FACHGUTACHTEN ZUR RAUMNUTZUNG DES SCHWARZSTORCHS ERWEITERUNG WINDPARK JECKENBACH
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- Sylvia Stieber
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1 FACHGUTACHTEN ZUR RAUMNUTZUNG DES SCHWARZSTORCHS ERWEITERUNG WINDPARK JECKENBACH VERBANDSGEMEINDE MEISENHEIM KREIS BAD KREUZNACH RHEINLAND-PFALZ AUFTRAGGEBER: G.A.I.A. MBH LAMBSHEIM BEARBEITET: Hauptstr Odernheim (06755) Fax VERFASSER: DR. M. STEVERDING, DIPL. BIOL. A. LENK, DIPL. BIOL. ORT/DATUM: ODERNHEIM, AUGUST 2011
2 freilandökologie gutschker - dongus 1 INHALTSVERZEICHNIS Seite 1 EINLEITUNG 2 2 ALLGEMEINES ZUM SCHWARZSTORCH Vorkommen und Bestandsentwicklung Habitatnutzung Jahresperiodik Schwarzstorch und Windenergie 3 3 LAGE DES BRUTVORKOMMES 4 4 BRUTVERLAUF UND BRUTERFOLG 4 5 METHODEN 5 6 ERGEBNISSE DER RAUMNUTZUNGSBEOBACHTUNG Datenmenge Chronologie der Beobachtungstage Verteilung der Abflugrichtungen 9 7 SCHLUSSFOLGERUNGEN 9 8 LITERATUR 10
3 freilandökologie gutschker - dongus 2 1 EINLEITUNG Im Frühjahr 2010 siedelte sich ein Schwarzstorchpaar in der Nähe der Ortslage Hundsbach in der Verbandsgemeinde Meisenheim am südlichen Rand des Kreises Bad Kreuznach an. Die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfiehlt einen Ausschlussradius für die Windenergienutzung von 3 km um Brutplätze des Schwarzstorches. Jedoch sind in einer Entfernung von etwa 1,5 bis 2,3 km zum Horst bereits vier Windenergieanlagen (WEA) am Standort Jeckenbach vorhanden. Zur Beurteilung der Verträglichkeit einer Erweiterung des bestehenden Windparks Jeckenbach mit dem Brutvorkommen des Schwarzstorches wurde im Frühling/Sommer 2011 eine Raumnutzungsanalyse des Storchenpaares durchgeführt. In dem vorliegenden Gutachten werden die Ergebnisse der Raumnutzungsanalyse vorgestellt und ihre Verträglichkeit mit dem Schwarzstorchvorkommen anhand der Beobachtungsergebnisse beurteilt. 2 ALLGEMEINES ZUM SCHWARZSTORCH 2.1 Vorkommen und Bestandsentwicklung Der Schwarzstorch (Ciconia nigra) ist im Gegensatz zum Weißstorch ein scheuer Bewohner störungsarmer Lebensräume und brütet in Mitteleuropa fast ausschließlich im Wald. Nachdem die Art in Deutschland am Rande der Ausrottung gestanden hatte, haben die Bestände des Schwarzstorches in den letzten Jahrzehnten wieder deutlich zugenommen und große Teile seines ursprünglichen Areals wurden wiederbesiedelt. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gab es in Deutschland nur noch etwa 10 bis 25 Brutpaare (Janssen et al. 2004), aktuell wird der Bestand auf etwa 500 bis 530 Paare geschätzt (Südbeck et al. 2007). Der Schwarzstorch wird nicht mehr in der Roten Liste der gefährdeten Vogelarten Deutschlands aufgeführt. Der Schwarzstorch ist nach Bundesartenschutzverordnung streng geschützt und im Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie aufgeführt. Die heutigen Verbreitungsschwerpunkte in Deutschland liegen in den Mittelgebirgen in Höhen zwischen 250 und 600 m, sowie in den größeren Waldgebieten Niedersachsens, Brandenburgs und Sachsen-Anhalts. Als Kerngebiete werden Harz, Solling, Nordhessisches Bergland, Rothaargebirge, Westerwald, Vogelsberg, Rhön, Thüringer Wald, Frankenwald, Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald, Sächsisches Bergland, Erzgebirge und Elbsandsteingebirge genannt (Janssen et al. 2004). In Rheinland-Pfalz gab es wahrscheinlich Anfang des 20. Jahrhunderts letzte Brutvorkommen, danach verschwand der Schwarzstorch vollständig. Ab den 1970er-Jahren gab es vermehrt Sichtbeobachtungen und 1982 erfolgte der erste Brutnachweis im Ahrgebirge. Der Bestand stieg dann kontinuierlich auf 20 bis 28 Paare im Jahr 2002 an (Janssen et al. 2004) und dürfte heute noch etwas höher liegen. Nordwestlich der Nahe sind fast alle Messtischblätter besiedelt, während im Süden und Südosten noch sehr große Lücken bestehen (Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung 2011). 