Petermann, F., Daseking, M. (Hrsg.) (2009). Fallbuch HAWIK-IV. Göttingen: Hogrefe, 234 Seiten, 29,95.
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- Marie Kramer
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1 BUCHBESPRECHUNGEN Petermann, F., Daseking, M. (Hrsg.) (2009). Fallbuch HAWIK-IV. Göttingen: Hogrefe, 234 Seiten, 29,95. Trotz der Bedeutung der Diagnostik für das Arbeitsgebiet der klinischen Psychologie finden sich einschlägige Kasuistiken in der Literatur nur selten. Qualifizierte klinische Falldarstellungen bieten sich jedoch als hervorragende Möglichkeit an, die Übertragung allgemeiner diagnostischer Prinzipien auf den Einzelfall darzustellen, und sind somit insbesondere beim Übergang von der theoretischen zur praktischen Ausbildung in Psychodiagnostik ein unentbehrliches didaktisches Mittel. Mit dem Fallbuch HAWIK-IV eröffnet der Hogrefe-Verlag eine neue Buchreihe, in der die Einsatzmöglichkeiten wichtiger psychologischer Testverfahren anhand von Fallbeispielen aus der klinischen Anwendungspraxis dargestellt werden. Der Hamburg Wechsler Intelligenztest für Kinder - IV (HAWIK-IV; Petermann u. Petermann, 2007) ist eine mehrdimensionale Testbatterie zur Erfassung von Intelligenzleistungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6;0-16;11 Jahren und gehört zu den verbreitetsten Testverfahren der klinischen Kinderpsychologie. Der HAWIK-IV löst den 1999 erschienenen HAWIK-III ab und bringt eine Reihe von Änderungen in Teststruktur und -auswertung mit sich, die auch vom erfahrenen Diagnostiker eine eingehende Auseinandersetzung mit dem neuen Verfahren verlangen. Der Band wird durch eine Einführung von Petermann und Daseking in Testaufbau und Auswertungsstrategien eröffnet. Dabei werden die Grundlagen der Profilanalyse ausführlich dargestellt, die in allen Falldarstellungen nach einem einheitlichen Vorgehen durchgeführt wird. Neben einer Prüfung auf statistische Signifikanz von Skalendifferenzen erfolgt die zusätzliche Betrachtung der empirischen Auftretenshäufigkeit dieser Werte, die als Indiz für die klinische Relevanz der Befunde gesehen wird. Es finden sich auch für die klinische Interpretation bedeutsame Hinweise, wie sprachliche Kompetenzen und kultureller Hintergrund die Testergebnisse beeinflussen können. Expliziter als in anderen Publikationen werden die Skalen des HAWIK-IV den Intelligenzfaktoren der Cattell- Horn-Carroll-Intelligenztheorie (z. B. Flanagan, Ortiz, Alfonso, 2007) zugeordnet. Neun Kapitel befassen sich jeweils mit einem klinischen Einsatzbereich des HAWIK- IV: Intellektuelle Hochbegabung, Lernbehinderung, Intelligenzminderung, Legasthenie und isolierte Rechtschreibstörung, Rechenstörungen und kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Depression, Epilepsie und Schlaganfall. Die Kapitel sind nach einem einheitlichen Schema aufgebaut, was dem Leser die Orientierung erleichtert. Nach einer Einführung in das jeweilige Störungsbild, bei der nach Aussage der Herausgeber bewusst auf umfassende Literaturhinweise verzichtet wurde, wird die Rolle des HAWIK-IV im diagnostischen Prozess beschrieben. Es folgen zwei bis vier Fallbeispiele und eine Zusammenfassung. Bei den Fallbeispielen finden sich durchgehend detaillierte Informationen zur Vorgeschichte und mehr oder weniger ausführliche Befunde von weiteren Testverfahren,
2 244 Buchbesprechungen die mit den Ergebnissen des HAWIK-IV in eine Diagnose integriert werden. In einem ergänzenden Glossar für die Praxis werden verschiedene Fragen zu Struktur, Durchführung, Auswertung und Interpretation des HAWIK-IV beantwortet. Erwartungsgemäß kommt dem HAWIK-IV bei den verschiedenen Störungsbildern unterschiedliche Bedeutung zu. Bei Themen wie Hochbegabung oder Intelligenzminderung ist die Intelligenzdiagnostik unabdingbar und eine wichtige Grundlage der Diagnosestellung. Bei andern Themen, z. B. Depression, spielt sie eher eine komplementäre Rolle, trägt allerdings zur Differentialdiagnostik bei und dient zur