Qualitative Evaluation und wissenschaftliche Begleitung. Zwischenbericht 2018

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1 Arbeitsbereich Berufliche Bildung TUM School of Education Technische Universität München Alfred Riedl & Maria Simml Qualitative Evaluation und wissenschaftliche Begleitung Zwischenbericht 2018 des Modellprojekts der Stiftung Bildungspakt Bayern

2 Inhalt 1 Vorwort Zur qualitativen Evaluation... 5 Hinweise zum methodischen Vorgehen... 5 Bisheriges Vorgehen der qualitativen Evaluation... 7 Schwerpunkte im Projektjahr 2017/ Bisheriger Verlauf des Modellprojekts Berufsintegrationskonzept BIK - Paralleles Beschulungsmodell mit Mittelschulabschluss Integrale Bestandteile der Berufsintegrationsmaßnahme Ausgestaltung des Unterrichts Lehrplan Wertevermittlung und Demokratieerziehung Ausgestaltung der Berufsvorbereitung Bewertungsverfahren und Leistungsfeststellung Multiplikationseffekte Arbeitstagungen des Modellprojekts Beispiele für aktiv multiplizierte Maßnahmen Einstufungstests in BIK Interdisziplinäre Kooperation Zur interdisziplinären Zusammenarbeit im Allgemeinen Zur interdisziplinären Arbeit in Berufsintegrationsklassen Zur interdisziplinären Arbeit über den schulischen Rahmen hinaus Übergang in die duale Berufsausbildung und dann? Zur Ausbildungsreife Sprachliche Hürden Mathematische Hürden Arbeitsverhalten im Unterricht Hilfsbereitschaft der Mitschüler Zur Situation der Lehrkräfte in regulären Fachklassen Konklusion

3 9.7.1 Überblick über Potentiale, Herausforderungen und Lösungsansätze Konsekutive Empfehlungen für die Beschulung in Berufsintegrationsklassen Schulinterne Projekte der Modellschulen Kreative Begegnungsprojekte Konzeptionelle Projekte Prävention vor Radikalisierung und Extremismus Salafismus und Extremismus Orientierungshilfen für Lehrkräfte Islamischer Religionsunterricht Einschlägige Projekte Junge Frauen mit Fluchthintergrund Befragung von Schülerinnen Vorbildung und Bildungsaspirationen in Deutschland Persönlicher und familiärer Hintergrund Befragung von BIK-Lehrkräften Konklusion Literaturverzeichnis

4 1 Vorwort Ein Scheitern der beruflichen Integration von jungen Neuzuwanderern würde die Gefahr einer gesellschaftlichen Ausgrenzung vergrößern: unqualifizierte junge Flüchtlinge, prekär in Gelegenheitsjobs beschäftigt oder arbeitslos, in Armutsquartieren konzentriert, gesellschaftlich abgekoppelt. (Euler 2017, S. 96) Das Modellprojekt Perspektive Beruf für Asylbewerber und Flüchtlinge macht sich zusammen mit 21 Berufsschulen in Bayern zur Aufgabe, die Beschulung von (Flucht-)Migranten in Berufsintegrationsklassen 1 zu optimieren, sodass prekären Arbeitsverhältnissen, Arbeitslosigkeit und gesellschaftlicher Isolierung vorgebeugt wird. Ziel der Maßnahme ist, dass die jungen Menschen nach Absolvieren der Berufsintegrationsklassen 2 in eine (duale) Ausbildung oder Arbeitstätigkeit münden, die ihren Ressourcen gerecht wird. Dieser Zwischenbericht beinhaltet Erkenntnisse aus den qualitativen Evaluationszugängen im Modellprojekt Perspektive Beruf für Asylbewerber und Flüchtlinge der Stiftung Bildungspakt Bayern. Das Projekt läuft seit dem Schuljahr 2015/2016 und endet nach dem Schuljahr 2018/2019. Der Träger des Projekts ist die Stiftung Bildungspakt Bayern in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Die Evaluation des Modellprojekts sieht vor, Zusammenhänge zwischen Bildungsvoraussetzungen und den Konzepten und Maßnahmen im Rahmen der Beschulung sowie den Verlauf der Bildungsbiographien der betreffenden Schülergruppen zu ermitteln. Der Evaluationszugang erfolgt quantitativ als auch qualitativ. Mit der quantitativen Erhebung ist das ISB gemäß KMS vom (AZ: IV.6 BS4541 6a.805) beauftragt. Die qualitative Evaluation übernimmt die TUM School of Education (Prof. Dr. Alfred Riedl, Maria Simml) im Auftrag der Stiftung Bildungspakt Bayern. Beide Forschungseinrichtungen kooperieren mit dem Ziel einer erfolgreichen Projektdurchführung eng miteinander. Die quantitativen Erhebungen (ISB) wenden sich im Schwerpunkt bildungs- und sprachbiografischen Daten sowie Daten zu den Einflussfaktoren auf den individuellen Bildungsweg von allen Schülerinnen und Schülern der Zielgruppe an allen Modellschulen zu. Die qualitative Evaluation (TUM School of Education) untersucht die Entwicklung und Durchführung von Konzepten, Maßnahmen und Instrumenten zur Beschulung von Asylbewerbern und Flüchtlingen an ausgewählten Modellschulen. Ebenso identifiziert sie Bedarfe und Unsicherheiten vonseiten der Lehrkräfte, sodass das fortlaufende Projekt daran anknüpfen und weiterarbeiten kann (vgl. Kapitel 2). Nach Ende der Projektlaufzeit wird von der TUM School of Education ein Abschlussbericht zur qualitativen Evaluation verfasst, der die innerhalb des Modellprojekts gewonnenen Erkenntnisse zusammenfasst. Bis dahin geben jährliche Zwischenberichte zu Beginn jeden Schuljahres einen Einblick in das laufende Projekt. 1 In Bayern werden die Klassen zur Beschulung von Neuzugewanderten und Geflüchteten an Berufsschulen Berufsintegrationsklassen genannt. Mehr zum Aufbau des Modells s. Riedl und Simml 2016; Stiftung Bildungspakt Bayern Wenn in vorliegendem Bericht von Berufsintegrationsklassen die Rede ist, sind sowohl die Sprachintensiv-, Berufsintegrationsvor- und Berufsintegrationsklassen gemeint. 4

5 2 Zur qualitativen Evaluation Hinweise zum methodischen Vorgehen Die qualitative Evaluation zeichnet sich, bedingt durch die Voraussetzungen des Forschungskontexts, durch ein stark exploratives Vorgehen aus. Im Gegensatz zur quantitativen Evaluation, die alle 21 Schulen befragt, bezieht die qualitative Evaluation nur fünf ausgewählte Modellschulen mit ein. Abbildung 1: Die Standorte der 21 Modellschulen Während die in Abbildung 1 markierten fünf Schulstandorte bereits zu Projektbeginn festgelegt wurden, kooperiert die qualitative Evaluation je nach Bedarf in den einzelnen Projektjahren mit weiteren Schulstandorten. Die ausgewählten Schulen zeichnen sich durch starkes Engagement und hohe Erfolgsquoten bei den Übergängen in weiterführende (Aus-)Bildungsmaßnahmen aus. Des Weiteren wird bei der Auswahl der Schulen eine landesweite Streuung der Standorte berücksichtigt, sodass verschiedene Regierungsbezirke miteinbezogen werden. Durch folgende Erhebungsmethoden wurden die Daten gewonnen, auf welche sich der Zwischenbericht zum Schuljahr 2016/2017 stützt: Interviews mit BIK-Lehrkräften der Berufsschule und des Kooperationspartners, sozialpädagogischen Fachkräften und Personen aus der Schulleitung Interviews mit Lehrkräften aus regulären Fachklassen einer dualen Berufsausbildung Interviews mit Schülern aus BIK und regulären Fachklassen 3 Protokollieren von Gruppendiskussionen auf Tagungen des Modellprojekts (alle 21 Modellschulen beteiligt) 3 Diese Klassen werden im vorliegenden Bericht auch mit Regelklassen bezeichnet. 5

6 Beobachtung in Form von Unterrichtshospitationen Dokumentenanalyse (z.b. Einsicht in Prüfungskonzeption und Bewertungsverfahren oder Unterrichtsmaterialien) Die Interviews wurden teilweise per Tonaufnahme aufgezeichnet und transkribiert, teilweise wurden die Gespräche mitprotokolliert. In den meisten Fällen finden die Interviews vor Ort an den jeweiligen Schulstandorten und den verschiedenen Arbeitstagungen statt, teilweise werden die Interviews auch telefonisch durchgeführt. 4 Für den Fall, dass unter Einverständnis der Betroffenen die Interviews aufgezeichnet werden, ist sichergestellt, dass diese hinsichtlich der Anonymisierung nach Art. 4 Abs. 8 Bay DSG nach Transkription gelöscht werden. Ebenso wird im Transkriptionsverfahren berücksichtigt, dass weder Rückschlüsse auf konkrete Schulstandorte, noch Personen gezogen werden können. Ausnahmen stellen Informationen dar, die ohnehin öffentlich zugängig sind (z.b. durch Zeitungsberichte oder Veröffentlichung auf der Schulhomepage). Eine weitere begriffliche Klärung: Insofern die quantitative oder qualitative Evaluation von einer erfolgreichen Beschulung oder einem erfolgreichen Übergang ohne weitere Konkretion spricht, sind diejenigen Anschlussoptionen gemeint, durch welche die Schüler in einen daran anschließenden oder bzw. nächsthöheren Bildungspfad einmünden: Duale Berufsausbildung, Berufsfachschule, Berufsgrundschuljahr, Einstiegsqualifizierung, Erwerbstätigkeit, weiterführende Schule und die Wirtschaftsschule. 4 Weiterführende Informationen zu den qualitativen Forschungsmethoden s. z.b. Döring und Bortz 2016; Flick 2004; Flick et al. 2015; Mayer 2013; Mayring 2002, 2007; Kuckartz 2014; Hopf

7 Schulorganisation und Netzwerk Organisation und Gestaltung des Modellprojekts Bisheriges Vorgehen Konzeption des der Beschulungsmodells qualitativen BIK Evaluation Die Erkenntnisse, die aus den Datenerhebungen der qualitativen Evaluation des Modellprojekts hervorgehen, verfolgen innerhalb des Projekts den Anspruch einer hohen Praxisrelevanz. Damit möglichst früh praktikable Empfehlungen gewonnen werden konnten, fasste die qualitative Evaluation bereits im ersten Projektjahr nach einem systematischen Vorgehen kollegiale Empfehlungen vonseiten ausgewählter Modellschulen zusammen (vgl. Riedl und Simml 2016). Diese wurden im Abgleich mit einer Erhebung der Stiftung Bildungspakt Bayern, welche alle 21 Modellschulen mit einbezog, validiert und zusammen mit dem wissenschaftlichen Thematische Ebenen Beirat zur Veröffentlichung auf der Stiftungshomepage im Hinblick auf eine potentielle Multiplikation für die Schulen aufbereitet. 5 Im vergangenen Projektjahr 2017/18 wurden Konzeption diese BIKkollegialen Unterricht Empfehlungen und Schulprojekte erneut von allen Schulorganisation und Netzwerkpflege Modellschulen aktualisiert. Bevor in Kapitel 2.3 auf das aktuelle Projektjahr eingegangen wird, gibt die folgende Abbildung 2 gibt einen Überblick über das (bisherige) konzeptionelle Vorgehen der qualitativen Evaluation innerhalb des Modellprojekts, die auf unterschiedlichen Ebenen erfolgt (Abbildung 3). Quantitative Evaluation des Modellprojekts Empfehlungen zur Multiplikation und Identifikation von Erfolgsfaktoren Qualitative Evaluation des Modellprojekts Analyse von (Handlungs-) Bedarfen Rückmeldung an die Stiftung Bildungspakt Bayern Einbezug des StMUK Bearbeitung der entsprechenden Handlungsfelder (z.b. Arbeitstagungen, Fortbildungsangebote, u.ä. Bei Bedarf: Begleitung von Schulenprojekten mit enger Theorie-Praxisverzahnung Abbildung 2: Einordnung der qualitativen Evaluation innerhalb des Projekts Zu Beginn des Modellprojekts richtete sich der Fokus der qualitativen Evaluation auf das Tätigkeitsprofil der Lehrkräfte: Welche Aufgaben und Rollenbilder übernehmen die Lehrkräfte in Berufsintegrationsklassen und innerhalb welcher Rahmenbedingungen finden diese statt? Daraus entstanden Handlungsfelder, welche die qualitative Evaluation während der Projektlaufzeit auf unterschiedlichen thematischen Ebenen in den Fokus rückt: Unterricht und Schulprojekte, Netzwerk und Schulorganisation (z.b. interkulturelle Öffnung, Einsatz vorhandener Ressourcen, Personal, u.ä.), Projektebene und die konzeptionelle Ebene des Beschulungsmodells der Berufsintegrationsklassen (vgl. Abbildung 3). In diesem Rahmen ist das stetige Ziel im laufenden Projekt, anhand der erhobenen Daten aus der Praxis und unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Forschungsergebnisse Erfolgsfaktoren 6 einer erfolgreichen Beschulung bzw. 5 Kollegiale Empfehlungen abrufbar unter 6 Mit Erfolgs-/Gelingensfaktoren sind Faktoren gemeint, die einen Übergang in einen an die BIK anschließenden oder bzw. nächsthöheren Bildungspfad begünstigen (z.b. EQ, Berufsausbildung, o.ä.). 7

8 eines erfolgreichen Übergangs 7 abzuleiten und daraus resultierende Empfehlungen im Hinblick auf eine potentielle Multiplikation zu generieren (vgl. Abbildung 2). Darüber hinaus werden auch an den Schulen identifizierte Bedarfe in den Zwischenberichten dokumentiert oder in Arbeitstreffen zur weiteren Detailplanung der Projektausrichtung mit der Stiftung Bildungspakt besprochen, welche wiederum projektübergreifend in enger Kooperation mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus steht (vgl. Abbildung 2). Thematische Ebenen Unterrichtsgestaltung und Schulprojekte Schulorganisation und Netzwerk Organisation und Gestaltung des Modellprojekts Konzeption des Beschulungsmodells BIK Abbildung 3: Thematische Ebenen der qualitativen Evaluation Schwerpunkte im Projektjahr 2017/2018 Nachdem bereits drei Projektjahre absolviert Thematische sind, beinhaltet Ebenen der vorliegende Zwischenbericht in Kapitel 3 einen Überblick über Eckpunkte des bisherigen Projektverlaufs. In Kapitel Schulorganisation 4 wird darauffolgend auf das mittlerweile mehrjährig erprobte bayerische Beschulungsmodell der Netzwerkpflege Berufsintegrati- und Projekt Konzeption BIK Unterricht und Schulprojekte onsmaßnahme, welches den Kontext des Modellprojekts darstellt, anhand Kriterien aus der Literatur eingegangen. Das Kapitel 5 fokussiert vier Handlungsfelder auf der Ebene der Unterrichtsgestaltung innerhalb der Berufsintegrationsklassen verschiedener Modellschulen: Im Projektjahr 2016/17 wurde der Lehrplan für Sprachintensiv- und Berufsintegrationsklassen eingeführt, zu welchem verschiedene Akteure aus dem Modellprojekt einen maßgeblichen Beitrag geleistet haben. Inwiefern der Lehrplan mittlerweile an den Schulen akzeptiert und implementiert Empfehlungen wurde, zur erläutert Kapitel 5.1. Hinsichtlich der Wertevermittlung als Querschnittsaufgabe Multiplikation innerhalb und dieses Identifikation Lehrplans wurden im vorhergehenden Projektjahr bei den Lehrkräften Unsicherheiten von und Erfolgsfaktoren Bedarfe offenkundig. Im aktuellen Projektjahr fanden mehrere Maßnahmen innerhalb des Projekts statt, welche dieses Handlungsfeld aufgegriffen Bearbeitung haben. der Beispielsweise lag der Schwerpunkt einer Arbeitstagung darauf, dass die Lehrkräfte entsprechenden sich mit einer konkreten Handlungsfelder Quantitative Methode Evaluation zur Wertebildung Qualitative beschäftigten Evaluationkonnten. Inwiefern sich nun Unterschiede im (z.b. Arbeitstagungen, Hinblick des auf Modellprojekts präzise Aussagen vonseiten des Modellprojekts der Lehrkräfte zur Ausgestaltung der Wertebildung als Querschnittsaufgabe in BIK im Vergleich zum Vorjahr ergeben, erläutert Einbezug Kapitel 5.2. Fortbildungsangebote, Aufgabe u.ä. Das nächste Kapitel 5.3 geht darauf ein, wie verschiedene Schulen die Berufsorientierung des StMUK als zentrale der Berufsintegrationsmaßnahme (im Lehrplan vor allem im Lerngebiet Bildungssystem und Berufswelt verankert) ausgestalten. Analyse Anschließend von (Handlungs-) daran rücken in Kapitel 5.4 Bewertungsverfahren Bedarfen und Leistungsdiagnostik innerhalb der BIK in den Fokus. Des Weiteren ist die qualitative Evaluation folgender Frage nachgegangen: (Inwiefern) Erfolgt ein Transfer von Schulprojekten oder erarbeiteter Materialien? Kapitel 6 schildert beobachtete Multiplikationsmechanismen von bereits erstellten Handlungsprodukten im Rahmen des Modellprojekts. Bei Bedarf: Begleitung von Schulenprojekten mit enger Theorie-Praxisverzahnung Wie bereits in den vorhergehenden Zwischenberichten aufgeführt, konzipieren die Schulen ihre eigenen Einstufungstests mit dem Ziel einer Eingangsdiagnostik für die äußere Differenzierung der Rückmeldung an die Stiftung Bildungspakt Bayern 7 Was die Evaluation des Projekts unter Erfolg versteht, ist in Kapitel 2.1 erläutert. 8

9 unterschiedlichen Leistungsniveaus zu Beginn der Beschulung. Die qualitative Evaluation hat hierzu DaZ-Lehrkräfte verschiedener Schulen interviewt und unterschiedliche Einstufungstests gesichtet, um eine Deskription grundlegender Prinzipien mit Anschauungsbeispielen zur Orientierung für andere Schulen bzw. für Multiplikationszwecke zu dokumentieren. Die Ausführungen hierzu sind unter Kapitel 7 aufgeführt. Innerhalb der BIK sind Lehrkräfte mit zahlreichen Tätigkeitsbereichen konfrontiert, wie bereits in Riedl und Simml (2016) erläutert wird. Diesen Aufgaben begegnet an den Modellschulen ein interdisziplinäres Team. Inwiefern die verschiedenen Professionen und die Zusammenarbeit untereinander in den BIK eine Gelingensbedingung erfolgreicher Beschulung ist und was es dazu an Voraussetzungen benötigt, wird in Kapitel 8 erläutert. Das nächste Kapitel 9 schildert Ergebnisse aus Befragungen von Auszubildenden mit Fluchthintergrund in regulären Fachklassen einer dualen Berufsausbildung (ehemalige BIK-Schüler), entsprechenden Ausbildungsbetrieben und Fachlehrkräften. Aus den dadurch gewonnenen Erkenntnissen werden Rückschlüsse und Optimierungsvorschläge für die Berufsintegrationsklassen sowie nachhaltige Perspektiven zur Verbesserung des Verbleibs in der Ausbildung abgeleitet. Denn das Ziel der Berufsintegrationsmaßnahme ist nicht beim Erhalt eines Ausbildungsvertrags erreicht. Es ist wichtig, dass bereits in den Berufsintegrationsklassen eine nachhaltige Perspektive bedacht wird, die zumindest auch den Ausbildungsverlauf im Blick haben muss. Auch in diesem Zwischenbericht werden, wie in jedem Projektjahr, ausgewählte Schulprojekte vorgestellt (vgl. Kapitel 10). Weitere Unterrichtskonzepte und Materialien werden zu Multiplikationszwecken auf folgender Homepage veröffentlicht: Wie im vorhergehenden Zwischenbericht (vgl. Riedl und Simml 2017a, 2017b) angekündigt, geht das nächste Kapitel auf das Handlungsfeld der Extremismus-/Radikalisierungsprävention ein (vgl. Kapitel 11). Extremistische Tendenzen sind im Gegensatz zu antisemitischem Gedankengut der Schüler nur an wenigen Schulen präsent. Trotzdem gibt es Schulstandorte, die verstärkt mit dem Thema Extremismus bzw. Salafismus konfrontiert werden und präventive Maßnahmen einleiten. In Kapitel 11.3 und 11.4 werden sowohl Aktivitäten vonseiten der Schulen zu diesem Thema vorgestellt als auch einschlägige Theorien und bereits bestehende Handreichungen zusammenfassend einbezogen (vgl. Kapitel 11.1 und 11.2). Wie ebenfalls bereits im vorhergehenden Bericht angekündigt, wurden als weiterer Themenschwerpunkt geflüchtete Junge Frauen in den BIK näher zu ihren Lebens- und Berufsvorstellungen befragt (vgl. Kapitel 12). Aufgrund der männerdominierten Klassen soll dieser Gruppe gezielt Aufmerksamkeit zukommen. Den Abschluss des Berichts bildet auf Basis der bisherigen Erkenntnisse eine Zusammenfassung an schulspezifischen Faktoren, die einen erfolgreichen Übergang (in eine duale Berufsausbildung) begünstigen. 9

10 3 Bisheriger Verlauf des Modellprojekts Folgendes Kapitel gibt einen Überblick über die Eckpunkte der Entwicklung innerhalb der bisherigen Projektlaufzeit. Vorher zeigt Abbildung 4 die aktuellen Zahlen zur Entwicklung der Sprachintensivund Berufsintegrationsklassen. Beginn der der Projektlaufzeit bis 2018/ * 1100* 760* Prognose 2018/19 735* (Stand: 5/2018) / / / / /15 (Stand 07/2015) * Sprachintensiv- und Berufsintegrations(vor)klassen 2015/16 (Stand 07/2016) 2016/17 (Stand 10/2016) 2017/18 (Stand: ) Abbildung 4: Entwicklung der Berufsintegrations(vor)klassen seit 2010/11 (Angaben des StMUK; gerundete Zahlen) Die Darstellung zeigt die Entwicklung der Berufsintegrationsklassen seit 2010/11. Im Jahr 2015/16, als die Zahl an Sprachintensiv- und Berufsintegrationsklassen aufgrund der hohen Fluchtzuwanderung auf 760 stieg, wurde das Modellprojekt Perspektive Beruf für Asylbewerber und Flüchtlinge ins Leben gerufen. Ein Jahr später umfasste das Angebot bereits 1150 Klassen, im Schuljahr 2017/18 fielen die Zahlen leicht auf Die Prognose für kommendes Projektjahr liegt bei ca. 735 Sprachintensiv- und Berufsintegrations(vor)klassen. Insgesamt ist ein starker Fortschritt rund um den Bereich der Berufsintegrationsklassen erkennbar. Innerhalb kurzer Zeit erfolgten Reaktionen auf aktuelle Entwicklungen, die stets einer hohen Dynamik unterlagen und unterliegen: 10

11 Tabelle 1: Eckdaten zum bisherigen Verlauf der BI-Beschulung im Rahmen des Modellprojekts Projektjahr 2015/16 Projektjahr 2017/18 Mangel an zu vergebenen Schulplätzen; Räumlichkeiten müssen gefunden werden Ämter müssen sich ordnen, informieren, strukturieren etc.; Neue Netzwerkpartner müssen aufgesucht werden Personal (v.a. DaZ) muss angeworben werden Ausdifferenziertes Angebot an Schulplätzen und Klassenformen bayernweit; Ausreichend Räumlichkeiten (angemietet), allerdings: Schulprojekte zur innerschulischen Integration nötig Mittlerweile Zusammenarbeit und Informationsgehalt verbessert; Ein angemessenes Netzwerk besteht mittlerweile an sehr vielen Schulstandorten; Nach wie vor Bedarf, jedoch gibt es mittlerweile viele Fort-/ Weiterbildungsmöglichkeiten (im Bereich DaZ); Kaum Orientierung hinsichtlich Lehr-/ Lerninhalte in BIK Mangel an Lehrmaterialien und geeigneter Unterrichtsgestaltung Zu Beginn Abschiebethematik kaum präsent Hohe Motivation der Schüler (und Lehrkräfte) Zukünftige Veränderungen hinsichtlich der Personalentwicklung aufgrund prognostizierten Rückgang an Klassen sind wahrscheinlich Mittlerweile eingeführter Lehrplan, Zeugnismuster; Zum kommenden Schuljahr 2018/19: Erprobung DSD I pro als einheitliches Zertifikat bzgl. Sprachniveau Konzeption/Erproben von Schulprojekten und Materialien; Austausch und Zusammenarbeit auf Projekttagungen; Materialordner Kommunizieren und Handeln für BIK/V erstellt, für BIK in Planung; Trotzdem: Differenzierung/Individuelle Förderung als bleibende Herausforderungen aufgrund mangelnder Selbständigkeit der Schüler beim Lernen Seit dem Jahresende 2016 fühlen sich die Schulen verstärkt mit asylrechtliche Probleme konfrontiert Asylrechtliche Fortbildungen Aufgrund verschiedener Einflussfaktoren sinkende Motivation der Schüler (und Lehrkräfte) Während die Bewerberzahlen zu Beginn des Projekts über dem Angebot an Schulplätzen lag, wurde die Beschulung bereits ein Jahr später bayernweit dem Bedarf angepasst. Eine elementare Schwierigkeit war dabei für die Schulen, ausreichend Räumlichkeiten für die neuen Klassen bereitzustellen. Je nach Standort war dies eine sehr große oder weniger große Herausforderung. Mittlerweile bestehen an den Modellstandorten die nötigen materiellen Ressourcen. Aufgrund der aktuellen Annahme (Stand: Mai 2018) eines Rückgangs an Klassen stellen nun verschiedene Schulstandorte, die separate Räumlichkeiten für die BIK anmieten mussten, bereits nächste Überlegungen an, welche organisatorischen Konsequenzen dies für sie vor Ort zur Folge hat. Nach wie vor ist die personelle Situation eine Herausforderung für die Schulen. Sie benötigten Lehrkräfte, die in den Bereichen Berufspädagogik und Deutsch als Zweitsprache qualifiziert sind. Vor allem Experten in Deutsch als Zweitsprache sind in manchen Regionen rar. Dem begegnen allerdings bereits zahlreiche ins Leben gerufene Weiter- und Fortbildungsangebote zu den entsprechenden Themen. Auch manche Universitäten wie z.b. die Technische Universität München (TUM 11