2.2 Habitatnutzung Schwarzstörche brüten in Rheinland-Pfalz in störungsarmen alten Waldbeständen und suchen ihre Nahrung überwiegend in Bächen und anderen Gewässern. Bei der Wahl des Brutplatzes spielt weniger die Größe des Waldes, sondern vor allem die Ungestörtheit eine Rolle (Janssen et al. 2004). Als Brutbäume werden große alte Bäume mit starken Ästen bevorzugt, wo der Horst vor starker Sonneneinstrahlung geschützt unter dem Kronenschirm angelegt werden kann. Diese Bedingungen werden in Deutschland am besten von alten Eichen, Buchen oder Kiefern erfüllt. Der Horstbaum muss für die großen Vögel frei
4 freilandökologie gutschker - dongus 3 anzufliegen sein, er sollte daher in der Nähe einer Schneise oder einer größeren Lücke im Kronendach stehen (Janssen et al. 2004). Horste können über Jahrzehnte, z.t. bis zu 40 Jahre lang genutzt werden. Allerdings sind solche langen Horstnutzungszeiten in den intensiv durch Menschen genutzten Landschaften Mitteleuropas kaum zu erwarten. Schwarzstörche können Greifvogelhorste als Unterlage für ihren eigenen Horst nutzen, belegt ist eine Nutzung von Mäusebussard-, Habicht-, Rotmilan-, Seeadler-, Fischadler-, Schreiadler- und Falkenbussardhorsten (Janssen et al. 2004). Das im Rahmen der vorliegenden Untersuchung beobachtete Paar nutzte einen besetzten Habichthorst als Unterlage und vertrieb die Habichte offensichtlich aktiv (s. Kap. 4). Als Nahrungshabitate werden vor allem in den Mittelgebirgsregionen Waldbäche bzw. von Bäumen gesäumte Bäche sowie in den Bachtälern gelegene Teiche genutzt (Janssen et al. 2004). Als Nahrung dienen überwiegend Fische, u.a. Bachforellen, jedoch auch Amphibien und Wirbellose. Kleinsäuger und Reptilien werden dagegen seltener erbeutet (Janssen et al. 2004). Schwarzstörche unternehmen z.t. weite Flüge zu geeigneten Nahrungshabitaten. Durch Satellitentelemetrie wurde die Nutzung von Nahrungshabitaten in über 20 km Entfernung zum Horst nachgewiesen. 89 % der Registrierungen des telemetrierten Paares fanden in einem Radius von 20 km um den Horst und 55 % in einem Radius von 10 km. Die Vögel unternahmen also regelmäßig sehr weite Nahrungsflüge (Laguet 2001 in Janssen et al. 2004). 2.3 Jahresperiodik Die Ankunft am Brutplatz erfolgt in Mitteleuropa überwiegend von Mitte März bis Mitte April (Janssen et al. 2004), in Rheinland-Pfalz bereits ab etwa Ende Februar/Anfang März (Hormann mdl.). Die Partner treffen meist getrennt am Brutplatz ein, das Männchen meist vor dem Weibchen, es ist aber auch paarweises Eintreffen beobachtet worden (Janssen et al. 2004). Die Eiablage beginnt im westlichen Mitteleuropa und somit auch in Rheinland-Pfalz meist zwischen Ende März und Mitte April. Das Gelege aus meist drei bis fünf Eiern wird etwa 35 bis 36 Tage lang bebrütet. Nachts brütet ausschließlich das Weibchen, tagsüber brüten beide Partner abwechselnd (Janssen et al. 2004). Die Jungen werden während der ersten drei bis vier Lebenswochen ständig von einem Altvogel bewacht. Der am Horst wachende Altvogel fliegt bei Eintreffen des Partners mit Nahrung in der Regel sofort ab. Die Anzahl der täglichen Fütterungen liegt je nach Alter und Anzahl der Jungen zwischen 2 und 12, manchmal bis zu 14. Die Jungstörche werden mit 63 bis 71 Tagen flugfähig und kehren dann noch bis zu 14 Tage lang zu Fütterungen bzw. zum Übernachten zum Horst zurück (Bauer et al. 2005). Fälle von deutlich längerer Nestbindung von Jungstörchen nach dem ersten Ausfliegen kommen vor (Janssen et al. 2004). Der Wegzug in die afrikanischen Winterquartiere erfolgt frühestens ab Ende August. 