Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW KR GK HT 2 Seite 1 von 9. Unterlagen für die Lehrkraft. Abiturprüfung 2010

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1 Seite 1 von 9 Unterlagen für die Lehrkraft Abiturprüfung 2010 Katholische Religionslehre, Grundkurs 1. Aufgabenart Textaufgabe 2. Aufgabenstellung 1. Arbeiten Sie das Thema und die Intention des Textes (Text 1) unter Berücksichtigung seines Anlasses heraus und stellen Sie seine zentralen Aussagen im Zusammenhang dar. (22 Punkte) 2. Erläutern Sie vor dem Hintergrund des Zweiten Vatikanischen Konzils die These, dass die Aussagen von Nostra Aetate (Text 2) als kopernikanische Wende (Text 1, Z. 3) im jüdisch christlichen Verhältnis anzusehen sind. Zeigen Sie unter Berücksichtigung beider Texte anschließend auf, inwiefern es auch Anlass zur Relativierung von Nostra Aetate als kopernikanische Wende gibt. (30 Punkte) 3. Setzen Sie sich unter Berücksichtigung der Grunddifferenz (Text 1, Z. 51) mit der jüdischen Anfrage an Christen auseinander, wie man den gegenwärtigen Zustand der Welt erklären kann, wenn der Messias doch schon gekommen ist. Entwerfen Sie auf dieser Grundlage Perspektiven für einen fruchtbaren Dialog zwischen Juden und Christen. (28 Punkte) 3. Materialgrundlage Text 1: Schmitt, G. Michael * : 40 Jahre Konzilserklärung Nostra Aetate. In: Pfälzisches Pfarrerblatt, (Zugriff am ) Text 2: Das Konzilsdokument Nostra Aetate : Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. In: Rahner, Karl und Vorgrimler, Herbert: Kleines Konzilskompendium. Sämtliche Texte des Zweiten Vatikanums. Freiburg: Herder 1984, S Bezüge zu den Vorgaben Inhaltliche Schwerpunkte Die Kirche und ihre Aufgabe in der Welt Kirchliches Selbstverständnis im II. Vaticanum: Das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Die Erklärung Nostra Aetate Das Zeugnis vom Zuspruch und Anspruch Jesu Christi Reich Gottes Verkündigung Jesu: Gleichnisse und Bergpredigt Deutungen der Auferstehung Jesu: Erzählungen vom leeren Grab und Erscheinungsgeschichten * G. Michael Schmitt, katholischer Diplom Theologe, Ordinariatsrat der Diözese Speyer

2 Seite 2 von 9 Das Welt und Geschichtsverständnis aus christlicher Hoffnung Christliche Hoffnung auf Vollendung der Welt: Apokalyptisches Denken als Ausdruck von Zukunftsangst und Zukunftshoffnung zur Zeit Jesu und in der Gegenwart 2. Medien/Materialien entfällt 5. Zugelassene Hilfsmittel Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung Die Bibel Einheitsübersetzung 6. Vorgaben für die Bewertung der Schülerleistungen Teilleistungen Kriterien a) inhaltliche Leistung Teilaufgabe 1 1 kennzeichnet den Text als predigtartige Ansprache über die besondere Bedeutung des Konzilstextes Nostra Aetate mit einem Appell an die Zuhörer. 2 arbeitet das Thema des Textes heraus, etwa: Kritische Würdigung der Konzilserklärung Nostra Aetate als Wendepunkt in den Beziehungen zwischen Kirche und Judentum und als bleibender Auftrag an die Christenheit. 3 arbeitet die Intention des Autors heraus, etwa: Aufforderung zur Fortentwicklung des jüdisch christlichen Verhältnisses, zur Bekämpfung von neuem Antisemitismus und zum Einsatz für ein geschwisterliches Miteinander. 4 stellt den Rückblick des Autors auf das Konzilsdokument Nostra Aetate im Zusammenhang dar (vgl. Z. 1 37): These und Situationsbeschreibung: Nostra Aetate als Wendepunkt in den Beziehungen der Kirche zum Judentum, danach Antijudaismen aus den offiziellen Dokumenten der christlichen Kirchen verschwunden, aber Zweifel, ob die neue Qualität (Z. 12) der kirchlichen Verlautbarungen in der Öffentlichkeit, aber auch innerkirchlich angemessen wahrgenommen wird; Erinnerung: verhängnisvolle Förderung von Antisemitismus durch christlichen Antijudaismus (vgl. Z. 25 f.); Forderung: Verinnerlichung der jüdischen Wurzeln des Christentums, damit zugleich grundlegende Bekämpfung des Antisemitismus, der immer versucht die jüdischen Wurzeln des Christentums zu leugnen (vgl. Z ); Belege aus Nostra Aetate : Notwendigkeit der Zurückweisung des Vorwurfs des Gottesmordes, besondere Betonung der bleibende[n] Auserwählung Israels (Z. 32) sogar noch im Jahre 1965 (vgl. Z ). 1 2 (I) 4 (I) 4 (I) 6 (I) 1 AFB = Anforderungsbereich