12 School of Education) implementieren DaZ-Inhalte in die klassische Lehramtsausbildung. 8 Gleichermaßen können TUM-Lehramtsstudierende der beruflichen Bildung bereits Sprache und Kommunikation Deutsch (SKD) als Unterrichts- oder Erweiterungsfach studieren. Die Personalsituation wird sich mit dem prognostizierten Rückgang an Berufsintegrationsklassen verändern, sodass vermutlich an den Berufsschulen der Bedarf an DaZ-Lehrkräften abgedeckt werden wird. Zu Beginn der BIK-Beschulung existierte kein Lehrplan. Die Lehrkräfte klagten teilweise über fehlende Orientierungshilfen oder Richtlinien ebenso wie über nicht vorhandene Unterrichtsmaterialien, da sie Unterrichtsinhalte und Unterrichtskonzepte ohne Unterstützung eigenverantwortlich festlegen und ausgestalten mussten. Zu großen Teilen entstand aus diesen Erfahrungen im Oktober 2014 eine Handreichung 9 von Lehrkräften für Lehrkräfte (vgl. ISB 2015a), die nach Beginn des Modellprojekts erneut überarbeitet wurde (vgl. ISB 2017a). Seit letztem Schuljahr 2016/2017 existiert darüber hinaus ein Lehrplan (vgl. ISB 2017c), an welchem verschiedene Akteure aus dem Modellprojekt beteiligt waren. Durch die Berücksichtigung der an den Schulen gewonnenen Erfahrungen wurde der BIK-Lehrplan schnell von den Lehrkräften als hilfreich erachtet, sodass die Implementierung und Umsetzung des Lehrplans an den befragten Modellschulen mittlerweile gut funktioniert (vgl. Kapitel 5.1). Im Rahmen des Modellprojekts wurde des Weiteren unter Mitwirkung des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB), der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und von Lehrkräften ausgewählter Modellschulen ein lehrplankonformer Materialordner für die beiden Berufsintegrationsklassen BIK/V und BIK erstellt. Die konzipierten Materialien sollen als beispielhafte und impulsgebende Unterrichtsideen dienen und sind online unter (BIK/V) und (BIK) öffentlich abrufbar. Neben kleinen Kritikpunkten vonseiten der Lehrkräfte (s. Kapitel 6.2) stößt der Ordner auf großes Interesse, wobei in erster Linie Lehrkräfte, die neu in den BIK zu unterrichten beginnen, davon Gebrauch machen (vgl. Kapitel 6.2). Darüber hinaus wurde seitens des Ministeriums im aktuellen Projektjahr ein verpflichtendes Zeugnis-Muster für die BIK eingeführt. Um darin ein einheitliches Zertifikat über das erreichte Sprachniveau integrieren zu können, wird im kommenden Schuljahr 2018/2019 an 15 Schulen das Deutsche Sprachdiplom (DSD) I PRO erprobt. Dies ist eine standardisierte Stufenprüfung für berufsorientiertes Deutsch und richtet sich an Schüler an beruflichen Schulen aller Fachgebiete. Während die Lehrkräfte im ersten Projektjahr nur von Schülern berichtet hatten, die vor Beginn der Sprachintensiv-/Berufsintegrationsvorklasse neben dem Integrationskurs noch keine deutsche Schule besuch hatten, kommen mittlerweile zunehmend neu zugewanderte bzw. geflüchtete Schüler in die BIK, die bereits vorher an der Mittelschule beschult wurden. Auf einer Arbeitstagung des Projekts äußerte eine Abteilungsleitung den Kritikpunkt, der BIK-Lehrplan wäre für geflüchtete Schüler, die bereits an der Mittelschule waren, nicht geeignet. Ein Argument war, dass die Schüler die Inhalte, die der Lehrplan umfasst, bereits an der Mittelschule gelernt hatten und sich deshalb langweilen. Die qualitative Evaluation ging im Nachgang an sieben weiteren Modellschulen diesem Thema nach und hält fest, dass dahingehend keine weitere Modellschule ein Problem sieht. Dazu nachfolgende, beispielhafte Aussage einer Lehrkraft: Die wirklich Guten aus der Mittelschule kommen ja eh nicht zu uns, die gehen dann gleich in eine Berufsausbildung. Und für die Schlechteren passt der Lehrplan genauso, die können ja auch gleich ins zweite Jahr oder in eine niveaustarke BIK, wenn wirklich. Die Schulleitung einer anderen Modellschule ergänzte diesbezüglich, dass der BIK-Lehrplan zwar kein Problem für die geflüchteten Schüler darstellt, die bereits längere Zeit an der Mittelschule waren, aber für diese Zielgruppe auch ein Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) geeignet wäre je nachdem, wie stark der Sprachförderbedarf noch sei. 8 Für alle Lehramtsstudierenden der beruflichen Bildung an der TUM School of Education sind mittlerweile zwei Seminare Sprachliche und kulturelle Vielfalt (SKV) jeweils im Bachelor und Master verpflichtend. 9 Die Handreichung dient nach wie vor in aktualisierter Form als Orientierung für die Lehrkräfte: s. ISB 2017a. 12

13 Unabhängig vom bereits bestehenden Netzwerk an den Berufsschulen (z.b. Kammern oder Betriebe) gelang es den befragten Lehrkräften, neue relevante Netzwerke zu knüpfen und die Zusammenarbeit mit beispielsweise Asylsozialberatungen, Rechtsberatungen, Arbeitsämtern, Jugendhilfen u.ä. zu pflegen. Während noch im Schuljahr 2015/16 viele Unklarheiten sowohl an den Schulen als auch bei verschiedenen Netzwerkpartnern vorherrschten, ordnete und optimierte sich die Zusammenarbeit zunehmend. Im Vergleich zu Projektbeginn hat sich seit Ende des Jahres 2016 die asylrechtliche Problematik an den Schulen verstärkt. Nach Aussagen der Lehrkräfte befand sich der Großteil der Schüler vorher längere Zeit in der Phase der Asylgestattung, wodurch Abschiebebescheide vorher nur sehr selten, an manchen Schulen sogar nie ein Thema waren. Umso stärker rückte die Thematik rund um Arbeitsverbote und Abschiebebescheide im Schuljahr 2016/17 in den Vordergrund, was auch einen Anstieg psychischer Belastung bei teils mangelndem Distanzierungsvermögen für einen Teil der Lehrkräfte nach sich zog. 10 Zudem beeinflussen verschärfte asylrechtliche Vorgehensweisen die Atmosphäre in der Klasse negativ, ebenso wie die Konzentrationsfähigkeit und Motivation der Schüler sowie auch der Lehrkräfte. Eine Schule schreibt hierzu beispielsweise: Vor allem im zweiten Jahr der Beschulung, in dem betriebliche Orientierungspraktika anstehen, kommt die Ausweglosigkeit und Demotivation massiv zum Tragen. [ ] Aktuell hätten mehr als 10 afghanische Schüler die Möglichkeit, eine Ausbildung zu beginnen. In keinem Fall wurde eine Ausbildungsgenehmigung gewährt. Das bekommen die Schüler natürlich mit und zeigen deshalb noch weniger Motivation. Eine Schule berichtete zudem, dass Schüler regelmäßig untertauchen, sobald Sammelabschiebungen angekündigt werden, um einer Abschiebung zu entkommen. An mehreren Schulen kam es bereits vor, dass die Polizei in die Schule kam, um die Schüler mit Abschiebebescheid zu suchen bzw. abzuholen. All dies verstärkt ein lernhinderliches Klassenklima und erschwert die Beschulung. Um die Lehrkräfte vor dem Hintergrund der zahlreichen asylrechtlichen Hürden, Vorgehensweisen und Gesetzen zu unterstützen, werden auf Arbeitstagungen regelmäßig Experten eingeladen, um sie in diesem Bereich fortzubilden. Des Weiteren wurde vonseiten des Vereins Tür an Tür angeboten, im Rahmen der IvAF 11 -Netzwerke bayernweit alle Schulen vor Ort in diesem Bereich fortzubilden (vgl. Kapitel 6.2). Der Kontakt kam über Frau Sabine Reiter zustande, die Mitglied des wissenschaftlichen Beirats im Modellprojekt ist. 10 Eine separate Forschungsarbeit zum Thema Belastung und Bewältigungsressourcen bei Lehrkräften in Berufsintegrationsklassen ist aktuell vonseiten der TUM in Arbeit. 11 IvAF als Abkürzung für Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen. 13

14 4 Berufsintegrationskonzept BIK - Paralleles Beschulungsmodell mit Mittelschulabschluss Deutschland trägt auf Bundesebene die Verantwortung, internationale und europäische Regelungen zur Schulpflicht einzuhalten. Das Bildungsrecht liegt aufgrund der Kultushoheit der einzelnen Bundesländer jedoch in der Hand der Landesverfassungen, weshalb es innerhalb Deutschlands verschiedene schulorganisatorische Modelle gibt (vgl. Massumi et al. 2015, S. 7), nämlich: - das submersive Modell : Die Schüler werden in die Regelklassen integriert und können die bereits bestehenden Förderangeboten der Schule nutzen; - das integrative Modell : Die Schüler werden in die Regelklassen integriert und bekommen nebenher zusätzliche Sprachförderung; - das teilintegrative Modell : Die Schüler nehmen nur in manchen Fächern am Regelunterricht teil und werden ansonsten in einer speziell eingerichteten Klasse unterrichtet; - das parallele Modell: Die Schüler verbringen die Unterrichtszeit in speziell für sie eingerichteten Klassen, die parallel zu den Regelkassen geführt werden.; - das parallele Modell mit Schulabschluss : Die Schüler verbringen die Unterrichtszeit bis zum Schulabschluss in speziell für sie eingerichteten Klassen. Bayern hat für die Beschulung von Neuzugewanderten und Geflüchteten in den sogenannten Berufsintegrationsklassen das parallele Modell mit Schulabschluss gewählt. Das bedeutet, dass die jungen Menschen nach erfolgreichem Abschluss der Beschulungsmaßnahme gemäß 15 BSO den Mittelschulabschluss bekommen und darüber hinaus die Möglichkeit haben, am qualifizierenden Mittelschulabschluss teilzunehmen (StMUK 2016). Inwiefern der Mittelschulabschluss nach einer Berufsintegrationsmaßnahme dem Mittelschulabschluss nach einem erfolgreichen Abschluss der neunten Klasse der Mittelschule gleicht, unterscheidet sich innerhalb des Modellprojekts je nach Schulstandort. Während sich manche BIK-Lehrkräfte bzw. Schulen in Bezug auf den erfolgreichen Abschluss der Berufsintegrationsklasse streng an den Zielkompetenzen der neunten Klassen Mittelschule orientieren, wird der Abschluss an anderen Schulen auch auf niedrigerem Kompetenzniveau erteilt (vgl. hierzu auch Kapitel 5.4). Um für mehr Einheitlichkeit zu sorgen, wurden bereits verschiedene Maßnahmen eingeleitet, wie z.b. die Erprobung des DSD I PRO als einheitliches Instrument zur Zertifizierung des Sprachniveaus A2 oder B1. Das parallele Beschulungsmodell hat zur Folge, dass die neu Zugewanderten und Geflüchteten innerhalb der Berufsschulen in separaten Klassen unterrichtet werden. Die räumlichen Rahmenbedingungen der BIK, die von Schulstandort zu Schulstandort stark variieren, erschweren die Organisation der innerschulischen Integration oft erheblich. Deshalb müssen Lehrkräfte Projekte ins Leben rufen, um einen geeigneten Rahmen für die schulinterne Begegnung zwischen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Flucht-/Migrationshintergrund zu ermöglichen. Besonders kreative Projekte, in welchen die Sprache nur eine sekundäre Rolle spielt und die durchgemischten Gruppen zusammen auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, eignen sich hierfür besonders. Zwar würden Schulmodelle wie das submersive oder integrative Modell den Kontakt zwischen Menschen mit und ohne Flucht-/Migrationshintergrund stärker fördern, allerdings weisen die Erfahrungen innerhalb des Modellprojekts darauf hin, dass Lernerfolge aufgrund der zu großen Heterogenität stark behindert wären. Für Schülerinnen und Schüler, die noch kaum oder keine Deutschkompetenzen erworben haben, ist also eine separate Beschulung durchaus sinnvoll und häufig notwendig. Trotz der Nachteile, die ein paralleles Schulmodell mit sich bringt, ist aufgrund der teilweise stark mangelnden Vorbildung verbunden mit den fehlenden Lernstrategien und (vor allem zu Anfang) geringen Sprachkenntnissen der jungen Erwachsenen in Berufsintegrationsklassen aus Sicht der qualitativen Evaluation das ge- 14

15 wählte parallele Beschulungsmodell sehr gut geeignet und in den meisten Fällen nötig. Ein integratives Beschulungskonzept greift dann ohnehin, sobald die jungen Menschen eine duale Berufsausbildung antreten und mit den Auszubildenden in den regulären Fachklassen der Berufsschule lernen. Das praktizierte Beschulungskonzept lässt den Lehrkräften einen großen Spielraum an Flexibilität. Beispielsweise ist es bei sehr leistungsschwachen Schüler mit geringer Vorbildung möglich, nach einer Sprachintensivklasse die beiden darauf aufbauenden Klassenstufen BIK/V und BIK zu wiederholen. Das bedeutet, dass vonseiten der Schule das im Kern auf zwei Jahre ausgerichtete Beschulungsmodell je nach Förderbedarf des Schülers auf bis zu vier Jahre ausgeweitet werden kann. Ebenso gilt: Leistungsstarke Schüler können bereits mit dem zweiten Beschulungsjahr BIK beginnen und die Vorbereitungszeit auf den Beruf (samt Erwerb des Mittelschulabschlusses bei erfolgreichem Absolvieren der Klasse) damit verkürzen. Was sich ebenfalls als gewinnbringend und nötig herausstellt, ist die ganzheitliche Ausrichtung des Berufsintegrationskonzepts. Die Berufsintegrationsmaßnahme ist keine reine Sprachfördermaßnahme, sondern umfasst die Vermittlung allgemeiner, lebenspraktischer, beruflicher und fachpraktischer Kompetenzen (vgl. Kapitel 5.1), welche für einen erfolgreichen Übergang in eine nächsthöhere Anschlussmaßnahme, aber auch für das gesellschaftliche Leben in Deutschland relevant sind. Integrale Bestandteile der Berufsintegrationsmaßnahme Anhand der von Ebbinghaus und Gei (2017) gewonnenen fünf Kriterien für Integrationskurse von Neuzugewanderten, die von über 90% der befragten Experten aus dem beruflichen Bildungswesen als sinnvoll eingestuft wurden, beleuchtet folgendes Kapitel die einzelnen Bestandteile der Berufsintegrationsmaßnahme in Bayern: a) Kompetenzfeststellungsverfahren/Potenzialanalysen zu Beginn der Berufsorientierung Wie bereits in den vorherigen Zwischenberichten (Riedl und Simml 2016, 2017b) erläutert, machen die Schulen aufgrund überwiegend fehlender Zertifikate und Zeugnisse der angehenden Schüler zu Beginn des Schuljahres sogenannte Aufnahme-/und Einstufungstests zur groben Filterung der bereits vorhandenen Vorbildung bzw. des Leistungspotentials (vgl. Kapitel 7). Zu Beginn des Modellprojekts dienten die sogenannten Aufnahmetests noch aufgrund eines Bewerberüberhangs und zu wenig Schulplätzen dazu, nicht alphabetisierte Schüler herauszufiltern und an externe Einrichtungen zu verweisen. Mittlerweile haben die Schulen die Möglichkeit, auch nicht alphabetisierte Schüler aufzunehmen. Allerdings ist ab dem kommenden Schuljahr 2018/2019 vorgesehen, dass in Berufsintegrationsvorklassen ausschließlich alphabetisierte Schülerinnen und Schüler aufgenommen werden. Dementsprechend sind für diese Schülergruppe zukünftig Sprachintensivklassen zur Alphabetisierung (SIK-A) einzurichten (StMUK , S. 1). Bei den Einstufungstests der Schulen geht es darum, eine äußere Differenzierung im Sinne einer möglichst homogenen Klasseneinteilung vorzunehmen. Diese äußere Differenzierung ist für alle befragten Lehrkräfte ein elementarer Schritt, um die unterschiedlichen Leistungsniveaus innerhalb des großen Heterogenitätsspektrums der neu zugewanderten Schülerschaft effizient und möglichst individuell fördern zu können. Einstufungstests werden von allen befragten Modellschulen eigenständig konzipiert und durchgeführt, wodurch sie sich in der konkreten Ausgestaltung unterscheiden. Während manche Schulen beispielsweise ausschließlich die sprachlichen Kompetenzen testen, konzentrieren sich mittlerweile viele Schulstandorte zunehmend auch auf das mathematische Vorwissen. 15

16 b) Integration von Sprachförderung in alle berufs- und ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen & c) Verankerung berufsorientierender Elemente in alle Integrations- und Sprachkurse Zu den Kriterien b) und c) sei gesagt, dass sich die Berufsintegrationsklassen in Bayern sowohl als Sprachfördermaßnahme als auch als berufsbezogene Vorbereitung verstehen. Wie auch im Lehrplan deutlich wird (vgl. Kapitel 5.1), ist das Konzept der Berufsintegrationsmaßnahme darauf ausgelegt, dass die Sprachförderung nicht nur eine eigenständige Säule darstellt, sondern auch in allen weiteren Lerngebieten integriert ist. Damit dieser sprachsensible Fachunterricht möglichst gut gelingt, arbeiten Berufs-/Wirtschaftspädagogen eng verzahnt mit Experten im Bereich Deutsch-als- Zweitsprache zusammen (vgl. Kapitel 8). Zudem gibt es hierzu mittlerweile zahlreiche Fortbildungen für die Lehrkräfte. Auch das Unterrichtprinzip Berufssprache Deutsch, welche als Leitlinie in den neuen Lehrplan Deutsch für die Berufsschule (ISB 2016) mit einbezogen wurde, beinhaltet die Verschränkung von Sprache und alltagsbezogenen/berufsfeldorientierten Inhalten im Unterricht. Ausgangspunkt für die Unterrichtsgestaltung ist eine berufliche Handlungssituation bzw. eine berufliche Herausforderung oder Aufgabenstellung mit einer sprachlichen Anforderung (ISB 2015b). d) Integration betrieblicher Phasen in alle berufs- und ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen Nachdem im ersten Berufsintegrationsjahr (BIK/V) grundlegende allgemeine und berufsbildende Kenntnisse in den verschiedenen Lerngebieten (vgl. ISB 2017c) erworben wurden, sind im zweiten Berufsintegrationsjahr (BIK) Betriebspraktika fester Bestandteil der Beschulungsmaßnahme. Wie wichtig diese betrieblichen Praxisphasen sind, wird in Kapitel 9.7 als auch im vorhergehenden Zwischenbericht (vgl. Riedl und Simml 2017b) erläutert. Die Berufsintegrationsklassen verzahnen im zweiten Jahr Theorie und Praxis in einer betriebsnahen Ausbildungsvorbereitung. Die bereits ausgebauten Netzwerke vonseiten der Berufsschulen helfen bei der Vermittlung der Betriebe. Während der betrieblichen Phasen begleiten die Lehrkräfte ihre Schüler, indem sie zum einen als Berater und Koordinator fungieren (Riedl und Simml 2016) und zum anderen die entsprechenden beruflich relevanten Inhalte und Bedarfe aufgreifen und zielgruppenspezifisch aufbereiten. e) Begleitung des Übergangs- und Ausbildungsprozesses durch ein und dieselbe Person (Mentorenprinzip) Ein weiteres Kriterium von Ebbinghaus und Gei (2017) ist die Begleitung des Übergangs- und Ausbildungsprozesses nach dem Mentorenprinzip durch eine beständige Person. Mehrere Modellschulen versuchen bereits, dieses Prinzip umzusetzen. Sie achten beispielsweise darauf, dass die Schüler von denselben Lehrkräften und Vertrauenspersonen über die Berufsintegrationsmaßnahme hinweg begleitet werden. Eine befragte Schule erprobte des Weiteren ein Mentoring zwischen den Schülern. Mentoring als eine zeitlich relativ stabile dyadische Beziehung zwischen einem erfahrenen Mentor und seinem weniger erfahrenen Mentee (Ziegler 2009, S. 11) hat die Schule jedoch vor Hürden gestellt, die bisher nicht gelöst werden konnten, sodass das Vorhaben eingestellt werden musste. Angedacht wurde, dass leistungsstärkere Schüler (meist deutschsprachige Schüler aus regulären Fachklassen) die Funktion des Mentors übernehmen und leistungsschwächere BIK-Schüler unterstützen. Hierbei handelt es sich um eine klassische Form des Mentorings, bei der eine Person einen Wissensvorsprung an Erfahrung, Fähigkeiten und Fertigkeiten besitzt (Graf und Edelkraut 2014). Allerdings berichten die Lehrkräfte, dass die zeitliche und räumliche Organisation innerhalb des Schulalltags sowie eine nachhaltige Bereitschaft vonseiten geeigneter Mentoren erhebliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung aufwerfen. Denn die Anforderungen, die an einen erfolgreichen Mentor gestellt werden, sind umfangreich. Beispiele hierfür sind Zeit, Engagement, Beherrschen konstruktiver Feedback- Techniken, Extraversion, Offenheit und Einfühlungsvermögen und Motivationsstrategien (Pflaum 2016; Graf und Edelkraut 2014; Knorr 2012). Weitere organisatorische Hürden hinsichtlich einer Begleitung des Übergangs- und Ausbildungsprozesses durch ein und dieselbe Person ergeben sich bei Schul- oder Wohnortwechseln. Als Beispiel sei hier der Fall genannt, dass der BIK-Absolvent nach seinem Übergang in eine andere Berufsschule kommt, weil seine gewählte fachliche Ausbildungsrichtung an der bisherigen Berufsschule nicht beheimatet ist. 16

17 Wohingegen die Erfolgskriterien a) - d) einer gelingenden Beschulung von Neuzugewanderten von Ebbinghaus und Gei (2017) in der Berufsintegrationsmaßnahme bereits weitgehend implementiert sind, ist Kriterium e) noch ausbaufähig. Dass die Vertrauensbeziehung zwischen Schüler und Lehrer sowie eine nachhaltige Begleitung der jungen Erwachsenen vonseiten beständiger Bezugspersonen besonders in Berufsintegrationsklassen von großer Bedeutung sind, spiegelt sich jedes Projektjahr in den verschiedenen Interviews wider. Allerdings sind hierfür erhebliche zeitliche und personelle Ressourcen notwendig. 17

18 5 Ausgestaltung des Unterrichts Lehrplan In Bayern ist mit Beginn des Schuljahrs 2016/2017 ein Lehrplan für Berufsintegrations- und Sprachintensivklassen (vgl. ISB 2017c) eingeführt worden. 12 Nach anfänglicher Zurückhaltung bei den Lehrkräften kann mittlerweile festgehalten werden, dass der Lehrplan von den Schulen durchweg positiv angenommen wird. Stufe 3 Weitergehender Erwerb von Kompetenzen im Rahmen der Berufsausbildung Stufe 2 Spracherwerb Deutsch (Basislehrplan Deutsch) Bildungssystem und Berufswelt Mathematik Ethisches Handeln und Kommunikation Sozialkunde Sprachliche Kompetenzen Wertebildung und kulturelle Bildung Stufe 1 Alphabetisierung Abbildung 5: Lernbereiche und Querschnittsaufgaben im Unterricht, Auszug aus dem Lehrplan für Berufsintegrationsund Sprachintensivklassen (ISB 2017c) Der Lehrplan für die Berufsintegrations- und Sprachintensivklassen (SIK, BIK/V, BIK) führt den Spracherwerb Deutsch 13 sowohl als separate Säule als auch als Querschnittsaufgabe aller anderen Lernbereiche auf, wie Abbildung 5 veranschaulicht. Neben dem Spracherwerb Deutsch sind weitere Lernbereiche Bildungssystem und Berufswelt, Mathematik, Ethisches Handeln und Kommunikation sowie Sozialkunde. Ein ergänzender Lernbereich ist Alphabetisierung. Ebenso wie für die sprachliche Kompetenzvermittlung sollen sich auch die Wertebildung und die Kulturelle Bildung als Querschnittsbereiche durch alle Lernbereiche ziehen. Insgesamt wird der Lehrplan von den Modellschulen konzeptionell wie auch inhaltlich sehr gut angenommen. Die anfängliche Skepsis der Lehrkräfte, dass ihre bisherigen schulspezifischen Entwicklungsbemühungen nach Einführung eines Lehrplans obsolet seien, wurde entkräftet. Bereits erarbeitete und bestehende Konzepte oder Materialien ließen sich den im BIK-Lehrplan enthaltenen Lernbereichen gut zuordnen und die Akzeptanz des Lehrplans war an den befragten Modellschulen gegeben. Vor allem der nötige Spielraum, welchen der Lehrplan den Lehrkräften gewährt, wird von allen Befragten als wichtig und äußerst positiv gewertet. Die deutliche Akzeptanz wird neben dem hohen Gestaltungsspielraum auch dadurch getragen, dass Lehrkräfte aus dem Modellprojekt aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen maßgeblich selbst am Lehrplan mitgewirkt haben. Verstärkt wird 12 Viele Mitglieder der Lehrplankommission und weitere beratende Personen sind Akteure im Modellprojekt. 13 Für den Lernbereich Spracherwerb Deutsch existiert wiederum ein eigener Lehrplan, der Basislehrplan Deutsch (vgl. ISB 2016). 18