2.4 Schwarzstorch und Windenergie Die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfiehlt um Brutplätze des Schwarzstorches einen Ausschlussradius von 3 km für die Windenergienutzung (LAG-VSW 2007). Dieser große empfohlene Ausschlussradius folgt dem Vorsorgeprinzip aufgrund des unzureichenden Wissensstandes zur Empfindlichkeit des Schwarzstorches gegenüber WEA. Bundesweit ist bislang ein Kollisionsopfer eines Schwarzstorches an einer WEA aus dem Jahr 1998 im Windpark Ulrichstein im Vogelsberg (Hessen) dokumentiert (Dürr 2011). Es handelte sich hierbei um einen wenig flugerfahrenen Jungvogel kurz nach dem Flüggewerden (Janssen et al. 2004). Da seit dem trotz der erheblichen Zunahme der Windenergieanlagen und der Zunahme des Schwarzstorchbestandes keine Kollisionsopfer mehr gefunden wurden, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer geringen Kollisionsgefahr ausgegangen werden.
5 freilandökologie gutschker - dongus 4 Der Meidungsabstand gegenüber WEA ist nicht hinreichend bekannt, liegt aber offensichtlich unter einem Kilometer (u.a. Korn et al. 2004). Im Hunsrück gibt es Ansiedlungen von Schwarzstörchen in weniger als m Entfernung zu bestehenden WEA und auch das im vorliegenden Gutachten beobachtete Paar siedelte sich in etwa 1,5 km Entfernung zu einem aus vier Anlagen bestehenden Windpark an. 3 LAGE DES BRUTVORKOMMES Der Brutplatz des Schwarzstorchpaares befindet sich in einem Seitentälchen des Hundsbachtals etwa 1,6 km südöstlich der Ortslage Hundsbach und etwa 1,5 km nördlich der Ortslage Schweinschied. Der Horst steht in einem relativ kleinen Waldbestand in einem Buchen-Altholz in nordostexponierter Hanglage. Es handelt sich um einen ehemaligen Habichthorst, der im Frühjahr 2010 von den Störchen übernommen bzw. erobert wurde. Die weitere Umgebung des Brutplatzes zeichnet sich durch eine reich strukturierte Landschaft mit bewegtem Relief aus: Das Tal des Hundsbaches zwischen Jeckenbach und der Lochmühle sowie die angrenzenden Kuppen Hohnknöpfchen und Diezenknöpfchen sind bewaldet, die umgebenden Hochflächen sind landwirtschaftlich genutzt und enthalten insbesondere in dem Bereich westlich des Brutplatzes großflächige ökologisch hochwertige Magerwiesen. In einer Entfernung von etwa 1,5 bis 3 km westlich des Horstes liegt der Schweinschieder Wald. Potenzielle Nahrungshabitate in der näheren Umgebung des Brutplatzes sind der Hundsbach zwischen Jeckenbach und der Lochmühle (kürzeste Entfernung knapp 500 m) und das Bachtal im Schweinschieder Wald (Straße von Hundsbach nach Schweinschied bzw. rund um die Ortslage Schweinschied, kürzeste Entfernung etwa 1,7 km). Alle anderen als Nahrungshabitate potenziell geeigneten Gewässer liegen in Entfernungen von mehr als 2 km zum Brutplatz. 4 BRUTVERLAUF UND BRUTERFOLG Bei der Kartierung der Greifvogelhorste im Rahmen der ornithologischen Erhebungen im März 2010 war der Horst noch von Habichten besetzt und mit frischen Nadelbaumzweigen belegt. Im Laufe des Frühlings ist er dann von den Schwarzstörchen besetzt worden, die spät mit der Brut begonnen haben. Die Brut war erfolgreich, mindestens drei bis vier Jungstörche sind im August flügge geworden traf das Brutpaar frühestens gegen Ende März und damit später als z.b. das bekannte Brutpaar im Soonwald im Revier ein. Am konnte dann ein Schwarzstorch brütend auf dem Horst nachgewiesen werden. Am erfolgte dann eine vorsichtige Kontrolle vom nahe gelegenen Rückeweg aus, der einen guten Blick in den knapp unterhalb Augenhöhe gelegenen Horst ermöglich: Ein Altvogel wachte auf dem Horst und es waren ca. eine Woche alte Küken zu erkennen. Der Schlupftermin dürfte somit um den gelegen haben. Am erfolgte eine zweite und letzte Horstkontrolle: Fünf nahezu erwachsene Junge mit letzten Dunenresten auf dem Köpfen und noch relativ kurzen Schnäbeln standen auf dem Horst. Am wurden die Altvögel noch futtertragend beobachtet, am waren keine Störche mehr im Brutrevier zu sehen. Die Jungstörche sind somit im Zeitraum zwischen dem 19. und dem ausgeflogen.