3 Seite 3 von 9 5 arbeitet die zentralen Aussagen des Autors zur gegenwärtigen Situation des jüdischchristlichen Dialogs heraus (vgl. Z ): Skizzierung noch vorhandener Antijudaismen: Sprachgebrauch neues Gottesvolk altes Gottesvolk; Vorbeimogeln an der Grunddifferenz (Z. 51) (unterschiedliche Bewertung der Person Jesu) (vgl. Z ); Forderungen: Wechsel von Formulierungen notwendig ( nie gekündigten Alten Bund, Z. 43, unwiderrufliche[n] Berufung Israels, Z. 47) und Fixierung auf die bleibende Erwählung Israels (Z. 50) ohne die vorhandene Grunddifferenz (Z. 51) zwischen Juden und Christen zu leugnen; Grundlage: Orientierung an der von Papst Johannes Paul II vorgenommenen Verhältnisbestimmung: jüdische Religion gehört zum Inneren (Z. 57) des Christentums; Juden als die bevorzugten Brüder (Z. 58), die älteren Brüder (Z. 59) bzw. Geschwister[n] (Z. 60). 6 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (2) 6 (I) Teilaufgabe 2 1 erläutert das Anliegen des II. Vatikanums etwa folgendermaßen: Öffnung der Kirche zur Welt vor dem Hintergrund der drängenden Fragen der damaligen Zeit; Erkenntnis der Notwendigkeit einer Neubestimmung des Verhältnisses zu anderen Religionen, insbesondere zum Judentum; Besinnung auch vor dem Hintergrund der Gräueltaten der NS Zeit und der langen Schuldgeschichte der Kirche auf eine grundlegende Erneuerung des Verhältnisses zum Judentum. 2 erläutert traditionelle antijüdische Tendenzen in der christlichen Tradition, z. B.: Erlösungsbedürftigkeit Israels, verwirkte Verheißungen; vereinfachende und verzerrende Schemata wie etwa: Verheißung Erfüllung; alter Bund neuer Bund; Gesetzesreligion Glaubensreligion; Betrachtung der jüdischen Geschichte als eine Geschichte des Verworfenseins Betrachtung der christlichen Geschichte als Erlösungsgeschichte; Vorwurf des Bundesbruchs durch fortgesetzte Ablehnung des Glaubens an Jesus als Messias; Übernahme der Verheißungen und des Bundes seitens der Kirche; Ziel der Kirche, das Judentum in die Kirche zu integrieren; Schuld der Juden am Kreuzestod Jesu; verhängnisvolle Legenden. 6 (II) 8 (II) Orientierung für eine 4 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität: weist in wenigstens zwei Aspekten die antijüdischen Tendenzen in der christlichen Tradition nach. Orientierung für eine 8 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität: weist in mehr als zwei Aspekten in differenzierter Weise die antijüdischen Tendenzen in der christlichen Tradition nach.

