Abstract. Susanne Uhmann, Grammatik und Interaktion: Form follows function? Function follows form? Ablauf. Ablauf
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- Alexandra Althaus
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1 Susanne Uhmann, Grammatik und : Form follows function? Function follows form? Referenten: Dennis Pilger, Franz Josef Alt Abstract Thema: Theoriebildung zur Beschreibung der menschlichen Sprache. Sollten dabei kommunikative Funktionen oder Formaspekte im Vordergrund stehen? Untersuchungsgegenstand sind redezuginterne, selbstinitiierte Selbstreparaturen.
2 1.Gesprochene Sprache zwischen Grammatik und Verhältnis zwischen Grammatik und soll an Bsp. aus der Alltagskommunikation verdeutlicht werden. Hierbei treten zwei Problemfelder hervor: 1. Kompetenz (langue) vs. Performanz (parole) Bei der Untersuchung der Alltagssprache ist nach Grewendorf (1993) von performanzbedingten Abweichungen (Ellipsen, Satzbrüche, Kontaminationen ect.) zu abstrahieren, da diese nicht die Regelhaftigkeit der Sprache wiederspiegelten. Hierzu gehören auch quantitative Effekte wie die Frequenz. Daher seien weder Untersuchungen zur Performanz, noch quantitative Auswertungen sinnvolle Beiträge zur Erforschung des sprachlichen Wissens. 1.Gesprochene Sprache zwischen Grammatik und 2. Form vs. Funktion / knowledge vs. use of language Sind sprachliche Formen an sprachliches Funktionen gebunden? Kann Form letztlich als durch Funktion motiviert betrachtet werden? Funktionalisten verstehen Sprache nach dem Bauhaus-Prinzip: form follows function. Oder kann sprachliche Form als autonom von sprachlicher Funktion betrachtet werden? Sind Funktionen an autonome Formen gebunden? Formalisten hingegen sehen in Sprache eher ein Memphis- Prinzip: function follows form. 1.Gesprochene Sprache zwischen Grammatik und Einwände Uhmanns: Sprachbetrachtung anhand fehlerhafter, performativ- verunreinigter Konstruktionen kann sehr aufschlussreich sein; die Regeln können anhand der Regelverletzung generiert werden. Ebenso können quantitative Daten wie die Frequenz von Bedeutung sein, da sie beispielsweise Aussagen über die Wirkungsmacht einer Regel erlauben. Darüber hinaus wirft Uhmann die Frage auf, ob die strikte Trennung zwischen knowledge und use of language, zwischen Form und Funktion, sowie das Postulat einer unidirektionalen Abhängigkeit überhaupt haltbar ist. 1.Gesprochene Sprache zwischen Grammatik und Zur Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis von Grammatik und ist nun zu beachten: Phänomene müssen detailliert syntaktisch (Form, grammatische Kompetenz) und konversationsanalytisch (Funktion, interaktionalkommunikative Kompetenz) untersucht werden. Berücksichtigung quantitativer Aspekte Grammatikforschung und Konversationsanalyse sind keine unvereinbaren Paradigmen, sondern können gemeinsam sprachliche Formen und Funktionen in der Alltagskommunikation analysieren.
