpunkt 3 fallenden Maßnahmen 323 Erhaltung und Verbesserung des ländlichen Erbes 341 Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung und Sensibilisierung im Hinblick auf die Ausarbeitung und Umsetzung einer lokalen Entwicklungsstrategie 41 Umsetzung einer Lokalen Entwicklungsstrategie 3.2 Einzelbetriebliche Beratung (Maßnahmen 114, 115) Die Förderung der einzelbetrieblichen Beratung wird von der EU in der gegenwärtigen Förderperiode erstmals kofinanziert. In der Nationalen Rahmenregelung (NRR) wurde mit dieser Maßnahme die GAK-Förderung der einzelbetrieblichen Beratung in Verbindung mit Managementsystemen umgesetzt. Sie umfasst in der Grundstufe lediglich die sog. Cross Compliance-Beratung auf den Unterschied zur Naturschutzberatung hat bereits OPPERMANN (2005) im Rahmen derselben Veranstaltungsreihe hingewiesen, in der Aufbaustufe dagegen die Dokumentation von betrieblichen Umweltleistungen, die über die gute fachliche Praxis hinausgehen. Nordrhein-Westfalen und Sachsen- Anhalt bieten Beratungsmaßnahmen außerhalb der NRR an, wobei ST explizit auch die Inanspruchnahme von Beratungsdiensten zur Anpassung an die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sowie von Natura 2000 aufführt. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Grundanforderung an die Betriebsführung gem. Art. 4 bzw. An-hang III VO (EG) Nr. 1782/2003 bereits die Beachtung zentraler Bestimmungen der WR-, FFH- und Vogelschutzrichtlinie beinhaltet. Insgesamt wird über Maßnahme 114 aber nur die Inan-spruchnahme der Beratung durch Land- und Forstwirte gefördert, die Förderung des Aufbaus entsprechender Beratungsdienste (115) ist demgegenüber in keinem Bundesland vorgesehen (in NW werden lediglich eingegangene Verpflichtungen aus der vorangegangenen Förderperiode ausfinanziert). 3.3 Bildung/Information/Qualifizierung (Maßnahmen 111, 331) Bildungsmaßnahmen im weiteren Sinne werden sowohl in Schwerpunkt 1, d.h. für die Zielgruppe der in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft tätigen Personen, als auch in Schwerpunkt 3 angeboten in beiden Fällen ausschließlich außerhalb der NRR. In der Regel werden unter Bezugnahme auf Maßnahme 111 die Organisation und Durchführung unterschiedlicher Veranstaltungen (Seminare, Lehrgänge, Informationsveranstaltungen, Exkursionen u.ä.) zur beruflichen Fort- und Weiterbildung oder entsprechender Demonstrationsprojekte finanziert. Damit unterscheidet sich diese Maßnahme trotz einer gewissen thematischen Nähe zwar grundsätzlich von der einzelbetrieblichen, d.h. individuellen Beratung; dennoch zeigt das weiter unten aufge- 155

157 führte Beispiel Niedersachsen (Maßnahme 331), dass sich angesichts des angedeuteten Interpretationsspielraums hier (künftig?) möglicherweise entsprechende Ansatzpunkte ergeben könnten. In allen Ländern wird wenngleich mit unterschiedlicher Gewichtung dem Themenkomplex Umweltschutz im Sinne der Optimierung umweltbezogener bzw. -relevanter Bewirtschaftungspraktiken als Lehrinhalt Raum gegeben. Hamburg fördert in diesem Zusam-menhang in einer Teilmaßnahme die dort sogenannte Informationsmaßnahme zum Gewässerschutz, die in einer früheren Entwurfsfassung unter Gewässerschutzberatung firmierte. Darüber hinaus werden in einigen Ländern auch Naturschutzthemen vorzugsweise behandelt (Herv. US): In BB/BE steht im Mittelpunkt von Maßnahme 111 u.a. die Erhöhung der Kompetenz im Bereich der Umsetzung der Agrarumweltmaßnahmen und der Maßnahmen in Natura-2000-Gebieten, im ökologischen Landbau sowie bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. NW fördert als wichtige Themenfelder berufsbezogener Weiterbildungsveranstaltungen u.a. die Vorbereitung auf die Anwendung von Produktionsverfahren, die mit Belangen der Landschaftserhaltung/-verbesserung, Umweltschutz, Tierhygiene und Tierschutz sowie Verbraucherschutz vereinbar sind oder beispielsweise auch die Vorbereitung auf die Anwendung naturnaher und naturschonender Forstbewirtschaftungsmethoden. In RP stellen Naturschutz im Wald, Forstrecht und Förderung Inhalte bei der Durchführung von Waldbauernschulungen zur Vermittlung notwendiger Kenntnisse und Fähigkeiten für eine nachhaltige und multifunktionale Waldbewirtschaftung dar. In TH sollen die fachlichen und unternehmerischen Kompetenzen der Betriebsleiter/ innen, aber auch aller Beschäftigten bezüglich des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Gewässerschutzes gestärkt werden. In diesem Zusammenhang soll auch eine Sensibilisierung und Akzeptanz bei den Landbewirtschaftern für den Erhalt der Biodiversität, die Belange von Natura 2000, die Wasserrahmenrichtlinie sowie ein effizienter Einsatz von Agrarumweltmaßnahmen erreicht werden. Demgegenüber spielen Umwelt- und Naturschutzaspekte auch in Anbetracht eines deutlich diverseren Spektrums potenzieller Zuwendungsempfänger in Schwerpunkt 3 im Förderangebot der Länder bei Maßnahme 331 eine untergeordnete Rolle. Im Programm von Brandenburg/Berlin wird hierunter die Qualifizierung junger Menschen auch für Umweltdienste, die Aus- und Fortbildung [auch] von Natur- und Landschaftsführern oder Vorhaben zur Akzep-tanzsteigerung in Natura 2000-Gebieten erfasst. Dass diese Maßnahme aber grundsätzlich die Finanzierung einer Naturschutzberatung nicht ausschließt, zeigt das bereits oben angesprochene Beispiel Niedersachsen: Im Rahmen der Teilmaßnahme 331-B Qualifizierung für Naturschutzmaßnahmen werden hier ausdrücklich Qualifizierungsleistungen (wie Information und Begleitung) im Naturschutz für Bewirtschafter und Multiplikatoren einschließlich der Erstellung von Qualifizierungsgrundlagen [...] und unterstützende Öffentlichkeitsarbeit für die Qualifizierung gefördert. 156