19 an den Standorten auf eine lehrplankonforme didaktische Jahresplanung geachtet, an welchen schulinterne Lehrkräfte bei der Umsetzung des Lehrplans gestalterisch mitwirken. Ich hab einfach gesehen, wie viel Arbeit da dahinter steckt und dass das nicht einfach nur so mal unüberlegt zusammengeschrieben wurde. Deshalb leg ich schon sehr viel Wert drauf, dass sich das Team daran orientiert und am Anfang des Schuljahres eine didaktische Jahresplanung damit gemacht wird. Die Schülerschaft in Berufsintegrationsklassen ändert sich laut Berichterstattung der Lehrkräfte aktuell insofern, als kaum noch Asylantragsteller aus Ländern mit geringer Chance auf einen Schutzstatus wie z.b. Senegal, Äthiopien, Pakistan oder Tschetschenien in den Klassen sind und des Weiteren, dass Schüler hinzukommen, die bereits einige Jahre Schulbildung an der deutschen Mittelschule erfahren haben. Nach den Erfahrungswerten verschiedener Modellschulen benötigt dies jedoch keine Umgestaltung oder Erweiterung des Lehrplans. Der Unterricht sei auch für letztere Gruppe sinnvoll umsetzbar und das Modell der Berufsintegration lässt Spielraum für eine Zuordnung zu einer Klasse mit passendem Leistungsniveau. Die, die da aus der Mittelschule zu uns kommen, sind ja auch die, die eh noch starken Förderbedarf haben, sonst hätten sie ja schon einen Ausbildungsplatz nach der Mittelschule bekommen. Außerdem kann man sie ja auch gleich ins zweite Jahr und viele Praktika stecken. Und auch der Lehrplan gibt da genug Freiraum. Wertevermittlung und Demokratieerziehung Wertevermittlung als scheinbar einfache Querschnittsaufgabe der Lehrkräfte erfordert ein hohes Maß an Reflexion eigener Haltungen und Einstellungen. Sie bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen legitimer Einflussnahme im Rahmen pädagogischer Aufgabe einerseits und bewusster, zum Teil auch verändernd wirkender Maßnahmen auf die freie Persönlichkeitsentfaltung andererseits. Werte unterliegen außerdem emotionalen Bewertungsprozessen und sind eng geknüpft an die bisherige Sozialisation, was die Umsetzung von Wertevermittlung im schulischen Kontext zusätzlich erschwert. Wertevermittlung kann im schulischen Kontext auf verschiedene Arten passieren: Dabei wird zwischen intentionaler (direkter), funktionaler (indirekter) und extensionaler Erziehung unterschieden. Intentional bezieht sich hierbei auf das Erklären von Werten, funktional auf das Vorleben und extensional auf das Erleben und positive Bewerten von Werten (vgl. Grein 2016 in Orientierung an Stein 2009). Sehr häufig erfolgt die Wertevermittlung vonseiten der Lehrkräfte implizit, oft auch unbewusst. Dies wurde auch bereits im vorherigen Projektjahr beobachtet (Riedl und Simml 2017b). Beantworteten die Interviewpartner im vergangenen Schuljahr Fragen nach der Ausgestaltung und Umsetzung von Wertebildung im Unterricht wenig konkret oder mit allgemeinen Floskeln, gehen die Lehrkräfte mittlerweile mehr auf diesen Aufgabenbereich ein. Ein Grund dafür kann sein, dass das Thema Wertevermittlung (Demokratieerziehung inbegriffen) bereits auf verschiedenen Tagungen des Modellprojekts mehr in den Fokus gerückt wurde. Als zentralen Pfeiler sehen die Lehrkräfte hinsichtlich der Wertevermittlung das Grundgesetz. 14 Sie sind sich überwiegend dahingehend einig, dass intentionale Wertevermittlung nur sehr kurzfristig und oberflächlich greift im Gegensatz zur funktionalen und extensionalen Wertevermittlung, aber dennoch eine wichtige Voraussetzung bzw. Wissensgrundlage schaffen muss. Im Sinne der funktionalen Wertevermittlung äußert sich eine weibliche Lehrkraft folgendermaßen: 14 Lehrkräfte sind grundsätzlich dazu angehalten, die verfassungsrechtlichen Grundwerte zu vermitteln (vgl. z.b. LDO 2 (2); auch im Lehrplan für Berufsintegrations(vor)-/Sprachintensivklassen explizit genannt (ISB 2017c). 19

20 Ich lebe den Schülern doch Tag für Tag vor, dass ich als Frau gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehme und arbeite. Das ist mehr Wert, als würde ich ihnen den Satz im Grundgesetz vorlesen. Beliebte Maßnahmen in unterschiedlichen Lerngebieten ist die Projektmethode, bei der darauf geachtet wird, dass Schüler unterschiedlicher Herkunft zusammenarbeiten und dadurch mit der jeweiligen kulturellen Vielfalt konfrontiert sind. Diese Vorgehensweise ist auch beliebt, wenn es um extensionale Wertevermittlung geht. In Bezug auf die Demokratieerziehung wird in Kapitel 10.1 ein Beispielprojekt dazu geschildert. Wichtig ist für die Lehrkraft bei einer solchen Vorgehensweise, darauf zu achten, dass sich die Schüler respektvoll und auf Augenhöhe begegnen. Ebenso relevant ist dies auch im alltäglichen Unterricht bzw. Schulleben. Fallen vonseiten der Schüler diskriminierende Äußerungen, sollen Lehrkräfte intervenieren. Manche Lehrkräfte versuchen aus Unsicherheit, solche Situationen zu überhören bzw. zu ignorieren, während andere aktiv während des Unterrichts eingreifen oder die Schüler nach der Unterrichtsstunde zu sich holen, um den Vorfall zu besprechen. Des Weiteren berichten Lehrkräfte, dass solche Beobachtungen meist in Fächern wie Sport oder in den Pausen stattfinden und im regulären Unterricht häufig verborgen bleiben. Wichtig ist es, solche Situationen aufmerksam zu verfolgen und aufzugreifen. Den Schülern soll vermittelt werden: Jeder Mensch egal welcher Herkunft und Kultur ist gleich viel wert und einander wird mit Toleranz, Respekt und Wertschätzung begegnet. Als sehr gewinnbringend wird vonseiten der Lehrkräfte die Arbeitstagung des Projektjahrs 2017/18 erachtet, in welcher den Lehrkräften mit wissenschaftlich-theoretischem Hintergrund eine konkrete Methode zur Wertevermittlung (VaKE) mitgegeben wurde. Die Methode verfolgt einen konstruktivistischen entwicklungsfördernden Ansatz und lässt sich mit dem (selbständigen) Erwerb von Fachkompetenzen verzahnen. 15 Bereits vorher wurde speziell eine Tagung zur Demokratieerziehung in Zusammenarbeit mit der Hanns-Seidel-Stiftung ausgerichtet. 16 Seither rückte auch bei vielen Lehrkräften Demokratieerziehung mehr in den thematischen Fokus der Werteerziehung. Lehrkräfte konnten aus Materialtheken und Vorträgen auf Arbeitstagungen mehrere Ideen für den Unterricht verwenden. Eine Lehrkraft berichtete allerdings eine Fallgeschichte zur Demokratieerziehung, die sie stark irritierte: Fallgeschichte zur Demokratieerziehung Eine Lehrkraft berichtet, dass sie an der Schule verstärkt Demokratieerziehung im Unterricht berücksichtigt hatten. Schulinterne Hierarchien sowie auch der Respekt vor der Lehrkraft waren bislang kein Problem. Nachdem allerdings verstärkt Themen wie Gleichberechtigung, Mitbestimmung, Wahlen u.ä. behandelt wurden, fingen die Schüler an, über schulinterne Abläufe abzustimmen, wurden fordernder und verlangten in einem Fall, eine andere Lehrkraft zu erhalten. In den Interviews wird auch ersichtlich, dass manche Lehrkräfte teilweise daran zweifeln, ob ihre Maßnahmen einen anhaltenden Effekt nach sich ziehen, sobald es um das Thema Wertebildung und Akkulturation 17 geht: Manchmal frag ich mich nur, ob das auch wirklich was bringt. Ob man die Werte, die sie seit Jahrzehnten verinnerlicht haben, ob sie die wirklich aufgeben? Bei manchen kann ich mir das tatsächlich nicht vorstellen, die sind so verankert, in dem und was sie denken. 15 Mehr Informationen zur Methode s. Weinberger 2006; Kopp 2017; Patry et al Für einen Überblick über die einzelnen Vorträge s. Bäuml et al Theoretische Aufarbeitung zur Akkulturation im Kontext der BIK vgl. Riedl und Simml 2017b. 20

21 Des Weiteren folgen zwei Fallgeschichten, die thematische Anknüpfungspunkte im Rahmen der Wertevermittlung nach sich ziehen. Fallgeschichte zu Arbeit und Sozialleistungen Laut Aussage einer Abteilungsleitung sank die Motivation mancher Schüler seit Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung. Es kam mehrmals vor, dass Schüler keinen Ausbildungsplatz möchten bzw. die Ausbildung abbrechen, weil die Tätigkeiten unter ihrer Würde sind. Anfangs haben die sich noch bemüht und waren fleißig. Und jetzt kommen die zu mir und sagen zu mir:,ich bekomme genug Geld vom Staat, ich möchte nicht arbeiten. oder,die Arbeit als KFZ-Mechaniker ist zu dreckig für mich. Und andere Schüler in meinen Klassen schinden sich, was das Zeug hält, würden jeden Beruf machen und dürfen nicht arbeiten. Eine Möglichkeit ist an dieser Stelle, im Rahmen der Wertevermittlung als Querschnittsaufgabe in den Lernbereichen Ethisches Handeln oder Sozialkunde aufzugreifen, wie die soziale Absicherung in Verbindung mit der freien Marktwirtschaft in Deutschland aufgebaut ist bzw. funktioniert und warum es nur unter bestimmten Wertvorstellungen Bestand haben kann. Wichtige Kompetenzziele für die Schüler, welche die Inanspruchnahme von Sozialleistungen ohne erheblichen Grund eigener Erwerbstätigkeit vorziehen, wären hierbei, dass sie reflektieren, für welche Zielgruppen die unterschiedlichen Sozialleistungen ausgerichtet sind und welche Bedeutung der eigenen Arbeitstätigkeit in diesem Kontext zugeschrieben wird. Dass es Schüler- bzw. Herkunftsgruppen gibt, die aufgrund der asylrechtlichen Hintergründe nicht arbeiten dürfen und ohne Perspektive sind, wie auch die damit einhergehenden Schwierigkeiten innerhalb der Beschulung in Berufsintegrationsklassen, wurde bereits in den vorangegangenen Zwischenberichten geschildert. Die folgende Fallgeschichte knüpft hieran an: Fallgeschichte zu interkulturellen Konflikten Bereits mehrmals bekamen Lehrkräfte einer Modellschule mit, dass sich syrische und afghanische Jugendliche (Syrien und Afghanistan sind die beiden Haupt-Herkunftsländer an dieser Schule) gegenseitig sowohl mit rassistischen Äußerungen als auch durch körperliche Auseinandersetzungen anfeindeten. Die Beobachtungen spitzten sich zu, als Schüler nach einer verabredeten Schlägerei außerhalb der Unterrichtszeit am nächsten Tag mit Verletzungen in die Schule zurückkehrten. Diese gegenseitigen Anfeindungen verstärken sich durch die unterschiedlichen Asylstatus: Während syrische Schüler meist eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, bangen Afghanen häufig um ihre Zukunft. Laut Berichten der Lehrkräfte treten syrische Schüler innerhalb der Schule häufig überheblich und verbal abfällig gegenüber ihren den afghanischen Mitschülern auf, was diese wiederum provoziert. Die befragte Lehrkraft schreibt hierzu: Durch die Hoffnungslosigkeit sinkt bei [manchen] Schülern die Schwelle, sich an Recht und Gesetz zu halten. Körperverletzungen, sexuelle Nötigungen, Eigentumsdelikte und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz werden,billigend in Kauf genommen. Viele Schüler in BIK stehen aus verschiedenen Gründen, häufig bedingt durch negative Asylbescheide, unter großer emotionaler Belastung. Lehrkräfte versuchen bereits, eskalierenden Situationen entgegenzuwirken. Allerdings spielt sich laut Berichterstattung sehr viel im außerschulischen Bereich ab. Drogen-/ und Gewaltprävention bzw. respektvoller Umgang zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft sind im Rahmen der schulischen Wertevermittlung also weitere thematische Anknüpfungspunkte, die von aktueller Relevanz sind. Ebenso ist die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ein Thema, dem im Rahmen der Wertevermittlung verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. 21

22 Ein weiterer Punkt, der im Rahmen der Interviews zur Wertebildung von Lehrkräften als problematisch angesprochen wurde, ist antisemitisches Gedankengut bei sehr vielen Schülern, die aus dem asiatischen und afrikanischen Raum stammen. In der Wissenschaft wird diskutiert, ob und inwiefern sich islamistischer Antisemitismus von Jugendlichen aus dem asiatischen und afrikanischen Staaten hinsichtlich nationaler, rassistischer und religiöser Einflussfaktoren von europäischem Antisemitismus unterscheidet. Einflussfaktoren, welche die unterschiedlichen Herkunftsmilieus dahingehend prägen, sind die gesellschaftlichen, religiösen, kulturellen und politischen Meinungen gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen (vgl. z.b. Greuel und Glaser 2012; Glaser 2012; Arnold 2007; Stendner et al. 2010). Nicht zuletzt spielt der Konflikt im Nahen Osten eine entscheidende Rolle für Jugendliche, die selbst Kriegs- und Fluchterfahrungen gemacht haben oder für die der Konflikt Teil der Familiengeschichte ist (Botsch et al. 2012, S. 230). Lehrkräfte erzählen, dass sie teilweise antisemitische Andeutungen oder Äußerungen vonseiten der Schüler nicht verstehen, weil ihnen das nötige (kulturelle) Hintergrundwissen dazu fehlt. Der Antisemitismus von denen ist ja nicht so ganz vergleichbar mit dem Antisemitismus in Deutschland. Da spielt ja Israel und so eine ganz andere Rolle. Aber da kennen wir Lehrkräfte uns einfach nicht genug aus. Die Interviewpartner äußern, dass sie nicht (ausreichend) ausgebildet dafür seien, um solchen sensiblen Themen begegnen zu können. Der schulische Rahmen bietet allerdings eine gute Möglichkeit, bei Schülern mit antisemitischem Gedankengut Reflexionsprozesse anzustoßen. 18 Hierfür benötigt es jedoch ein geeignetes Fortbildungsangebot von Experten und/oder externe pädagogische Angebote, welche auf die Schülergruppe in Berufsintegrationsklassen ausgerichtet sind. Auch im Rahmen von islamischen Religionsunterricht (vgl. Kapitel 11.3) könnte dieses Thema aufgegriffen werden. Ausgestaltung der Berufsvorbereitung Der Lernbereich Bildungssystem und Berufswelt im Lehrplan für Sprachintensiv- und Berufsintegrationsklassen enthält das Lerngebiet Arbeitswelt, Berufliche Orientierung und Berufswahl (ISB 2017c). Die Schüler sollen sich in den BIK klar über ihre Berufswünsche werden und diese mit ihren Kompetenzen und Fähigkeiten abgleichen. Neben berufsvorbereitendem BIK-Unterricht helfen hierbei die im zweiten Jahr integrierten Praktikumsphasen, die vonseiten der Schule eng begleitet werden sollten, sowie der schulische Praxisunterricht in den Werkstätten der Schule bzw. beim Kooperationspartner. Weitere Bestandteile der Berufsvorbereitung sind an allen befragten Schulen das Einüben von Vorstellungsgesprächen oder das gemeinsame Verfassen von Bewerbungsschreiben. Sehr viele Schulen ermöglichen den Schülern auch Schnupperunterricht in den gewünschten Fachklassen. Wie die Berufsorientierung-/vorbereitung an der Schule im Detail aussieht, variiert allerdings je nach Schule und den dort beheimateten Fachrichtungen. Hierfür vier Beispiele zur Veranschaulichung: Schule A lässt alle ihre BIK-Schüler einen festgelegten Turnus zur Berufsorientierung in den Fachrichtungen Ernährung und Hauswirtschaft, Holz und Metall durchlaufen, egal ob diese bereits einen konkreten Berufswunsch fokussieren oder nicht. Die Begründung des Verantwortlichen ist hierfür: Nur wenige wissen bereits wirklich, was sie werden wollen. Selbst die, die es zu tun glauben, sind froh über die unterschiedlichen Einblicke und wechseln oft noch die Meinung. Er empfindet das Vorstellen möglichst verschiedener Berufe und Fachrichtungen als gewinnbringend. 18 Zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule ist bereits eine Handreichung für Lehrkräfte in Arbeit. 22

23 Dahingegen hat sich Schule B entschieden, dass sie die Schüler nach einer kurzen Einführung selbst entscheiden, welchen Beruf sie sich näher ansehen möchten. Die Schüler dürfen daraufhin vertiefte Einblicke in die Regelklassen der ausgewählten Fachrichtung (wenn möglich im Praxisunterricht) erhalten. Aufgrund dessen ist eine zeitweise Auflösung der Klassengemeinschaft zum Zweck der Berufsvorbereitung erforderlich und damit einhergehend ein hoher Aufwand hinsichtlich Stundenplaneinteilung, die an diesem Schulstandort abteilungsübergreifend stattfindet. Die Schule hat die jungen Neuzugewanderten in einem separaten Schulgebäude untergebracht, da im Haupthaus der nötige Platz für die neu eingeführten Klassen nicht gegeben war. Einmal die Woche fahren die BIK-Schüler alle am selben Tag zur Berufsvorbereitung ins Hauptgebäude, um dort von Fachlehrkräften theoretisch sowie praktisch in die vom Schüler gewählte berufliche Wunsch-Fachrichtung eingeführt zu werden. In manchen Fachbereichen ergeben sich dadurch Umstrukturierungsbedarfe, wie folgende Fallgeschichte beispielhaft erläutert: Fallgeschichte in diesem Kontext zu kulturbedingten Umstrukturierungen im Fachbereich Körperpflege: Innerhalb der schulischen Ausbildung zum Friseur ist es an dieser Schule üblich, sich im Klassenverbund untereinander die Haare zu schneiden. Geflüchtete Mädchen, die Kopftuch tragen, verweigern dies, da sie hierfür das Kopftuch abnehmen müssten. Wenn allerdings ein männerfreier Raum vorherrscht und auch die Möglichkeit, dass Männer den Raum betreten können, nicht gegeben ist, würden sie das Kopftuch ablegen. Die Schule entscheidet sich daraufhin nach einer Teambesprechung, die Klassen nach Geschlecht zu teilen, was zusätzliche organisatorische, personelle und räumliche Ressourcen benötigt. Ob der Unterrichtsraum entgegen schulischer Vorschriften jedoch von innen abgeschlossen wird, blieb zum Zeitpunkt der Befragung in Diskussion und wurde stark problematisiert. Schule C unterteilt den Praktika-Teil der Berufsintegrationsklassen in zwei Phasen: Während in einer ersten Orientierungsphase versucht wird, möglichst viele Praktika in unterschiedlichen Betrieben zu absolvieren, um eine Passung zwischen Betrieb und Praktikant auszudifferenzieren, strebt die zweite Phase, die Bindungsphase, lange Praktika in einem ausgewählten Betrieb an. Im besten Fall findet im Anschluss an die Berufsintegrationsklasse daraufhin ein möglichst sanfter Übergang in Ausbildung im selben Betrieb statt. Die Verantwortlichen orientieren sich bei der Akquise von Praktika und Ausbildungsplätzen an folgenden Faktoren: Abbildung 6: Ausschnitt eines Leitfadens der Modellschule C zur Akquise bzw. Vermittlung von Praktikumsbetrieben 23

24 Im weiteren Verlauf kümmert sich die Schule während des Praktikums auch um folgende Elemente: Abbildung 7: Ausschnitt eines Leitfadens der Modellschule C zur Betreuung von Praktika Eine weitere Besonderheit im Rahmen der Berufsvorbereitung ist an Schule D vertreten: Dort wurde vereinbart, dass jede Fachrichtung der Berufsschule ein sogenanntes Begegnungstreffen (z.b. einen Tag der offenen Tür oder einen Schnuppertag) im Rahmen der Berufsorientierung/-vorbereitung anbieten muss. Dabei werden unter Berücksichtigung der von den Schülern absolvierten Praktika unterschiedliche Berufe und Fachrichtungen innerhalb des BIK-Unterrichts vorgestellt. Erfahrungsberichte vonseiten der Schüler aus den Praktika lassen sich hierbei ebenfalls sehr gut mit einbeziehen. Die breite Expertise zu verschiedenen Fachrichtungen an den Schulen ist für den Zweck dieser Beschulungsform von hoher Effizienz und bringt viele Synergien mit sich. Der Schwerpunkt der Berufsvorbereitung liegt an den meisten Schulen besonders in den Fachbereichen, die an der Berufsschule beheimatet sind, sodass nicht alle Fachrichtungen bzw. Berufe gleichermaßen intensiv vorgestellt werden (können). Eine befragte Schule kooperiert deshalb beispielsweise mit einer anderen Berufsschule, welche weitere, ergänzende Berufe ausbildet. Eine interviewte Lehrkraft erläutert hierzu: Wenn der schon eine konkrete Vorstellung hat, was er machen will und wir den Beruf nicht selbst an der Schule ausbilden dann bestärken wir ihn natürlich schon insofern, dass wir ihn in den Beruf reinschnuppern lassen. Sei es im Praktikum, den Werkstätten beim Kooperationspartner oder wir hier an der Schule. Wir haben auch schon mit anderen Schulen zusammengearbeitet, die den Beruf eben ausbilden. Allerdings sagen wir dem Schüler schon auch:,wenn du die Ausbildung X oder Y machst, kannst du bei uns an der Schule bleiben und bekommst eine gute zusätzliche Förderung. Weil wir wissen halt einfach, dass der bei uns gut aufgehoben ist, weil wir solche Fördermöglichkeiten haben. Und an anderen Schulen habe ich darauf ja keinen Einfluss. Und die Leute brauchen diese zusätzliche Förderung aber dringend. Die Lehrkräfte möchten ihre BIK-Absolventen in guten Händen wissen und äußern sich nach wie vor übereinstimmend dazu, dass eine zusätzliche Förderung zum Verbleib in der Ausbildung dringend nötig ist (vgl. Kapitel 9). Einen großen Teil der Berufsvorbereitung übernehmen an den Schulen die Kooperationspartner. Je nach Ausstattung und angesiedelten Fachrichtungen an der Berufsschule findet dazu häufig Praxisunterricht in den Werkstätten des jeweiligen Partners statt. Nach wie vor ist das unbeliebte Thema zentrales Ausschreibungsverfahren (vgl. Riedl und Simml 2017a) an den Schulen aktuell. Manche Schulen müssen aufgrund von kostengünstigeren Alternativ-Angeboten vonseiten anderer Bildungsträger ihre Zusammenarbeit mit dem bisherigen Kooperationspartner beenden und wechseln. Momentan gewinnt ja überall [Name des Bildungsträgers], weil der so billig ist. Die Qualifikationen des Personals sind da zweitrangig. Der alte Kooperationspartner hat uns die Hälfte unserer Schüler in Ausbildung vermittelt. Mit dem waren wir wirklich zufrieden. Wenn das der neue auch schafft, möchte ich die nicht kritisieren. Aber das ist unsere Messlatte, wir werden sehen. 24

25 Bewertungsverfahren und Leistungsfeststellung Wie bereits in Kapitel 4.1 aufgegriffen, wird den jungen Menschen nach dem erfolgreichen Abschluss der beiden Berufsintegrationsklassen der erfolgreiche Abschluss der Mittelschule verliehen. Die anschließenden Ausführungen gehen auf folgende Frage dazu ein: An welchen Qualitätsstandards orientiert sich die Vergabe des Mittelschulabschlusses formal und wie sieht die Umsetzung an den Schulen aus? Die folgenden Erkenntnisse speisen sich neben Interviews mit BIK-Lehrkräften zu Bewertungsverfahren und Leistungsdiagnostik aus den Hospitationen verschiedener Unterrichte sowie Prüfungseinsichten. Unterschiedliche Anforderungsniveaus in Verbindung mit unterschiedlichen Bewertungsverfahren bzw. Bezugsnormen Für die Berufsintegrations- und Sprachintensivklassen wurde ein Lehrplan eingeführt, welcher einen einheitlichen und transparenten Rahmen der BIK-Beschulung bildet. Trotzdem sind insbesondere die Anforderungen sowie die Noten in den Fächern Mathematik und Deutsch in den unterschiedlichen BI-Klassen sowie den unterschiedlichen Schulen nicht konsistent miteinander vergleichbar. Ein erster Punkt, welcher einen Vergleich der Anforderungsniveaus in den BIK verhindert, ist die äußere Differenzierung bzw. Homogenisierung der Klassen, die an den befragten Schulen in den BIK ebenso wie in den BIK/V erfolgt. Das bedeutet in der Konsequenz, dass es verschiedene BIK auf unterschiedlichem Leistungsniveau gibt. Leistungsstärkere BI-Klassen werden also auf einem höheren Anforderungsniveau unterrichtet als leistungsschwächere BI-Klassen. Diese unterschiedlichen Anforderungsniveaus zwischen den Klassen sind aufgrund der großen Heterogenität der Schülerschaft grundlegend und wichtig, werfen allerdings Kritikpunkte bezüglich einheitlicher Leistungsfeststellung auf, insofern sich das Bewertungsverfahren nicht auf eine einheitliche, kriterienorientierte Bezugsnorm bezieht, die mit den Anforderungen, welche an einen Mittelschulabschluss geknüpft sind, abgestimmt ist. An manchen Schulen wird großer Wert auf ein transparentes und einheitliches Vorgehen gelegt. An anderen Schulen werden unterschiedliche Bezugsnormen und Bewertungsverfahren eingesetzt. Beispielweise erklärt eine Lehrkraft, dass sie ihre Prüfungen jeweils auf das Leistungs-/Anforderungsniveau der jeweiligen Klassen ausrichtet und in den unterschiedlichen BIK unterschiedliche Bezugsnormen ansetzt, sodass der Notenspiegel jeweils der Gaußsche Normalverteilung nahekommt. Eine Vergleichbarkeit der Noten zwischen einzelnen BIK ist so nicht gegeben. Eine andere Lehrkraft, die alle Berufsintegrationsklassen der Schule im Fach Mathe unterrichtet, erzählt dahingegen, dass sie die Prüfungskonzeption sowie den Notenschlüssel bzw. die Bezugsnorm an ein einheitliches Anforderungsniveau knüpft, welches sich durch alle BIK zieht. Diese Vorgehensweise wiederum macht eine Vergleichbarkeit zwischen den unterschiedlichen BIK möglich. Für besonders leistungsstarke Schüler richten manche Schulen spezielle Quali-Klassen ein, um sie auf den externen qualifizierenden Mittelschulabschluss vorzubereiten, an dem sie als Externe teilnehmen können. Die dafür vonseiten der Schulen ausgewählten Schüler zeichnen sich erfahrungsgemäß durch einen zügigen Leistungszuwachs seit Beginn der Berufsintegrationsmaßnahme, gute mathematische Grundkenntnisse und eine anschlussfähige schulische Vorbildung im Heimatland aus. Während manche Schulen diese Prüfungsvorbereitung (auch) in den regulären Unterricht mit einbeziehen, halten sie andere als Zusatzstunden am Nachmittag ab. Dass geeigneten, leistungsstarken Schülern berufsschulintern eine Vorbereitung für den qualifizierenden Mittelschulabschluss angeboten wird, ist sehr zu empfehlen. Aus den Interviewergebnissen mit verschiedenen Betrieben und Ausbildern ist abzuleiten, dass ein Abschluss mit standardisierter Prüfung die Einstellungschancen bzw. Ausbildungschancen erhöht. Hier ist eine Vergleichbarkeit des Anforderungsniveaus zwischen BIK und Mittelschule nachvollziehbar gegeben. 25