4 Seite 4 von 9 3 erläutert die These ( kopernikanische Wende in Nostra Aetate ) etwa im Sinne einer weitgehenden und erstmaligen offiziellen Abkehr von traditionellen antijüdischen Tendenzen der christlichen Tradition und führt Belege aus dem Konzilstext und der vorliegenden Ansprache an, z. B. Betonung des Judeseins Jesu, sämtlicher Apostel und Auferstehungszeugen (vgl. Z ; NA Artikel 4); Judentum als Fundament: Säulen und Grundfesten (Z. 37) der Kirche; Verbundenheit der Kirche mit dem Stamme Abrahams (NA Artikel 4); Unwiderrufbarkeit der Gnadengaben Gottes und Bestehen auf der bleibenden Auserwählung Israels (vgl. Z ; NA Artikel 4); Verbot in der Katechese oder Predigt, die Juden als von Gott verworfen oder verflucht dar[zu]stellen (NA Artikel 4); gemeinsame Zukunftsaufgaben von Judentum und Christentum: Schulter an Schulter (NA Artikel 4). Orientierung für eine 4 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität: weist in wenigstens zwei Aspekten die Abkehr von traditionellen antijüdischen Tendenzen in Nostra Aetate nach. Orientierung für eine 8 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität: weist in mehr als zwei Aspekten in differenzierter Weise die Abkehr von traditionellen antijüdischen Tendenzen in Nostra Aetate nach. 4 untersucht die These ( kopernikanische Wende in Nostra Aetate ) kritisch vor dem Hintergrund in Nostra Aetate noch vorhandener traditioneller christlicher Vorurteile, z. B. problematischer Umgang mit der Volk Gottes Metapher: Gewiß ist die Kirche das neue Volk Gottes (NA Artikel 4); Beibehaltung einiger negativer Äußerungen zum Judentum:... ein großer Teil der Juden hat das Evangelium nicht angenommen, ja nicht wenige haben sich seiner Ausbreitung widersetzt. (NA Artikel 4); Erklärung bleibt noch auf der Ebene ungeeigneter Verhältnisbestimmungen: alter Bund neuer Bund, Judentum als Vorstufe der Kirche Richtigstellung durch Johannes Paul II. ( nie gekündigten Alten Bund, Z. 43); Distanzierung durch Zuordnung des Judentums zu anderen nichtchristlichen Religionen Richtigstellung durch Johannes Paul II. ( nicht etwas Äußerliches, Z. 56). 8 (II) 8 (II) Orientierung für eine 4 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität: problematisiert in wenigstens einem Aspekt antijüdische Relikte in Nostra Aetate. Orientierung für eine 8 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität: problematisiert in mehreren Aspekten in differenzierter Weise antijüdische Relikte in Nostra Aetate. 5 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

5 Seite 5 von 9 Teilaufgabe 3 1 stellt die Grunddifferenz etwa folgendermaßen dar: Im christlichen Glauben ist mit Jesus für alle Menschen die Heilszeit angebrochen, er ist der von den Propheten angekündigte Messias. Für Juden muss die messianische Zeit mit einer auch in der Welt sichtbaren Veränderung einhergehen, somit steht für sie die Ankunft des Messias noch aus. Aus dieser grundlegenden Differenz ergeben sich Konsequenzen, z. B.: christliche Sorge um den Osterglauben bei Anerkennung der bleibende[n] Erwählung (Z. 34) des Judentums. 2 begründet die jüdische Anfrage etwa folgendermaßen: Christliche Behauptung einer erfolgten Erlösung steht dem Zustand der Welt entgegen z. B. wegen fehlender sozialer Gerechtigkeit, zunehmender ökologischer Bedrohung und nach wie vor vorhandener Grausamkeiten unter den Menschen. Christliche Sicherheit führt zu Gleichgültigkeit gegenüber den Geschehnissen in der Welt. 3 hinterfragt die jüdische Anfrage etwa folgendermaßen: Kommen des Messias bedeutet nach christlichem Verständnis keine vorhandene Vollendung, sondern ist Hoffnungszeichen. Christlicher Glaube an den Christus ist keine die Welt ignorierende Gewissheit, sondern Vertrauen in den Anfang. Die Anfrage lässt das Bekenntnis zu dem noch nicht ( eschatologischer Vorbehalt) außer Acht. Vernachlässigung schon in dieser Welt vorhandener hoffnungsvoller Ansätze. Auch für das Christentum sind Auschwitz und Hiroshima nicht beantwortet, sondern tiefste Anfragen an den Glauben. 4 entwirft auf dieser Grundlage Perspektiven für einen fruchtbaren Dialog zwischen Juden und Christen, z. B.: deutlichere Anerkennung der Defizite dieser Welt, der noch ausstehenden Erlösung, ohne Aufgabe des Bekenntnisses, dass Gott durch Tod und Auferstehung Jesu Christi auch uns gemeint hat; Aufwertung des noch nicht, ohne das schon aufzugeben; Akzeptanz eines möglichen Widerspruchs statt Verharmlosung des Einspruchs. 6 (II) 6 (III) 6 (III) 10 (III) Orientierung für eine 5 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität: kommt zu in Ansätzen begründeten Schlussfolgerungen für einen fruchtbaren jüdisch christlichen Dialog. Orientierung für eine 10 Gewichtungspunkten entsprechende Lösungsqualität: kommt zu differenzierten und begründeten Schlussfolgerungen im Hinblick auf einen fruchtbaren jüdisch christlichen Dialog. 5 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