158 3.4 Sonstige Maßnahmen (insbesondere Maßnahme 323) Die zur Förderung einer Naturschutzberatung vorrangig herangezogene Maßnahme ist jedoch Maßnahme 323 Erhaltung und Verbesserung des ländlichen Erbes, die mit dem Förderbereich Erhaltung und Verbesserung des natürlichen Erbes den insgesamt deutlichsten Bezug zu klassischen Naturschutzmaßnahmen aufweist. Die thematische Verbindung zur Naturschutzberatung in einem sehr weiten Sinne wird durch den in mehreren Länderprogrammen enthaltenen Fördertatbestand Aktionen zur Sensibilisierung für den Umweltschutz hergestellt (BW, BY, HH, MV, SN, ST, SH, TH). Darüber hinaus findet sich aber auch die eigentliche Naturschutzberatung im Förderkatalog einiger Länder (Herv. US): Am dezidiertesten wird sie in SN unter Vorbereitenden und begleitenden Fachleistungen ausgewiesen: Zur Effizienzsteigerung des Fördermitteleinsatzes und der Lenkung der Mittel auf die Schwerpunktbereiche des Naturschutzes ist die Installation eines umfassenden naturschutzfachlichen Beratungssystems erforderlich. Die Beratung sollte grundsätzlich flächenbezogen und deshalb programmübergreifend eingerichtet werden, so dass die Zielstellungen des Naturschutzes auf der Fläche unabhängig von der Nutzungsart und der Rechtsform der Antragsteller auf Basis der Freiwilligkeit mit guter Akzeptanz und hohem fachlichen Anspruch umgesetzt werden können. Auch in BY wird neben Maßnahmen zur Sensibilisierung für den Umweltschutz unter dem Stichwort vorbereitende und begleitende Maßnahmen zur fachgerechten Umsetzung von Zielen und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege die Umsetzungsberatung der Bewirtschafter land- und forstwirtschaftlich nutzbarer Flächen, insbesondere in Natura und BayernNetz Natur-Gebieten durch qualifizierte Fachleute genannt. Unter Maßnahmen, die ausschließlich im Zusammenhang mit den Vorhaben zur Ausarbeitung von Schutz- und Bewirtschaftungsplänen für Natura 2000-Gebiete sowie Gebiete mit hohem Naturwert stehen wird in ST auch die Förderung der Erstellung von Informationsmaterialien mit unmittelbarem Bezug zu örtlichen Schutzobjekten für die Flächenbewirtschafter und Pfleger, wie z.b. Naturschutzpläne für landwirtschaftliche Unternehmen auf Gebieten mit hohem Naturwert subsumiert. Deutlich allgemeiner ist dieser Fördertatbestand in TH gehalten, was wiederum auf den vorhandenen Interpretationsspielraum verweist: Hier werden diesmal tatsächlich erfasst unter Aktionen zur Sensibilisierung für Naturschutzbelange Beratungs-, Planungs- und Koordinierungsleistungen in Zusammenhang mit der Flächennutzung... finanziert. Letztlich kommt aber BATHKE (2007: 142) in seiner Analyse der Länderprogramme zu Maßnahme 323 zu dem Schluss, dass eine definitive Aussage darüber, welche Fördergegenstände in den einzelnen Ländern nicht angeboten werden, im Grunde nicht getroffen werden könne. Auch dies unterstreicht das o. g. Erfordernis, die relevanten Stellen in den Ländern unmittelbar zu befragen. Weitere Ansatzpunkte für eine Naturschutzberatung (oder zumindest für Qualifizierungsleistungen im Naturschutzbereich) könnten sich unter Umständen bei Maßnahme 341 finden auch wenn deren Geltungsbereich eigentlich auf Qualifizierungsmaßnahmen im Hinblick auf die Ausarbeitung und Umsetzung einer lokalen Entwicklungsstrate- 157

