Empfehlungen und Hinweise zum Umgang mit Aufbewahrungsfristen
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- Björn Bösch
- vor 8 Jahren
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1 S e i t e 1 Bausteine für nachhaltiges Informationsmanagement in der Landesverwaltung NRW (II) Empfehlungen und Hinweise zum Umgang mit Aufbewahrungsfristen (Juni 2012 Version 1.0) Inhalt: I. Rechtsgrundlagen der Aufbewahrungspflicht... 1 II. Bemessung von Aufbewahrungsfristen... 3 A. Grundsätze der Fristbemessung... 3 B. Weitere Kriterien zur Fristbemessung... 3 C. Tabellarische Musteraufstellung von Aufbewahrungsfristen... 4 D. Fehlerquellen und Probleme... 5 E. Fristenbemessung in der elektronischen Aktenführung... 5 III. Kontaktdaten... 6 I. Rechtsgrundlagen der Aufbewahrungspflicht Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns Aufbewahrungsfristen legen den Zeitraum fest, in dem Schriftgut nach Abschluss der Bearbeitung bei der aktenführenden Stelle aufbewahrt werden muss. Ihre Einhaltung ist wesentlich für den Rechtsgrundsatz der Nachvollziehbarkeit behördlichen Verwaltungshandelns. Aufbewahrungsfristen können durch Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften rechtsverbindlich festgelegt sein. Aufbewahrungsfristen gelten aber auch in Bereichen, die keine expliziten Bestimmungen zur Aufbewahrung von Schriftgut vorweisen können.
2 S e i t e 2 Berechnung von Aufbewahrungsfristen Anbietungspflicht Geltung bereichsspezifischer Regelungen Ziele der Handreichung Sofern durch gesetzliche Vorschriften oder Rechtsverordnungen nicht anders bestimmt ist, beginnt die Aufbewahrungsfrist mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Bearbeitung abgeschlossen worden ist. Wird die Bearbeitung wider Erwarten wieder aufgenommen, beginnt auch die Aufbewahrungsfrist von Neuem. Sie endet mit dem Ablauf eines Kalenderjahres. Aufbewahrungsfristen sollten sich in der Regel auf Akten, können sich aber auch auf Aktenbände beziehen. Bei elektronischen Akten beziehen sich die Aufbewahrungsfristen gemäß dem DOMEA-Konzept auf Vorgänge. Mit Ablauf der Aufbewahrungsfrist werden Akten bzw. Aktenbände oder Vorgänge ausgesondert und dem Landesarchiv zur Archivierung angeboten. Dies gilt auch für Unterlagen, die besonderen Vorschriften zur Löschung oder Geheimhaltung unterliegen! Unabhängig von der Aufbewahrungsfrist müssen Unterlagen spätestens nach 30 Jahren dem Landesarchiv zur Archivierung angeboten werden, sofern keine anderen Rechtsvorschriften längere Aufbewahrungsfristen bei den anbietungspflichtigen Stellen festlegen ( 4 Abs. 1 ArchivG NRW). In vielen Bereichen von Justiz und Verwaltung sind die Aufbewahrungsfristen aus datenschutz- oder sonstigen rechtlichen Gründen behördenübergreifend verbindlich geregelt. Eine solche Regelung kann (wie z.b. für die gesamte Justiz) auf der Grundlage eines Gesetzes, einer Verordnung oder einer Verwaltungsvorschrift basieren. Wenn eine entsprechende Vorschrift existiert, ist die betreffende Stelle des Landes selbsttätig für ihre Einhaltung verantwortlich. Gleichwohl empfiehlt es sich, die Umsetzung der Aufbewahrungsfristen praxisnah und rechtskonform mit den anderen Elementen der internen Schriftgutverwaltung und des Aussonderungsworkflows zu verzahnen. Mit dieser Handreichung will das Landesarchiv den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen Hilfestellungen zum Umgang mit Aufbewahrungsfristen geben. Dies ist insbesondere, aber nicht nur, im Zusammenhang mit der Einführung von elektronischen Akten von Bedeutung. Die Feststellung bzw. Festlegung von Aufbewahrungsfristen ist trotz der hier gegebenen Hinweise genuine Aufgabe der jeweils aktenführenden Stelle. Diese trägt die Verantwortung für ihre gesetzlichen Aufgaben. Die rechtlichen und sachlichen Gesichtspunkte, die zur Feststellung oder Festsetzung von Aufbewahrungsfristen führen, müssen daher in der aktenführenden Stelle selbst kritisch beurteilt werden.