26 Teilweise willkürliche Notenvergaben Interviewpartner berichten auch, dass vonseiten mancher Kollegen Noten häufig geschönt werden und durch Mitleid oder Sympathien beeinflusst sind. Das ist manchmal schon ein Witz. Viele meiner Kollegen sind halt so Gutmenschen und geben dann einfach gute Noten her, damit der Schüler ja den Abschluss halt schafft oder eine Ausbildungsstelle bekommt. Aber das ist nicht aussagekräftig und damit tut man den Schülern auch nix Gutes. Und das ist auch nicht vergleichbar mit den Noten eines Mittelschulabschlusses. Einzelne Lehrkräfte berichten darüber hinaus hinsichtlich des eigenen Vorgehens sehr offen: Ich sags Ihnen ganz ehrlich: Wenn ich weiß, der Schüler braucht noch eine 2 in Deutsch, damit er den Ausbildungsplatz bekommt, dann geb ich sie ihm. Auch wenn er eigentlich auf einer 4 oder 5 steht. Manche BIK-Lehrkräfte sind der Meinung, dass sie durch solche Vorgehensweisen den geflüchteten jungen Menschen helfen können, weil sie durch den Mittelschulabschluss der BIK höhere Chancen bei der Ausbildungsplatzsuche haben. Dies deckt sich auch mit den Erkenntnissen aus den Interviews mit Lehrkräften in Regelklassen (vgl. Kapitel 9.1). Dabei ist zu bedenken, dass ein potentieller Ausbildungsabbruch bei den jungen (Flucht-)Migranten eine starke Desillusionierung mit sich bringt, weil dabei die Selbstwirksamkeitsüberzeugung sowie die Hoffnung auf die Zielerreichung als Motivation und Antrieb verloren gehen. Zudem sind die alternativen Auffang-Möglichkeiten nach einem Ausbildungsabbruch im Gegensatz zur Phase der Berufsintegration weitaus weniger zielgruppenspezifisch ausgerichtet und ausgeprägt. Dass die hier ein wenig wie in einem Schonraum behandelt werden, ist klar. Und das ist auch wichtig. Aber wenn die Schüler dann danach auf die Schnauze fliegen, haben die auch nichts davon. Das heißt: Es ist wichtig, die Ausbildungsreife der BIK-Schüler realistisch einzuschätzen und entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen (z.b. Klassenwiederholung o.ä.) sowie die Schüler angemessen zu beraten. Voraussetzung dafür ist, dass sich Lehrkräfte (insbesondere Lehrkräfte, die neu in der beruflichen Bildung unterrichten oder aus einem fachfremden Bereich stammen) über die Anforderungen der unterschiedlichen Berufsausbildungen bewusst sind. Hierfür ist eine BIKübergreifende Kooperation zwischen den Lehrkräften unterschiedlicher Professionen hilfreich (vgl. Kapitel 8). Kurzfazit: Aus den eben erläuterten Vorgehensweisen wird ersichtlich, dass das Bewertungsverfahren vonseiten der Lehrkräfte unterschiedlich gehandhabt wird. Für eine transparente und aussagekräftige Leistungserhebung in Berufsintegrationsklassen über die verschiedenen Schulstandorte hinweg benötigt es einheitliche Bezugsnormen bei der Leistungsbewertung. Ein nächster Schritt, welcher diesen Punkt aufgreift, ist die Planung und Erprobung des berufsorientierten Deutschtests DSD I PRO 19 zur zertifizierten Feststellung der Sprachniveaus A2/B1 an 15 Berufsschulen innerhalb Bayerns. Die Bezugsnorm orientiert sich hierbei an den Richtlinien des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) hinsichtlich verschiedener Teilfertigkeiten des Deutschen (Hören, Lesen u.ä.). Fällt die Erprobungsphase positiv aus, ist geplant, diese Vorgehensweise bayernweit in Berufsintegrationsklassen einzusetzen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass innerhalb der Schule ein einheitliches und durchdachtes Konzept zur Leistungsfeststellung konzipiert und umgesetzt wird. Denn schulische Leistungsfeststellungen sind ein Instrument der Qualitätssicherung: Sie dienen nicht nur der Bewertung des Leistungsstan- 19 DSD I PRO ist eine Prüfung, die den Sprachstand im Hinblick auf allgemein und berufsorientiertes Deutsch (inhaltliche Handlungsfelder Berufsschule, Praktika, Ausbildung) ermittelt. Dabei handelt es sich um eine Stufenprüfung, d.h. zwei Sprachniveaus können simultan gemessen werden. 26

27 des. Sie helfen bei der Überprüfung vorab aufgestellter Lernziele, bei der Diagnose des Lehr-Lernprozesses und haben dadurch Auswirkungen auf die didaktische Planung und die curriculare Umsetzung von Bildungsmaßnahmen (Heller und Büscher 1978, S. 19). In Orientierung an die Gütekriterien Validität, Objektivität und Reliabilität ergeben sich für Lehrkräfte bei der Konzeption von Prüfungen und Bewertungsverfahren folgende Leitfragen zur Reflexion: Misst das Prüfungs- und Bewertungsverfahren wirklich das Merkmal, das gemessen werden soll? Welche Einflüsse können das Ergebnis verfälschen (z.b. zu unpräzise Aufgabenstellung, zu hoher Schwierigkeitsgrad der sprachlichen Formulierung u.ä.)? Ist das Bewertungsverfahren (für Außenstehende) nachvollziehbar? Welche Bezugsnormen werden für das Bewertungsverfahren herangezogen? Fließen subjektive Wahrnehmungen in das Bewertungsverfahren mit ein (z.b. Vorbehalte oder persönliche Emotionen)? Inwiefern und warum gleicht oder verändert sich der Leistungsstand bei wiederholten Bewertungsverfahren (z.b. Lernzuwachs oder Fehleinschätzung durch Einflussgrößen bei letztem Beobachtungszeitpunkt)? 27

28 6 Multiplikationseffekte Angepasst an die am jeweiligen Schulstandort vorherrschenden Bedingungen und Ressourcen entwickeln die Modellschulen verschiedene Schulprojekte, Unterrichtsmaterialien, Einstufungstests, Regeln oder systematische Vorgehensweisen innerhalb der Berufsintegrationsklassen. Eine Übertragbarkeit an andere Schulstandorte ist dabei nicht immer möglich, da sich die Rahmenbedingungen der Berufsschulen teilweise unterscheiden und die Schulen bevorzugt auf die eigenen, schulintern entwickelten Konzepte zurückgreifen. Nichtsdestotrotz gibt es innerhalb des Modellprojekts sehr erfolgreiche Bestrebungen hinsichtlich Transfer und Multiplikation solcher Maßnahmen und Materialien. So stellt die Stiftung Bildungspakt beispielsweise von den Schulen eingereichte Materialien und Konzepte online unter allen Interessierten öffentlich zur Verfügung. Dies ist für die Modellschulen eine geeignete Plattform zur Veröffentlichung eigener erprobter Konzepte. Veröffentlicht werden dabei allerdings nur die Dokumente, die nach Durchsicht vonseiten der Stiftung Bildungspakt Bayern Zustimmung erhielten. Im Rahmen des Modellprojekts kommt der Transfer und die Multiplikation von Konzepten und Maßnahmen jedoch in erster Linie durch den formellen und informellen Austausch zwischen den Schulen auf den Arbeitstagungen zustande oder durch dort entstandene Schulkooperationen. Auch die aktive Auseinandersetzung mit speziellen Inhalten oder Methoden auf den Arbeitstagungen trägt zum Transfer sowie auch der Weiterentwicklung dieser bei. Arbeitstagungen des Modellprojekts Die Modellschulen hatten auf den Projekt-Arbeitstagungen nicht nur die Möglichkeit, ihre Ideen und Unterrichtskonzepte vorzustellen, sondern sich auch in einem informellen Rahmen Feedback von anderen Schulen dazu zu holen. Um zusammen erarbeitete Konzepte und Materialien weiterentwickeln zu können, hätten sich manche Schulen noch mehr Zeit auf den Tagungen gewünscht, da sie im Schulalltag die Zeit dafür kaum aufbringen. Dass wir die Sachen zusammen mit anderen Schulen oder auch allein weiterentwickeln, uns Feedback holen oder so da haben wir im normalen Schulalltag die Zeit einfach nicht dafür. Und vor allem halt auch, wenn man bedenkt, dass man für eine Zusammenarbeit mit anderen Schulen ja immer erst eine Weile fahren muss. Deshalb sind die Tagungen auch so super. Auf den Arbeitstagungen schätzten die befragten Lehrkräfte vor allem den informellen Austausch und die Vernetzung mit anderen Schulen, wobei hier auch betont wurde: Diese erzwungenen Kooperationen, so wie sie am Anfang geplant waren, das ist einfach nichts. Und das liegt nicht am Modellprojekt oder so, sondern einfach an den einzelnen Personen. Das klappt nur, vor allem wenn s nachhaltig gewollt ist - wenn es mit demjenigen auf einer persönlichen Ebene klappt. Ich habe zum Beispiel jetzt eine Schule, mit der telefoniere ich regelmäßig und wir tauschen uns aus. Des Weiteren haben auf den Tagungen regelmäßige Beiträge von Experten zum einen deren Expertise eingebracht, zum anderen Diskussionsimpulse angestoßen. Nicht immer waren die Teilnehmenden einer Meinung, womit häufig eine bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln sowie Reflexionsprozesse einhergingen. Dass Verantwortliche aus dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus regelmäßig auf den Tagungen vertreten sind, nehmen die Schulen als ihnen entgegengebrachte Wertschätzung wahr, die wichtig und förderlich für die anhaltende Motivation der beteiligten Akteure ist. Die Tagungen schaffen Zeit und Raum für unmittelbare Interaktionsprozesse: Zum einen haben die Lehrkräfte die Möglichkeit, ihre Bedarfe und Fragen zu äußern, worauf die ministeriellen Vertreter unmittelbar eingehen. 28

29 Zum anderen haben die ministeriellen Vertreter innerhalb kurzer Zeit die Gelegenheit, ein aktuelles Bild über die Lage an 21 unterschiedlichen Schulstandorten zu gewinnen. Beispiele für aktiv multiplizierte Maßnahmen Das Modellprojekt schafft nicht nur Zeit und Raum, um Multiplikation, Austausch und Transfer zu fördern, sondern multipliziert auch proaktiv weitere konkrete Maßnahmen. Materialordner für BIK/V Wie bereits im Zwischenbericht des letzten Projektjahres angekündigt (vgl. Riedl und Simml 2017b), ist der von der Stiftung Bildungspakt Bayern initiierte, lehrplankonforme Materialordner Kommunizieren und Handeln nun vollständig erarbeitet, 20 wurde bereits auf einer Arbeitstagung des Modellprojekts vorgestellt und allen Schulen zur Verfügung gestellt. Neben dem öffentlich Zugang unter wurde der Ordner auch postalisch an alle Berufsschulen mit Berufsintegrationsvorklassen verschickt. Die qualitative Evaluation hat im Projektjahr 2017/18 verschiedene Schulen zum Einsatz und der Bewertung dieser Materialien befragt: Der Ordner Kommunizieren und Handeln ist bei den Lehrkräften positiv konnotiert, kommt jedoch nicht an allen befragten Schulstandorten zum Einsatz. Manche Schulstandorte sind sehr zufrieden mit den bisherigen konzipierten Materialien, sodass der Ordner zum Befragungszeitpunkt nicht aktiv genutzt wurde oder/und sogar in Vergessenheit geriet. Da gibt s ja den Ordner, stimmt. Ehrlich gesagt haben wir den damals ins Regal gestellt und seitdem steht er da. An anderen Schulstandorten wird er teilweise als Impulsgeber eingesetzt und dann den unterschiedlichen Klassenniveaus entsprechend angepasst, eine 1:1-Übernahme ist dabei nur selten der Fall. Lehrkraft 1: Ich hab ja meine Materialien, die nehm ich auch nach wie vor her, die sind einfach schon auf meine Klassen abgestimmt. Ob den andere Kollegen hernehmen, weiß ich jetzt gar nicht so genau. [Name der Lehrkraft 2], nimmst du den her? Lehrkraft 2: Ja, ab und zu schau ich da schon mal rein und hol mir Inspirationen. Find den immer wieder ganz praktisch und gut. Manche Lehrkräfte wählen gezielt einzelne Materialien aus dem Ordner aus, die sich als passende Ergänzung zu ihren bereits bestehenden Ausarbeitungen hinzufügen. Besonders die Online-Tools liegen im Interesse der Lehrkräfte. Vereinzelt kritisieren Lehrkräfte allerdings auch digitale Einheiten wie z.b. die Grammatikanimationen. Vor allem ist der Ordner gewinnbringend für Lehrkräfte, die neu in der Beschulung von (Flucht-)Migranten tätig sind. Auch für die Gestaltung von Vertretungsstunden wird er des Öfteren genutzt. Insgesamt ist der lehrplankonforme Materialordner, welcher durch Akteure aus dem Modellprojekt im interdisziplinären Team erstellt wurde, eine geeignete Maßnahme, um BIK-Lehrkräften konkretes Material an die Hand zu geben, welches konkret für die Zielgruppe in BIK/V konzipiert ist. Dass der Ordner trotz der digitalen Veröffentlichung im Internet den Modellschulen postalisch zugeschickt wurde, verstärkt den Multiplikationseffekt. Auch die Lehrkräfte bewerten dies positiv, obgleich sie den digitalen Zugang für enorm wichtig halten. Nichtsdestotrotz ist es grundsätzlich notwendig, die darin enthaltenen Materialien mit den konkreten Vorkenntnissen der jeweiligen Klasse abzugleichen und ggf. anzupassen, da sich auch innerhalb der Berufsintegrationsvorklassen eine starke Heterogenität in den unterschiedlichen Gruppen zeigt. 20 Ebenso ist mittlerweile ein Materialordner für das zweite Beschulungsjahr, die Berufsintegrationsklasse, erarbeitet. Alle konzipierten Materialien sind online unter (BIK/V) und (BIK) öffentlich abrufbar. 29

30 Fortbildungen zu asylrechtlichen Hintergründen an den jeweiligen Schulstandorten Wie bereits im ersten Zwischenbericht (Riedl und Simml 2016) erläutert, setzen die an Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte in Berufsintegrationsklassen gestellten Anforderungen Hintergrundwissen zu asylrechtlichen Zusammenhängen und Zugangswegen in Arbeit voraus. Mit der rasanten Entwicklung rund um Zuwanderung gingen häufige Änderungen rund um asylrechtliche Handhabungen einher. Um die Lehrkräfte zu unterstützen, räumten verschiedene Arbeitstagungen Zeit dafür ein, neue asylrechtliche Änderungen zu besprechen, die durch einschlägige Experten vorgestellt wurden. Durch Unterstützung des IvAF 21 -Netzwerks wurde es im letzten Projektjahr möglich, dass solche asylrechtlichen Fortbildungsangebote unter Leitung von Frau Sabine Reiter (Mitglied des wissenschaftlichen Beirats) bayernweit an allen Berufsschulen vor Ort angeboten werden konnten. Die bundesweit vertretenen IvAF-Netzwerke werden aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie des Europäischen Sozialfonds gefördert. Laut Rückmeldungen der Verantwortlichen wurden an über 130 Beruflichen Schulen in Bayern Fortbildungen zum Thema Asylrecht gehalten. Daran nahmen neben BIK-Lehrkräften auch sozialpädagogische Fachkräfte sowie Ehrenamtliche, Fachlehrkräfte oder Referendare teil. Besonders das Beantworten individueller Fragen in kleinen Gruppen wurde von den befragten Modellschulen als sehr positiv und gewinnbringend bewertet. Schüler-Workshops zur Radikalisierungsprävention In Kapitel 11.4 wird ein Schulprojekt einer Modellschule beschrieben, die sich mit Radikalisierungsprävention beschäftigt und verschiedene Workshops eingebaut hatte. Dadurch angeregt ist für nächstes Projektjahr 2018/19 eine Multiplikation ähnlicher Schüler-Workshops an verschiedenen Schulen geplant. Die Durchführung des Workshops findet unter der Leitung des Psychologen und Islamismus-Experten Ahmad Mansour statt, welcher anhand Rollenspielen unterschiedliche Szenarien darstellt, an welchen er im Anschluss daran in Form einer gemeinsamen Diskussion mit den Schülern anknüpft. Geben und Nehmen Projekttag mit Film Geben und Nehmen war der Titel des Projekttages mit Film einer Modellschule. Dieser Projekttag wurde als Fortbildungsveranstaltung an verschiedenen anderen Modellschulen angeboten. Neben Schüler/-innen mit und ohne Fluchthintergrund nahmen auch Lehrkräfte, professionelle Betreuer/- innen und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer/-innen an der Veranstaltung teil. Ziel war, Vorurteile und Vorbehalte zwischen den jungen Geflüchteten und den Schülern in Regelklassen abzubauen. Reflexivität, Perspektivenübernahme und Diskussionen waren Inhalte der Veranstaltung. Im Anschluss erfolgte die Aufarbeitung eines 80-minütigen Dokumentarfilms mit dem Titel Jahfandu, der von der Berufsschule selbst gedreht wurde. 22 Darin werden zwei junge Geflüchtete begleiteten, die auf die Entscheidung ihres Asylantrags warten und ihrer Zukunft unsicher entgegensehen. Politische Diskussionen werden darin außen vorgelassen. Allerdings wurde der Projekttag mit der Ausstellung Asyl ist Menschenrecht von Pro Asyl begleitet, welche Hintergrundinformationen zur Situation von Geflüchteten gab. Die Modellschulen, die das Angebot dieses Projekttags annahmen, haben alle durchweg positives Feedback zurückgemeldet. Die Inhalte waren interessant, die Durchmischung der Schüler hatte positive Effekte auf die innerschulische Integration und die Berufsschulen hatten selbst kaum Aufwand hinsichtlich der Vorbereitung. 21 Abkürzung für Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen 22 Weitere Informationen zum Film unter Weitere Informationen zum Projekt Geben und Nehmen unter 30

31 7 Einstufungstests in BIK Die jungen geflüchteten Menschen in BIK weisen eine enorme Spannbreite an Vorbildung in Verbindung mit fehlenden Zertifikaten auf (Neske und Rich 2016; Baumann und Riedl 2016; Schier 2017; ISB 2017d; Brücker et al. 2017). Um dem zu begegnen, erfolgt in Berufsintegrationsklassen zu Beginn der Beschulung ein sogenannter Einstufungstest zur ersten Potentialeinschätzung bzw. zur Homogenisierung der Klassen. Für diesen Zweck der äußeren Differenzierung werden keine standardisierten Testungen als Einstufungstest eingesetzt, die Schulen konzipieren hierfür jeweils ein eigenes Verfahren. Folgende Ausführungen beziehen sich auf die Befragung von Lehrkräften in Form von Leitfadeninterviews an fünf verschiedenen Modellschulen und die Dokumentenanalyse verschiedener Einstufungstests. Ziel des Kapitels ist, den Aufbau und die Durchführung von Einstufungstests an den Schulen zu veranschaulichen und Interessierten ein grobes Raster als Orientierungshilfe bereitzustellen. Obwohl die DaZ-Lehrkräfte an den Schulen die dort verwendeten Einstufungstests jeweils eigenständig konzipieren, sind der Aufbau der unterschiedlichen Dokumente sowie die Umsetzung an den befragten Schulen weitgehend identisch. Dieses Teilkapitel umreißt die erhobenen Daten in Form eines Rahmengerüsts zur Konzeption und Durchführung von Einstufungstests an den befragten Schulen (vgl. auch die Überblickstabelle 2). Die Einstufungstests der Schulen adressieren unterschiedliche Kompetenzen, die den einzelnen Deutsch-Fertigkeiten Sprechen und zuhören, schreiben und lesen zugeordnet werden können. Folgende Abbildung gibt hierzu einen Überblick: verstehend zuhören: z.b. Inhalte zuhörend verstehen, Verstehenswortschatz gezielt nachfragen zu anderen sprechen/ Gespräche führen z.b. auf Gesprächsbeiträge antworten verbale Artikulation, Aussprache und Mitteilungswortschatz Sprechen und Zuhören Über Lesefähigkeiten verfügen z.b. Texte sinnverstehend lesen Voraussetzung: Alphabetisierung Texte erschließen z.b. gezielt einzelne Informationen aus einem einfachen Kurztext erfassen zentrale Aussagen eines Textes erfassen und wiedergeben Lesen Bildungsstandards im Fach Deutsch Schreiben über Schreibfertigkeiten verfügen z.b. motorische Fertigkeiten der Stifthaltung gut lesbare Handschrift Formulare ausfüllen (Personalbogen) richtig schreiben z.b. Wörter normgerecht schreiben Satzbau und Grammatik anwenden Sprache und Abbildung 8: Einordnung der Testinhalte nach den verschiedenen Sprachgebrauch Deutsch-Fertigkeiten untersuchen in deutscher Sprache) mit dem Bewerber zu Be- Durch ein kurzes, persönliches Gespräch (geführt ginn des Einstufungstests entsteht ein Gesamteindruck rund um das Hörverständnis sowie die 31

32 mündliche Artikulation des Zweitsprachlerners (Sprechen und Zuhören > verstehend zuhören, zu anderen sprechen/gespräche führen). Um zu identifizieren, ob der Schüler bereits alphabetisiert ist, gibt das Ausfüllen des Personalbogens einen ersten Eindruck. 23 Dabei können bei bereits alphabetisierten Bewerbern die Feinmotorik und erste Lese-/Schreibfertigkeiten beobachtet werden (Lesen > über Lesefähigkeiten auf Wortebene verfügen; Schreiben > über Schreibfertigkeiten auf Wortebene verfügen). Im Rahmen dieses Formulars werden persönliche Daten wie Name, Alter, Herkunftsland oder Aufenthaltszeit in Deutschland abgefragt sowie auch die Art und Dauer der Schulbildung in der Heimat. 24 Letzteres ist nach Aussage aller befragten Lehrkräfte ein zuverlässiger Parameter für die Einschätzung der Lernprogression bzw. des Leistungspotentials. Manche Schulen fragen auch Fremdsprachenkenntnisse (z.b. Englisch) ab. Insofern jemand bereits Sprachlernerfahrungen, Lernstrategien und grundlegende Kompetenzen in Mathematik erworben hat, ist das Leistungsvermögen in den meisten Fällen höher als bei Schülern, die noch nie oder nur wenige Jahre Schulbildung erhalten haben. Im nachfolgenden Schritt werden den Schülern entsprechend dieser Ersteinschätzung Einstufungstests auf unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad bzw. Sprachniveau zugeteilt. Es wird empfohlen, die Einstufungen als Einzeltestungen durchzuführen, da so motorische Fähigkeiten (z.b. Stifthaltung) sowie sonstiges Auffälligkeiten beobachtet und notiert werden können. In den meisten Fällen wurde in den letzten Jahren einheitlich mit einem Grundtest begonnen, der den Alphabetisierungsgrad des Schülers einschätzt, in ausgewählten Fällen knüpfte daran ein Test auf der GER-Ebene A1 an. Mittlerweise ändert sich die Schülerschaft in BIK allerdings dahingehend, dass vermehrt Bewerber bereits vorher Schulbildung in Deutschland (z.b. an der Mittelschule oder in Integrationskursen) erhalten haben. In solchen Fällen kann auch nach einem entsprechenden Ersteindruck bereits unmittelbar mit einem Test höheren Niveaus (z.b. GER-Niveau A1 oder A2) begonnen werden. In den Aufgaben des Grundtests zur Einschätzung des Alphabetisierungsgrads wird geprüft, ob die Schüler lateinische Buchstaben erkennen und schreiben können, ihnen einen Laut zuordnen können bzw. den entsprechenden Laut aussprechen können (Phonem-Graphem-Korrespondenz). Wie bereits erwähnt beziehen die Schulen dabei die unterschiedlichen Deutsch-Fertigkeiten Hören, Lesen und Schreiben mit ein (vgl. Abbildung 8). Des Weiteren werden in den Einstufungstests an den meisten Schulstandorten Grundrechenarten abgefragt. Für eine möglichst wenig aufwändige Durchführung ist hierbei empfehlenswert, einen einheitlichen Test-Teil zu konzipieren, in welchem aber unterschiedliche Schwierigkeitsgrade enthalten sind (von leicht zu schwieriger): Grundrechenarten mit ganzen Zahlen, Dezimalzahlen und Bruchrechnungen sowie das Überprüfen unterschiedlicher Rechenregeln (Kommutativ-, Assoziativ-, Distributivgesetze; Potenzgesetze). Hinsichtlich der unterschiedlichen Deutsch-Fertigkeiten sind in diesem Aufgabenteil vor allem das Schreiben und Lesen von Zahlen und Rechenzeichen relevant. Folglich sollen Textaufgaben oder textlastige Aufgabenstellungen im mathematischen Teil vermieden werden, damit mathematische Vorkenntnisse möglichst isoliert betrachtet werden können. In diesem Fall gilt: Je sprachfreier die Aufgabenstellung, desto besser. Zwar beziehen viele Schulstandorte einen mathematischen Teil in ihre Einstufungstests mit ein, jedoch finden die daraus resultierenden Ergebnisse nur selten Berücksichtigung bei der Klasseneinteilung. Überwiegend werden die Bewerber nach ihren Deutschkenntnissen unterschiedlichen Klassen zugeteilt. An manchen Schulstandorten gibt es allerdings diesbezüglich ein ausdifferenziertes System der Klasseneinteilung: Die Klassenverbände werden einmal pro Woche aufgebrochen und nach dem mathematischen Kompetenzniveau neu eingeteilt. Denn es korrelieren gute bzw. schlechte Deutschkenntnisse nicht automatisch mit guten bzw. schlechten mathematischen Kompetenzen. Um diese differenzierte Einteilung organisatorisch möglich zu machen, halten die Schulen 23 An manchen Schulen übernehmen sozialpädagogische Fachkräfte die Erfassung der Personalien; In diesem Fall entfällt der Ersteindruck hinsichtlich Hörverständnis und Sprech-/Schreibfertigkeiten. 24 Es gibt auch Schüler, die noch nie Schulbildung erhalten haben; Weiterführende Literatur zur Vorbildung von Geflüchteten s. Baumann und Riedl 2016; Brücker 2016; Brücker et al. 2016b, 2017; Bundesagentur für Arbeit 2018; Schier 2017; Neske und Rich 2016; ISB 2017d. 32