159 gie begrenzt ist. Grundsätzlich verweist dies auf den Umstand, dass insbesondere die Maßnahmen des Schwerpunktes 3 (in einigen Ländern sogar vorrangig) über Leader umgesetzt werden können; auch dies könnte wiederum begrenzt auf definierte Regionen für die Naturschutzberatung genutzt werden. Die Auswertung zeigt, dass die Möglichkeit der Förderung der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung durch die EU entsprechender politischer Wille bei den Ländern vorausgesetzt durchaus gegeben ist, allerdings sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Was aber ebenso deutlich wird, ist die Tatsache, dass hierbei eine gesonderte, herausgehobene Stellung von Biobetrieben nirgendwo festzustellen ist. Im Gegenteil, ist die Förderung einer Naturschutzberatung, wenn sie überhaupt erfolgt, häufig auf landwirtschaftliche Flächen in Natura oder anderen naturschutzrechtlich gesicherten Gebieten beschränkt. Dass es hierbei nur partiell zu Überschneidungen mit ökologisch bewirtschafteten Flächen kommt, liegt auf der Hand. 4. Literaturverzeichnis BATHKE, M. (2007): [Kap.] 6.6 Maßnahme 323: Erhaltung und Verbesserung des ländlichen Erbes in: TIETZ, A. (Hrsg.): Ländliche Entwicklungsprogramme 2007 bis 2013 in Deutschland im Vergleich Finanzen, Schwerpunkte, Maßnahmen Landbauforschung Völkenrode, Braunschweig, OPPERMANN, R. (2005): Einführung der Betriebsberatung (Cross Compliance) und die Rolle des Naturschutzes in: VAN ELSEN, T. (Hrsg.): Einzelbetriebliche Naturschutzberatung ein Erfolgsrezept für mehr Naturschutz in der Landwirtschaft (...), Witzenhausen, SCHNAUT, G. (2005): Fördermöglichkeiten im Rahmen der ELER-VO für die einzelbetriebliche Naturschutzberatung in: VAN ELSEN, T. (Hrsg.): Einzelbetriebliche Naturschutzberatung ein Erfolgsrezept für mehr Naturschutz in der Landwirtschaft (...), Witzenhausen, Anschrift der Verfasserin: Ursula Stratmann, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Deichmanns Aue 29, Bonn, Tel.: , ursula.stratmann@ble.de 158

160 Inhaltsprotokoll der Arbeitsgruppe I Von der Einzelmaßnahme zum Gesamtbetriebskonzept. Rahmenbedingungen und praktische Schritte referiert von Eckart Grundmann 1. Einleitung Einleitend wurde durch Eckart Grundmann das Hofguts Oberfeld in Darmstadt als Beispiel der partizipativen Erarbeitung eines Gesamtbetriebskonzepts vorgestellt. In diesem Beispiel ist eine Vielzahl von Interessen bezüglich Naturschutzmaßnahmen zu berücksichtigen, weshalb von Anfang an eine Zusammenarbeit der verschiedenen Interessenvertreter (Landwirte, Umweltamt, Forst, Naturschutzverbände etc.) verwirk-licht wurde. Ziel ist die Erstellung eines Planes, der zum einen das breit gestreute Fachwissen zusammenfasst und zum anderen den Abstimmungsprozess begleitend einbindet, so dass spätere Konflikte vermieden werden können. Abb. 1: Arbeitsgruppe I in der Diskussion (Foto: Lukas Baumgart) Anhand der Erfahrungen aus Niedersachsen und der Schweiz wurde jedoch betont, dass bei der Beratung in der Regel deren Funktion als Dienstleistung für den Landwirt im Vordergrund steht und externe Fachleute meist nur beratend hinzugezogen werden. 2. Bestandsaufnahme Die Beratung in Niedersachsen bezieht sich bisher vor allem auf Einzelmaßnahmen und dabei meist auf die entsprechenden Fördermöglichkeiten. Gesamtbetriebspläne 159

161 werden nur in Ausnahmefällen auf besonderen Wunsch der jeweiligen Landwirte erstellt. Für diese Pläne ist eine Kostenbeteiligung durch die Landwirte vorgesehen. In der Schweiz läuft ein Projekt am FiBL, in dem eine Naturschutzberatung aufgebaut wird. Dabei steht die Vernetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Ökotypen (Biotope) im Mittelpunkt. Herausforderung ist hier, von einer reinen Fördermitteloptimierung ( Kreuzchen für vorhandene Biotope ) zu einer Implementierung eines umfassenden Naturschutzgedankens in den Betrieb zu gelangen. Abb. 2: Betrachtung eines Fallbeispieles (Foto: Thomas van Elsen) Dabei spielen Einstellungen und Interesse der Betriebsleiter eine zentrale Rolle, wobei das Interesse evtl. erst geweckt werden muss. Methodisch geht die Planung von Zielund Leitarten aus, an denen sich Maßnahmen zur Entwicklung der entsprechenden Lebensräume orientieren. 160 Abb. 3: Schweiz und Niedersachsen im Gespräch (Foto: Thomas van Elsen)

