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- Georg Straub
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1 Kurzfassung 7 Kurzfassung In der vorliegenden Dissertation werden vorhandene Nachhaltigkeitsbewertungssysteme vorgestellt, analysiert und hinsichtlich verschiedener Kriterien verglichen. Basierend auf den vorhandenen Systemen und den Ergebnissen des Vergleichs wird ein ökonomischökologisches Bewertungssystem für die Sanierung von Altbauten entwickelt, das einen besonderen Schwerpunkt auf die Sanierung mittels traditioneller Bauweisen setzt. Dabei werden neben traditionellen Bauweisen wie beispielsweise der Einsatz von Lehm, die Nutzung alter Handwerkstechnik, intelligente Gebäudegestaltung zur Kühlung/Heizung etc. selbstverständlich auch moderne, effiziente Heizungssysteme u. ä. berücksichtigt. Abb. 0-1: Grobe Struktur des Bewertungssystems (Quelle: Eigene Zeichnung)
2 8 Stefan Dirlich Methodisches Vorgehen In der Arbeit wird das nachhaltige bzw. ökologische Bauen als eine wichtige Maßnahme im Rahmen des Klimaschutzes identifiziert und die möglichen Einsatzbereiche bei der Sanierung von Bestandsbauten dargestellt. Traditionelle Bauweisen aus aller Welt werden anhand einiger Länderbeispiele vorgestellt und gemeinsame Prinzipien, die bei der Sanierung bestehender Gebäude aber auch beim Bau neuer Häuser Vorteile bieten, benannt. Mittels einer vergleichenden Untersuchung und kritischen Betrachtung existierender Bewertungssysteme für nachhaltiges Bauen, die vor allem in Großbritannien, den USA, Japan, Kanada, Australien und ab Anfang 2009 auch in Deutschland zum Einsatz kommen, werden Kriterien herausgearbeitet, die für ein System wichtig sind, dessen Schwerpunkt auf Bestandsbauten liegt und in dem auch traditionelle Bauweisen ein Rolle spielen. Übergeordnetes Ziel des Bewertungssystems ist die Information von Planern, Bauherren und sonstigen am Bauprozess Beteiligten mittels eines Instruments, mit dem veranschaulicht werden kann, dass eine Erhöhung der Ressourceneffizienz bei gleichzeitiger bauwerkserhaltender Sanierung möglich ist. Ergebnisse Ein Bewertungssystem, das als Grundlage eines internationalen Standards dienen kann, sollte sich am deutschen Gütesiegel orientieren. Das seit Anfang 2009 verfügbare System konnte durch die späte Entwicklung die Erfahrungen der früheren Systeme nutzen und besitzt eine ausgesprochen durchdachte und intelligente Struktur. Die einbezogenen Kategorien sollten damit die folgenden sein: Ökologische Qualität (entsprechend Gütesiegel) Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt Ressourceninanspruchnahme/Abfallaufkommen Ökonomische Qualität (entsprechend Gütesiegel) Lebenszykluskosten Wertentwicklung Soziokulturelle und funktionale Qualität (entsprechend Gütesiegel) Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit Funktionalität Gestalterische Qualität Technische Qualität (entsprechend Gütesiegel) Qualität der technischen Ausführung
3 Kurzfassung 9 Prozessqualität (entsprechend Gütesiegel) Qualität der Planung Qualität der Bauausführung Bestandsqualität (neu aufgenommen) Traditionelle Bauweisen (mit den Einzelkriterien: Bauausführung in traditioneller Bauweise, Einsatz traditioneller Materialien, Denkmalgerechte Architektur) Sonstige Bestandbesonderheiten (mit den Einzelkriterien: Nutzung regionaler Handwerker, Erhalt bestehender Grundrisse/Strukturen, Detaillierte Bestandsaufnahme) Standortqualität (entsprechend Gütesiegel) Zusätzlich zu den vom Gütesiegel berücksichtigten Kriterien bietet es sich an, eine neue Kategorie Bestandsqualität einzuführen, in der alle wichtigen Aspekte im Zusammenhang mit bestehenden Bauten und deren Sanierung auf traditionelle Bauweise erfasst und geprüft