33 an einem festgelegten Tag alle Mathematik-Unterrichtsstunden der BIK zeitlich parallel ab. Der organisatorische Aufwand hierfür ist zwar laut Berichten der Schulen sehr groß, dennoch sprechen sie eindeutige Empfehlungen dafür aus. Auch Schulen, die aus organisatorischen Gründen mathematische Vorkenntnisse nicht in die äußere Differenzierung mit einbeziehen können, äußern sich dahingehend positiv. Das sag ich schon lang, dass wir die Klassen für Mathe nochmal extra aufdröseln sollten. Aber da scheiterts bisher immer bei der Stundenplaneinteilung bei uns. Eine Schule ergänzt den mathematischen Test-Teil mit wenigen Logik-Aufgaben, welche Aufgaben aus Intelligenztests gleichen. Tabelle 2: Überblick: Rahmengerüst zur Konzeption und Durchführung von Einstufungstests Enthaltene Abschnitte Ablauf der Testdurchführung Gespräch (und Personalbogen*) 25 Name, Alter, Religion (> Schulstatistik) Herkunftsland und Asylstatus (> Asylrechtl. Hintergründe kennen) Vorbildung: Anzahl der Schuljahre, Schulart, ggf. berufliche Erfahrung (> Lernprogression abschätzen) Deutsch Separate Test-Teile unter Berücksichtigung der verschiedenen Vorkenntnisse bzw. der sprachlichen Niveaus: Alphabetisierung GER A1 (GER A2) Einbezug verschiedener Sprach-Fertigkeiten: sprechen und zuhören schreiben lesen Mathematik In einem einheitlichen Test-Teil sind unterschiedliche Rechenoperationen und Schwierigkeitsgrade enthalten: Grundrechenarten (Summe, Differenz, Multiplikation, Division) Einbezug von ganzen Zahlen, Dezimalzahlen und Brüchen Rechenregeln prüfen (Kommutativ-, Assoziativ-, Distributivgesetze; Potenzgesetze) Einbezug verschiedener medialer Elemente: schreiben: Rechenergebnisse in Zahlen lesen: Textaufgaben vermeiden, Fokus auf Zahlen Optional: Kurzer Logikteil (Anlehnung an Aufgaben aus Intelligenztests) Einführendes Gespräch (und Personalbogen*) ausfüllen Erster Gesamteindruck hinsichtlich Sprach-/Schreibkompetenzen und Hörverständnis Abschätzung des passenden Einstufungstests (z.b. Alphabetisierungsgrad oder GER A1): Ausschlaggebend ist dabei vor allem die bisherige Schulbildung in Deutschland (z.b. bereits Integrationskurs oder Mittelschule vorzuweisen?) Erklären des Testablaufs und Zeit für Fragen vorab einräumen * Der Personalbogen der Schüler wird an manchen Standorten auch unabhängig von den Einstufungstests von sozialpädagogischen Fachkräften ausgefüllt; Andere Schulen nutzen bereits dieses Erstgespräch für die Potentialeinschätzung im Rahmen des Einstufungstests. 33

34 Auswertung und Klasseneinteilung Testdurchführung (Einzeltestung) Beobachtung von motorischen Fähigkeiten (z.b. Stifthaltung) Bearbeitungszeit dokumentieren Sonstige Auffälligkeiten notieren Auswertung des Tests nach einer festgelegten Bezugsnorm/Punkteskala; zudem auch Vorbildung im Heimatland mit einbeziehen, da in den meisten Fällen die Lernprogression daraus abzuleiten ist Motorische Fertigkeiten (z.b. Stifthaltung) mit einbeziehen Grundlage: Einteilung der Klassen nach Deutschniveau Wenn möglich: Modulare Aufgliederung dieser Klassenzusammensetzung nach mathematischen Vorkenntnissen Insgesamt melden die Lehrkräfte zurück, dass sich deren Einstufungstests als praktisch erprobtes Instrument seit mehreren Jahren als sehr gewinnbringend und zuverlässig erweisen, um den Lernstand und das Leistungspotential der Schulbewerber im Hinblick auf eine erste Klasseneinteilung in geeigneter Weise einzuschätzen. 34

35 8 Interdisziplinäre Kooperation Eine Besonderheit der BIK-Beschulung ist die Kooperation im interdisziplinären Team: Berufs-/ und Wirtschaftspädagogen arbeiten eng mit DaZ-/ oder DaF-Lehrkräften, 26 Gymnasiallehrkräften sowie sozialpädagogischen Fachkräften zusammen. Auch Germanisten, Theater-/Medienpädagogen oder Kulturwissenschaftler sind vereinzelt in den Teams vertreten. Sowohl die Interviews mit den Lehrkräften und Abteilungsleitungen als auch die Beobachtungen in Teamsitzungen der qualitativen Evaluation lassen auf eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen BIK-Lehrkräfte schließen. Kooperation unter Lehrkräften stellte sich in mehreren Studien als wichtiges Kriterium für die Schuleffektivität und Schulqualität heraus (vgl. z.b. Bauer 2002; Dalin 1999; Fend 1998; Scheerens und Bosker 1997). Lehrerkooperation als kollegiale Praxis gilt als einer der wichtigsten Prozesse auf Schulebene und somit als Merkmal der Organisationsqualität, das den Unterricht, die Lehr- und Lernkultur und die Lernergebnisse von Schülerinnen und Schülern verbessern kann (Steinert et al. 2006, S. 188). Jedoch sind Lehrkräfte traditionell als Einzelkämpfer und die innerschulische Zusammenarbeit als defizitär bekannt. Dafür werden vor allem die schulischen Rahmenbedingungen verantwortlich gemacht: Der Arbeitsalltag einer Lehrkraft bietet grundsätzlich eher ungünstige Ausgangsbedingungen für kooperative Arbeitsbeziehungen. Hierzu zählen insbesondere die zelluläre Organisationsstruktur der Schule, die hohe Autonomie im Unterricht, der geteilte Arbeitsplatz und die enge zeitliche Taktung der Unterrichtsstunden (Richter und Pant 2016, S. 32). Folgende Kapitel gehen näher auf die Erkenntnisse der quantitativen und qualitativen Evaluation zur (interdisziplinären) Zusammenarbeit in Berufsintegrationsklassen ein und erläutern, welche Rahmenbedingungen und Kriterien auf positive Weise dazu beitragen. Zur interdisziplinären Zusammenarbeit im Allgemeinen Unter interdisziplinärer bzw. interprofessioneller Zusammenarbeit ist an dieser Stelle die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachwissenschaften bzw. Professionen oder Berufen zu verstehen. Die Begriffe interdisziplinär und interprofessionell werden im Folgenden ebenso wie Zusammenarbeit und Kooperation als Synonyme verwendet. Die Zusammenarbeit von Akteuren unterschiedlicher Professionen ist kein Selbstläufer. Es benötigt Führung und organisationale Rahmenbedingungen, die von den entsprechenden Führungskräften geschaffen werden müssen (vgl. Antoni 2010; Hirsmüller und Schröer 2014; Schröder 2010). Das heißt konkret: Zeitliche und räumliche Voraussetzungen sind für wechselseitige Kommunikation, Informationsaustausch, konstruktive Problemdiskussionen und Abstimmungsvorgänge unverzichtbar (Spieß 2017; Steinheider und Legrady 2001). Grundlagen dafür sind Kommunikationskompetenzen wie eine gute Gesprächsführung, Konfliktfähigkeit, Empathie für die Bedürfnisse anderer Personen und Professionen und gegenseitiges Vertrauen (Gräsel et al. 2006; Hirsmüller und Schröer 2014; Spieß 2017). Folglich ist es wichtig, Kompetenzen dieser Art stets in Fort-/Weiterbildungsangeboten von Lehrkräften mit einzubeziehen. 26 Aus der quantitativen Evaluation des Modellprojekts (ISB 2017b) geht hervor, dass ein Fünftel der Lehrkräfte in den Berufsintegrationsklassen eine Ausbildung im Bereich DaF/DaZ hat (ebd., S. 4). An dieser Stelle ist nicht klar, über welche Qualifikation die besagten Lehrkräfte im DaF-/DaZ-Bereich konkret verfügen. Viele, die ursprünglich ein klassisches Lehramt studiert haben, machen derzeit Fortbildungen o.ä. mit dem Resultat einer DaF-/DaZ-Qualifikation, die nur wenige ECTS umfassen. 35

36 Neben förderlichen Rahmenbedingungen sollte grundsätzlich die individuelle Einstellung zur Teamarbeit und den anderen Professionen gegenüber für eine gelingende interprofessionelle Zusammenarbeit positiv sein. Wichtig ist die gegenseitige Anerkennung aller Professionen (Speck et al. 2011), gegenseitige Vorurteile oder Abgrenzungsversuche zu anderen Disziplinen sind hinderlich für eine effektive Kooperation. Gewinnbringend ist an dieser Stelle, als Team interprofessionell ethische Prinzipien sowie ein gemeinsames Wertesystem zu erarbeiten (Schröder 2010). Von zentraler Bedeutung ist außerdem, dass die Beteiligten den Zweck, Nutzen und die Synergien der Zusammenarbeit im interprofessionellen Team erkennen (Gräsel et al. 2006; Speck et al. 2011). Eine effektive Zusammenarbeit benötigt zudem das richtige Maß an Handlungs-/Entscheidungsspielraum und Autonomie (Gräsel et al. 2006; Spieß 2017): Zu wenig wirkt der Motivation entgegen, zu viel verhindert Gruppenkohäsion (Gräsel et al. 2006). Zur interdisziplinären Arbeit in Berufsintegrationsklassen Folgende Auflistung fasst die Anforderungen an das Team der Berufsintegrationsklassen zusammen (vgl. Riedl und Simml 2016): Sprachförderung im (beruflichen) Fachunterricht Berufsorientierung/-vorbereitung Vermittlung allgemeinbildender, beruflicher und lebenspraktischer Inhalte Voraussetzung der (Berufs-)Beratung bei Asylbewerbern: Kenntnisse zu asylrechtlichen Hintergründen und Prozessen Entwicklung und Durchführung von Einstufungstests (vgl. Kapitel 7) und regelmäßige Potential-/ Kompetenzanalysen Realitätsanpassung aufgrund häufig überzogener Erwartungen vonseiten der Schüler Vermittlung und Aufklärung bzw. Beratung von Betrieben Vermittlung und Begleitung von Praktika (und Ausbildungsplätzen) Wertebildung und kulturelle Bildung Extremismus-Prävention Aufbau und Pflege von Netzwerken (mit Betrieben, Kammern, Vereinen, Ausländerbehörde, Jugendhilfe etc.) Förderung der interkulturellen Öffnung der Schule, innerschulische Integration Umgang mit Symptomen psychischer Traumata Hilfestellungen bei identitätsstiftender Akkulturation Bei Bedarf: Alphabetisierung bzw. Unterstützung beim Zweitschrifterwerb Diese dargestellten Anforderungen an das BIK-Team zeigen, dass nicht nur sprachliche oder berufliche Kompetenzen im Mittelpunkt der Berufsintegrationsmaßnahme stehen, sondern weit mehr. Um dieses Spektrum adäquat bewältigen zu können, werden verschiedene Professionen im BIK-Team benötigt, was den Lehrkräften jeweils bewusst ist. Daher arbeiten Berufs- und Wirtschaftspädagogen, 27 Lehrende für Deutsch als Fremd-/Zweitsprache 28 und sozialpädagogische Fachkräfte mit hoher gegenseitiger Wertschätzung zusammen und profitieren untereinander von den verschiedenen Fachkenntnissen. Das überwiegend hohe Maß an Handlungs-/Entscheidungsspielraum an vielen Schulen stellt dafür einen geeigneten Rahmen dar. 27 teilweise ergänzt durch Gymnasiallehrkräfte. 28 Es sind Personen mit Magister-, Bachelor- oder Masterabschluss in DaF/DaZ, Germanistik o.ä. ohne grundständiges Lehramtsstudium gemeint. Im Folgenden ist von DaF/DaZ die Rede, wenn es sich um die unterrichtende Person handelt. Geht es um den Unterricht, so sprechen wir von DaZ. 36

37 Dabei divergieren jedoch Arbeitsbedingungen der unterschiedlichen Lehrkräfte: DaZ-/DaF-Lehrende sind im Gegensatz zu den verbeamteten Berufs-/Wirtschaftspädagogen überwiegend auf ein Jahr befristet beim Kooperationspartner oder der Berufsschule angestellt. Hinzu kommt die Verpflichtung zu einer regelmäßigen Neuausschreibung des Kooperationspartners vonseiten der Schule und ggf. dem damit eingehergehende Personalwechsel (vgl. Riedl und Simml 2017a, S. 8). Im Gegensatz dazu ist die Lage bei den Gymnasiallehrkräften folgende: Aufgrund schlechter Einstellungschancen an den Gymnasien mit bestimmten Fächerkombinationen haben sich viele für den Einsatz in Berufsintegrationsklassen beworben. Ein Teil unterrichtet im befristeten Angestelltenverhältnis an der Berufsschule, andere haben eine Nachqualifizierung absolviert, sodass ihnen die Verbeamtung an der Berufsschule ermöglicht wurde. Trotz der divergierenden Anstellungsbedingungen verläuft die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure sehr gut. Sie bereichern sich durch den Austausch der unterschiedlichen Kompetenzen gegenseitig. Bereits das mittlerweile etablierte Schlagwort des sprachsensiblen Fachunterrichts macht die ertragreiche Interaktion zwischen DaZ-Lehrkräften und Berufspädagogen selbsterklärend deutlich. Während für Berufs-/Wirtschaftspädagogen der Kontext Beruf und Ausbildung nicht neu ist, jedoch für viele die Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache, ist dies bei DaF-/DaZ-Lehrkräften umgekehrt der Fall: Die Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache ist ihnen vertraut, der Einsatz innerhalb der Berufsintegration an Berufsschulen jedoch für viele neu (Simml und Baumann im Druck, S. 11). Des Weiteren nehmen die sozialpädagogischen Angestellten einen hohen Stellenwert im Team ein. Sie nehmen den Lehrkräften häufig Verwaltungsaufgaben ab, kümmern sich um organisatorische Aufgaben hinsichtlich der Betreuung der Praktika, asylrechtliche Formalitäten o.ä. und sind vertraute Ansprechpartner für die Schüler. Dass Lehrende des BIK-Teams zu Teilen an der Berufsschule, zu Teilen bei Kooperationspartnern angestellt sind, erschwert die Kooperation zwischen den Lehrenden. Bereits die räumliche Aufteilung hat einen Einfluss auf den persönlichen Kontakt zwischen den Akteuren. Lehrkräfte, die nur selten am Schulstandort sind, sondern beispielsweise die meiste Zeit in der Werkstätte des Kooperationspartners unterrichten, interagieren aufgrund der mangelnden Treffen auch weniger mit dem Kollegium. Hinzu kommt, dass es mit zunehmender Anzahl an Berufsintegrations(vor)klassen und damit zunehmender Anzahl an Personal schwieriger ist, gemeinsame Teamsitzungen zu vereinbaren. Trotzdem wird an den meisten Standorten darauf geachtet, regelmäßige Treffen abzuhalten, da den Beteiligten der Mehrwert und die Bedeutung dieser Besprechungen bewusst ist. Der Ablauf von BIK-Teamsitzungen ist je nach Schulstandort unterschiedlich. Die Tendenz geht jedoch in dieselbe Richtung: In einem eher informellen Rahmen können Bedarfe und individuelle Problemfälle angesprochen und diskutiert werden. Die unterschiedlichen Professionen mit teilweise unterschiedlichen Blickweisen können ihre Expertise in diesem Rahmen konstruktiv zusammenbringen und daraus gemeinsam Resultate ableiten oder Arbeitsphasen in Kleingruppen vereinbaren. Im Allgemeinen erzählen die befragten Lehrkräfte einheitlich von einer sehr angenehmen und empathischen Atmosphäre im Kollegium, welches sich gerne gegenseitig hilft und Spaß daran hat, im Team zu arbeiten. Je größer das Team aufgrund der zunehmenden Anzahl an Klassen wurde, desto mehr reduzierte sich allerdings der intensive, individuelle und informelle Austausch. Während zu Beginn der Beschulung Teambesprechungen zwei oder drei Mal die Woche stattfanden und viele Einzelfälle besprochen werden konnten, reduziert sich mit zunehmender Schüler-/ und Lehrerzahl der Grad an Individualität und die Zahl der Besprechungen pro Woche. Eine Modellschule sticht besonders durch regelmäßige gemeinsame Tagungen heraus. 29 Das gesamte Team oder die Vertretung verschiedener Professionen fahren gemeinsam zwei oder drei Tage an einen Tagungsort, um aktuelle Herausforderungen zu besprechen und Lösungsansätze zu konzipieren und unmittelbar danach umzusetzen. 29 Die Schule setzt das Budget, das sie von der Stiftung Bildungspakt Bayern für die Teilnahme am Modellprojekt erhält, für diesen Zweck ein. 37

38 Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Schulalltag gestaltet sich je nach Schulstandort auf unterschiedliche Art: Zum einen tauschen die Lehrkräfte untereinander Materialien aus, zum anderen unterstützen sie sich gegenseitig im Hinblick auf die unterschiedliche fachliche Expertise. Das kann so aussehen, dass DaZ-Lehrkräfte die Arbeitsblätter von Fachlehrkräften überarbeiten und ihnen Tipps zur sprachsensiblen Unterrichtsgestaltung geben. Andererseits helfen Berufs-/Wirtschaftspädagogen den DaF-/DaZ-Lehrkräften bei der Einarbeitung in die unterschiedlichen beruflichen Fachrichtungen, sodass der Deutschunterricht und die Berufsvorbereitung möglichst praxis- und handlungsorientiert gestaltet werden kann. Den meisten Lehrkräften ist bewusst, dass die unterschiedlichen Professionen voneinander profitieren und durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit die Unterrichtsqualität steigt. Auch mit gemeinsamen Team-Teaching (Berufs-/Wirtschaftspädagoge und DaZ-Lehrkraft) wurden bereits gute Erfahrungen gemacht. Hierbei ist jedoch eine wichtige Voraussetzung jedoch, dass die beiden Personen sich gut abstimmen können und ihre Arbeitsweisen und Unterrichtsformen zusammenpassen. Dass die Wertschätzung im Allgemeinen zwischen den Professionen sehr groß ist und die unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen gut genutzt werden, geht auch aus der quantitativen Erhebung hervor ISB (2017d). Das ISB (2017d) hat die Schulleitungen zu ihrer Zufriedenheit mit dem Kooperationspartner befragt. Folgendes Diagramm gibt einen Überblick über die Ergebnisse: Abbildung 9: Zufriedenheit mit den Kooperationspartner vonseiten der Schule (ISB 2017d, S. 24) 30 Insgesamt ist die durchschnittliche Bewertung der Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner sehr gut (vgl. Abbildung 9). 31 Die Befragten geben beispielsweise an, ein wertschätzendes Klima zu 30 1 = trifft nicht zu; 4 = trifft völlig zu 31 Allerdings gibt es auch Ausreißer-Werte an verschiedenen Schulstandorten. 38

39 haben, einen systematischen Informationsaustausch zu pflegen und die Fähigkeiten der anderen Professionen gut zu nutzen. Wie bereits in Riedl und Simml 2017b, 2017a erläutert, sind gemeinsame ethische Prinzipien sowie ein gemeinsames Wertesystem wichtig für eine effektive und gelingende Beschulung. Dies gilt ebenso für eine gelingende interdisziplinäre Kooperation. Die Schulleitungen geben in Bezug auf das Item Wir arbeiten alle nach dem gleichen Leitbild den positiven Wert 3,3 (zwischen trifft eher zu und trifft völlig zu ) an. Die BIK-Lehrkräfte unterrichten überwiegend freiwillig in Berufsintegrationsklassen und zeichnen sich zum Großteil durch hohes Engagement und ein starkes Interesse an der Zielgruppe aus. Trotzdem herrschen an manchen Schulstandorten unterschiedliche Anschauungen zu verschiedenen Themen. Wichtig ist deshalb, dass sich ein Team in bestimmten zeitlichen Abständen zusammen auf ein Werte-/Regelsystem einigt, das einem bestimmten Leitbild folgt, mit welchem sich jeder identifizieren kann. Daraus sollten abgestimmte pädagogische Maßnahmen resultieren, die einheitlich umgesetzt für nachhaltige Effekte sorgen. Sind solche Grundpfeiler abgesteckt, ist es des Weiteren wichtig, dass die Lehrkräfte ein passendes Maß an Autonomie und Handlungsspielraum erhalten. Die befragten Interviewpartner gaben im Rahmen der qualitativen Evaluation einheitlich an, dass sie sehr zufrieden mit diesen Parametern sind und das hohe Maß an Gestaltungsfreiraum sehr genießen. Aufgrund vieler dynamischen Einflussfaktoren und häufig unvorhergesehenen Veränderungen in diesem Bereich ist dies auch von hoher Relevanz. Indirekt wird der Gruppenzusammenhalt des BIK-Teams auch an manchen Schulstandorten gestärkt, weil dort die anderen Berufsschul-Abteilungen eine ablehnende Haltung gegenüber der Abteilung Berufsintegration haben. Die Kollegen finden, dass viel zu viel Geld in unsere Abteilung investiert wird. Da herrscht teilweise eine ablehnende Haltung gegenüber Flüchtlinge im Allgemeinen und auch kein Verständnis, dass das Ministerium so viel Geld in sie investiert. [...] Wir sind ein Randbereich für das restliche Kollegium. Dass eine solche Konstellation den Gruppenzusammenhalt stärken kann, erklären sozialpsychologische Theorie: Bei Ausschluss aus einer Fremdgruppe (oder akut der Konstruktion eines Feindbilds ) steigt der Anschluss an das eigene Kollektiv, das Wir-Gefühl wird gestärkt. Um auch abteilungsübergreifend die Zusammenarbeit zu stärken, eignet es sich, jeweils einen Vertreter aus dem regulären Fachkollegium sowie aus der Berufsintegration zusammen auf eine Arbeitstagung des Modellprojekts oder eine anderweitige Fortbildungsveranstaltung mit gemeinsamen Austausch-/Arbeitsphasen beispielsweise zum Thema Sprachsensibler Fachunterricht einzuladen. Zur interdisziplinären Arbeit über den schulischen Rahmen hinaus Die interdisziplinäre Zusammenarbeit findet nicht nur zwischen unterschiedlichen Professionen innerhalb des schulischen Rahmens statt, sondern auch darüber hinaus. Integration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe macht sich an Berufsschulen durch die Zusammenarbeit und Abstimmung mit einem breit ausgebauten Netzwerk bemerkbar. Alle Schulleitungen gaben in der Erhebung der quantitativen Evaluation an, in regelmäßige Netzwerktreffen eingebunden zu sein. Viele Modellschulen waren (Mit)Initiator solcher Treffen (vgl. z.b. Kapitel 10.2) und empfinden den Arbeitsaufwand hinsichtlich dieser Form von Netzwerkpflege als lohnenswert (vgl. ISB 2017d). Aus der Fragebogen-Erhebung der quantitativen Evaluation gehen folgende Netzwerk-Teilnehmer als Partner der schulischen Zusammenarbeit hervor: 39

40 Abbildung 10: Teilnehmer der Netzwerktreffen (ISB 2017d) Wie für das gesamte Übergangssystem sind die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Handwerkskammer (HWR) von zentraler Bedeutung für die Berufsintegration an Berufsschulen. Hinzu kommen in der Beschulung von Neuzugewanderten und Geflüchteten asylrechtliche Institutionen wie die Ausländerbehörde oder die Asylsozialberatung. Da viele der jungen Menschen alleine in Deutschland sind, haben auch Ehrenamtliche und Helferkreise eine wichtige Rolle in der interdisziplinären Zusammenarbeit. Im Hinblick auf weitere Schulen erachtet die qualitative Evaluation besonders die Mittelschule in Bezug auf den qualifizierenden Mittelschulabschluss als besonders wichtig. Weitere wichtige Nerzwerkpartner resultierend aus den Ergebnissen der qualitativen Evaluation, die in Abbildung 10 nicht erfasst sind, sind die Kommunen als Sachaufwandsträger, Vereine, Kirchen, die Polizei oder Institutionen im Gesundheitswesen sowie die Ausbildungs-/Praktikumsbetriebe (vgl. Riedl und Simml 2016). Die Schulen helfen ihren Schülern bei der Praktikumsvermittlung und arbeiten demensprechend mit verschiedenen Betrieben zusammen. Häufig profitieren Berufsschulen von ihren ohnehin langjährigen Netzwerken mit Betrieben im Rahmen der regulären Berufsausbildung im dualen System. Dass die Praktika möglichst reibungslos verlaufen, ist nicht nur wichtig für eine nachhaltige Zusammenarbeit mit den Betrieben, sondern sie sind auch eineeintrittspforte für den Schüler in eine Beschäftigung bzw. Ausbildung (vgl. Riedl und Simml 2017b). Die Zahlen der quantitativen Evaluation zur Zusammenarbeit von Schulen mit Ausbildungs- und Praktikumsbetrieben variieren stark je nach Schulstandort. Unabhängig vom Engagement der einzelnen Schule spielen hierbei auch wirtschaftliche Standortfaktoren eine Rolle. 18 von 21 Schulleitungen geben im Fragebogen der quantitativen Evaluation an, mit durchschnittlich 60 regionalen Praktikums-/Ausbildungsbetrieben zusammenzuarbeiten, wobei der Minimalwert bei 16 und der Maximalwert bei 228 liegt (ISB 2017d), S. 26). Drei Schulen gaben sogar an, gar nicht mit Ausbildungs- /Praktikumsbetrieben zusammenzuarbeiten. Relativiert zu der Anzahl an Klassen an den Schulen ergeben sich folgende Werte hinsichtlich der schulischen Zusammenarbeit mit Betrieben (ISB 2017d, S. 26f): Eine Klasse arbeitet durchschnittlich mit fünf Betrieben zusammen, die Spanne liegt dabei zwischen einem und 16 Betrieben. 40