3 S e i t e 3 II. Bemessung von Aufbewahrungsfristen A. Grundsätze der Fristbemessung Allgemeine Regeln In Bereichen der Verwaltung, für die keine speziellen Rechtsvorschriften über die Dauer der Aufbewahrung vorliegen, liegt die Verantwortung für die Festlegung der Fristen bei der aktenführenden Stelle selbst. Dabei müssen die rechtlichen und sachlichen Gesichtspunkte für die Festsetzung von Fristen sorgfältig abgewogen werden. Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei der Fristenbemessung folgende Regeln zu beachten: Aufbewahrungsfristen sollten an zentraler Stelle in der Regel von der Registratur festgesetzt werden. Fristen sollten durch Sachbearbeiter nur im Ausnahmefall und nur mit Einverständnis der Registratur verlängert werden dürfen. Eine Verkürzung der Fristen durch die Sachbearbeiter muss ausgeschlossen sein. Im Regelfall sollte für eine Aktenplanposition genau eine Aufbewahrungsfrist festgesetzt sein. Müssen für eine Aktenplanposition unterschiedliche Fristen gesetzt werden, ist eine Unterscheidung in A- und B-Akten mit jeweils unterschiedlicher Aufbewahrungsfrist sinnvoll. Dies führt zu größerer Übersichtlichkeit und erleichtert die Aussonderung. Die Grundlage jeder Fristbemessung muss die sorgfältige Recherche und Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften für das behördliche Handeln sein! B. Weitere Kriterien zur Fristbemessung Rechtsstatus des Schriftguts Inhalt des Schriftguts Grad der Zuständigkeit Eventuell für einzelne Aktengruppen, Akten oder Aktenbestandteile gültige Rechtsvorschriften zur Aufbewahrung oder zur Löschung haben Vorrang vor allen anderen Aspekten der Fristbemessung! Aufgrund der Vielfalt behördlicher Tätigkeit sind verbindliche Regeln nicht zu formulieren. Für die Ministerialverwaltung kann beispielsweise in absteigender Priorität unterschieden werden zwischen: Vorarbeiten und Fortschreibungen zu Gesetzen, Rechtsverordnungen, Verwaltungsabkommen und zwischenstaatlichen Verträgen, Vorarbeiten und Fortschreibungen zu Verwaltungsvorschriften dem Verwaltungsvollzug. Auch für andere Verwaltungszweige können Akten bei der Aufstellung von Fristenkatalogen in ihrer inhaltlichen Bedeutung priorisiert werden. Auch der Grad der Zuständigkeit sollte bei der Dauer der Aufbewahrungsfrist beachtet werden. Dies gilt sowohl für die Federführung innerhalb einer Organisation als auch bei ressortübergreifender Zusammenarbeit. Zu unterscheiden sind die Kategorien: Federführung, Mitwirkung,
4 S e i t e 4 Nachweis des Verwaltungshandelns Nutzen für die künftige Bearbeitung Art des Schriftguts nur Information. Aus Verwaltungshandeln erwachsen Rechte und Pflichten, deren rechtssicherer Nachweis bei der Bemessung der Fristen eine wesentliche Rolle spielt. Unterschieden werden kann: vertragliche Rechte und Pflichten der aktenführenden Stelle, vertragliche Rechte und Pflichten Dritter, Nachweis über die Motive/Verantwortlichkeiten bei der Erstellung von Vorschriften, Nachweis über die Motive/Verantwortlichkeiten für Verwaltungsentscheidungen. Einzelfallakten mit besonders typischer Bearbeitung können längere Aufbewahrungsfristen erhalten (sog. Musterfallakten). Achtung: Der prognostizierte historische Wert einer Akte ist KEIN Kriterium zur Festlegung innerbehördlicher Aufbewahrungsfristen. Die Beurteilung des historischen Wertes einer Akte ist Teil des archivischen Aussonderungsverfahrens! In den Gerichten, Behörden und Einrichtungen des Landes entstehen unterschiedliche Formen von Akten. Während es nicht möglich ist, bestimmten Arten von Schriftgut auch jeweils eine bestimmte Aufbewahrungsfrist zuzuordnen, so ist es doch sinnvoll, sich bei der Erstellung von Fristenkatalogen der jeweiligen Art des Schriftgutes zu vergegenwärtigen. Generalakten, Einzelfallakten, Sammelsachakten, Weglegesachen, etc. C. Tabellarische Musteraufstellung von Aufbewahrungsfristen Grad der Zuständigkeit Federführung Mitwirkung Information Generalakten: Vorarbeiten Gesetze/ 10-30* Jahre 10 Jahre 5 Jahre Verordnungen Generalakten: Vorarbeiten Verwaltungsvorschriften 10-20* Jahre 10 Jahre 5 Jahre Generalakten: Entscheidungen / 10 Jahre 10 Jahre 5 Jahre Berichte Einzelfallakten 10 Jahre 5 Jahre 1 Jahr Einzelfallakten: Musterfallakten 10-20* Jahre 5 Jahre 1 Jahr Weglegesachen 1 Jahr 1 Jahr 1 Jahr * Aufbewahrungsfristen über 10 Jahre sollten besonders begründet sein.