6 Seite 6 von 9 b) Darstellungsleistung 1 strukturiert seinen Text schlüssig, stringent sowie gedanklich klar und bezieht sich dabei genau und konsequent auf die Aufgabenstellung. 2 bezieht beschreibende, deutende und wertende Aussagen schlüssig aufeinander. 4 3 belegt seine Aussagen durch angemessene und korrekte Nachweise (Zitate u. a.). 3 4 formuliert unter Beachtung der Fachsprache präzise und begrifflich differenziert. 4 5 schreibt sprachlich richtig (Grammatik, Orthographie, Zeichensetzung) sowie syntaktisch und stilistisch sicher. 5 4

7 Seite 7 von 9 7. Bewertungsbogen zur Prüfungsarbeit Name des Prüflings: Kursbezeichnung: Schule: Teilaufgabe 1 1 kennzeichnet den Text... 2 (I) 2 arbeitet das Thema... 4 (I) 3 arbeitet die Intention... 4 (I) 4 stellt den Rückblick... 6 (I) 5 arbeitet die zentralen... 6 (I) 6 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (2) Summe 1. Teilaufgabe 22 Lösungsqualität EK 2 ZK DK Teilaufgabe 2 1 erläutert das Anliegen... 6 (II) 2 erläutert traditionelle antijüdische... 8 (II) 3 erläutert die These... 8 (II) 4 untersucht die These... 8 (II) 5 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4) Summe 2. Teilaufgabe 30 Lösungsqualität EK ZK DK 2 EK = Erstkorrektur; ZK = Zweitkorrektur; DK = Drittkorrektur

8 Seite 8 von 9 Teilaufgabe 3 1 stellt die Grunddifferenz... 6 (II) 2 begründet die jüdische... 6 (III) 3 hinterfragt die jüdische... 6 (III) 4 entwirft auf dieser (III) 5 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4) Summe 3. Teilaufgabe 28 Summe der 1., 2. und 3. Teilaufgabe 80 Lösungsqualität EK ZK DK Darstellungsleistung 1 strukturiert seinen Text bezieht beschreibende, deutende belegt seine Aussagen formuliert unter Beachtung schreibt sprachlich richtig... 4 Summe Darstellungsleistung 20 Lösungsqualität EK ZK DK Summe insgesamt (inhaltliche und Darstellungsleistung) 100 aus der Punktsumme resultierende Note Note ggf. unter Absenkung um ein bis zwei Notenpunkte gemäß 13 Abs. 2 APO GOSt Paraphe ggf. arithmetisches Mittel der Punktsummen aus EK und ZK: ggf. arithmetisches Mittel der Notenurteile aus EK und ZK: Die Klausur wird abschließend mit der Note: ( Punkte) bewertet. Unterschrift, Datum:

9 Seite 9 von 9 Grundsätze für die Bewertung (Notenfindung) Für die Zuordnung der Notenstufen zu den en ist folgende Tabelle zu verwenden: Note Punkte Erreichte sehr gut plus sehr gut sehr gut minus gut plus gut gut minus befriedigend plus befriedigend befriedigend minus ausreichend plus ausreichend ausreichend minus mangelhaft plus mangelhaft mangelhaft minus ungenügend