41 Insgesamt ist festzustellen, dass ein aufeinander abgestimmtes Netzwerk erheblichen Mehrwert in sich birgt. Es gibt zahlreiche Förderangebote von unterschiedlichen Institutionen und einzelnen Firmen. Wichtig ist, die Angebote sinnvoll und individuell abgestimmt miteinander zu verzahnen, sodass der Schüler bzw. die Schülerin bestmöglich auf eine duale Berufsvorbereitung oder einen anderen Ausbildungsweg vorbereitet werden kann. Dafür benötigt es Koordination durch Personal, Zeit und Raum. 41

42 9 Übergang in die duale Berufsausbildung und dann? 26% der jungen Menschen haben im letzten Projektjahr nach der Berufsintegrationsmaßnahme einen erfolgreichen Übergang in eine duale Berufsausbildung geschafft (vgl. ISB 2017d) und münden damit in die regulären Fachklassen an Berufsschulen ein. Viele BIK-Lehrkräfte bezweifeln allerdings, dass die jungen Zweitsprachlerner die Ausbildung ohne zusätzliche Förderung erfolgreich abschließen können. Die qualitative Evaluation richtete deshalb im Projektjahr 2017/2018 ihren Blick über den BIK-Übergang hinaus auf verschiedene Regelklassen und führte Leitfadeninterviews mit neu zugewanderten Auszubildenden, betroffenen Fachlehrkräften 32 und Ausbildern bzw. Betrieben durch. Berufswünsche von BIK-Schülern richten sich laut Aussage der Lehrkräfte häufig auf technische Fachbereiche (Fahrzeug-/Metall-/Elektrotechnik) (vgl. auch Baumann und Riedl 2016, S. 109). Der Elektrotechniker ist beispielsweise nach dem Kraftfahrzeugmechaniker die zweithäufigste Berufswunsch-Angabe (ebd.). Die Interviews mit den jungen Auszubildenden und Ausbildern fanden in erster Linie innerhalb der Fachbereiche Elektro- und Metalltechnik statt. Hingegen wurden Lehrkräfte aus mehreren Fachbereichen interviewt. Dabei waren folgende Fragen leitend: Wie ergeht es den Auszubildenden mit Fluchthintergrund in den Regelklassen der Berufsschule? Wie gehen Lehrkräfte in regulären Fachklassen mit den Förderbedarfen von Fluchtmigranten um? Welche Erfahrungen haben die Betriebe bisher? Welche Unterstützungsmaßnahmen sind hilfreich/nötig? Ziel dabei ist, Rückschlüsse auf die ausbildungsvorbereitende (in den Berufsintegrationsklassen) als auch ausbildungsbegleitende Beschulung (in den Regelklassen) zu ziehen. Zur Ausbildungsreife Im Anschluss an Berufsintegrationsmaßnahmen wie die BI-Klassen geht es unter anderem auch um die Frage der Ausbildungsreife. Dieser Begriff stützt sich auf ein von der Bundesagentur für Arbeit (2009) entwickeltes Konstrukt, das in mehreren Merkmalsbereichen Kriterien festlegt, anhand derer eine Einschätzung getroffen werden soll, ob ein Jugendlicher hinreichend bildungs- und arbeitsfähig ist, dafür über die erforderlichen schulischen Basiskenntnisse verfügt sowie generelle physische und psychische Voraussetzungen für eine Ausbildung erfüllt. 33 Neben diesen sehr allgemeinen Merkmalen geht es aber immer auch um eine konkrete Berufseignung für einen bestimmten Beruf und letztlich um die Vermittelbarkeit, die primär an einer spezifischen betrieblichen Bedarfslage ausgerichtet ist. Betriebe sowie Lehrkräfte hinterfragen bei vielen Auszubildenden mit Fluchthintergrund die Ausbildungsreife, wobei Betriebe sich weitaus weniger kritisch äußern als Lehrkräfte. Fehlende Dokumente wie nicht vorhandene Zeugnisse bzw. Zertifikate aus dem Heimatland verunsichern bzw. irritieren sie zusätzlich: Die sind alle am irgendwas geboren, es gibt keine Unterlagen nicht, die sind geflüchtet. [ ] Die einen sagen, ich habe studiert, es gibt aber keine Zeugnisse, mit denen ich was anfangen kann, keine Urkunden, kein Garnichts. Aufgrund der damit einhergehenden Unsicherheiten möchten auch viele Betriebe den potentiellen Auszubildenden vorerst durch ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis besser kennenlernen. Prak- 32 Teilweise unterrichten BIK-Lehrkräfte auch zugleich in Regelklassen (unterschiedlicher Fachbereiche). 33 Das Konstrukt der Ausbildungsreife wird in seiner Tragfähigkeit jedoch stark angezweifelt (Dobischat und Schurgatz 2015). 42

43 tika oder eine Anstellung als Hilfsarbeiter sind aus Sicht der befragten Betriebe sowohl für den Auszubildenden als auch für den Betrieb gute Maßnahmen, um die gegenseitigen Erwartungen abgleichen zu können. Verläuft die Zeit gut, soll eine duale Berufsausbildung folgen, wie beispielhaft folgender Ausschnitt aus einem Interview mit einem Ausbilder schildert: Das hat man praktisch gesehen durch den befristeten Arbeitsvertrag - jetzt einfach als Produktionshelfer, der hat im Februar sowas, hat der da herinnen seinen Dienst angetreten und ab September haben wir gesagt ok, das passt, [ ] dass der eine saubere Arbeit abliefert, dass er auch ein Verständnis hat für die Technik und dann haben wir ihm einfach diese Ausbildung angeboten. Des Weiteren erklären die befragten Ausbilder, dass der Mittelschulabschluss, den die Berufsschule ihren Schülern nach Bestehen der Berufsintegrationsmaßnahme erteilt, nur bedingt aussagekräftig für sie sei. Sie möchten sich über das Zeugnis der Berufsschule hinaus selbst ein Bild von dem Bewerber machen und ihn auf eine entsprechende Ausbildungsreife prüfen. Denn trotz Mittelschulabschluss hätten die jungen Menschen teilweise noch gravierende sprachliche und mathematische Defizite. Die befragten Lehrkräfte aus dem Fachbereich Elektro erkennen ebenso erhebliche Defizite bei den jungen Menschen und plädieren für eine gründliche Prüfung, inwieweit sie für eine Ausbildung geeignet sind: Der Lernstand ist oftmals der der sechsten Klasse. Da wären alle unsere deutschen Schüler, die es bis zur 9. gemacht haben oder bis zur 10. dumm gewesen, wenn sie es dann nach der 6. auch schon schaffen würden. [ ] Ich finde es dann auch nicht ok, wenn man die Leute hier in so Klassen reinschiebt, weil man sagt, wir brauchen Elektriker, weil für die Leute ist das so, sie sehen ihre Grenzen. Wenn man jemandem eine Chance gibt, muss man auch schauen, ob er das schaffen kann. Ebenso denkt eine weitere Lehrkraft: Was ich oftmals sehr blauäugig empfinde, einen Menschen so ins Unglück rennen lassen. [ ] Ich kann einem Menschen nicht die Chance geben, ohne zu überlegen kann er diese Chance nutzen oder lasse ich ihn ins Unglück rennen. Ausbilder wie Lehrkräfte haben vor allem Bedenken bei den schulischen Zwischen- und Abschlussprüfungen. Der betriebliche Teil der Ausbildung stellt hingegen die kleinere Schwierigkeit nach Aussage der Befragten dar. Dies ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass im schulischen Unterricht die theoretische und sprachliche Komponente einen erheblich größeren Teil einnimmt als im Betrieb, in welchem vieles praktisch gezeigt werden kann und durch beispielhaftes Vor- und Nachmachen erleichtert wird. Die befragten Lehrkräfte haben zudem den Eindruck, dass die jungen neu zugewanderten Erwachsenen den Umfang und die Komplexität einer Ausbildung in Deutschland unterschätzen. Für sie ist ein Elektriker einfach der macht ja das Zuhause auch in der Arbeit in Afghanistan oder wo sie auch herkommen und da geht das auch. Aber, dass bei uns die Anforderungen ganz anders sind, dass bei uns mehr verlangt wird, vor allem in einer anderen Sprache, das ist für sie schwierig dann. Explizit greifen Lehrkräfte die Gruppe an Auszubildenden mit Fluchthintergrund heraus, die vorher keine Berufsintegrationsklasse der Berufsschule, sondern in anderweitigen (Integrations-)Kursen beschult wurden, und äußern sich in verschiedener Hinsicht kritisch. Sie beobachten beispielsweise, dass die Schüler teilweise keinen Überblick darüber haben, wie das (Berufs-)Schulsystem in Deutschland funktioniert oder was es mit den Noten auf sich hat. Besonders im Hinblick auf die Vergabe sprachlich normierter Zertifizierungen in außerschulischen (Integrations-)Kursen üben die Befragten Kritik. Auch die Angebote für Deutsch ich hab gedacht, die kriegen einen vernünftigen Deutschkurs, ja aber die kriegen zum Teil überhaupt nicht einen vernünftigen Deutschkurs, [ ] weil die deutschen Institute da natürlich auch aufspringen und Kohle mit machen. Und dann kriegen die ein B2 und können aber gerade ihren Namen tanzen. 43

44 Sie haben den Eindruck, dass das eigene Ermessen innerhalb solcher (Integrations-)Kurse hinsichtlich der sprachlichen Zertifizierung nach bestimmten GER-Niveaus stark ausgedehnt und das Zertifikat teilweise willkürlich vergeben wird. Sprachliche Hürden Zu den Sprachkenntnissen der neu zugewanderten Auszubildenden Die Fach-Lehrkräfte beklagen die starken sprachlichen Defizite bei den neu zugewanderten Schülern, die ihnen die schulische Ausbildung erschweren. Ich würde sagen, alle kommen mit Sprachkenntnissen die eigentlich nicht ausreichend sind, um dem Unterricht wirklich folgen zu können. Einige wenige können es durch ganz viel Fleiß kompensieren, sodass sie im Bereich von ausreichend liegen. [ ] Aber da habe ich jetzt wirklich nur einen von den Flüchtlingen, wo ich sage, dem traue ich zu, dass er das auch in der Gesellenprüfung schafft. Die Gründe für den schulischen Erfolg des eben im Zitat angesprochenen Schülers sieht die Lehrkraft in seinem hohen Intellekt, starken Fleiß, sowie in seiner disziplinierten Zielstrebigkeit. Auch wenn die jungen Menschen sich im Alltag bereits gut verständigen können, erklären Lehrkräfte, dass die Fachsprache oder das Lesen von Fachtexten dennoch Schwierigkeiten bereitet. Im Hinblick auf die Berufsvorbereitung in den Berufsintegrationsklassen ist daher wichtig, Lesestrategien gut einzutrainieren, damit die jungen Menschen Werkzeuge an die Hand bekommen, die sie auch bei fachlich und sprachlich schwierigeren Texten anwenden können. Auch die befragten Schüler äußern, dass der sprachliche Anspruch schwierig für sie ist, und gehen dabei insbesondere auf die Lesekompetenzen ein: Aber in Schule, wenn viele Worte verstehe ich nicht. Wenn ich verstehen nicht für ein Wort, was stehen zum Beispiel in ein Text, dieses zwei Worte ich verstehen nicht, dann ganzen Text ich verstehen nicht oder was bedeutet die hier oder was kann ich schreiben zum Beispiel bei Prüfung und so und das ist dann schwierig. Ebenso wichtig ist es, bereits in Berufsintegrationsklassen Operatoren und Schlüsselbegriffe in Aufgabenstellungen einzuführen und damit zu arbeiten. Wenn da steht:,erkläre durch Skizze, dann haben sie es nicht überrissen, dass sie echt was zeichnen sollen. [ ] Aber sie fragen dann auch eben nicht nach. Das hab ich jetzt die ganze Zeit einmal gehabt, dass einer nachgefragt hat. Um Missverständnissen oder sprachlichen Irritationen entgegenzuwirken, überprüfen die interviewten Lehrkräfte häufig, ob die Betroffenen die Aufgabenstellung verstanden haben, indem sie wiederholt nachfragen und möglichst individuell auf sie eingehen. Zudem ist es hilfreich, wichtige Schlüsselbegriffe in den Aufgabenstellungen zu unterstreichen oder potentiell unbekannte Wörter vorab an der Tafel zu verbildlichen/erklären. Doch nicht jede Lehrkraft ist bereit, Unterrichtszeit dafür zu investieren. Die Lehrkräfte äußern einheitlich, dass die (zeitlichen) Rahmenbedingungen nicht ausreichen, um den Schülern entsprechend ihrem Bedarf eine adäquate Förderung zukommen zu lassen. 44

45 Dialekt als Verständnishürde In den Interviews mit den Auszubildenden mit Fluchthintergrund wird schnell klar: Der Dialekt, der häufig von Mitschülern und Lehrkräften im Unterricht gesprochen wird, ist eine große Verständnishürde für sie. Ein Schüler, der bereits sehr gut Deutsch spricht und versteht, erklärt: Ich habe keine Probleme, wenn die Leute sprechen Deutsch, aber leider in die Schule manche sprechen bairisch. Da sich seine Lehrkräfte um ein akzentfreies Hochdeutsch und langsames Sprechen bemühen, erklärt der junge Mann, dass er dem Unterricht sprachlich im Grunde gut folgen kann. Seine Lehrkraft erklärt dazu, dass sie sich sehr bemüht, den Dialekt zu vermeiden, aber manchmal ist man im Fahrwasser drinnen und dann reißt es einen mit, da muss man dann schon wirklich aufpassen, dass die da nicht zusätzlich abgehängt werden. Jedoch sind nicht alle Lehrkräfte dieser Meinung, wie folgendes Zitat verdeutlicht: Die müssen erst mal die Schrift lernen und dann sind sie bei uns, dann kriegen sie Texte vorgesetzt, die sehr, sehr schwierig sind vom Vokabular und was dazukommt, ist dann auch noch die gesprochene Sprache, die nicht der entspricht, die sie lernen. Es wird Dialekt gesprochen. Man kann meiner Meinung nach nicht erwarten, dass sich alle Lehrer jetzt hier umstellen, so umstellen, dass es genau für diese Flüchtlinge passt. Ein befragter Schüler, der von der eben zitierten Lehrkraft unterrichtet wird, erklärt im daran anschließenden Interview, dass er die Sprache im Unterricht nicht versteht, weil zu schnell gesprochen wird und der Dialekt für ihn unverständlich ist. Viele Lehrer sprechen Bayerisch, so schnell und so, ich verstehe auch nicht. Die weitere Ausführung des Schülers bestätigt erneut, dass die sprachliche Komponente vor allem im schulischen Ausbildungsteil eine große Hürde ist: Weil viele Worte ich verstehe nicht, weil vorher ich habe ja gesagt, weil zum Beispiel auf Arbeit ich habe keine Problem. Ich verstehe was zum Beispiel Chef sagt oder unsere Arbeitskollegen sagen, dann verstehe ich alles. [ ] Aber in Schule, wenn viele Worte, verstehe ich nicht. Allerdings erklärt sein Ausbilder im Interview zu Beginn, dass auch bei ihm im Betrieb bairisch gesprochen wird, weil von meinen Leuten passt sich keiner an. Der redet genauso bairisch weiter aber das funktioniert einwandfrei. Auf die Frage, warum das so ist, antwortet der junge Geflüchtete, dass der gesamte Kontext im Betrieb und die visuellen Eindrücke beim Bedienen von Maschinen o.ä. helfen, um das Gesprochene zu verstehen. Zudem kann er unmittelbar nach Anweisung des Ausbilders Nachfragen stellen, auf die individuell eingegangen wird. Was ich habe gearbeitet, und du kannst zum Beispiel praktisch auch sehen und theoretisch auch sagen. Wenn zum Beispiel sagt, machst du so, dann kann ich fragen, wie und so [ ] und dann funktioniert das. Mathematische Hürden Alle Befragten sehen gleichermaßen neben den sprachlichen Defiziten große Lücken hinsichtlich mathematischer Grundlagen, die vor allem im technischen Bereich besonders wichtig sind. Selbst, wenn er es verstehen würde, er hat die mathematischen Grundlagen nicht. Sehr desillusioniert erklärt eine Fachlehrkraft, dass die Mathematikkenntnisse bei ihren geflüchteten Auszubildenden aus ihrer Sicht auf Grundschulniveau liegen. Diese Defizite zeichnen sich nach Aussage der Befragten auch bei den Neuzugewanderten ab, die bereits im Heimatland im Bereich Elektrotechnik gearbeitet hätten und z.b. Elektroinstallationen selbst durchgeführt hätten. Die Lehrkräfte erläutern einheitlich, dass Hilfsmittel wie Taschenrechner nicht oder nur unzureichend bedient werden können. 45

46 Unter den geflüchteten Auszubildenden sticht jedoch auch ein Schüler hervor, der im Heimatland studiert habe. Die Lehrkraft erklärt, dass sich diese Vorbildung vor allem im Fach Mathematik bemerkbar macht. Vor allem für junge Menschen, die eine Ausbildung im technischen Bereich absolvieren möchten, ist es wichtig, dass sie innerhalb der Berufsvorbereitung bereits gezielt im Fach Mathematik beschult werden. Hierfür wurde an manchen Schulstandorten innerhalb des Modellprojekts eine modulare Klasseneinteilung für das Fach Mathematik 34 erprobt. Dieses Vorgehen wird trotz des hohen Aufwands hinsichtlich Stundenplaneinteilung von allen befragten Lehrkräften als positiv und effektiv bewertet. Arbeitsverhalten im Unterricht Umgang mit technischen Geräten und Hilfsmitteln In technischen Berufen wie Elektro- oder Metalltechnik ist der Umgang mit technischen Geräten unerlässlich. Den Lehrkräften fällt jedoch auf, dass Schülern mit Fluchthintergrund die Anwendung von Hilfsmitteln (z.b. Schablonen, Zirkeln o.ä.) Schwierigkeiten bereiten. Grund dafür sind aus Sicht der Lehrkräfte mitunter mangelnde feinmotorische Fähigkeiten vonseiten der Schüler. [...] wenn es darum geht, eine Schaltung zu zeichnen, dass die da ganz große Probleme haben, das motorisch so auf die Reihe zu bringen mit Bleistift und Lineal oder mit dieser Schablone da zu arbeiten, das ist wirklich ein Problem. Des Weiteren ist vielen der Umgang mit Computern nicht vertraut. Bereits bei der Anwendung von Standardprogrammen wie Word und Excel gibt es Probleme. Einer stand völlig blank vor dem PC, der hat offensichtlich noch nie einen gesehen, noch nie damit gearbeitet, und dem sollst du dann Lernfeld 4: IT beibringen, das ist einfach verheerend. Dem fehlt jegliche Voraussetzung, das fängt ja schon mit der Tastatur an, dass er auf der Tastatur schreibt. [...] Aber dass die mit dem Computer nicht können, versteh ich irgendwie auch nicht, weil da hat ja jeder nen eigenen Facebook-Account. Dass die jungen Menschen erfolgreich mit Handyfunktionen umgehen können, aber Schwierigkeiten bei der Arbeit am Computer haben, irritiert manche Lehrkräfte: Die tippen ständig auf ihren Handys rum. Ich weiß nicht, schreiben die da ständig mit irgendwem oder was machen die da? Sie sind ja alle auf Facebook und haben What s App. Die Ausstattung der Schulen mit digitalen Geräten ist ein wichtiger Bestandteil zum Aufbau eines digitalen Verständnisses bzw. zur Förderung eines routinierten Umgangs mit verschiedenen elektronischen Medien. Lernstrategien Wie bereits in vorhergehenden Zwischenberichten geschildert wurde, greifen herkömmliche Differenzierungsmethoden zur Bewältigung der großen Heterogenität in Berufsintegrationsklassen nur sehr bedingt. Mit einer noch stärkeren Heterogenität sind anschließend die regulären Fachlehrkräfte konfrontiert. In den Regelklassen sind sowohl junge Zweitsprachlerner mit oftmals geringer schulischer Vorbildung bis hin zu Abiturienten mit Deutsch als Muttersprache. Neben der Vorbildung und Lernbereitschaft stellen die Lern- und Arbeitsstrategien eine weitere Hürde dar. 34 Das heißt: Die Klassen werden durch die Einstufungstests (vgl. Kapitel 7) grundlegend nach sprachlichen Niveaus eingeteilt. Für das Fach Mathematik wird der Klassenverband jedoch an einem Tag in der Woche (Parallelschaltung der Mathematik-Stunden der Klassen) aufgebrochen und erneut nach mathematischem Leistungsstand gebildet. Ziel ist, die Schüler möglichst individuell und entsprechend ihrem mathematischen Leistungspotential hinreichend zu fördern. 46

47 Eine Mathematik-Lehrkraft erzählt, dass sie mit ihrer Berufsintegrationsklasse eine neue Aufgabenform eingeübt und am nächsten Tag dieselbe Aufgabenform mit anderen Zahlenwerten erneut mit den Schülern trainiert hat. Der Auszubildende mit Fluchthintergrund hatte am Vortag die Ergebnisse der Übungsaufgaben auswendig gelernt und sie am nächsten Tag reproduziert: Da schreibt er genau die gleichen Werte hin, die wir in der Stunde vorher gemacht haben bei einer ganz anderen Aufgabe, er schreibt einfach das hin, was er gemacht hat. Es ist halt schwer etwas abzulegen, das man ein Leben lang gemacht hat, vor allem dann, wenn es schwierig wird. Schüler berichten in den Interviews, dass die Aufgabenstellungen in der Schule ihrer Heimatländer in erster Linie auf Reproduktion ausgerichtet waren. Reflexion, kritisches Hinterfragen und eigenverantwortliches Arbeiten ist im Kontext Schule für diese jungen Erwachsenen neu. Im handlungsorientierten Unterricht sollen vor allem Konzepte und Methoden, die das eigenverantwortliche Arbeiten, das selbstregulierte Lernen [ ] einfordern, besondere Berücksichtigung finden (ISB 2016, S. 5). Dieser Ansicht sind jedoch nicht alle Lehrkräfte: Der Frontalunterricht und Auswendig-Lernen funktioniert. Wieso soll ich da dann diese neuen Unterrichtsmethoden trainieren, wenn es anders doch viel besser funktioniert?. Zwar ist ein hoher Strukturierungsgrad verbunden mit Frontalunterricht vor allem zu Beginn der Berufsintegrationsklasse effektiv und meist nötig, um eine sprachliche (und fachliche) Grundlage aufzubauen. Trotzdem ist es wichtig, den Schülern im weiteren Lernverlauf selbstverantwortliche Lerntechniken beizubringen. In verschiedenen Unterrichtshospitationen vonseiten der qualitativen Evaluation fiel auf, dass manche Lehrkräfte einen stark defensiven Ansatz im Unterricht verfolgen. D.h. sie versuchen stets, Anforderungen zu vereinfachen. Dies äußert sich nicht nur auf sprachlicher oder inhaltlicher Ebene (z.b. Texte vereinfachen), sondern auch in Bezug auf Lern-/Arbeitsweisen der Schüler. Einige Beispiele hierzu: Alleinarbeit im Fach Mathematik funktioniert nicht, deshalb rechnet die folgenden Aufgaben in der Konsequenz die Lehrkraft an der Tafel vor. Eine Lehrkraft gibt ihren Schülern keine Hausaufgaben mehr auf, weil sie nicht gemacht werden. Vor einiger Zeit wurden Termine für Referate vereinbart. Vier Schüler hatten zum dritten Mal in Folge ihre Präsentationen nicht vorbereitet. Gründe dafür waren: vergessen, zu schwer, zu wenig Zeit. Die Lehrkraft erwiderte daraufhin: Das ist nicht so schlimm. Selbstgesteuertes Lernen funktioniert nicht oder nur sehr langsam, deshalb wird über die beiden Berufsintegrationsklassen hinweg Frontalunterricht vorgezogen. Unabhängig davon, dass Frontalunterricht in Berufsintegration nicht per se ungeeignet ist, sondern durchaus an vielen Stellen als sinnvoll und effizient erscheint, ist es wichtig, auch die bestehenden Schwächen im Hinblick auf Lern-/Arbeitsweisen der jungen Erwachsenen anzugehen. Denn selbständiges und eigenverantwortliches Lernen sind Grundvoraussetzungen für den handlungsorientierten Fachunterricht einer dualen Berufsausbildung. Der Lernzuwachs, den die jungen Menschen innerhalb der zwei Berufsintegrationsklassen erreichen sollen, ist vor allem für Schüler mit geringer Schulbildung enorm. Dementsprechend sind defensive Ansätze im Unterricht vor allem zu Anfang notwendig. Trotzdem ist es sobald grundlegende Sprachkenntnisse erreicht wurden wichtig, die jungen Menschen darauf vorzubereiten, was sie in regulären Fachklassen erwartet. Macht es bei manchen Schülern den Anschein, als ob sie in einer regulären Fachklasse stark überfordert wären, sollte eine alternative Anschlussmaßnahme o- der das Wiederholen der Klassenstufe angestrebt werden. Motivation und Verhalten Viele BIK-Lehrkräfte schildern, dass die neu zugewanderten Schüler durch einen starken Willen und Fleiß herausstechen. Darüber hinaus staunen sie über die Dankbarkeit und den Respekt gegenüber 47