6 freilandökologie gutschker - dongus 5 5 METHODEN Die Raumnutzungsanalyse wurde während der Jungenaufzuchtszeit von Mai bis Juli durchgeführt. Dazu wurden die Flugwege der Altstörche von und zum Horst über eine möglichst große Flugstrecke protokolliert. Die Beobachtungen erfolgten an 10 Tagen jeweils simultan an drei Beobachtungspunkten: 1. Oberes Ende des Horsttälchens: Aus einer Distanz von knapp 900 m war der Abhang in dem sich der Horst befindet, so gut zu sehen, dass an- und abfliegende Störche mit bloßem Auge ausgemacht werden konnten. Es konnten An- und Abflüge ins Hundsbachtal, sowie über den Bereich Im weißen Land (Militärfläche) und nach Osten gesehen werden. Der Windpark Jeckenbach ist eingeschränkt sichtbar. 2. Plateau südlich von Hundsbach: Von diesem Punkt aus waren insbesondere alle Flüge in westliche Richtung (Bereich Schweinschieder Wald), aber auch in Richtung Nord (Windpark Jeckenbach) gut zu beobachten. 3. Hang westlich von Schweinschied: Von diesem Punkt aus waren insbesondere die Flüge in südliche Richtung zu sehen, z.b. Einflüge in das Bachtal zwischen Schweinschied und Hundsbach, sowie weit nach Süden/Südosten verlaufende Flüge etwa in Richtung des Glantals. Alle drei Beobachter standen mit Mobiltelefonen miteinander in Verbindung, so dass eine lückenlose Verfolgung der Flüge durch den gesamten von allen drei Beobachtern überblickten Raum gewährleistet war. Die Beobachtungen erfolgten abwechselnd von der Morgendämmerung bis zum Mittag und von frühen Nachmittag bis zur Abenddämmerung. Die Flugwege wurden mit Uhrzeiten und mit Schätzung der Flughöhe in Feldkarten übertragen. Anschließend wurden alle Flugwege in GIS eingegeben und ausgewertet. Die Ungenauigkeit der verzeichneten Flugstrecken innerhalb der Plangebiete Windpark Jeckenbach und Schweinschieder Wald dürfte bei maximal etwa 100 m liegen. Bei Flügen, die von zwei Beobachtern zugleich protokolliert wurden, lag die Abweichung der in den Feldkarten verzeichneten Flugwege bei wenigen Metern bis maximal etwa 100 m. In diesen Fällen wurde ein mittlerer Verlauf zwischen beiden Strecken angenommen. Deutlich größere Ungenauigkeiten gab es bei Fernflügen weit über den Betrachtungsraum hinaus, was jedoch für die hier bearbeitete Fragestellung nicht erheblich ist. Im Horstbereich erfolgten die An- und Abflüge in der Regel gut sichtbar über den Baumkronen. Selten flogen die Vögel jedoch auch nicht sichtbar unter den Baumkronen hindurch, so dass nicht ganz auszuschließen ist, dass vereinzelte An- oder Abflüge nicht gesehen wurden. Tab. 1: Übersicht der Beobachtungstage Datum Uhrzeit Wetter :30 