5 S e i t e 5 D. Fehlerquellen und Probleme Zu lange Fristen Berücksichtigung des historischen Werts Umgang mit Bänden einer Aktenserie Bei der behördeninternen Festlegung von Aufbewahrungsfristen kommt es erfahrungsgemäß an den folgenden Stellen häufiger zu Fehlern und Problemen: Aus Unkenntnis der rechtlichen Vorschriften werden sicherheitshalber zu lange Fristen festgesetzt. Zusätzlich zur Berücksichtigung rechtlicher Vorschriften wird ein historischer Wert der Akten bei der Bemessung der Aufbewahrungsfrist berücksichtigt. Dies ist allerdings nicht sinnvoll, da über den historischen Wert und die dauerhafte Archivierung ausgesonderter Unterlagen das Landesarchiv entscheidet. Der Hinweis auf historisch wertvolle Akten gehört in ein Aussonderungsgespräch - nicht in die Aufbewahrungsbestimmungen! Einheitliche Fristendjahre für die Bände einer Aktenserie werden gerne gesetzt, sind in der Regel aber nicht zulässig. Stattdessen sollte die Aufbewahrungsfrist für jeden Band einzeln mit dem Abschluss der Bearbeitung beginnen! Ausgenommen von dieser Regelung sind Aktenbände, bei denen ein einheitliches Fristende durch Rechtsvorschrift festgelegt ist (beispielsweise gerichtliche Verfahrensakten). E. Fristenbemessung in der elektronischen Aktenführung Umgang in O- pentext DOMEA Weiterführender Hinweis Bei der Einführung von Dokumentenmanagementsystemen (DMS) und Vorgangsbearbeitungssystemen (VBS) ist die umfassende Festlegung von Aufbewahrungsfristen von besonderer Bedeutung, da nur auf diese Weise ein automatisierbarer Fluss von Vorgängen durch das System gewährleistet werden kann. In Opentext-DOMEA wird die Frist auf Aktenplanebene als verpflichtendes Metadatum eingetragen und auf die Akten sowie auf die Vorgänge vererbt. Grundsätzlich sollte für ein DMS / VBS besonders auf möglichst kurze Aufbewahrungszeiten geachtet werden zum einen aus betriebsökonomischen Gründen, zum anderen aus Gründen der Lesbarkeit der gespeicherten Informationen. Während die Aufbewahrungsfrist läuft, befindet sich der Vorgang in der elektronischen Altregistratur und damit in der Verantwortung der aktenführenden Stelle! Überlange Aufbewahrungsfristen erhöhen die Gefahr des Informationsverlustes durch Überalterung von Datenformaten. Aus diesem Grund sind in DMS/VBS Aufbewahrungsfristen von mehr als 10 Jahren nicht zu empfehlen! Siehe hierzu die Papiere Aussonderung elektronischer Akten und Archivfähige Dateiformate des Landesarchivs NRW!
6 S e i t e 6 III. Kontaktdaten -Kontakt Website Benötigen Sie weiterführende Informationen oder Beratung? Wenden Sie sich bitte an die zentrale -Adresse behoerdenberatung@lav.nrw.de Beachten Sie bitte auch die Behördeninformationen auf unserer Website: Sie können sich gerne auch direkt an die jeweils für Ihre Dienststelle zuständige Abteilung des Landesarchivs wenden: Für die Obersten Landesbehörden, Landesoberbehörden, zentralen Einrichtungen des Landes und zentralen Dienststellen der Landesbetriebe, Obergerichte und den Verfassungsgerichtshof sowie für die Gerichte, Behörden und sonstigen Einrichtungen des Landes mit Sitz in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln: Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Mauerstr Düsseldorf Tel.: (0211) Fax: (0211) Abteilungen des Landesarchivs Für die Gerichte, Behörden und sonstigen Einrichtungen des Landes mit Sitz in den Regierungsbezirken Münster und Arnsberg: Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Bohlweg Münster Tel.: (0251) Fax: (0251) Für die Gerichte, Behörden und sonstigen Einrichtungen des Landes mit Sitz im Regierungsbezirk Detmold: NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe Willi-Hofmann-Str Detmold Tel.: (05231) Fax: (05231)
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