162 In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind verschiedene Konzepte in Arbeit, die die Erstellung von Naturschutzplänen durch die Offizialberatung vorbereiten sollen. Die bisherige Arbeit der Naturschutzberatung erfolgt oft auf einer schlechten Datengrundlage. Das naturschutzfachliche Potential der entsprechenden Räume ist meist nicht erfasst oder wenn doch, dann sind die Daten oft veraltet. Außerdem ist es teilweise sehr aufwändig, die entsprechenden Daten zusammenzutragen. Des Weiteren steht für die Erstellung der Pläne, bedingt durch die geringen finanziellen Mittel, meist zu wenig Zeit zur Verfügung. So besteht z.b. keine Möglichkeit der Kartierung der entsprechenden Flächen. Auch die Begleitung der Umsetzung ist oft nur unzureichend möglich. 3. Vision Daraus folgernd wird es als optimal angesehen, die Daten, die zu einem bestimmten Landschaftsausschnitt vorhanden sind, mit wenigen Handgriffen aus dem Internet beziehen zu können. Dies ist auch für die Qualität der Planung wichtig, da die Festlegung der Planungsziele auf einer guten fachlichen Basis erfolgen kann. Spätere Konflikte, z.b. mit Naturschützern, werden somit vermieden. Abb. 4: Vorstellung der Arbeitsergebnisse (Foto: Gregor Franz) Als weiteres Ziel wurde genannt, weg von einer Fördermitteloptimierung und hin zu einer Entwicklungsarbeit für den Naturschutz auf dem Betrieb zu kommen. Dabei spielen die Landwirte eine besondere Rolle. Sie kennen ihren Betrieb am besten und haben oft schon Ideen für bestimmte Maßnahmen. Darüber hinaus sind sie oft sehr interessiert daran, was alles auf ihrem Hof lebt und was sie vielleicht noch nicht kennen. Häufig gehen sie dann mit anderen Augen über ihre Flächen. Die Erstberatung ist hier eine Art Türöffner für die Thematik. Dann käme es darauf an, aus einer kurzen Beratung einen Prozess zu entwickeln, der den Betrieb in der Zukunft begleitet. Durch die Zusammenarbeit von Landwirten, Beratern und eventuell weiteren Personen er- 161

163 weitert sich die naturschutzfachliche in eine soziale Aufgabe (s. Beispiel Darmstadt, Hofgut Oberfeld). 4. Strategie: Chance, zu standardisieren Herausforderung, zu individualisieren Für eine erfolgreiche Etablierung der Erstellung von Gesamtbetriebskonzepten sind einige Voraussetzungen nötig. Zum einen braucht es gutes Werkzeug, z.b. in Form von Datenbanken, durch die sich dann verschiedene Maßnahmen, jeweils zugeschnitten auf den konkreten Betrieb, zu einem Plan kombinieren lassen. Dabei wäre es wichtig, diese Datenbanken gut mit Kartenplänen zu verbinden. Des Weiteren müssen die notwendigerweise standardisierten Daten so verwendbar sein, dass eine betriebsindividuelle Beratung möglich bleibt. Voraussetzung für die Kalkulation der Kosten eines Gesamtbetriebskonzeptes ist die Evaluierung der Arbeitszeit. Dies entscheidet letztendlich über die Realisierungsmöglichkeiten, aber auch über die Effizienz einer solchen Beratung. Eine gute Kalkulation der Beratungskosten ist später hilfreich, z.b. wenn sie mit dem Ziel des Verkaufs von Ökopunkten durchgeführt wird. Da mittlerweile an verschiedenen Institutionen Projekte zur Naturschutzberatung laufen, ist eine Koordination der Arbeit wichtig. Abb. 5: Diskussion im Plenum (Foto: Thomas van Elsen) Die Idee, ein Zertifikat für Betriebe zu vergeben, die sich beraten lassen haben, wird als nicht hilfreich angesehen, da 1.) das Wirrwarr an Zertifikaten weiter gesteigert wird und 2.) die alleinige Beratung noch keine Bereicherung für die Natur bedeutet. Anschrift des Verfassers: Eckart Grundmann, Institut für Biologisch-Dynamische Forschung, Brandschneise 5, Darmstadt, Tel.: , 162

164 Inhaltsprotokoll der Arbeitsgruppe II Einzelbetriebliche Naturschutzberatung als Aufgabe und Profilierung des Öko-Landbaus referiert von Caroline Schumann und Nicole Krüger 1. Bestandsaufnahme und Entwicklung von Visionen 1.1 Einzelbetriebliche Naturschutzberatung als Aufgabe und Profilierung des Öko-Landbaus? Ökologische, ethische und naturschutzfachliche Themen gewinnen zunehmend an Popularität in Wirtschaft und Politik. Supermarktketten erobern die Bio-Branche. In der Schweiz profiliert sich die IP (Integrierte Produktion) mit Artenschutz; Cross Compliance, Tierschutzbemühungen und EU-Bio verwischen Potenzial und Grenzen des Öko-Landbaus. Dies führt nach Meinung der Arbeitsgruppe zu einem Handlungsdruck für den Öko-Landbau. Eine weitere Profilierung sowie eine erneute Wertediskussion sind notwendig, um sich von Trittbrettfahrern der dem Öko-Landbau systemimmanenten Vorteile deutlich abzugrenzen. Dabei stellten sich uns zunächst die folgenden Fragen: Ist eine Profilierung des Öko-Landbaus durch Naturschutz und Naturschutzberatung möglich? Welche Position nehmen die Bio-Anbauverbände zum Thema Naturschutz ein? Was sind unsere Visionen bezüglich einer inhaltlichen Weiterentwicklung des Öko- Landbaus? Aufbauend darauf wurde am Freitag in der zweiten Sitzung der Arbeitsgruppe folgende Frage diskutiert: Wo sind die Akteure und welche Möglichkeiten haben sie bzw. wir? Abb. 1: Arbeitsgruppe II bei der Diskussion (Foto: Thomas van Elsen) 163