bis 12:00 Sonnig, später leichte Schauer, windig :45 bis 22:15 Sonnig und heiß :30 bis 12:00 Anfangs trüb, dann sonniger, warm, schwachwindig :00 bis 22:00 Bewölkt und warm, schwachwindig :30 bis 12:00 Bewölkt, etwas Regen, böiger Wind :30 bis 22:00 Sonnig und heiß, schwachwindig :30 bis 12:00 Sonnig und heiß, schwachwindig :45 bis 21:45 Schwülheiß, Gewitter, schwacher Wind :30 bis 12:00 Bewölkt, zunehmend sonnig, schwachwindig :30 bis 21:30 Bewölkt, geringer Regen, schwachwindig
7 freilandökologie gutschker - dongus 6 Die Wetterbedingungen waren fast durchgehend gut. Lediglich am herrschte etwa während der ersten Beobachtungsstunde schlechte Sicht und am musste die Beobachtung wegen eines Gewitters für etwa 45 min unterbrochen werden. Die meisten Beobachtungstage zeichneten sich durch sommerlich warmes Wetter aus. Vormittags etwa ab 10 Uhr und abends bis etwa 18 Uhr herrschte an diesen Tagen gute Thermik, was an den zahlreichen segelnden Greifvögeln gut zu erkennen war. 6 ERGEBNISSE DER RAUMNUTZUNGSBEOBACHTUNG 6.1 Datenmenge An 9 der 10 Beobachtungstage konnten Flüge von Schwarzstörchen protokolliert werden. Erfolglos war lediglich der letzte Beobachtungstag ( ), da die Jungstörche offensichtlich bereits den Horstbereich verlassen hatten und auch kein abendlicher Heimflug der Storchenfamilie beobachtet werden konnte. Tab. 2 zeigt die Anzahl der an den jeweiligen Beobachtungstagen protokollierten An- und Abflüge. Dabei wurde jeder Flug eines Individuums gewertet, d.h. paarweise An- oder Abflüge wurden jeweils als zwei Flüge gezählt. Tab. 2: Anzahl beobachteter An- und Abflüge Datum Anflüge Abflüge gesamt Insgesamt sind 18 An- und 19 Abflüge, also 37 Flüge protokolliert worden. Somit wurden durchschnittlich etwa 4 Flüge pro Beobachtungstag registriert. Die Spanne reicht von nur einem Flug am bis zu 7 Flügen am Der erste morgendliche Abflug und der letzte abendliche Anflug sind nie beobachtet worden, sie fanden offensichtlich meistens in der Dämmerung bei schwachen Lichtverhältnissen statt und waren daher in der relativ großen Entfernung des Beobachtungspunktes 1 vom Horst nicht mehr wahrnehmbar. Ein Einfluss des Wetters auf die Häufigkeit der Flüge war nicht zu erkennen. Der ergiebigste Beobachtungstag (21.6.) war sogar der Tag mit den schlechtesten Wetterverhältnissen, während am nahezu perfekt sonnigen 5.7. nur ein einziger Anflug beobachtet wurde. Die Morgenbeobachtungen waren insgesamt etwas ergiebiger (4,4 Flüge pro Beobachtungstag) als die Abendbeobachtungen (3,75 Flüge pro Beobachtungstag), jedoch kann der relativ geringe Unterschied zufallsbedingt sein.
