Erfahrungsbericht Carleton University, Ottawa 2011/12
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- Jakob Seidel
- vor 8 Jahren
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1 Erfahrungsbericht Carleton University, Ottawa 2011/12 Vorbereitung des Aufenthalts Nachdem ich die Zusage zum Baden-Württemberg Programm erhalten hatte, musste ich mich um einige Formalitäten kümmern. Dazu gehörten die Beantragung des Visums, Buchen eines Flugs, Verlängerung des Reisepasses, Ausstellung eines internationalen Führerschein, sowie die Kurswahl an meiner kanadischen Universität zu klären. Die erste Hürde dabei war, die kanadische Website der Uni zu verstehen. Am Besten bekam ich Informationen zu einzelnen Kursen, als ich die Kursnummer in der Sucheleiste eingab. Mit etwas Glück, wurde ich direkt auf eine Course Outline weitergeleitet. Mit dieser Outline bin ich zu jedem einzelnen Professor meiner deutschen Universität gelaufen und habe mir ein Learning Agreement ausfüllen lassen, mit dem ich bestätigt bekommen habe, dass ich mir diese Kurse nach erfolgreichem Bestehen auch in Ulm anrechnen lassen kann. Generell muss aber auch klar sein, dass das Learning Agreement keineswegs verpflichtend ist, und ein Professor später immer noch seine Meinung ändern kann. Typische Straße in Montreal Toronto Skyline Bucht in Tadoussac Vor der Abreise habe ich auch noch die Auslandskrankenversicherung geklärt. An jeder kanadischen Universität ist man (leider) dazu verpflichtet die UHIP (University Health Insurance Package) zu kaufen und kommt da nicht drum herum. Diese gilt aber nur in Ontario und für Reisen in z.b. andere Bundesstaaten oder die USA muss man sich zusätzlich versichern. Ich habe deswegen eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Das geht ganz schnell online, zum Beispiel bei AXA. Anreise Wie nicht anders zu erwarten bin ich mit dem Flieger in Kanada (Toronto) gelandet. Ich bin schon 2 Wochen vor dem Orientation Seminar in Toronto angekommen, um einen ersten Eindruck von Land und Leuten zu gewinnen. Außerdem habe ich mich um eine Wohnung in Ottawa gekümmert und das klappt vor Ort einfach besser. 1
2 Studium in Kanada Ich habe meine Fächer an der Universität bewusst gemischt gewählt. Neben mindestens zwei Ingenieur-Fächern pro Term, habe ich zusätzlich zwei Kurse in Französisch, einen gesellschaftswissenschaftlichen Kurs über Technology Society Interactions, sowie einen Kurs über nachhaltige und erneuerbare Energien gehört. Ich denke, dass ein Auslandssemester auch immer eine Chance darstellt über seinen eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und man sich auch mit Fächern beschäftigen sollte, die man so nicht an der eigenen Universität hören kann. Generell ist das kanadische Studieren doch sehr anders als das Deutsche. In Kanada sind die Klassen meist sehr klein, 40 Leute waren das absolute Maximum in meinen Kursen. Die Professoren legen mehr Wert auf die Praxis und deutlich weniger Wert auf Theorie. So kommt man sich oft sehr komisch vor, wenn der Professor den kompletten Unterricht über nur Problems löst und am Ende der Stunde die Theorie zum selber nachlesen aufgibt. Spiel des Carleton Basketball Teams Spiel des Carleton Eishockey Teams Ein anderer Unterschied zum deutschen System, ist dass man sich die Lehrbücher immer selber kaufen muss(zu unglaublich hohen Preisen). Als Tipp dazu: ich habe mir die Bücher nicht im Uni-Shop gekauft, sondern im Internet gebraucht. Damit konnte ich viel Geld sparen! Google.shopping bietet eine gute Möglichkeit Buchpreise zu vergleichen. Oft verlangen die Professoren auch nicht die neuste Version und so konnte ich auch eine ältere, die natürlich wesentlich billiger als die neue Version ist, kaufen. Die Atmosphäre innerhalb der Klassen war immer ganz entspannt und es lief wesentlich interaktiver als in Deutschland ab. Kanadier habe ich aber meist nur in Gruppenarbeiten (sehr beliebt!) oder Labs kennen gelernt. Im Gegensatz zum deutschen Ende einer Stunde, bei dem alle klopfen und dann in Ruhe zusammen packen, stürmen in Kanada alle so schnell es geht aus dem Raum, auch weil die unterschiedlichen Kurse sehr dicht aufeinander folgen (oft sind nur 5 Minuten Zeit bis zum nächsten Kurs). Ein weiterer Unterschied im Studium zu Deutschland war der Arbeitsaufwand und die 2