165 1.2 Komplexität der Zusammenhänge zwischen Naturschutz und Öko-Landbau Schon bei der Bearbeitung der ersten Frage wurde die Komplexität des Zusammenhangs zwischen Naturschutz und Öko-Landbau deutlich. So definierten wir zunächst für uns den Begriff Naturschutz, um darüber diejenigen Bereiche herauszufiltern, in denen der Öko-Landbau besondere Stärken vorzuweisen hat. Bei folgenden Teilbereichen des Naturschutzes sehen wir Profilierungsmöglichkeiten für den Öko-Landbau: Erhaltung und Weiterentwicklung genetischer Vielfalt bei Nutzpflanze und -tier Schaffung und Erhaltung von Lebensräumen für Flora und Fauna (Biodiversität) Gestaltung und Pflege von Kulturlandschaft Ressourcenschutz (Boden, Wasser, Luft, Klima). 1.3 Aktive Kommunikation von Naturschutz durch den Öko-Landbau Es wird die Aufgabe sein, die Vorteile und Leistungen des Öko-Landbaus bezüglich Naturschutz in kurzen, klaren Worten allgemeinverständlich darzustellen. Gleichzeitig muss auch ein Weg gefunden werden, bestehende Defizite zu kommunizieren, um einen konstruktiven Dialog führen zu können. Diskutiert wurde auch die Einführung eines zusätzlichen Labels Naturschutz. Einem Teil der Arbeitsgruppe erschien es jedoch sinnvoller, stattdessen eine inhaltliche Aufwertung der bestehenden Labels für Bio-Produkte vorzunehmen. Einerseits, um die Verständlichkeit für den Verbraucher zu bewahren und andererseits, um nicht ungewollt eine Abwertung der vorhandenen Labels zu bewirken. Es wurde in der Plenumsdiskussion gefordert, dass der Öko-Landbau diese Entwicklung der Popularisierung von Umweltthemen nicht verschlafen darf. Im Gegenteil: Jetzt besteht die Möglichkeit, das Thema Naturschutz zu besetzen und im Sinne des Öko- Landbaus zu definieren und zu umrahmen. 164 Abb. 2: Drei Teilnehmer der Arbeitsgruppe II stellen Ergebnisse im Plenum vor (Foto: Thomas van Elsen)

166 1.4 Visionen Als nächsten Schritt entwarfen wir unsere persönlichen Visionen. Ich wünsche mir,... dass wir dem positiven Bild, welches der Verbraucher vom Öko-Landbau hat, gerecht werden, und einen Schritt weiter gehen. dass wir besser werden (an der Qualität des Öko-Landbaus weiterarbeiten). dass die Landwirtschaft allgemein, durch die Belegung des Themas Naturschutz, mehr Wertschätzung in der Gesellschaft erfährt. 20 Prozent Öko-Landbau im Jahr 2020, der noch besser geworden ist, und der als Innovator auf die konventionelle Landwirtschaft einwirkt, sodass diese auch im Sinne des Naturschutzes besser wird. dass der Öko-Landbau der Partner für Artenschutz und Biotopvernetzung wird. 2. Von der Vision zur Strategie 2.1 Prinzip der Ökologie: Öko-Landbau soll auf lebendigen Ökosystemen und Kreisläufen aufbauen, mit diesen arbeiten, sie nachahmen und stärken. Zu Anfang der zweiten Runde in den Arbeitsgruppen recherchierten wir nach den von IFOAM erarbeiteten Prinzipien des Öko-Landbaus und reflektierten das Prinzip der Ökologie: Öko-Landbau soll auf lebendigen Ökosystemen und Kreisläufen aufbauen, mit diesen arbeiten, sie nachahmen und stärken. Ernährung und Wohlbefinden werden durch die Beachtung der Ökologie des spezifischen Produktionsumfeldes erreicht. Bei den Feldfrüchten ist dies zum Beispiel die lebendige Erde, für Tiere ist es das Ökosystem des Betriebs, für Fische und Meeresfrüchte der Lebensraum des Wassers. Ökologischer Landbau, Weide- und Wildsammlungswirtschaft sollen an die Kreisläufe und das ökologische Gleichgewicht der Natur angepasst sein. Diese Kreisläufe sind universal, aber ihre Handhabung ist standortspezifisch. Ökologische Bewirtschaftung muss an lokale Bedingungen, Ökologie, Kultur und Maßstäbe angepasst werden. Der Einsatz von Hilfsstoffen soll durch Wiederverwendung, Wiederverwertung und gute Verwaltung von Materialien und Energie reduziert werden, um die Umwelt zu schützen und Ressourcen zu sparen. Der Öko-Landbau soll ein ökologisches Gleichgewicht erzielen durch die Gestaltung seiner Bewirtschaftungssysteme, die Einrichtung von Lebensräumen und die Erhaltung der genetischen und agrarwirtschaftlichen Vielfalt. Diejenigen, die Öko-Produkte produzieren, verarbeiten, handeln oder konsumieren, sollen die gemeinsame Umwelt mit all ihren Landschaften, Klimazonen, Lebensräumen und ihrer Biodiversität sowie das Wasser und die Luft nutzen und bewahren. Dieses Prinzip verdeutlicht, dass die ökologische Landwirtschaft auf lebendigen Ökosystemen basiert. Es sagt aus, dass der Landbau auf ökologischen Prozessen und einer Kreislaufwirtschaft gründen soll (IFOAM 2005). Mit der Frage nach potenziellen Akteuren, die diese Prinzipien aktiv in die Umsetzung bringen, versuchten wir, den Fokus vor allem auf unsere eigenen Möglichkeiten zu lenken. Dabei wurde deutlich, dass unsere breit gefächerten Visionen unterschiedliche Strategien und mehrere Ansatzpunkte erfordern. 165