werden können. Als Kriterien für diese neue Kategorie sollen die im Folgenden beschriebenen betrachtet werden, die bei Beachtung für einen angemessenen und architektonisch günstigen Beitrag zum nachhaltigen Bauen durch die Nutzung traditioneller Bauweisen und den behutsamen Umgang mit dem Bestand sorgen. Bauausführung in traditioneller Bauweise Ein wichtiger Aspekt des traditionellen Bauens ist der Einsatz traditioneller Handwerkskunst bei der Sanierung von Bestandsbauten. Dies kann in der Nutzung der Zimmermannskunst bei der Durchführung von Ausbesserungsarbeiten bei Holzbalken und da insbesondere die Holzverbindungen oder das Anmischen und Aufbringen von Lehmputz bestehen, also eigentlich alle althergebrachten Handwerkstechniken, die auch schon bei der Erstellung des jeweiligen Altbaus genutzt wurden. Der Vorteil für das Haus liegt darin, dass eine derartige Herangehensweise mit hoher Wahrscheinlichkeit bauwerkserhaltend wirkt und zudem der Substanz und der Atmosphäre eines alten Gebäudes hervorragend entspricht. Einsatz traditioneller Materialien Auch die Nutzung traditionell gebräuchlicher Baumaterialien soll durch ein eigenes Kriterium in dem angepassten System berücksichtigt werden. Ebenso wie die traditionellen Bauweisen bieten traditionelle Materialien potenziell einen Schutz vor Bauwerksschäden, da sie für das jeweilige Gesamtsystem des alten Gebäudes optimal sind.
4 10 Stefan Dirlich Denkmalgerechte Architektur Die Berücksichtigung des Aspektes Denkmalschutz ist bei vielen bestehenden Gebäuden relevant, allerdings nicht bei allen. Dennoch soll ein gesondertes Kriterium diejenigen Sanierungsmaßnahmen hervorheben, bei denen der Denkmalschutz in besonderer Weise eingehalten wird und dies auch bei Häusern, die gar nicht unter Denkmalschutz stehen, die aber dennoch gemäß dem vorgefundenen Bestand saniert worden sind bzw. noch saniert werden. Nutzung regionaler Handwerker Ein weiteres Einzelkriterium, das in die Liste für die Bestandsqualität aufgenommen werden soll, ist die Vergabe der Bauleistungen an regionale Handwerker, die mit den regional vorhandenen Charakteristika des traditionellen Bauens vertraut sind. Dabei wird festgelegt, dass als regionale Handwerker diejenigen in Frage kommen, die im Umkreis von 100 km vom Sanierungsobjekt lokalisiert sind. Erhalt bestehender Grundrisse/Strukturen Dieses Kriterium wird eingeführt, um dem Anspruch eines Erhalts alter Substanz zu genügen. Zum einen stellt ein Erhalt der bestehenden Strukturen aus kulturellen und denkmalpflegerischen Aspekten einen Wert an sich dar, zum anderen führt ein Beibehalten des Vorhandenen auch zu einer Minimierung des Ressourcenverbrauchs. Detaillierte Bestandserfassung Um die Bedeutung einer detaillierten Bestandsanalyse vor Beginn der Sanierungsplanung zu unterstreichen, wird dieses Kriterium ebenfalls in der Kategorie Bestandsqualität berücksichtigt. Klimagerechte Architektur Ein wichtiges Merkmal traditioneller Bauweisen ist die besondere Anpassung der Architektur an die jeweiligen Klimaverhältnisse. Inwieweit dieses Prinzip bei dem untersuchten Gebäude verfolgt wird, soll anhand verschiedener Merkmale überprüft werden: die klimagerechte Exposition des Gebäudes zur Sonne, das Vorhandensein einer natürlichen Belüftung, die Berücksichtigung von Verschattungsmöglichkeiten, die Vermeidung technischer Klima- und Belüftungsanlagen sowie die Nutzung von Wasserflächen zur Kühlung. Für alle Kategorien und Kriterien gilt, dass diese zunächst testweise mit den vorgeschlagenen Bewertungsmaßstäben bestimmt werden, diese aber in angemessener Zeitfrist beispielsweise nach einem Jahr mit den gewonnenen Erfahrungen abgeglichen werden und gegebenenfalls dementsprechend angepasst werden.