Gewinnung eines umfassenden Bildes der personalen Ressourcen. Die Falldarstellungen sind überwiegend anschaulich dargestellt, Untersuchungsverlauf, Diagnosen und Empfehlungen sind in der Regel gut nachzuvollziehen. Einige Autoren stellen in ihren Kasuistiken komplexe Fälle dar, die interessante differentialdiagnostische Fragen (z. B. Jacobs u. Petermann im Kap. Rechenstörungen) oder spezielle Anwendungsgebiete (z. B. Gleissner im Beitrag zu Epilepsie) berühren, in anderen Beiträgen erscheinen die Darstellungen weniger differenziert und in einzelnen Punkten auch kritikwürdig, z. B. wenn der Begriff der Intelligenzminderung ohne kritische Diskussion mit dem der Geistigen Behinderung gleichgesetzt wird. Auch wenn in einem Fallbuch kein ausführlicher Überblick zur störungsspezifischen Diagnostik erwartet werden kann, hätte die Darstellung profitiert, wenn aktuelle Forschungsergebnisse zum HAWIK-IV (bzw. aus der englischsprachigen Literatur zum WISC-IV) mehr Berücksichtigung gefunden hätten. Mit dem leserfreundlich gestalteten Fallbuch HAWIK-IV liegt eine lesenswerte Ergänzung des Testmanuals vor, die Studierenden im Bereich der kinderpsychologischen Diagnostik einen guten Einblick in die praktische Anwendung eines wichtigen Testverfahrens geben kann. Auch alle diagnostisch tätigen Psychologen, die sich in den HAWIK-IV einarbeiten, erhalten hier wichtige Anregungen, die auch den Umstieg vom HAWIK-III auf den HAWIK-IV erleichtern und zur kritischen Reflexion mit der eigenen Textpraxis anregen. Flanagan, D. P., Ortiz, S. O. & Alfonso, V. C. (2007). Essentials of cross-battery assessment. Hoboken: Wiley. Petermann, F. & Petermann, U. (2007). HAWIK-IV. Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder IV. Bern: Hans Huber. Gerolf Renner, Birkenfeld Irblich, D., Renner, G. (Hrsg.) (2009). Diagnostik in der Klinischen Kinderpsychologie. Die ersten sieben Lebensjahre. Göttingen: Hogrefe, 500 Seiten, 49,95. Den beiden Herausgebern ist eine gute und überfällige Zusammenstellung praxisrelevanter, diagnostischer Arbeiten kompetenter Experten im Bereich der klinischen Kinderpsychologie gelungen. In fünf Hauptabteilungen werden in 36 Kapiteln wichtige Themen diskutiert: Das Kapitel Grundlagen der klinischen Diagnostik bei Kindern fokussiert dabei detailliert Aspekte der Beziehungsgestaltung und Kommunikation zwischen Di-
3 Buchbesprechungen 245 agnostiker und Kindern bzw. Eltern. Die dabei notwendige handwerkliche Präzision und Qualität des Diagnostikers sowie die Komplexität der psychologischen Fachdisziplin Diagnostik in der Klinischen Kinderpsychologie wird in vielen praxisrelevanten Einzelheiten deutlich. Begrüßenswert ist, dass auch den oft vernachlässigten ethischen und juristischen Aspekten genügend Raum gewährt wird. Bereits dieser erste Teil des Buchs rechtfertigt die Anschaffung. In der zweiten Hauptabteilung werden die wesentlichen Methoden der Datenerhebung (Testverfahren, Beobachtung und Befragung von Kindern, Eltern als Informationsquellen, Vorgehen bei der systematischen Verhaltensanalyse) dargestellt. Wesentliche, häufige Anwendungsgebiete klinischer Leistungsdiagnostik sowie der Erfassung sozialer Kompetenzen im dritten Teil sowie im vierten Teil die Diagnostik bei emotionalen und Verhaltensstörungen von jungen Kindern stellen die beiden umfangreichsten Teile dar. Der aufmerksame Leser findet zu allen gängigen psychologischen Testverfahren im deutschsprachigen Raum i. d. R. wichtige praxisbereichernde Hinweise. Im fünften Teil werden spezifische diagnostische Herausforderungen bei der klinischen Arbeit mit jungen Kindern (Bsp. neuropsychologische Fragestellungen, spezifische Patientengruppen wie Kinder mit Sinnes- und Körperbehinderungen, mit Migrationshintergrund, mit Zustand nach Frühgeburt oder bei Misshandlung, Vernachlässigung) diskutiert. Besonders empfohlen sei der Anhang, in dem auch erfahrene Diagnostiker reichlich Anregungen für die kompetente Auswahl und Bewertung von Testverfahren