167 2.2 Kommunikation als wesentlicher Punkt Als ein wesentlicher Punkt erschien uns in jedem Fall die Kommunikation: zum einen das Kommunizieren des Themas Naturschutz im Allgemeinen und zum anderen der direkte Kontakt zwischen Naturschutzberatern und Landwirten. In Oberösterreich hat die Naturschutzberaterin der BIO AUSTRIA direkten Kontakt zu etwa dreitausend ökologisch wirtschaftenden Betrieben. Der behördliche Naturschutz nutzt die Beratung als direkten Mittler und Kontakt zu den landwirtschaftlichen Betrieben. Abb. 3: Die Gruppenarbeit (Foto: Lukas Baumgart) Die Bio-Anbauverbände in Deutschland haben sich 2003 in einem gemeinsamen Positionspapier Naturschutz durch Ökolandbau vorgenommen, in folgende Ziele zu investieren: Kommunikation der Umwelt- und Naturschutzleistungen der Öko-Landwirte öffentliche Finanzierung einer einzelbetrieblichen Naturschutzberatung Zusammenarbeit mit Naturschutzorganisationen Verbesserung der Agrarumweltprogramme. Aufgrund anderer wichtiger Aufgaben der Anbauverbände wird Naturschutz häufig hinten angestellt. Hier könnte es Aufgabe des FiBL, der SÖL, des BÖLW sowie der IFOAM sein, die Bio-Anbauverbände an einen Tisch zu holen, um eine Profilierung des Öko- Landbaus in Sachen Naturschutz voranzutreiben. 2.3 Akteure und deren mögliche Aufgaben Bio-Anbauverbände: Aufnahme des Naturschutzes in ihr Leitbild (mögliche Formulierung: wir unterstützen die Naturschutzberatung als Instrument, den Öko-Landbau inhaltlich weiterzuentwickeln ). Gemeint ist ein prozessorientierter Ansatz, also keine Anforderung an Prozentanteile an Naturschutzflächen sondern eine gesamtbetriebliche Betrachtungsweise. 166

168 Aktive Kommunikation des Themas Naturschutz bei den Mitgliedern. Finanzierungsquellen suchen, um Naturschutzberaterstellen zu schaffen. Naturschutzverbände und NGO s: Diese könnten den Öko-Landbau verstärkt als Partner kommunizieren. Naturschutz braucht Öko-Landbau ist eine Formulierung aus der österreichischen Zusammenarbeit von Naturschutzverbänden und der BIO AUSTRIA. Forschung: Grundlagen und Argumente bezüglich der Möglichkeiten des Öko-Landbaus, aktiven Naturschutz zu betreiben, sichern (anhand von Diplomarbeiten, Forschungsvorhaben ), um darauf eine Kommunikation nach außen in die breite Öffentlichkeit aufbauen zu können. FiBL, SÖL,...: Argumentationspapiere erstellen, die den Stein ins Rollen bringen und die von verschiedenen weiteren Akteuren aufgegriffen werden können. Anstöße schaffen für die Kommunikation. (Argumente und Konsequenzen anhand von Forschungsergebnissen aufzeigen als Aufforderung für alle Akteure, das Thema zu besetzen.) IFOAM: Principles weiter konkretisieren (Veranstaltung auf CBD in Bonn?) Abb. 4: Vorstellung der Arbeitsergebnisse mit Tafelbild (Foto: Thomas van Elsen) 167

169 Unternehmen (Bio-Verarbeiter, Naturkosthandel,...): Marktstudien zur Vermarktbarkeit des Mehrwertes eines Bio-Produktes aus einer den Naturschutz aktiv unterstützenden Anbauweise anfertigen. Verknüpfung von Vermarktung und Beratung (dadurch kann die Beratung vielleicht finanziert werden). Stiftungen und Sponsoren: Naturschutzberaterstellen schaffen und dadurch weitere positive Beispiele und aktive Akteure ermöglichen. Weitere wichtige Akteure sehen wir im DVL, im BfN und auch auf regionaler Ebene (Regionalpolitik), denn Beratung ist Länderaufgabe. 2.4 Jeder starke Baum war einmal ein kleines Pflänzchen Die Komplexität der Potenziale des Öko-Landbaus, Naturschutzziele integriert in der Produktion umsetzen zu können, darf nicht davon abhalten, diese zu nutzen und in breiter Öffentlichkeit zu kommunizieren. Abb. 5: Tagungsteilnehmer während der Diskussion (Foto: Thomas van Elsen) Dazu abschließend ein Zitat aus dem Plenum: Jeder starke Baum war einmal ein kleines Pflänzchen. 168