5 Kurzfassung 11 Abb. 0-2: Ergebnismatrix für ein gemäß dem angepassten System zertifizierten Bestandshaus (Quelle: Eigene Zeichnung auf Basis des Ergebnisradars des Deutschen Gütesiegels) Der Sektor Bauen bietet ein hohes Potenzial für eine höhere Energieeffizienz und größere Ressourcenschonung im Rahmen von Maßnahmen gegen den Klimawandel. I. d. R. gehen bei der CO 2 -Sanierung von Gebäuden ökologische Vorteile einher mit positiven ökonomischen Effekten. Traditionelles Bauen besitzt im Vergleich mit konventionellem Bauen zahlreiche Vorteile und erfüllt darüber hinaus auch noch eine wichtige sozio-kulturelle Funktion durch den Erhalt historischer Gebäude und der für die Sanierung nötigen alten Handwerkstechniken. Die Nutzung traditioneller Bauprinzipien bei gleichzeitiger Berücksichtigung modernen Bauwissens stellt bei Neubauten, vor allem aber bei der Sanierung von Altbauten eine
6 12 Stefan Dirlich gute und oftmals die einzig sinnvolle Variante einer energetischen Optimierung dar. Das Konzept, mit einfachen Mitteln ein angenehmes Innenraumklima zu schaffen, verdient auch in der modernen Architektur Beachtung, um auf technische Hilfsmittel wie Klimaanlagen verzichten zu können. Bewertungssysteme für nachhaltiges Bauen wurden seit Anfang der 1990er Jahre zunächst in Großbritannien, dann in den USA und Kanada, später (2009) dann auch in Deutschland entwickelt, als Werkzeug für Bauherren und Architekten zur Prüfung der ökologischen Leistungsfähigkeit eines Gebäudes, aber auch als Anleitung für nachhaltiges Bauen. Das deutsche Gütesiegel hat sich in der vergleichenden Analyse in dieser Arbeit als das am besten entwickelte herausgestellt. Es ist wünschenswert, dass wie aufgezeigt auch Prinzipien des traditionellen Bauens durch die Ergänzung um die sogenannte Bestandsqualität in diese Systeme integriert werden könnten. Insbesondere das Deutsche Gütesiegel könnte so auf einfache Weise um einen weiteren Aspekt die Bestandsqualität ergänzt werden. Der Bedarf für nachhaltige Sanierungen von Bestandsbauten erscheint jedenfalls groß genug, um auf die besonderen Anforderungen von Altbauten gesondert einzugehen, obwohl bei einer jährlichen Sanierungsrate zwischen 1-2 % der Anteil in einem verschwindend geringen Bereich liegt. Dass dies aber für die Besitzer und Nutzer historischer Gebäude Vorteile mit sich bringt und auch in allen Dimensionen der Nachhaltigkeit sinnvoll sein kann, soll diese Arbeit aufzeigen. Die einfache Schönheit und oftmals intelligente Konstruktion traditioneller Bauten verdient nicht zuletzt aus sozio-kulturellen Gründen einen angemessenen Umgang, der durch ein entsprechend angepasstes Nachhaltigkeits-Bewertungssystem unterstützt werden kann.
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