48 Lehrkräften, die ihnen in dieser Form von deutschen Schülern nur selten begegnet. Im zurückliegenden Projektjahr ist jedoch vonseiten der Lehrkräfte vor allem bei Teilen einer bestimmten Gruppe, die üblicherweise zügig eine Aufenthaltserlaubnis erhalten die Rede von einer starken Forder- und Nehmer-Haltung. Da haben mittlerweile auch schon einige ihre Ausbildung abgebrochen, weil die Tätigkeiten unter ihrer Würde sind. Auch an Autos rumschrauben ist eine zu dreckige Tätigkeit für sie. Da sagen manche wortwörtlich mir ins Gesicht:,Wieso soll ich arbeiten, Herr [Name der Lehrkraft]? Ich bekomme genug Geld vom Staat. Das hat sich alles erst so entwickelt. [ ] Pflege? Kaum jemand. Gut, die afrikanischen oder vielleicht afghanischen Jugendlichen würden das schon machen, aber andere bestimmt nicht. Auch Sicht der befragten Fachlehrkräfte wirken die jungen Zuwanderer im Regelunterricht überwiegend als scheu, zurückhaltend und auch irgendwie abwartend. Im Gegensatz zur parallelen Beschulung von Neuzugewanderten in Berufsintegrationsklassen herrschen in Regelklassen andere Bedingungen: Ihre Mitschüler sind nun überwiegend junge Menschen, die eine konsistente Vorbildung und Schullaufbahn in Deutschland genossen haben sowie mit der deutschen Kultur und Sprache vertraut sind bzw. Deutsch als Muttersprache sprechen. Dies kann bei den jungen neu zugewanderten Auszubildenden Unsicherheiten auslösen. Die Lehrkräfte berichten davon, dass sie sich ohne aktivem Aufruf nur sehr selten am Unterricht beteiligen. Trotzdem beobachten die befragten Fachlehrkräfte bei vielen auch einen starken Willen: Was mich oftmals wundert ist, dass sie sehr viel Durchhaltevermögen haben. Man muss sich ja vorstellen, die kriegen keine guten Noten, aber trotzdem machen sie immer weiter und wollen immer Input bekommen. Über längere Zeit hinweg steigt die Frustration jedoch. Die mangelnden Sprachkenntnisse oder der weitreichende Rückstand hinsichtlich mathematischer Kompetenzen demotiviert die jungen Menschen. Auch wenn sie Fortschritte machen, steigt der Schwierigkeitsgrad der Unterrichtsanforderungen mit und ein Erfolgserleben bleibt aus. Manche denken, dass sie die Ausbildung nicht schaffen werden und brechen deshalb aufgrund der Überforderung vorzeitig ab. [ ] ganz am Anfang hatte ich einen Flüchtling, der zu mir kam und gesagt hat, er versteht einfach zu wenig und er muss jetzt erst mal noch mehr Deutsch lernen, weil er findet einfach Elektrotechnik, das ist so ein verantwortungsvoller Beruf und er will nicht, dass aufgrund dessen, dass er irgendwas falsch verstanden hat, quasi ein Mensch Schaden nimmt und hat sich auf die Weise dann quasi abgemeldet. Hilfsbereitschaft der Mitschüler Die befragten Auszubildenden mit Fluchthintergrund gaben an, dass ein Teil ihrer Mitschüler sehr hilfsbereit wäre, sie allerdings noch häufiger Hilfe benötigen würden, um die Ausbildung meistern zu können. Ja, ich fragen aber kann ich nix jeden Tag fragen. [ ] Wenn ich viele Fehler habe zum Beispiel, dann kann ich nicht jede Minute zum Beispiel ich frage was bedeutet diese Wort. [ ] Ich frage zum Beispiel meine Nachbar [ ] aber viele auch wollen nicht Antwort geben und so, aber viel schon. Gibt s auch nette Leute hier. Die Fachlehrkräfte beobachten den Kontakt und die Atmosphäre zwischen den Schülern sehr genau: Aus ihrer Sicht sind viele Schüler (besonders leistungsstarke Schüler) sozial sehr engagiert und versuchen häufig, den jungen Fluchtmigranten die Unterrichtsinhalte zu erklären, um sie zu unterstützen. Es gibt auch Freiwillige, die sich als individuelle Nachhilfelehrer engagieren. Besonders gewinnbringend empfinden die Lehrkräfte deshalb, wenn entsprechend leistungsstarke Auszubildende im Unterricht als Banknachbarn neben den neu Zugewanderten sitzen und so bereits während des Unterrichts die Möglichkeiten haben, kleinere (sprachliche) Unklarheiten zu beseitigen und so sowohl die Lehrkraft als auch den Mitschüler zu unterstützen. Darüber hinaus wirkt diese Funktion einer Unterforderung der Leistungsträger entgegen und wirkt sich positiv auf die Sozialkompetenzen des Schülers aus. Ein solche Unterstützungsfunktion würde die dazu befragte Lehrkraft jedoch nicht 48

49 allen Schülern erlauben, denn manche haben aber selber so viel zu kämpfen, dem Unterricht folgen zu können. Allerdings bleibt die eben genannte Unterstützungsbereitschaft von Mitschülern bei vielen nicht nachhaltig über den dreijährigen Ausbildungszeitraum aufrechterhalten: Aber im Laufe der Zeit sieht man aber auch, dass die Motivation geringer wird. Bei den Schülern zum Beispiel, am Anfang erklären sie viel, viel, viel und irgendwann sehen sie aber, es kommt nicht viel dabei rüber und dann zunehmend wird s dann auch schwieriger für sie und dann haben sie weniger Zeit und dann wird die Motivation geringer. Um die Motivation solcher leistungsstarken Unterstützer aufrecht zu erhalten, ist die positive Verstärkung sowie die Wertschätzung, die ihm vonseiten der Lehrkraft entgegengebracht wird, ein wichtiger Grundstein. Erreicht er innerhalb der Klasse/Schule durch seine Helferfunktion eine gewisse soziale Stellung, kann das je nach Handlungsmotiv des Schülers ebenfalls einen positiven motivationalen Effekt nach sich ziehen. Nachhilfestunden sollen monetär entlohnt werden. Zur Situation der Lehrkräfte in regulären Fachklassen Befragte Lehrkräfte geben offen zu, dass sie sich mit der Heterogenität der Schülerschaft, welche durch die jungen Menschen mit mangelnden Sprach-/und Mathekompetenzen entsteht, überfordert fühlen und auch keine Idee haben, wie das alleine in einer Regelklasse zu bewältigen sei. Wenn wir welche haben, die die Sprache nicht kennen, dann bin ich eigentlich echt überfordert. Oder eben, wenn ich einem das erklären muss und soll aber eigentlich was Anderes vermitteln und die anderen 29 sitzen da. Also von dem her, fühl ich mich da oft echt überfordert. Oder eben der [Name eines neu zugewanderten Schülers], der dann wirklich oft herkommt auch und dann das nochmal erklärt haben will. Wo du halt sagst, ok du machst das einmal, zweimal aber das geht halt nicht jede Stunde. Du kannst nicht jede Stunde dann dasselbe ihm nochmal sagen. Also, da muss er irgendwie anders klarkommen. Man macht es einmal, zweimal bestimmt gerne oder vor der Schulaufgabe dann nochmal [ ] aber es geht halt nicht auf Dauer. Die Lehrkräfte sind sich einig, dass es unabkömmlich ist, begleitend zum Unterricht separate Nachhilfe-/ und Förderstunden anzubieten, damit die jungen Zweitsprachlerner die Ausbildung schaffen können. Zudem empfinden die Lehrkräfte das Unterrichten im Team 35 sowie geringe Klassengrößen hilfreich. Lehrkräfte erzählen, dass die individuelle Betreuung neu zugewanderter Schüler sehr viel Zeit kostet und der Rest der Klasse dabei häufig stark unterfordert bleibt. Die Zeiten, die man für alle eigentlich zur Verfügung hat, um nochmal individuell etwas zu erklären, die gehen komplett für den einen drauf. Die anderen werden halt irgendwie schnell abgespeist. Herkömmliche Differenzierungsmaßnahmen greifen nicht, weil grundlegende Arbeitstechniken fehlen. Um individuellen Nachfragen und Bedarfen mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, haben manche Lehrkräfte kooperatives Lernen z.b. in Form von Gruppenarbeiten erprobt, konnten den gewünschten Effekt jedoch nicht erreichen. Obwohl sich die geflüchteten Schüler sehr bemühen, benötigen sie allerdings für die meisten Aufgaben zu viel Zeit. Das beginnt bereits bei der Übertragung der Tafelanschrift ins Heft. Sie sind sehr akkurat, sehr sauber aber unendlich langsam. Zusätzliche Zeit zur Verfügung zu stellen ist nach Einschätzung der befragten Lehrkräfte nicht möglich, da es gilt, die jungen Menschen auf die Abschlussprüfung vorzubereiten und die Zeit dafür eben begrenzt ist. 35 Insofern die Zusammenarbeit zwischen den Kollegen gut gelingt (vgl. Kapitel 8). 49

50 Es kostet einfach Zeit und wenn man die hat, dann setzt man sie auch gern ein, gerade im geteilten Unterricht hat man oft ein bisschen mehr Luft und kann da mehr unterstützen, aber am Anfang hast echt gedacht, hey, wenn ich jetzt alles von Adam und Eva und nach jeder Stunde stand dann der Flüchtling vorne neben dem Lehrerpult und hat dann gefragt, wie ist das und wie ist das das geht einfach nicht. Da sind wir dann irgendwann auch am Ende unserer Möglichkeiten bei allem Idealismus, den man auch hat. Befragte Lehrkräfte betonen, dass sie das Gefühl haben, ein Teil der jungen Menschen wurde nicht auf ihre Eignung für den gewählten Beruf überprüft, sondern bekam entweder aufgrund asylrechtlicher Schachzüge (z.b. Ausbildungsvertrag in manchen Fällen als Möglichkeit zur erhöhten Bleibeperspektive) oder aus Mitleid bzw. der Gutmütigkeit heraus vonseiten mancher BIK-Lehrkräften gute Noten bzw. vonseiten mancher Betriebe die Chance einer Ausbildung. Viele sind eigentlich mehr geparkt, viele sind geparkt, muss man ganz klar sagen. [ ] Also speziell jetzt bei denen, denke ich einfach, da hat der Betrieb einen unheimlich sozialen Gedanken, das ist ein guter Kerl, absolut und der Betrieb gibt dem riesen Chancen, lässt ihn sogar zweimal die gleiche Klasse besuchen [ ] aber der Mann ist in der Elektrotechnik einfach falsch. Konklusion Was lässt sich aus den Erkenntnissen der Situation in den Regelklassen ableiten? Die vielfachen Defizite und Bedarfe, die in den vorausgehenden Teilkapiteln geschildert wurden, bedeuten nicht und das soll an dieser Stelle ganz klar erwähnt werden dass die Maßnahme der Berufsintegrationsklassen bzw. die Arbeit der BIK-Teams negativ zu bewerten ist. Innerhalb der zwei Jahre BIK/V und BIK macht ein Großteil der Schüler starke Fortschritte. Insofern man berücksichtigt, dass die Vorbildung der meisten BIK-Schüler nicht mit der Vorbildung einer konsistenten Schullaufbahn in Deutschland zu vergleichen ist, wozu das Erlernen einer neuen Sprache sowie eines neuen Schriftsystems als Leistungshürde hinzukommt, ist es nur die logische Konsequenz, dass auch nach einem erfolgreichen Übergang (z.b. in eine Ausbildung) weitere Schwierigkeiten bzw. Herausforderungen bestehen bleiben. Deshalb gilt es zu überlegen und zu erproben, welche begleitenden Fördermaßnahmen von schulischer Seite in die Wege geleitet werden sollten. Das folgende Teilkapitel fasst die in Kapitel 9 erläuterten Potentiale der (Flucht-)Migranten sowie die schulischen Herausforderungen zusammen und schlägt mögliche Lösungsansätze vor. Im anschließenden Teilkapitel werden aus den bisher gewonnenen Erkenntnissen in den Regelklassen Rückschlüsse auf die BIK-Beschulung gezogen Überblick über Potentiale, Herausforderungen und Lösungsansätze Lehrkräfte sollen ihre Schüler individuell fördern. Insbesondere bei Fluchtmigranten greifen die üblichen Maßnahmen aufgrund der schwer zu bewältigenden Heterogenität kaum. Während für lernschwächere Schüler besonders ein hoher Strukturiertheitsgrad des unterrichtlichen Vorgehens und des Lernmaterials für den Lernerfolg bedeutsam ist (vgl. Souvignier und Gold 2006), sind für leistungsstärkere Schüler vor allem unstrukturierte Lernumgebungen mit vielen Freiheitsgraden wegen der daraus resultierenden Herausforderung und der stärkeren kognitiven Aktivierung bei der Lernarbeit besonders förderlich (vgl. Fisher und Frey 2012). Den Lernerfolg begünstigt eine lernbegleitende Diagnostik sowie die Ausrichtung der Anforderungen an der Zone der nächsten Entwicklung (vgl. Vygotsky 1978). Dafür müssen die individuellen Voraussetzungen der Schüler und das Potential, das es auszuschöpfen gilt, berücksichtigt werden. Unabhängig von der strukturellen Gestaltung des Unterrichts kommt jedoch noch ein weiterer Aspekt in den Regelklassen hinzu: Die meist deutlich längere Arbeitszeit der Schüler aus früheren BI-Klassen. 50

51 Folgende Abbildung schlägt Lösungsansätze vor, die den vorausgehend erläuterten Herausforderungen entgegenwirken und die entsprechenden Potentiale der Schüler (mit Fluchthintergrund) nutzen. Vorweg: Eine grundsätzliche zeitliche Ausdehnung des Berufsintegrationskonzepts ist obwohl dies von mehreren Lehrkräften (meist DaZ-Lehrkräfte) ausdrücklich gewünscht wird aus Sicht der qualitativen Evaluation nach wie vor nicht ratsam. Diese Option wird daher in Abbildung 11 nicht berücksichtigt. Besonders wichtig ist eine begleitende Förderung auch nach dem erfolgreichen Übergang von der BIK in eine Regelklasse. Denn zum einen wird in zahlreichen Interviews mit Lehrkräften und BIK-Schülern ersichtlich, dass die jungen Menschen in der Regel zu arbeiten beginnen möchten, zum anderen gibt es sowohl in BIK/V als auch BIK die Möglichkeit einer Klassenwiederholung. D.h. die berufsvorbereitende Schulzeit könnte ohnehin bei entsprechenden Schülern vonseiten der Schulen individuell verlängert werden. Da sich die einzelnen Berufsintegrations(vor)klassen jeweils innerhalb der beiden Jahre in ihren Niveaus unterscheiden, 36 ist sogar eine fortlaufende Progression möglich, indem beispielsweise die Wiederholer einer leistungsschwächeren BIK/V in eine leistungsstärkere BIK/V münden können. Das Modell der Berufsintegration lässt den Berufsschulen daher großen Gestaltungsspielraum. 36 Wie bereits mehrmals erläutert, werden zu Beginn der Berufsintegrationsmaßnahme Einstufungstests durchgeführt, um die Klassenzusammensetzung zu homogenisieren dadurch entstehen z.b. BIK/V auf unterschiedlichen Niveaustufen. 51

52 Enge Vernetzung zwischen den Lehrenden Herausforderungen Sprachliche Ausdrucks-/ Verständnisschwierigkeiten Vorbildung Mathematische Defizite Mangelnde Lernstrategien Anhaltende Resilienz und Engagement Konzentrationsfähigkeit über längere Zeitspannen hinweg Hohe/unrealistische Erwartungshaltungen Arbeitszeit beim Bearbeiten von Aufgaben Potentiale Motivation und Wille Respekt vor der Lehrkraft Interesse Lösungsansätze Fundierte Diagnostik im Abgleich mit den Anforderungen der entsprechenden Ausbildung Vorbereitende Maßnahmen vonseiten der Berufsschule (Berufsintegrationsklassen) Individuelle Rückmeldung, Aufklärung, Beratung und Empfehlung zum weiteren beruflichen Weg Klassenteilungen Spezifische Nachhilfe Mentoren Unterrichten im Team Teilzeitausbildung ergänzt durch begleitende sprachliche und fachliche Förderung (z.b. Angebot eines zweiten Berufsschultags) Ausbildungs-/Qualifizierungsbausteine (modularisierende Ausbildungsstruktur) Nachteilsausgleich aufgrund sprachlicher Schwächen (z.b. Verlängerung der Prüfungszeit, Strukturierungshilfen o.ä.) Verlängerung der Ausbildungszeit Gewissenhafte Einschätzung der Ausbildungsreife Unterrichtsbegleitende Förderung in Regelklassen Konzeptionelle Überlegungen adaptiver (dualer) Ausbildungsmodelle Beständige Qualitätssicherung Abbildung 11: Zusammenfassende Herausforderungen, Potentiale und Lösungsansätze zur Förderung der nachhaltigen Berufsintegration in Ausbildung Grundsätzlich geht aus den Interviews hervor, dass für Neuzugewanderte in erster Linie der schulische Teil der Berufsausbildung eine Hürde für den Verbleib in Ausbildung darstellt. Im Regelunterricht ergeben sich an vielen Stellen Herausforderungen, die in der Graphik anhand der fünf Kategorien Arbeitszeit beim Bearbeiten von Aufgaben, Vorbildung (v.a. Deutsch, Mathematik, Lernstrategien), Anhaltende Resilienz und Engagement der Geflüchteten, Konzentrationsfähigkeit über längere Zeitspannen hinweg und zu hohe/unrealistische Erwartungshaltungen zusammengefasst sind. Gleichzeitig sind die jungen Menschen motiviert und interessiert. Allerdings geht die hohe Motivation der Fluchtmigranten häufig mit hohen Erwartungshaltungen einher, worauf die Enttäuschung umso 52

53 größer ist, wenn sich diese nicht realisieren. Zwar zeigen viele über lange Zeit hinweg Resilienz und einen starken Willen, oft geht dies jedoch über in Frust und Passivität, sobald kein weiterer Fortschritt erkennbar ist. Die Anforderungen der dualen Berufsausbildung sind für die jungen Neuzugewanderten aufgrund der sprachlichen Verständnis- und Ausdrucksschwierigkeit, Lücken hinsichtlich Lernstrategien und nicht hinreichender mathematischer Vorbildung besonders herausfordernd. Die oft mangelnde Konzentrationsfähigkeit über längere Zeitspannen hinweg erschwert die Situation im Unterricht. Bevor junge Menschen eine Ausbildung beginnen, ist es wichtig, eine realistische Passung zwischen Erwartungen und Potentialen vonseiten des Schülers und den Anforderungen der jeweiligen Ausbildung vorzunehmen und die Bewerber als Lehrkraft entsprechend zu beraten. Dies erfordert diagnostische Kompetenzen und Wissen über Ausbildungsinhalte und Niveaustufen unterschiedlicher Ausbildungsberufe. Nur so kann auch ein erfolgreicher Ausbildungsabschluss begünstigt werden. Im regulären Fachunterricht ist es vielen Lehrkräften kaum möglich, gleichermaßen neu Zugewanderte mit schwachen Deutschkenntnissen zu fördern als auch Absolventen mit (Fach-)Hochschulabschluss und Deutsch als Muttersprache. Hier benötigt es unbedingt zusätzliche Unterstützung für Lehrkräfte. Möglichkeiten dafür sind Klassenteilungen, Unterrichten im Team bzw. Teamteaching 37 und Nachhilfestunden, die sich an aktuellen Unterrichtsinhalten orientieren. 38 Letzteres bedingt, dass der Nachhilfelehrer mit dem Fachlehrer eng in Kontakt steht. Deshalb bietet sich an, dafür Personen aus demselben Schulkontext auszuwählen bzw. einzubinden. Neben geschultem Lehrpersonal könnten dies auch leistungsstarke Schüler aus höheren Fachklassen sein, die sich freiwillig dazu bereit erklären. Ebenso sind Mentorenprogramme geeignet. Zwingend notwendig für eine effektive Förderung ist die enge Verzahnung und Zusammenarbeit der beteiligten Lehrpersonen, die sich am Fortschritt des regulären beruflichen Unterrichts orientieren. Der Unterricht an der Berufsschule zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Theorie aus, welche Zweitsprachlerner nicht nur sprachlich, sondern auch durch das meist hohe Bearbeitungstempo verdichteter Fachinhalte vor große Herausforderungen stellt. Grundlegende konzeptionelle Überlegungen zur Förderung des Ausbildungsverbleibs sind deshalb auch adaptierte Ausbildungsformate (vgl. hierzu z.b. auch (Ebbinghaus und Gei 2017; Euler und Severing 2017; Prakopchyk 2017). Beispiele hierfür sind, die Ausbildungszeit zu verlängern oder im Rahmen einer Teilzeitausbildung einen zweiten Berufsschultag einzuführen. D.h. ein Teil der betrieblichen Ausbildungsphasen würde durch theoretischen Förderunterricht substituiert werden. Eine weitere Möglichkeit ist eine modulare Ausbildungsstruktur mit Teilqualifikationen. Dazu wurden bereits vor mehreren Jahren Überlegungen angestellt, die sich jedoch bisher nicht flächendeckend durchsetzen konnte (Riedl und Schelten 2013; Kloas 2001). In verschiedenen Berufen und Regionen gibt es mittlerweile jedoch bereits die Möglichkeit der Teilqualifizierung bzw. den modularen Erwerb von Qualifizierungsbausteinen. Ergänzend hierzu sind konzeptionelle Überlegungen im Rahmen eines Nachteilsausgleichs in Abbildung 11 gelistet. Der Nachteilsausgleich (vgl. BaySchO 33) dient dazu, Schülern mit Beeinträchtigungen in ihrer schulischen Entwicklung zu fördern mit dem Ziel, einen Abschluss zu erreichen (BaySchO 31). Rechtlich sind hierzu verschiedene Möglichkeiten geregelt wie beispielsweise die Verlängerung der Prüfungszeit oder Strukturierungshilfen (vgl. BaySchO 33), welche auch für viele BIK-Schüler eine wesentliche Erleichterung auf ihrem Weg zu einem Ausbildungsabschluss wären. Aktuell gibt es hierzu allerdings keine gesetzliche Grundlage für diese Zielgruppe. Ebbinghaus und Gei (2017) führen in ihrer Befragung noch weitere Möglichkeiten auf, wie in folgender Abbildung dargestellt wird: 37 Es ist zu bedenken, dass Teamteaching eine gute kollegiale Zusammenarbeit zwischen den Kollegen bedingt, die nicht zwingend selbstverständlich ist. 38 Bayern schafft zum kommenden Schuljahr 2018/2019 zusätzliche Ressourcen für die berufssprachliche Förderung (von bis zu vier Unterrichtsstunden pro Woche) für Auszubildende mit Sprachförderbedarf in Fachklassen an Berufs(fach)schulen und im BGJ/s (s. KMS vom ; AZ SF-BS /20/1). 53

54 Abbildung 12: Expertenmonitor (Ebbinhaus und Gei 2017, S. 17) Ebbinghaus und Gei (2007) haben Experten innerhalb der Berufsbildung (z.b. Betriebe, Berufliche Schulen, Kammern, Arbeitgeber-/ Arbeitnehmerverbände, ) zu den in Abbildung 12 aufgelisteten adaptiven Ausbildungsmodellen befragt. Ein großer Teil davon schätzt eine Verlängerung der regulären Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren als sinnvoll ein, ebenso eine systematische Sprachförderung in Verbindung mit einer Teilzeit-Berufsausbildung. 39 Dass Berufsabschlüsse auf Grundlage zertifizierter Teilqualifizierungen abgeschlossen werden können, halten mehr Befragte für sinnvoll als für eher-/gar nicht sinnvoll. Die restlichen drei Optionen wurden von den Befragten eher negativ bewertet (vgl. Abbildung 12) Konsekutive Empfehlungen für die Beschulung in Berufsintegrationsklassen Unter Berücksichtigung der erweiterten Einblicke in Regelklassen (vgl. Kapitel 9) werden aus allen bisherigen Erkenntnissen aus dem Modellprojekt nachfolgend Empfehlungen für die Beschulung in Berufsintegrationsklassen abgeleitet und zusammengefasst: 40 Berufliche, sprachliche und mathematische Potentialanalyse Wie bereits erwähnt weisen die jungen geflüchteten Menschen eine enorme Spannbreite an unterschiedlicher Vorbildung auf (Schier 2017; Neske und Rich 2016; Brücker et al. 2017; Baumann und Riedl 2016; ISB 2017d). Ein Prinzip guter Lehre ist die Orientierung an der Zone der nächsten Entwicklung (vgl. Vygotsky 1978). Dafür müssen die individuellen Voraussetzungen der Schüler 39 Eine Berufsausbildung in Teilzeit ist im Jahre 2005 ins Berufsbildungsgesetz aufgenommen worden, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. die Pflege von Angehörigen zu erleichtern, wird in der Praxis jedoch nur sehr selten umgesetzt (vgl. BBiG 8; Voss 2013). 40 Die Empfehlungen orientieren sich am Übergang in eine duale Berufsausbildung. 54