170 Literaturverzeichnis IFOAM (2005): Principles of Organic Agricultur (Prinzipien des Öko-Landbau) In: STIFTUNG ÖKOLOGIE & LANDBAU (Hrsg.): Ökologie & Landbau. Werte und Richtlinien im Öko-Landbau: 17 18, München. Anschriften der Verfasserinnen: Caroline Schumann, Studentin am Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften Witzenhausen, Bleichengasse 9, Witzenhausen, , Nicole Krüger, Stiftung Ökologie & Landbau, Weinstr. Süd 51, Bad Dürkheim, Tel.: , 169

171 Inhaltsprotokoll der Arbeitsgruppe III Naturschutzberatung im ELER-Kontext mit Naturschutz Geld verdienen? referiert von Gregor Franz 1. Einführung Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe III strebten zunächst an, sich einen Überblick über die Möglichkeiten zu verschaffen, die sich im Rahmen der zweiten Säule der europäischen Agrarpolitik in der Förderperiode für die Naturschutzberatung ergeben. Die zweite Säule bezieht sich auf die Programme zur Förderung des ländlichen Raumes, während die erste Säule die von der Produktion entkoppelten Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe umfasst. Ferner wurde diskutiert, ob sich Finanzierungsmöglichkeiten über die Bioverbände oder über den Verbraucher ergeben. Die Arbeitsgruppe einigte sich auf eine gemeinsame Vision und entwarf eine Strategie, um dieser Vision in der Realität näher zu kommen. Abb. 1: Edgar Reisinger und Stefan Lange (zweiter bzw. dritter von rechts) moderieren die Diskussion in der Arbeitsgruppe III (Foto: Gregor Franz) 2. Möglichkeiten der Finanzierung von Naturschutzberatung in der Landwirtschaft 2.1 Finanzierung über ELER Grundsätzlich ist die Finanzierung von Naturschutzberatung über ELER möglich. Allerdings sind die drastischen Reduzierungen der Finanzmittel der zweiten Säule in der aktuellen Förderperiode zu bedenken. Der Schwerpunkt I der zweiten Säule bezieht 170

172 sich dabei auf die Steigerung der Wirtschaftskraft und der Beschäftigung sowie die Erhöhung des Bildungsstandes ( Wettbewerbsfähigkeit ). Der zweite Schwerpunkt ( Kulturlandschaft ) hat die Verbesserung der Umweltqualität zum Ziel, der dritte ( Lebensqualität ) die Verbesserung der Lebensbedingungen der auf dem Land lebenden Menschen. Die Möglichkeiten, die sich aus den drei Schwerpunkten ( Achsen ) ergeben, sollen im Folgenden kurz umrissen werden. Abb. 2: Mit Heinz Bley (zweiter von rechts), Dirk Appel (vierter von links) und Detlef Hack (nicht zu sehen) beteiligen sich auch Praktiker an der Diskussion in der Arbeitsgruppe III (Foto: Lukas Baumgart) Über Schwerpunkt I können Landwirte z.b. Betriebsberatungen in Anspruch nehmen, evtl. denkbar sind auch Naturschutzberatungen. Über diesen Schwerpunkt kofinanziert können sich Landwirte aus in den Ämtern ausliegenden Listen zertifizierte Berater auswählen, die die Beratungen zu bestimmten Themen durchführen. Schwerpunkt II beinhaltet die länderspezifischen Agrarumweltprogramme. Beklagt wurde während der Gruppenarbeit ein gewisses Söldnertum, womit gemeint ist, dass Landwirte die angebotenen Programme nutzen ohne auf deren naturschutzfachliche Wirkung zu achten. Ein Beispiel soll an dieser Stelle zitiert werden: So wird im Grünlandbereich für einen bestimmten Vertragszeitraum an einem Extensivierungsprogamm teilgenommen, danach werden die Wiesen hochgedüngt, um dann wiederum für einen weiteren Zeitraum eine Extensivierung abzuschließen. Eine Beratung kann die Landwirte zum Beispiel über die Arten-Umschichtungen bei den Pflanzengesellschaften aufklären und so die Folgen aufzeigen. Über Schwerpunkt III ergeben sich evtl. Möglichkeiten für Naturschutzberatungen, speziell über Artikel 57. Dieser eröffnet die Möglichkeit der Finanzierung naturschutzorientierter Planungen auf Höfen, jedes Bundesland könnte hier im Prinzip eine entsprechende Möglichkeit schaffen. Zertifizierte Berater, die zu Naturschutzfragen 171