3 ständige Bewertung jeglicher Arbeit. Zu jedem Ingenieur-Kurs gab es zusätzlich zur normalen Vorlesung ein Lab (Prakitkum), das ich vor- und nachbereiten musste. So hatte ich jede Woche mindestens ein, meistens mehrere Assignments, Lab-Reports oder Essays abzugeben und zusätzlich werden Midterms und kleine Tests geschrieben. Und natürlich wurde immer alles benotet und floss in Prozentteilen in die Gesamtnote mit ein. Die Hausaufgaben waren zwar meist nicht so schwer, aber ich hatte immer eine kontinuierliche Arbeitsmasse, die ich bewerkstelligen musste. Dafür war es am Ende des Semesters nicht mehr so stressig, da ich ja schon viele kleine Teilnoten bekommen hatte und die Klausur gar nicht mehr so viel zählte Wohnen, Unterbringung Die Wohnsituation in Ottawa ist sehr entspannt. Es war keinerlei Problem sich erst vor Ort eine Wohnung zu suchen. Vom Wohnen im Studentenwohnheim habe ich abgesehen, da dies unheimlich teuer ist und einem dafür nicht wirklich etwas Tolles geboten wird. Der Vorteil wäre natürlich die Lage direkt auf dem Campus gewesen und man hätte sich die Busfahrten am Morgen sparen können. Allerdings wäre man den Rest des Tages doch sehr abgeschnitten von der Stadt gewesen und besonders abends kam man ohne Taxi dort nicht mehr voran. Die Zimmer in den Studentenwohnheimen waren nicht sehr schön, meist gab es noch nicht mal eine Küche zur Verfügung und man war gezwungen in der Mensa (9$ ein Essen) zu essen. Parliament Hill - Ottawa Wohnungen in Ottawa sind teurer als in Ulm, ich habe $/Monat bezahlt, je nach Jahreszeit. Die ideale Wohnlage gibt es nicht, da die Stadt sehr weitgefächert ist. Man muss sich seine Prioritäten setzen, ob man lieber Downtown leben möchte und somit eine längere Busfahrt zur Uni in Kauf nimmt oder lieber etwas näher an der Uni lebt, aber demnach länger in die Stadt braucht. Ich habe mich für die Wohngegend um Billings Bridge entschieden. Von dort aus war ich schnell in der Uni (10 min Busfahrt) und kam auch zu jeder Tages- und Nachtzeit mit dem Bus in und aus der Stadt. 3
4 Aufenthalt in Kanada Das Leben in Kanada ist in erster Linie multikulturell. Das Land ist ein Einwanderungsland und demnach sind dort alle Nationen vertreten. Egal wo man gerade ist, es sind immer die unterschiedlichsten Nationalitäten um einen mit verschiedenen kulturellen und sozialen Hintergründen. Diese vielen Kulturen leben in Kanada wunderbar miteinander und es ist immer wieder interessant einen Einblick in eine unbekannte Kultur zu bekommen. Verkehrssystem: Die Verkehrsmittel in Ottawa sind nicht sehr effektiv. Ottawa hat zwar ein relativ gut ausgebautes Busnetz, im Vergleich zu anderen kanadischen Städten, dennoch schneidet es wesentlich schlechter im Bezug auf unsere gewohnten deutsche Pünktlich- und Verlässigkeit ab. Busse kommen entweder gar nicht oder zu früh, gewartet wird dann aber nicht. Der Großteil der Busflotte fährt Out of Service durch die Stadt und verfährt so den Sprit. Also musste ich immer reichlich Zeit einplanen, wenn ich mit dem Bus gefahren bin und habe auch des Öfteren lange Wartezeiten in Anspruch nehmen müssen. Aussicht nach Gatineau Freizeit: Das Sportangebot an der Carleton University ist sehr gut. Das Fitnessstudio konnte ich umsonst besuchen und es wurden viele Mannschaftssportarten angeboten, für die man allerdings einen geringen Beitrag (um die 30$ pro Term) zahlen musste. Wenn man sich für eine Mannschaft eintragen möchte, muss man sich selber einschätzen und in ein Level einordnen. Ich habe während meiner Zeit Volleyball in einer Mannschaft gespielt. Reisen: In Kanada ist man am Besten mit dem Greyhound (Reisebusunternehmen) oder via Rideshare (Mitfahrgelegenheit) unterwegs. Geflogen bin ich in Kanada und den USA gar nicht, da die Flugpreise doch deutlich teurer waren, als ein Busticket. Ottawa hatte für mich die perfekte Ausganglage um viele schöne Trips in die umgebenen großen Städte zu machen. Ich war während meines Aufenthalts mehrere Male in 4
5 Montreal, das nur 2 Stunden mit Bus oder Auto entfernt ist. Toronto und auch Quebec City und Umgebung habe ich ein paar Mal besucht. Außerdem war ich mehrmals in den USA: in Boston, New York, Washington, Pittsburgh, Das Reisen in die USA war für mich mit dem Bus kein Problem. An der Grenze musste ich ein Formular ausfüllen, in dem ich die Adresse meiner Unterkunft angeben musste und 6,50$ zahlen und schon konnte ich einreisen. New York Skyline Während der Reading Week bin ich mit ein paar Freunden spontan nach Kuba geflogen. Dort konnten wir dem kanadischen Winter für eine Woche entfliehen und in glasklarem Wasser an Traumstränden baden. Anders als die meisten kanadischen Studenten, sind wir nicht in eine All-Inclusive Hotelanlage gegangen, sondern haben auf eigene Faust uns vor Ort Unterkünfte in Privatzimmern organisiert. Strand in Varadero Kuba Straßenverkäufer Havanna in Havanna Geld & Co. : Ich hatte bereits ein Deutsche Bank Konto, welches ich die ganze Zeit über in Kanada genutzt habe. Mit der EC-Karte kann man damit an allen Scotiabank-Automaten kostenlos Geld abheben. Ein kanadisches Konto habe ich mir nicht eingerichtet, da ich meine Miete immer Cash zahlen konnte. Im Durchschnitt habe ich im Monat 1000 ausgegeben, inklusiver aller Reisen, die ich gemacht habe. Das ist deutlich mehr, als ich normalerweise in Deutschland ausgebe und das Baden-Württemberg-Stipendium hat mir 5
6 dort wirklich sehr geholfen, das Leben dort zu finanzieren. Alles in allem war mein Auslandsaufenthalt ein voller Erfolg und ich kann jedem empfehlen ein Auslandsemester durchzuführen. Studieren an der Carleton University hat mir viele neue Lernweisen gezeigt und auch das Leben in Kanada hat mir persönlich sehr gut gefallen. 6
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