55 und das Potential, das es auszuschöpfen gilt, mithilfe einer lernbegleitenden Diagnostik berücksichtigt werden. Während ein Teil der Schüler noch nie in der Schule gewesen ist, haben andere bereits im Herkunftsland eine langjährige Schullaufbahn vorzuweisen oder berufliche Kompetenzen erworben. Trotzdem übersteigen in den meisten Fällen die Anforderungen einer deutschen Berufsausbildung die bereits erworbenen Kompetenzen im Heimatland erheblich. Das bedeutet zugleich, dass Schüler oft falsche Vorstellungen an bestimmte Berufsbezeichnungen knüpfen. Umso wichtiger ist es, innerhalb der Berufsvorbereitung Erwartungen und Potentiale der Schüler mit den Anforderungen der jeweiligen Berufe abzugleichen. Hinsichtlich der schulischen Vorbildung im Heimatland kommen jedoch alle befragten Lehrkräfte übereinstimmend zu dem Schluss, dass Dauer und Art des Schulbesuchs im Heimatland ausschlaggebend für das Lern- und Leistungspotential des Schülers sind. Der Großteil an Fluchtmigranten stammt aus Ländern mit nicht-lateinischem Schriftsystem wie z.b. Syrien, Afghanistan oder Irak (BAMF 2018). Das bedeutet, sie müssen erst in einem neuen Schriftsystem alphabetisiert werden. Ein Teil der BIK-Schüler war auch im Heimatland nicht alphabetisiert. Hierbei ist von primärem Analphabetismus die Rede (Brücker et al. 2017; Baumann und Riedl 2016; Scheible 2018;). Primäre Analphabeten haben in der Regel noch keine Schulerfahrungen, müssen das Stift-Halten und weitere Produktions-/Rezeptionstechniken der Schriftsprache sowie den Umgang mit Büchern und Lernstrategien von Grund auf neu lernen. Dass die Lernprogression bei dieser Schülergruppe üblicherweise nur sehr langsam fortschreitet, ist selbsterklärend. Die Lernprogression bei schulisch sozialisierten Schülern schreitet im Gegensatz dazu durch das bereits erworbene Grundlagenwissen und Lernmechanismen üblicherweise zügiger voran. Eine Maßnahme, die sich an allen Modellschulen als wichtige äußere Differenzierungsmaßnahme herausgestellt hat, ist die sprachliche Homogenisierung zu Beginn der Beschulung (z.b. alphabetisierte von nicht-alphabetisierten Schülern trennen). In Berufsintegrationsklassen geschieht dies durch sogenannte Einstufungstests. Diese Formate fragen schwerpunktmäßig unterschiedliche Deutsch-Fertigkeiten ab, aber auch und dies sollte nicht vernachlässigt werden mathematische Grundrechenarten (teilweise verbunden mit Logikaufgaben). Die Einteilung der Klassen erfolgt an den meisten Schulen nach dem Sprachniveau, was den Aufbau sprachlicher Grundlagen erleichtert. Allerdings korrelieren die sprachlichen Leistungen erfahrungsgemäß nicht zwingend mit dem mathematischen Bildungsniveau der Schüler. Verschiedene Modellschulen haben deshalb eine Entkoppelung des mathematischen Unterrichts im Sinne einer modularen Gruppeneinteilung erprobt, die sich vom üblichen Klassenverband loslöst (vgl. Kapitel 9.3). Die bisherigen Erfahrungen damit sind sehr positiv, wenngleich dies einen erheblichen organisatorischen Aufwand darstellt und aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen nicht für alle Berufsschulen umsetzbar ist. Förderung von Lernstrategien und selbstgesteuertem Lernen Wie sich im schulischen Regelunterricht innerhalb einer Berufsausbildung bei den ehemaligen BIK- Schülern herausstellt, haben die ehemaligen BIK-Absolventen Schwierigkeiten bei selbstgesteuerten Arbeitstechniken und eigenverantwortlichem Lernen, was zu erheblichen Problemen hinsichtlich des weiteren Lernprozesses während der (schulischen) Ausbildung führt. Die bisherigen Erfahrungen in den BIK zeigen, dass ein hoher Strukturierungsgrad und starke Vereinfachungen in Verbindung mit Frontalunterricht zu Beginn der Berufsintegrationsvorklasse meist nötig sind, um den Schülern möglichst effizient die ersten sprachlichen Grundlagen (verknüpft mit lebenspraktischen Inhalten) zu vermitteln. Häufig verfolgen Lehrkräfte solche traditionellen Ansätze über die beiden BIK hinweg. Nichtsdestotrotz muss im weiteren Beschulungsverlauf stark darauf geachtet werden, Lernstrategien zu fördern, die zum selbstgesteuerten und eigenverantwortlichen Lernen befähigen. Wenn alles immer organisiert und vorgegeben ist, lernt ein Individuum nicht, selbst aktiv zu werden und sich zu organisieren. Erziehung zur Mündigkeit aber hat wesentlich zum Inhalt, dass jemand für sich selbst verantwortlich ist und die ihn betreffenden Dinge, z.b. das Lernen, selbst in die Hand nimmt. (Bösch 2009, S. 272). 55

56 Zudem berichteten die interviewten Schüler und Regellehrkräfte übereinstimmend, dass den neu zugewanderten Auszubildenden sowohl das selbständige Arbeiten und Lernen als auch das Arbeiten in Gruppen sowie das Tempo des inhaltlichen Fortschritts im Unterricht Schwierigkeiten bereitet. Das heißt: Sobald schüleraktive Ansätze im Hinblick auf die Zone der nächsten Entwicklung (vgl. Vygotsky 1978) möglich sind, sollten diese bei der Gestaltung des Unterrichts mit einfließen. Das beginnt ja schon beim Lesen von Fachtexten. Da sind keine Lesestrategien vorhanden, selbst wenn ich mehr Zeit einräume und die Texte ohnehin einfach gestalte. [ ] Und in Gruppenarbeiten wird er mitgeschleppt, ohne sich selbst aber wirklich beteiligen und dadurch lernen zu können. Der Fokus muss also insofern die sprachlichen Grundlagen dafür erreicht wurden bereits in Berufsintegrationsklassen verstärkt auf Lernstrategien gerichtet werden, sodass die Schüler Zeit haben, sich solche Werkzeuge zum selbstgesteuerten und eigenverantwortlichen Lernen einzutrainieren. Was sich als nicht effektiv herausgestellt hat, sind Hausaufgaben zum Üben und Verfestigen von im Unterricht Erlerntem. Nahezu alle Lehrkräfte berichten, dass die Schüler keine Hausaufgaben machen oder sie nur unzureichend bearbeiten. Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze wie beispielsweise ein zu hoher Schwierigkeitsgrad oder aber eine persönliche Wohnsituation mit hohem Lärmpegel und stark eingeschränkter Privatsphäre. 41 Eine Modellschule löst dies durch das Angebot einer Hausaufgabenbetreuung an der Schule und macht damit positive Erfahrungen. Die Voraussetzung dafür, bereits in BIK konkrete berufliche Handlungskompetenzen fördern zu können, ist die Ausprägung beruflicher Interessen vonseiten der Schüler. Berufspraktika, wie sie im zweiten Jahr der Berufsintegrationsmaßnahme üblich sind, eignen sich hervorragend für den Entwicklungsprozess hin zu einem realistischen Berufswunsch. Wichtig ist dahingehend die Beratung der Lehrkraft, sodass die Berufswünsche der Schüler deren individuellem Potential entsprechen. Über die externen Berufspraktika hinaus profitieren die Berufsintegrationsklassen von vorherrschenden Ressourcen innerhalb der Berufsschule: Berufsschulen pflegen üblicherweise bereits langjährige Netzwerkverbindungen zu Betrieben und Kammern. Es besteht die Möglichkeit, Kontakte zu Schülern aus Regelklassen zu knüpfen, woraus Freundschaften oder Mentorenschaften entstehen können. Die breite Expertise der verschiedenen Fachrichtungen, die an der Berufsschule bereits beheimatet sind, bringt einen großen Mehrwert mich sich und ist für den Zweck der Berufsvorbereitung von hoher Effizienz. So können beispielsweise BIK-Schüler bereits in Regelklassen oder schulische Werkstätten Einblicke gewinnen und ihre Berufsvorstellungen präzisieren. Allerdings ist zu bedenken, dass besonders die Fachrichtungen, die an der Schule beheimatet sind, in der fachpraktischen Berufsvorbereitung Anklang finden. Trotzdem benötigen die Schulen anschauliche Möglichkeiten, auch darüber hinaus Berufe vorzustellen. Teilweise arbeiten sie hierfür auch mit Berufsschulen anderer Fachrichtungen zusammen. Praktikumsvermittlung und Betreuung Viele erfolgreiche Übergänger der Modellschulen haben einen Ausbildungsplatz aufgrund ihres vorhergehenden, erfolgreich absolvierten Praktikums bekommen. Netzwerkpflege zu Betrieben sowie die Begleitung und Vor-/Nachbereitung von Praktika sind deshalb wichtige Gelingensfaktoren 42 eines erfolgreichen Übergangs in Ausbildung. Hinterlässt der Schüler einen guten Eindruck im Praktikum, erhöht dies die Chancen auf eine entsprechende Ausbildung. Die Ergebnisse der BA/BIBB Migrationsstudie 2016 zeigen ebenfalls einen deutlichen Zusammenhang zwischen absolvierten Praktika und anschließendem Ausbildungsverhältnis (vgl. Matthes et al. 2018, S. 25). 41 Weiterführende Literatur zur Situation in Gemeinschaftsunterkünften s. Johannson 2016; Christ et al. 2017; Aumüller et al. 2015; Brücker et al. 2016a. Weniger Studien liegen aktuell zur Situation in dezentralen Unterbringungseinrichtungen vor. Hier ist allerdings eine Verbesserung der Lebensbedingungen und eine stärkere gesellschaftliche Integration in die lokale Umgebung erkennbar s. Aumüller et al. 2015; Cremer Mit Gelingensfaktoren sind hier schulspezifische Faktoren gemeint, die einen erfolgreichen Übergang in Ausbildung begünstigen. 56

57 Betriebe äußern in den geführten Interviews Skepsis vor sprachlichen und kulturellen Barrieren sowie Scheu vor asylrechtlichen Unsicherheiten und hohem bürokratischem Aufwand. Auch verschiedene weitere Studien geben Hinweise hierfür (vgl. z.b. Ebbinghaus 2017a, 2017b; IBE 2016; Enggruber 2014). Ebbinghaus (2017a) stellt fest, dass viele Betriebe sich bereit erklären würden, zusätzliche Ausbildungsplätze für Geflüchtete bereitzustellen, wenn ausbildungsbegleitende Deutschkurse zur Verfügung gestellt würden oder Formalitäten extern für sie erledigt würden. Der Ausbildung vorgelagerte mehrwöchige Praktika sehen die Betriebe ebenfalls überdurchschnittlich häufig als eine Möglichkeit an, zusätzliche Ausbildungsplätze für Geflüchtete einzurichten. (Ebbinghaus 2017a, S. 38). In der Befragung der IBE (2016) geben die meisten Unternehmen an, Praktika als priorisierte Beschäftigungsform für Geflüchtete zu wählen, am meisten Zurückhaltung zeigen sie hinsichtlich eines Ausbildungsverhältnisses. Dies ist auch im Rahmen des Modellprojekts zu erkennen. Die Ausbilder der Betriebe äußern in den Interviews, dass insbesondere der eigene Eindruck, der in dieser Zeit vom Praktikanten entsteht, entscheidend für das Angebot eines Ausbildungsplatzes ist. So können sie eigenständig die an den Bewerber gerichteten, konkreten Anforderungen mit seinem Potential abgleichen. Zudem sind Sozialkompetenzen für die Betriebe von hoher Wichtigkeit, die nach Meinung der befragten Betriebe in formalen Zeugnissen nicht ausreichend abgebildet sind. Dass Betriebe großen Wert auf Sozialkompetenzen legen, zeigt auch die Untersuchung der Bertelsmann- Stiftung (Enggruber 2014): Sie fragt in dieser Studie nach Auswahlkriterien für die Besetzung von Ausbildungsstellen. Dabei unterscheidet sie zwischen Betrieben, die Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund aktuell oder in den letzten 5 Jahren ausgebildet haben. Beide Gruppen erachten Zuverlässigkeit, angemessene Umgangsformen und eine hohe Leistungsbereitschaft als für sie wichtigste Auswahlkriterien von Auszubildenden (Enggruber 2014, S. 38). Netzwerkpflege Letztlich entscheiden Betriebe autonom, ob und wie viele Ausbildungsplätze sie in welchen Ausbildungsberufen anbieten und welche Jugendliche sie als Auszubildende einstellen (Granato 2017, S. 19). Die Berufsschule sollte deshalb auf eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit möglichst vielen Betrieben achten. Doch nicht nur Betriebe sind wichtige Netzwerkpartner für das BIK- Team. Riedl und Simml (2016) geben bereits einen Überblick über weitere Institutionen und Ansprechpartner, mit welchen eine Kooperation für die Beschulung und Berufsintegration von neu Zugewanderten empfehlenswert ist. Sind viele Netzwerkpartner, wie z.b. Betriebe oder Kammern, bereits im Netzwerk der Berufsschule verankert, kommen für Berufsintegrationsklassen mehrere Partner neu hinzu (z.b. Asylsozialberatung, Ausländerbehörde, Wohngruppen, Vormünder, Polizei u.ä.). Partner, die als Gelingensfaktor eines erfolgreichen Übergangs in Ausbildung nicht unterschätzt werden dürfen, sind Vereine und ehrenamtliche Helfer. Teilweise kommen Schüler durch eigenes soziales Kapital (vgl. Bourdieu 1983) an Ausbildungsplätze. Das heißt, Schulen sollten soweit möglich Vereinsmitgliedschaften und weitere Möglichkeiten der sozialen Integration in der Gesellschaft mit unterstützen. In Berufsintegrationsklassen eignen sich hierfür insbesondere die sozialpädagogischen Fachangestellten als Ansprechpartner. Des Weiteren weist Prakopchyk (2017) darauf hin, dass auf Bundes- und Landesebene zahlreiche Initiativen und Maßnahmen existieren, um junge Flüchtlinge zu fördern. (ebd., S. 87). Ein weitreichendes Netzwerk ist auch wichtig, um möglichst effizient von solchen bereits bestehenden Initiativen zu profitieren oder eigene, ins Leben gerufene Maßnahmen damit zu vernetzen. Denn oft werden diese thematisch nahe beieinander liegenden Initiativen auf verschiedenen Ebenen bzw. von verschiedenen Institutionen organisiert und durchgeführt, sodass es bei fehlender Abstimmung sowie fehlender Information bzw. Verknüpfung zu Parallel- oder Doppelstrukturen kommen kann (vgl. Knuth 2016). 57

58 Fördern von Resilienz und Motivation Sowohl Lehrkräfte als auch BIK-Schüler hatten zu Beginn des Projekts was bei vielen Lehrkräften zugleich Beginn ihrer Tätigkeit in BIK war hohe Zielsetzungen und daran geknüpfte Erwartungen. Verschiedene Vorstellungen gingen jedoch nach einiger Zeit in Ernüchterung oder Enttäuschung über. Mit zunehmenden asylrechtlichen Hürden verschärfte sich diese Situation aufgrund eines wachsenden Ohnmachtsgefühls. Ein Teil der Lehrkräfte hat sich mittlerweile Bewältigungsstrategien angeeignet, wohingegen laut Aussage der Lehrkräfte bei vielen Schülern die Motivation und Resilienz weiter sinken. Die Motivation der Schüler sinkt oft bereits dadurch, dass die anfänglichen Vorstellungen vom Leben in Deutschland einer Realitätsanpassung unterzogen wurden. Die Resilienz der Schüler wird des Weiteren beansprucht durch lange Phasen der Unsicherheit hinsichtlich der Zukunftsplanung in Abhängigkeit von Asylstatus, Arbeitsverboten sowie vor allem bei jungen Menschen mit wenig Schulerfahrung einem mühsamen und oft kleinschrittigen Lernprozess. Stehen dem Ausbildungsvertrag asylrechtliche Hürden entgegen, wird zudem das Selbstwirksamkeitserleben 43 drastisch gesenkt, was wiederum negative Auswirkungen auf Resilienz und Motivation hat. 44 Wichtige Förderfaktoren sind neben der Stärkung positiver Selbstwirksamkeitsüberzeugungen beispielsweise ein positives Selbstwertgefühl und eine sichere Bindung (Daniel und Wassel 2002). Sehr häufig ist zu beobachten, dass die BIK-Schüler ihre Lehrkraft stärker als andere Schülergruppen als Vertraute und Bezugspersonen sehen. Dies mag der Tatsache geschuldet sein, dass viele Schüler in BIK alleine nach Deutschland gekommen sind oder oft keine konstanten Vertrauenspersonen im privaten Umfeld haben. Beziehungsarbeit zu und mit den Schülern sehen alle Lehrkräfte als Gelingensfaktor, um eine lernförderliche Atmosphäre in der Klasse herzustellen und die aktive Mitarbeit vonseiten der Schüler zu erhöhen. Zugleich ist es wichtig für die Lehrergesundheit, dass Lehrkräfte eine stimmige Balance finden, um die nötige Abgrenzung zur Arbeit erhalten zu können. Viele sind emotional stark von den Lebensumständen ihrer Schüler betroffen und richten den Blick oft insbesondere auf die Nachteile und Schwierigkeiten, mit welchen ihre Schüler konfrontiert sind. Auch im öffentlichen Diskurs interessiert viele Akteure nicht die Geschichte der Lebensbewältigung, sondern die Beurteilung des Flüchtlingsstatus und der Hilfsbedürftigkeit. Die Orientierung ist somit von Anfang an defizitorientiert (Schreiber und Iskenius 2013, S. 7). Defizitorientierung, Mitleid oder die Wahrnehmung der Schüler als Hilfsbedürftige sind keine konstruktiven Herangehensweisen, um Schüler zu eigenständig Handelnden zu erziehen. Wichtiger ist, herauszufinden, welche Resilienzfaktoren die Schüler als Ressource nutzen können (vgl. hierzu Schreiber und Iskenius 2013). Ein Übermaß an Pathologisierung geflüchteter Schüler bedeutet auch, dass den jungen Menschen das eigene Kompetenzerleben und die Aktivierung der Resilienz erschwert wird (ebd., S. 8). Realitätsanpassung und Ausbildungsreife prüfen Von Passungsschwierigkeiten ist im beruflichen Bildungskontext häufig die Rede, wenn es um die fehlende Passung zwischen Berufswünschen und beruflichen Versorgungs- bzw. Besetzungsproblemen als Grund für die hohen Zahlen erfolgloser Bewerber geht. Passungsprobleme gibt es häufig jedoch auch, wie bereits angedeutet, zwischen den Berufswünschen der Schüler, dem individuellen Lern-/Leistungspotential und den beruflichen Erwartungen bzw. Vorstellungen, die sie an eine Ausbildung knüpfen. Die befragten Lehrkräfte haben den Eindruck, dass viele ihrer BIK-Schüler den Umfang und die Komplexität einer dualen Ausbildung in Deutschland unterschätzen. Aus den Schülerinterviews geht hervor, dass manche nicht mit einem so umfangreichen und hohen Schwierigkeitsgrad in der Ausbildung gerechnet hatten. Die Lehrkräfte machen deutlich, dass sie an vielen Stellen überfordert sind und nicht wissen, wie sie mit den teilweise großen Leistungsdefiziten betroffener Schüler umgehen 43 Näheres zum Konzept der Selbstwirksamkeit s. Bandura 1977, 1997; Vorschläge, wie im schulischen BIK- Rahmen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen gestärkt werden können s. Riedl und Simml 2017b. 44 Mehr Informationen zu Resilienzfaktoren und programmen im Überblick s. z.b. Fröhlich-Gildhoff und Rönnau-Böse 2015; Bengel und Lyssenki

59 sollen, ohne den Rest der Klassen stark zu vernachlässigen. Eine Lehrkraft aus dem Fachbereich Elektrotechnik äußert sich beispielsweise kritisch zu großen Lücken hinsichtlich mathematischer Vorkenntnisse seiner Schüler mit Fluchthintergrund: Wenn halt der geflüchtete Bub überhaupt keine Formel umstellen kann, dann tut er sich äußerst hart. [ ] Es ist gar nicht so einfach, für uns ist das gang und gäbe, dass wir den Taschenrechner zu Hand nehmen, die können mit dem Taschenrechner zum Teil noch nicht richtig umgehen. Das ist ein neues Werkzeug, das müssen die erst lernen also, machen wir mal zwei Stunden Taschenrechner. Ein erfolgreicher Arbeitsmarkt-Teilnehmer ist nur, wer nachhaltig im Berufs- und Arbeitsleben integriert werden kann. Das bedeutet, dass für BIK-Schüler vor Beginn einer Ausbildung unbedingt geklärt werden muss, ob ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung realistisch erscheint. Ausbilder wie Lehrkräfte haben vor allem Bedenken bei den schulischen Zwischen- und Abschlussprüfungen. Der betriebliche Teil der Ausbildung stellt hingegen nach Aussage der Befragten die kleinere Schwierigkeit dar. Dies ist gut nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass im schulischen Unterricht die sprachliche Komponente einen erheblich größeren Teil einnimmt als im Betrieb, in welchem vieles praktisch gezeigt werden kann und durch beispielhaftes Vor- und Nachmachen erleichtert wird. Das bedeutet: Die Berufsberatung/-orientierung in Berufsintegrationsklassen muss die Potentiale und Stärken der jungen Fluchtmigranten mit den Anforderungen der jeweiligen Ausbildungsberufe abgleichen, sodass bei Ausbildungsbeginn auch eine berufliche Weiterentwicklung, die zum Ausbildungsabschluss führt, realistisch eingeschätzt werden kann. Dafür benötigt es valide Diagnostik, die sowohl punktuell durch konkrete Leistungstests (Bewertungen anhand einer kriterienorientierten Bezugsnorm) als auch über Beobachtung der individuellen Leistungsentwicklungen über längere Zeit hinweg (Einschätzung des Potentials anhand der individuellen Bezugsnorm) im Rahmen der Berufsintegrationsklassen erhoben werden kann. Für Schüler, deren Verbleib in der Ausbildung als unrealistisch eingeschätzt wird, ist es förderlicher, sie die Klassen wiederholen zu lassen oder sie in weiterführende Fördermaßnahmen zu schicken, die gezielt an den Kompetenzen ansetzen, die für das/die angestrebte(n) Berufsfeld(er) von besonderer Relevanz sind. Grundlegend ist dabei immer die Vermittlung von sprachlichen und mathematischen Kompetenzen. Hilfreich für die Selbstreflexion der Schüler sowie eine realistische Einschätzung der Anforderungen, die sie in der angestrebten Ausbildung erwarten würden, ist, die Schüler stundenweise in den entsprechenden Regelklassen mitarbeiten zu lassen. 59

60 10 Schulinterne Projekte der Modellschulen Kreative Begegnungsprojekte Die Schulen betonen nach wie vor, wie wichtig es für die innerschulische Integration ist, Projekte durchzuführen, in welchen sich unterschiedliche Klassenformen an den Schulen mischen und Schüler unterschiedlicher Kultur sich respektvoll begegnen. Zugleich wird versucht, jeweils Kompetenzen aus verschiedenen Lernbereichen damit zu verknüpfen sowie die unterschiedlichen Deutsch-Fertigkeiten zu fördern. Medienprojekt Demokratie und Wahlen Abbildung 13: Aufnahme der Europa-Berufsschule Weiden 45 In Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit hat eine Modellschule ein Medienprojekt zu Demokratie und Wahlen veranstaltet. Schüler aus Bankfachklassen und Berufsintegrationsklassen haben zusammen drei Tage in einer Jugendherberge verbracht. Sie wurden zuvor in einem ersten Schritt inhaltlich im Fach Sozialkunde über Demokratie und Wahlen informiert, wonach Medienpädagogen mit ihnen Filmclips darüber gedreht haben. Während sich zwei Lehrkräfte (Sozialkunde und DaZ) jeweils auf die Vermittlung der Inhalte (z.b. Wahlrechtsgrundsätze, Wahlsystem, Parteienspektrum, Demokratie vs. Diktatur, Populismus, Wert einer freien Wahl u.ä.) konzentrierten, war die Aufgabe der Medienpädagogen in erster Line das gemeinsame Erarbeiten von Filmsequenzen. Darin greifen die Schüler auf, warum es wichtig ist, sich an Wahlen zu beteiligen und kommentieren Aussagen aus sozialen Netzwerken zum Thema Demokratie. Die Medienpädagogen wurden von der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit organisiert und finanziert. Auch die Kosten für die Jugendherberge incl. Verpflegung einschließlich An- und Abreise übernahm die Landeszentrale. Zudem benötigte es selbstverständlich die Zustimmung der Schulleitung und der Betriebe, sowie eine gewisse Mitarbeitsbereitschaft und -begeisterung der Schüler(- innen), um deren Teilnahme an diesem Projekt zu ermöglichen. Die Präsentation der Videos fand in einem feierlichen Rahmen mit geladenen Gästen aus Politik und Wissenschaft statt. Die Filme sind abzurufen unter und 45 abrufbar unter 60

61 Abbildung 14: Aufnahme der Europa-Berufsschule Weiden 54 Das Vorgängerprojekt Unsere Heimat ist die Welt mit ähnlichem konzeptionellem Aufbau in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung greift das das Thema Fluchtmigration nach Deutschland auf. Auch wurden gemeinsam Filmsequenzen erarbeitet. Das daraus entstandene Video ist unter abzurufen. Nach allgemeinen Informationen zum Thema Fluchtmigration nach Deutschland werden darin die jungen Geflüchteten zu ihren ersten Eindrücken in Deutschland interviewt sowie deutsche Schüler und Lehrkräfte zu ihren ersten Gedanken zu den neuen Schülern mit Fluchthintergrund. Des Weiteren werden perspektivenübergreifende Fragen an die Schüler gestellt wie z.b. Was wäre, wenn du ein Flüchtling wärst?. Neben Wünschen vonseiten der Geflüchteten ans Heimatland und an die eigene Zukunft wird die Frage Was ist Heimat im Film von den Beteiligten beantwortet. Here s my story Mit finanzieller Unterstützung der Stiftung Zuhören sowie der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) führt der Bayerische Rundfunk an verschiedenen Schulen das Projekt Here s my story durch. 46 Junge Menschen unterschiedlicher Herkunft dürfen in diesem Rahmen ihre persönlichen Geschichten erzählen, welche multimedial so aufbereitet wird, dass schlussendlich ein kurzer Film daraus entsteht. Die entstandenen Clips der Berufsschule Kelheim sind unter folgendem Link öffentlich abzurufen: Texte schreiben, präsentieren üben, Teamarbeit, interkulturelles Verständnis entwickeln sowie Medienkompetenz sind weitere Inhalte, auf die innerhalb der Erarbeitungsphase geachtet wird. Laut dem Bayerischen Rundfunk ist die ideale Gruppengröße zwischen 15 und 20 Personen. Mindestens ein Jahr Deutsch Erfahrung sollten die Teilnehmenden als Voraussetzung mitbringen. Schulen können sich beim Bayerischen Rundfunk bewerben und tragen keinerlei Kosten. Werden sie ausgewählt, kommt das Team des BR eine Woche lang mit kompletter Ausrüstung an die Schule (ipads, W-Lan-Station, etc.). Die Schule muss lediglich Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Tanzkurs Vonseiten des Kooperationspartners startete eine Lehrkraft (mit einschlägiger Ausbildung zum Tanzlehrer) das Angebot eines Tanzprojekts. Ein vorab empfohlener freiwilliger Schnupperkurs 46 s. 61

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