8 freilandökologie gutschker - dongus Chronologie der Beobachtungstage (morgens) Der erste beobachtete Einflug erfolgte um 6:40 Uhr aus dem nahe gelegenen Hundsbachtal. Der Abflug des vermutlich anderen Partners erfolgte um 7 Uhr in westliche Richtung quer über das Plateau und den Schweinschieder Wald hinweg in relativ geringer Flughöhe. Um 9:02 kam der Storch in etwa 80 m hohem Flug über dem Plateau aus westlicher Richtung zurück zum Horst. Zwei Minuten später erfolgte der Abflug des vermutlich anderen Partners. Er kreiste in nordwestlicher Richtung hoch und glitt westwärts, um am Odenborner Kopf noch einmal kurzzeitig Höhe zu gewinnen. Um 11:33 kam der Storch aus nordwestlicher Richtung in gut 100 m Flughöhe zurück und flog mit einer Schleife über dem Diezenknöpfchen in den Horstbereich ein. Der Abflug des vermutlich anderen Partners erfolgte um 11:37 niedrig über den Baumkronen nach Osten. Er flog aber nicht ins Hundsbachtal ein, sondern wurde von dem Beobachter an Beobachtungspunkt 3 östlich von Schweinschied über 100 m hoch fliegend gesehen. Er stieg kreisend auf mehr als 300 m Höhe auf und flog sehr weit nach Südosten bis etwa in die Gegend von Becherbach bei Meisenheim, wo er um 11:50 außer Sicht geriet (abends) Um 17:15 flog ein Storch niedrig von Süden her in den Horstbereich ein. Kurz darauf war für einen Moment ein Storch zwischen den Bäumen zu sehen, was möglicherweise bereits der abfliegende Partner gewesen ist, denn um 17:30 wurde ein aus Richtung Horstbereich kommender Schwarzstorch etwa nördlich von Löllbach mehrere 100 m hoch kreisend und segelnd beobachtet. Ob er sich nahe Löllbach niederließ oder noch weiter flog, blieb unklar. Um 19:14 flog ein Storch niedrig über den Baumkronen nach Osten Richtung Hundsbachtal ab und kehrte bereits nach 12 Minuten auf gleichem Wege in den Horstbereich zurück. Um 20:18 kehrte der um 17:30 abgeflogene Vogel in niedrigem Flug aus Richtung Hundsbachtal (Osten) zurück. Der vermutlich andere Partner flog direkt danach niedrig nach Südwesten über das Militärgelände, schwenkte über dem Ringberg mehr in südliche Richtung und flog mit kurzzeitigem Kreisen weit nach Süden/Südwesten ab (morgens) Um 5:55 flog ein Storch aus dem Horstbereich das Tälchen aufwärts nach Nordwesten, um dann um das Diezenknöpfchen herum ostwärts Richtung Hundsbachtal zu schwenken. Erst um 10:24 kehrte der Storch aus Richtung Hundsbachtal in den Horstbereich zurück. Um 10:25 flogen beide Störche gemeinsam nach Nordosten ab, wobei sie in starker Thermik extrem hoch aufstiegen und in einer Höhe von deutlich mehr als m knapp südlich des Windparks Jeckenbach sehr weit nach Osten/Nordosten segelten (abends) Um 19:17 Uhr flog ein Storch von Südwesten her niedrig über das Militärgelände und mit einer kleinen Schleife in den Horstbereich ein. Um 19:19 flog der vermutlich andere Partner niedrig Richtung Osten ab und schraubte sich über dem Hundsbachtal bis in etwa 150 m Höhe hinauf und flog entlang des Südabhangs des Schweinschieder Waldes nach Südwesten/Westen. Dort ließ er sich nach einem Abstecher in westliche Richtung im Bachtal westlich von Schweinschied nieder. Ein Abflug von dort wurde nicht mehr gesehen (morgens) Der erste beobachtete Abflug erfolgte um 5:47 in westliche Richtung knapp nördlich des Beobachtungspunktes 2. Ob er südlich von Hundsbach im Bachtal landete oder in geringer Flughöhe weiter nach Westen flog, blieb unklar. Um 8:33 kam der Storch aus Richtung West/Südwest über den Bereich Am weißen Land in ca. 80 m Flughöhe zurück und landete südwestlich des Horstbereiches auf einem Acker. Um 8:50 erfolgte dann der Einflug zum Horst.