3 2. Empirische Beobachtungen: Selbstreparaturen Wann handelt es sich bei einer Turnkonstruktion um Schrottformat? 1. Markierung des Abbruchs (*) (Realisierung der Abbruchstelle für diese Untersuchung irrelevant; möglich sind glottaler Verschlusslaut, Pause, Partikel, lexikalischer Abbruch) 2. Teilweise Wiederholung des bereits produzierten Redezuges 3. Ersetzung eines Teilausdrucks Beispiele Beispiel (1): China T: man schickt dann die ZWEIte frau* äh= 02 die=erste=frau meistens weg, Beispiel (2): Hundertfünfzig C: charlotte brauch was (solides) nettes 02 was mich zum ARbeiten anhält 03 [(...) 04 X: [der arbeitet jeden morgen bis* (.) 05 jeden TACH bis um elf Beispiel (5): (Linke 2003:77) 01 I: und dann war er auf dem andren hemisph* auf der andren hemisphere 2. Empirische Beobachtungen: Selbstreparaturen Bemerkenswert ist hierbei, dass nach Tilgung der defizitären Stelle ein korrekter deutscher Satz entsteht. Zur Beschreibung bedient man sich den folgenden Begriffen: Reparandum: Der defizitäre Äußerungsteil Reparaturinitiierung: Abbruch und Abbruchmarkierung Reparaturdurchführung: Wiederholung und Ersetzung Beispiel (1): China T: man schickt dann die ZWEIte frau* äh= 02 die=erste=frau meistens weg,
4 2. Empirische Beobachtungen: Selbstreparaturen Vorteile: Kein Zeitverlust, kein TRP, keine TCU Rezipient versteht trotzdem die retroperspektivisch getilgte Äußerung. Offen bleiben folgende Fragen: Welcher Teil des Gesprochenen ( bit of talk ) muss oder kann wiederholt werden? Wie ist das Format der Wiederholung zu beschreiben? Schleife: Adäquate Beschreibung mit Hilfe des funktionalen Kopfes und der C-Kommando-Relation. 1. Alle Phrasen sind endozentrisch (gleich konstruiert): Der obligatorische Bestandteil (Kopfelement) projiziert die Eigenschaften auf die gesamte Phrase. Man unterscheidet: Lexikalische Köpfe, z.b. Nomen. Funktionale Köpfe; sie tragen grammatische Bedeutung, z.b. Präpositionen in PP oder Artikel in DP. Schleife: Alle funktionalen Köpfe haben ein Komplement und einen Spezifikator, welche hierachisch untergeordnet sind. Komplemente sind Schwesterphrasen des Kopfes und werden von diesem syntaktisch gefordert. 2. X c-kommandiert Y (und alle von Y dominierten Knoten), wenn Y Teil einer Schwesternkonstituente von X ist.
5 Schleife: Schleife: Kopfregel: Beispiel (1): China T: man schickt dann die ZWEIte frau* äh= 02 die=erste=frau meistens weg, die ist funktionaler Kopf der DP; hier beginnt die syntaktische Schleife. Der Artikel c-kommandiert die NP. 1. Nach der Reparaturinitiierung beginnt die Selbstreparatur an der linken Grenze des bit of talk. Diese wird bei der syntaktischen Schleife wiederholt, c-kommandiert das Reparandum und ist der funktionale Kopf. 2. Wenn das Reparandum selbst ein funktionaler Kopf oder ein Spezifikator ist, beginnt die syntaktische Schleife direkt bei dem zu reparierenden Ausdruck. 3. Bei besetzter Spezifikatorposition kann der Spezifikator miteinbezogen werden, ansonsten beginnt die Reparatur am funktionalen Kopf. Schleife: Schleife: Wenn das Reparandum innerhalb der DP auftritt, gibt es drei Möglichkeiten seiner Positionierung: 1. Als Nomen (lexikalischer Kopf) 2. Als Attribut des Nomens 3. Als Determinator des Nomens
6 Schleife: Schleife: Wenn das Reparandum Teil einer PP ist, gibt es vier Möglichkeiten seiner Positionierung: 1. Als Präposition 2. Als Artikel 3. Als Nomen 4. Als Attribut Schleife: Ist das Reparandum teil einer CP, so ist es das finite Verb in Verbzweit-Stellung: Schleife: Kopfregel als Präferenzregel Verletzungen der Kopfregel sind intuitiv unnatürlich und quantitaiv deutlich seltener als die Befolgung der Regel. Nichtsdestotrotz treten sie auf. Daher ist die Kopfregel nur als Präferenz zu verstehen. Verteilung Pro / nach einer Studie von Uhmann
7 Schleife: Aufteilung der Gegenbeispiele: 76 der 79 Gegenbeispiele beginnen direkt mit dem Reparandum. Diese lassen sich in vier Gruppen unterteilen: Infinitum, lexikalische Korrektur, phonologische Korrektur, ungeklärter Rest. Schleife: 1. Beginn mit dem Reparandum: Infinitum Schleife: 2. Beginn mit dem Reparandum: Lexikalische Korrekturen Das Reparandum ist das infinite Verb. Sein funktionaler Kopf (Finitum) ist relativ weit entfernt und wird nie in die syntaktische Schleife einbezogen. Beispiel (10) Linke 2003:45: 01 L: ich glaube 02 das kriegt man als KIND schon bei* EINgetrichtert. Auch keine syntaktische Schleife. Beginn beim Reparandum ohne syntaktische Schleife. Aber nur wenn nicht aufgrund der relativ reichen Flexionsmorphologie des Deutschen größere syntaktische Schleifen notwendig werden. Beispiel: 01 B: da geht KEIN vernünft* vernunftbega(ha)btes 02 le(he)bewesen dran.