173 beraten, gibt es bereits im Rahmen von Einzelprojekten, auf der Ebene ganzer Bundesländer gibt es sie dagegen bislang noch nicht. Die tatsächlichen Möglichkeiten sind letztendlich von der Auslegung/der Definition der einzelnen Bundesländer abhängig. Die Richtlinien der Bundesländer für die neue Förderperiode liegen aber noch nicht alle in der endgültigen Form vor. Die Beratung zum Naturschutz wurde von der Arbeitsgruppe klar als sinnvoll und weiterhin als Fehlstelle definiert, da viele Landwirte weder die Förderprogramme ausreichend im Blick haben, noch über fundierte Kenntnisse zum Naturschutz verfügen. Wichtig ist bei der Beratung, die Landwirtschaftsbetriebe direkt auf verschiedene Standbeine zu stellen, da Förderprogramme auch wegfallen oder sich ändern können. Es bleibt als Frage zunächst stehen, an welchen Punkten sich die Beratung ausrichten soll (mehr an der Naturschutzleistung auf den Flächen, mehr am Betriebsergebnis etc.). 2.2 Finanzierungsmöglichkeiten über die Bioverbände oder den Verbraucher? Die Möglichkeit, dass die Bioverbände die Finanzierung der Beraterstellen flächendeckend oder in Einzelfällen übernehmen könnten, wurde als eher unwahrscheinlich angesehen. Die nötigen Gelder müssten über die Mitgliedsbeiträge bereitgestellt werden, was in der Realität schwer zu vermitteln ist. Die Verbände können aber sehr wohl als Träger fungieren und Sponsoren suchen. Der Verbraucher könnte ebenfalls durchaus bereit sein, mehr zu zahlen, wenn bei der Produktion nachweislich Naturschutzgesichtspunkte beachtet und bestimmte Ziele verfolgt werden. In jedem Falle ist entscheidend, den Nutzen für die Natur und die Artenvielfalt zu kommunizieren. Diskutiert wurde hierzu auch die Frage, ob ein Zusatzlogo über das Bemühen des Landwirtes informieren sollte. 172 Abb. 3: Die Gruppenarbeit findet an beiden Veranstaltungstagen statt, am 27. und (Foto: Lukas Baumgart)

174 3. Vision Folgende Punkte kristallisierten sich gegen Ende der Diskussion in der Arbeitsgruppe III als Vision heraus: Bis zum Jahre 2013 soll Naturschutzberatung integraler Bestandteil der Programme der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik geworden sein. Es sollen fest besoldete Berater für definierte geografische Einheiten den Landwirten zur Konsultation zur Verfügung stehen. Dieses Angebot soll für alle ökologisch wirtschaftenden Landwirte bestehen, evtl. auch darüber hinaus für das gesamte Spektrum der Landwirtschaftsbetriebe. Abb. 4: Vorstellung der Arbeitsergebnisse (Foto: Thomas van Elsen) Tragen die Verbände des Ökolandbaus die Naturschutzberatung, so bleibt die Beratung in erster Linie ein Angebot an die ökologisch wirtschaftenden Betriebe. In diesem Kreis sind durchaus große Effekte für den Naturschutz und die Artenvielfalt möglich, ferner dient die Naturschutzberatung dann auch der Profilierung des Ökolandbaus. Nachteilig ist, dass die konventionellen Landwirte die Beratung voraussichtlich nicht oder nur in geringem Maße in Anspruch nehmen würden. 4. Strategie Um die Naturschutzberatung im ELER-Kontext zu finanzieren, ist es notwendig, Fachbehörden über die einzelbetriebliche Beratung zu informieren. Die Bedeutung dieses Themas muss den entsprechenden Bewilligungsstellen vermittelt werden. Zu diesem Zweck eignen sich Tagungen und Workshops, besonders, wenn ein oder auch mehrere Anschauungsprojekt(e) in diesem Rahmen gezeigt werden. Das Naturschutzprojekt Frankenhausen könnte als ein solches Beispiel dienen. Auch sind Erfahrungen aus bereits laufenden Projekten zu sammeln und zu dokumentieren, um daraus lernen zu können. Entsprechendes Infomaterial könnte online zur Verfügung gestellt werden. 173

175 Abb. 5: Diskussion der Arbeitsergebnisse im Plenum (Foto: Lukas Baumgart) 5. Zusammenfassung Gesamtbetriebliche Naturschutzberatung für die Landwirtschaft ist ein sehr sinnvolles Konzept, welches zurzeit jedoch noch kaum für die Landwirte zur Verfügung steht. Die Vorteile und Chancen müssen kommuniziert werden, um ein Bewusstsein bei den Bewilligungsstellen zu schaffen. Abb. 6: Das Tafelbild (Foto: Thomas van Elsen) Anschrift des Verfassers: Gregor Franz, Universität Kassel, Am Sande 1A, Witzenhausen, Tel.: , 174

176 Das Projekt Naturschutzberatung für den Ökologischen Landbau Entwicklung und Optimierung von Beratungsansätzen für die Integration von Naturschutzzielen auf Biohöfen hatte das Ziel, bundesweit Aktivitäten zur Einrichtung Einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für Biobetriebe zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Das Konzept setzt nicht wie sonst üblich an naturschutzfachlichen Zielvorgaben, sondern am Naturschutzinteresse und -bedarf der Landwirte an. Der vorliegende Band enthält Beiträge der zweiten und dritten im Rahmen des Projekts durchgeführten Tagung. Die Beiträge spiegeln den Stand der Bemühungen, bundesweit dem Konzept Einzelbetrieblicher Naturschutzberatung für den Ökolandbau zum Durchbruch zu verhelfen.

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