9 freilandökologie gutschker - dongus 8 Um 9:09 flog ein Storch aus dem Horstbereich nach Südosten ab und erschien nördlich von Schweinschied im Blickfeld des Beobachtungspunktes 3. Er flog hangparallel dicht über den Baumkronen weit nach Westen und geriet nördlich von Hoppstädten außer Sicht. Um 10:24 kam ein Storch niedrig aus Richtung West/Südwest und flog den Bereich Am weißen Land querend zum Horst. Er trug ein nicht näher bestimmbares Objekt im Schnabel, es blieb unklar, ob es sich um Beute oder Nistmaterial handelte. Fast zeitgleich kam der zweite Vogel niedrig aus Nordwest und flog ebenfalls in den Horstbereich ein. Ein Storch flog dann nach Süden ab, wurde aber von Beobachtungspunkt 3 nicht mehr gesehen. Somit ist er wahrscheinlich nahe der Ortslage Schweinschied gelandet. Der zweite Vogel flog in 100 bis 200 m Höhe östlich von Schweinschied weit nach Südosten (abends) Um 18:41 flog ein Storch niedrig aus Richtung Hundsbachtal in den Horstbereich ein. Fast genau zwei Stunden später flog der zweite Vogel auf gleichem Wege ein und fast unmittelbar flog einer der beiden wieder in Richtung Hundsbachtal ab. Zu diesem Zeitpunkt wurde auf zahlreichen Grünlandflächen der direkten Umgebung zeitgleich Heu gewendet oder gepresst. Möglicherweise wirkte sich der aus vielen Richtungen zugleich kommende Traktorenlärm auf das Flugverhalten der Störche aus (morgens) Es wurde nur ein einziger Anflug beobachtet: Ein Storch kam um 10 Uhr niedrig aus West/Südwest quer über das Plateau und flog mit einer kleinen Schleife in den Horstbereich ein (abends) Um 16:53 kam ein Storch niedrig über den Odenborner Kopf und flog quer über das Plateau in den Horstbereich ein. Fast unmittelbar danach erfolgte ein Abflug nach Osten. Der Storch kreiste mit Flügelschlägen unterstützt über dem Hügel Kohlmess und dann über dem Hohnknöpfen auf eine Flughöhe von etwa 150 m hoch und westlich des Windparks Jeckenbach nach Nordosten. Die Rückkehr zum Horst erfolgte kurz nach 19 Uhr etwa aus Richtung Bärweiler kommend auf einem gegenüber dem Hinflug etwas weiter westlich gelegenen Kurs. Die Flughöhe über dem Grund lag dabei anfangs bei über 100 m. Um 19:10 flog ein Storch aus dem Horstbereich wiederum nach Nordosten ab und durchquerte den Windpark Jeckenbach zwischen der von Westen betrachtet ersten und zweiten WEA (morgens) Um 10:01 flogen beide Altvögel aus Richtung Hundsbachtal in den Horstbereich ein. Der Abflug des ersten Vogels 10 Minuten später erfolgte in Richtung Ost/Südost. Von Beobachtungspunkt 3 aus konnte der Abflug östlich von Schweinschied sehr weit nach Südosten verfolgt werden. Um 10:39 erfolgte der Abflug des zweiten Vogels nach Südosten, er erschien aber nicht im Blickfeld des Beobachtungspunktes (abends) Es wurde kein Storch mehr beobachtet, die Familie hatte das Brutrevier offensichtlich bereits verlassen.
10 freilandökologie gutschker - dongus Verteilung der Abflugrichtungen Die insgesamt 37 Flüge teilen sich in die vier Haupt-Flugrichtungen auf: 11 Flüge erfolgten niedrig nach/von Osten, wobei die Störche offensichtlich das nur etwa 500 m entfernt gelegene Hundsbachtal aufgesucht haben. Insgesamt 14 Flüge fanden nach bzw. von Westen/Südwesten statt. Fast alle Flüge von und nach Westen fanden in geringer Höhe von deutlich unter 100 m statt, mehrfach wurde das südlich von Hundsbach gelegene Plateau dabei im Tiefflug überquert. 7 Flüge erfolgten nach bzw. von Osten/Südosten, dabei führten vier Flüge über eine Distanz von mehreren Kilometern. Die langen Flüge in diese Richtung wurden im Segelflug unter Ausnutzung der Thermik zurückgelegt. 5 Flüge fanden von/in nordöstliche Richtung statt, davon erfolgte ein Flug zwischen den bestehenden WEA am Standort Jeckenbach hindurch. Der gemeinsame Abflug beider Störche am erfolgte mit starker Thermikunterstützung in sehr großer Höhe, die drei übrigen Flüge in diese Richtung fanden in mittlerer Höhe von bis zu 150 m statt. Die Flugrichtungen lassen eine hauptsächliche Nutzung folgender Nahrungsgewässer bzw. Gewässersysteme vermuten: Die niedrigen Abflüge nach Osten dürften zum Hundsbach führen (s.o.). Die Flüge nach Westen über den Schweinschieder Wald hinweg könnten zumindest zum Teil in das Tal des Hachenbaches (Antestal) führen. Der Hachenbach gehört zu den größeren und damit wahrscheinlich auch zu den fischreicheren Bächen der Region. Die langen Flüge in nordöstliche Richtung könnten ins Nahetal und die längeren Flüge nach Südosten ins Glantal geführt haben. 