Pia Heckel Institut für Psychotraumatologie in Hamburg 3. Fachtagung der BAG Verfahrensbeistandschaft/Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche
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1 Pia Heckel Institut für Psychotraumatologie in Hamburg 3. Fachtagung der BAG Verfahrensbeistandschaft/Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche e.v April 2012
2 Wie kommt es überhaupt zu der Annahme, dass ein Kind traumatisiert sein könnte? Diese Möglichkeit muss einfach immer mit einbezogen werden! Schwere Deprivation, Narkosezwischenfälle, sexueller Missbrauch oder schwere Misshandlung Unfälle und Naturkatastrophen können ursächlich sein
3 Was ist ein Trauma? Traumatogene Ereignisse sind für die Betroffenen Erlebnisse existentieller todesnaher äußerer oder innerer Bedrohung auf das Leben, den Körper und die emotionale oder soziale Existenz.
4 Nicht jede starke emotionale Belastung ist ein Trauma! Der Verlust von Eltern, Freunden oder eigenen Geschwistern, Schwere Unfälle Naturkatastrophen Können traumatisierend sein! Nicht das Ereignis definiert das Trauma, sondern die subjektive Reaktion darauf!
5 Flüchtender
6 Wenn ein Trauma nicht innerhalb von 4 bis 6 Monaten verarbeitet ist, war das Soziale Unterstützungssystem überfordert In dieser Zeit werden 85 bis 90 % aller Monotraumata verarbeitet und integriert
7 Das Kindheitstrauma Nichtfamiliäre Traumata erschüttern das Weltbild des Kindes und sein Verständnis von der Sicherheit der Welt nicht fundamental, auch wenn mächtige Eltern in ihrer Schutzfunktion vorübergehend versagt haben Das familiäre Bindungs- und Sicherheitssystem bleibt erhalten Die Außenwelt ist bedrohlich das familiäre Innensystem gibt Schutz
8 Das Kindheitstrauma durch familiäre Gewalt Durch sexuellen Missbrauch oder Misshandlung werden familiäre Bindungs- und Schutzfiguren zum traumatisierenden Aggressor Wer kann jetzt noch Schutz bieten? Wer ist feindlich?
9 Kindheitstrauma durch familiäre Gewalt Ist der missbrauchende Vater nur böse, so ist das Kind vollkommen schutzlos Ist er auch gut, hat das Kind nach eigenem Ermessen seine Strafe verdient bleibt zumindest die idealisierte Elternfigur erhalten Dies kann dem Kind vor vermuteter gefährlicher Außenwelt ein Gefühl von Schutz geben
10
11 Traumatische Erfahrungen von Kindern Kinder verfügen ein Selbst- und Weltverständnis, das sich noch im Aufbau befindet Das Situationsverständnis ist vorwiegend personenbezogen Auch Naturkatastrophen werden persönlich genommen
12 Traumatische Erfahrungen von Kindern II Vorstellung des Kindes: Übermächtige Eltern haben Ihren Schutz womöglich aufgrund von eigenem Fehlverhalten versagt Das Kind fühlt sich grundsätzlich verantwortlich (primär prozesshaftes Denken)
13 Posttraumatische Belastungsstörung : Intrusion (Unfreiwillige Erinnerungsbilder) Konstriktion (Verleugnung und Vermeidung) Hyperarousal (Übererregung)
14 Merke: Bei der komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung macht das Darüber- Reden die Sache nicht besser, sondern ist ein Trigger für Zustände (States) U.Sachsse
15 Dissoziative Traumafolgen Amnesie Depersonalisiation Derealisation Fugue Identitätsstörung
16 Pia Heckel Institut für Psychotraumatologie 16
17 Magisches Denken Kinder entwickeln als Bewältigungsstrategien Interventionsphantasien, die das Geschehene aufhalten und/oder im Nachhinein ungeschehen machen sollen Dissoziative Symptome können ebenfalls als traumakompensatorische Maßnahmen angesehen werden
18 Die Erinnerung Niemand speichert Informationen wie ein Videorekorder Kinder können zeitliche Abfolgen überhaupt erst etwa ab dem 10. Lj. Genauer erinnern, dann ist der Hippokampus ausgereift.
19 Mögliche Symptome im Säuglingsalter: Schreien, vermehrte Schreckhaftigkeit Einschlaf- und Durchschlafstörungen Fütterstörungen Gedeihstörungen - Entwicklungsstörungen Bindungsstörungen
20 Mögliche Symptome im Lebensjahr Affektlabilität, Hyperaktivität, Hypervigilanz, frozen watchfulness Ängste ohne traumaspezifischen Bezug Kopfschlagen, Hospitalismuszeichen Entwicklungsverzögerung oder - stillstand
21 Mögliche Symptome im Lebensjahr Somatisierungen Körperliche Symptome entwickeln Traumatisches Spiel Dissoziative Symptome Einnässen (Enuresis), Einkoten (Enkopresis) Verlust bereits erlangter Kompetenzen Dissoziales Verhalten Tic-Symptomatik
22 Mögliche Symptome im Lebensjahr Zunehmende PTBS Symptomatik Schulleistungsstörung /ADHS Schuldgefühle Pessimistische Sicht, depressive Symptome Selbstverletzendes Verhalten (SVV) Risikoverhalten Zwangssymptome
23 Pia Heckel Institut für Psychotraumatologie 23
24 Mögliche Symptome im Lebensjahr Klassische PTBS-Symptome Enactment Essstörungen SVV, Suizidalität Drogenkonsum
25 Wann ist Ansprache möglich?
26 Im Umgang mit den Kindern: Für Sicherheit im Gespräch sorgen (Sitzposition diskutieren, Grenzen erfragen, Erlaubnis einholen) Immer Bedanken. Stoppsignal vereinbaren Konsequent, vorhersehbar, wiederholend sein je kleiner das Kind, desto wichtiger sind wiederholende Rituale
27 Im Umgang Keine Details zu Beginn erfragen Psychoedukation Du bist/fühlst/ handelst so, weil Körperkontakt immer erst erfragen!
28 Fördern der Mentalisierung Entwicklung einer Theory of mind (des A.) Entwicklung von Selbstwirksamkeit Entwicklung von Reversibilität Entwicklung eines Übergangsraumes, eines Spielraumes, des Als-ob Metaebene Subjekt als Objekt der Selbstbeobachtung
29 Validieren heißt stabilisieren Kinder und Jugendliche aus feindlichen Familiensituationen leiden oft darunter, dass ihre Wahrnehmungen abgestritten werden, dabei sind ihre Sensoren oft extrem ausgeprägt
30 Traumatisches Spiel Aus einer schrecklichen Erfahrung wird ein schreckliches Spiel (Streeck-Fischer, 1997) Auswege werden gesucht und Interventionen geprobt Kontrolle wird zurückgewonnen
31
32 Literatur Fischer/Riedesser, Lehrbuch der Psychotraumatologie, 2009 Ernst Reinhardt Verlag Krüger, A. & Reddemann, L., Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie für Kinder und Jugendliche Klett-Cotta. Sachsse, Traumazentrierte Psychotherapie, 2004 Schattauer Wöller, Trauma und Persönlichkeitsstörungen, 2006 Schattauer
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