8 Schleife: 3. Beginn mit dem Reparandum: Phonologische Reparaturen Entstehung des Reparandums aufgrund eines phonologischen Fehlers. Auch hier muss die syntaktische Schleife vergrößert werden, wenn die Flexionsmorphologie angepasst werden muss Beispiel: 01 L: weißt du noch als wir für das prigm* eh pragma* 02 für die pragmatik[klausur] gelernt haben 03 I: [JA:: ] Schleife: Zusammenfassung: Von 79 Fällen in den die Kopfregel verletzt werden, dominieren die drei vorgestellten Fälle Trotzdem gibt es Varianzen, wenn z.b. eine syntaktische Schleife bis zum Kopf des Reparandums durchgeführt wird. Interessanterweise beginnen fast alle Selbstreparaturen bevor das Reparandum vollständig produziert wurde. Bei frühzeitiger Erkennung scheint ein Verzicht auf die syntaktische Schleife funktional effektiv zu sein. Trotzdem ist dem Rezipienten klar, welcher Teil der Aussage das Reparandum ist und retroperspektiv getilgt wurde. Redezuginterne, selbstinitiierte Selbstreparaturen folgen satzsyntaktischen Regularitäten und sind von Restriktionen abhängig; sie ermöglichen eine effiziente Korrektur. Sprachschrott ist für den Produzenten ein sehr geeignetes Mittel, da es keinen Sprecherwechsel und keinen Zeitverlust bedeutet. Außerdem erkennt der Rezipient direkt den reparaturbedürftigen Redezug. In allen Sprachgemeinschaften gibt es reparaturbedürftige Äußerungen in der alltäglichen Kommunikation. Es zeichnet sich in allen bisher untersuchten Sprachen eine nicht-mechanische Lösung ab. Auch phonologische und zeitliche Aspekte scheinen keine Rolle zu spielen, sondern allein morpho-syntaktische Strukturen.
9 Manche sprachspezifischen, morpho-syntaktische Eigenschaften unterliegen sprachtypologischer Variationen. Sogar in den sich sehr ähnlichen germanischen Sprachen Deutsch, Englisch und Niederländisch gibt es Variationen. Während im Deutschen Selbstreparaturen innerhalb der PP präferiert mit der Präposition beginnen, scheint es eine solche starke Präferenz weder für das Englische noch das Niederländische zu geben. Schwierigkeiten bereitet die Vorhersage in Sprachen wie dem Japanischen, hier gibt es aufgrund der Besonderheiten der Sprache keine Selbstreparaturen, sondern nur phraseninterne syntaktische Schleifen. Welche Bedeutung haben die Ergebnisse für die Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis zwischen Grammatik und? Zum einen weißt die Analyse von Selbstreparaturen eine sich an der Form orientierende Funktion nach. Zum anderen determinieren formale Eigenschaften das sprachliche Handeln der steilnehmer nicht. Somit kann weder das Bauhaus-Prinzip, noch das Memphis-Prinzip eindeutig bestätigt werden. Benötigt wird eine Theorie, die Grammatik und differenziert abbildet. Für solch eine Theorie sind sowohl Korpusauswertungen als auch sprachvergleichende Analysen unverzichtbar. Außerdem ist für eine Analyse gesprochener Sprache eine strikte Trennung von Kompetenz und Performanz wenig sinnvoll.
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