7 SCHLUSSFOLGERUNGEN Der aktuell aus vier WEA bestehende Windpark Jeckenbach, dessen Erweiterung geplant ist, liegt nordöstlich des Horstes. Fünf von insgesamt 37 Flügen führten in bzw. kamen aus nordöstlicher Richtung. Somit liegt das Plangebiet innerhalb eines zwar noch regelmäßig, aber insgesamt relativ selten durchflogenen Bereiches. Die fünf registrierten Flüge konzentrieren sich auf zwei Beobachtungstage: Abflug des Paares am 7.6. (als zwei Flüge gewertet, s. 7.1) und drei Flüge am Einer der Flüge erfolgte zwischen den bereits bestehenden WEA hindurch. Die WEA verursachen somit offensichtlich keine nennenswerte Barrierewirkung für Flüge zwischen Horst und Nahrungshabitaten. Daher ist hier vor allem das potenzielle Kollisionsrisiko zu berücksichtigen. Von den fünf beobachteten Flügen im Nordostsektor verliefen drei außerhalb des potenziellen Gefahrenbereiches eines möglichen erweiterten Windparks Jeckenbach: Der Paarabflug am 7.6. erfolgte über dem Plangebiet in extrem großer Höhe und damit außerhalb der Reichweite von WEA-Rotoren. Einer der drei Flüge am verlief nördlich der L 375 und damit nördlich des Plangebietes. Die beiden übrigen Flüge am fanden innerhalb des potenziellen Gefahrenbereiches eines möglichen vergrößerten Windparks Jeckenbach statt: Ein Flug führte westlich an den vier bestehenden WEA vorbei nach Nordosten in Richtung Bärweiler, der andere Flug führte durch den bereits bestehenden Windpark. Beide Flüge erfolgten in potenziell kollisionsgefährlicher Höhe. Somit fanden zwei von 37 beobachteten Flügen innerhalb eines potenziellen (davon einer innerhalb des bereits bestehenden) Gefahrenbereiches statt. Da das Kollisionsrisiko des Schwarzstorches mit WEA als relativ gering einzustufen ist (s. 2.3), ist nicht mit einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch einen erweiterten Windpark Jeckenbach zu rechnen. Da sich der Schwarzstorch in 1,5 km Entfernung zu den vier bestehenden WEA angesiedelt hat, scheint keine gravierende Störungswirkung von den Anlagen auszugehen. Jedoch kann daraus und aus dem beobachteten Flug durch den Windpark keine generelle
11 freilandökologie gutschker - dongus 10 Störungsunempfindlichkeit abgeleitet werden. Daher darf der jetzt bestehende kürzeste Abstand von etwa m zwischen Schwarzstorchhorst und nächstgelegener WEA nicht unterschritten werden. Das heißt, dass neue WEA in mindestens 1,5 km Abstand zum Schwarzstorchhorst zu errichten sind. In Abhängigkeit von Typ und Position der neuen WEA sowie von den Ergebnissen der Analyse der Sichtbeziehung zwischen Horst und WEA ist dieser Abstand auf bis zu m zu erweitern. Eine Störungswirkung auf das Brutpaar kann aus artenschutzrechtlichen Gründen nicht riskiert werden: Aufgrund der Seltenheit der Art kann eine Störung im Brutverlauf eines Paares zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der (je nach Abgrenzung aus dem einen oder zumindest sehr wenigen Brutpaaren bestehenden) lokalen Population führen. Damit wäre die Störung erheblich und somit läge ein Verbotstatbestand nach 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG vor. 8 LITERATUR BAUER, H.-G., BEZZEL, E. & W. FIEDLER (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Aula Verlag, Wiebelsheim DÜRR, T. (2011): Daten aus der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesumweltamt Brandenburg. 18. Januar JANSSEN, G., HORMANN, M. & C. ROHDE (2004): Der Schwarzstorch. Die Neue Brehm- Bücherei. KORN, M., STÜBING, S. & A. MÜLLER (2004): Schutz von Großvögeln durch Festlegung pauschaler Abstandsradien zu Windenergieanlagen Möglichkeiten und Grenzen. Bremer Beiträge Naturkd. Natursch. 7: SÜDBECK, P., BAUER, H.-G., BOSCHERT, M., BOYE, P. & W. KNIEF (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands. 4. Fassung, 30. November Ber. Vogelschutz 44: Internet: Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung (2011). enze&schluessel= (Abrufdatum )
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