sowie für die Interpretation und Darstellung der Befunde finden. Die Kapitel folgen einem ähnlichen Aufbauschema: Ein Fallbeispiel zeigt typische Fragen aus der klinischen Praxis auf, bei den Kapiteln zu einzelnen Störungsbereichen folgen grundlegende entwicklungspsychologische Informationen sowie Informationen zu wichtigen Instrumenten und Vorgehensweisen der diagnostischen Praxis. Die einzelnen Kapitel sind gut miteinander verzahnt; Querverweise laden zum informativen Surfen in diesem Buch ein; überflüssige Wiederholungen werden größtenteils vermieden. Bei der Vielzahl der Kapitel fällt deren Qualität naturgemäß unterschiedlich aus. Kritisch sei das Kapitel zur Diagnostik von Ausscheidungsstörungen erwähnt, wo Begrifflichkeiten nicht konsistent und eher angelehnt an alte Standards benutzt werden. Auch im Kapitel zur Früherkennung von Lernstörungen wünscht man sich zum einen Hinweise, die über die enge begriffliche Konzeption Lernstörung = Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten hinausgehen, zum anderen aktuellere und vollständigere Einschätzungen vorhandener Frühdiagnoseinstrumente. Insgesamt macht das Buch deutlich, welche besonderen und komplexen Anforderungen der klinische Diagnostiker bei der Beurteilung von Kindern in den ersten sieben Lebensjahren mit seiner fachlichen Kompetenz abdecken sollte. Klinische Diagnostik im Kinderbereich ist weit mehr als die Fertigkeit, Tests anzuwenden. Wünschenswert ist ein ähnlich konzipierter Folgeband für das Schulalter. Wer die klinisch-diagnostische Arbeit mit jungen Kindern mag und die eigene Kompetenz und Qualität in diesem Bereich weiter steigern will, sollte dieses Buch nutzen. Manfred Mickley, Berlin
4 246 Buchbesprechungen Bauer, C., Hegemann, T. (2008). Ich schaff s! Cool ans Ziel. Das lösungsorientierte Programm für die Arbeit mit Jugendlichen. Heidelberg: Carl-Auer Verlag, 200 Seiten, 21,95. Das Buch Ich schaff s! Cool ans Ziel ist die Weiterentwicklung eines von dem finnischen Psychiater Ben Furmann entwickelten und international verbreiteten Programms. Die Arbeit mit Jugendlichen und ihren Problemen bildet den thematischen Schwerpunkt dieses Buches. Die Grundidee und Grundhaltung des Buches zielen auf eine Umbewertung von Problemen im Zusammenhang mit zu entwickelnden Fähigkeiten. Ein Stufenplan in fünfzehn Schritten wird im Detail erarbeitet. Der Weg beginnt mit einer Suche nach früheren Erfolgen. Um erreichbare Ziele definieren zu können, muss der Nutzen für Jugendliche und für andere ersichtlich sein. Als Wegbegleiter braucht man Unterstützer, die Mut machen und helfen, Rückschläge zu überstehen. Buchführung über geschaffte Schritte vermittelt Zuversicht und bereitet weitere Schritte vor. Die Erreichung des Zieles wird gefeiert. Der erfolgreiche Abschluss führt weiter: Eine Weitergabe der gemachten Erfahrungen stabilisiert und macht Mut. Im zweiten Teil des Buches werden Anwendungsmöglichkeiten in Schule, Jugendhilfe, offener Jugendarbeit, Beratung, Therapie und Onlineberatung genannt. Viele Praxisbeispiele beleben das Buch. Das Konzept entstammt der lösungsorientierten Kurzzeittherapie. Die Schritte zur Lösung sind sehr sorgfältig und im Detail beschrieben. Die Beispiele zeigen, wie man, Problemen zum trotz, Spaß und Erfolgserlebnisse haben kann. Dies ist ein ausgezeichnetes Therapiemanual. Anhand der erreichten Schritte kann man das Ergebnis im Einzelfall überprüfen. Den Wert dieses Programms können systematische Therapiestudien im Rahmen von Beratungsstellen oder kinderpsychiatrischen Kliniken noch besser herausarbeiten. Der partnerschaftliche Umgang zwischen Fachperson, Jugendlichem und seinem Umfeld springt ins Auge. Entscheidend scheint mir die zuversichtliche Grundhaltung, die die Autoren authentisch vermitteln. Als Lektüre und Anregung ist das Programm für Fachleute und Eltern gleichermaßen sehr zu empfehlen. Es ist diesem Buch eine weite Verbreitung zu wünschen. Reiner Frank, München Schlack, H. G., Thyen, U., von Kries, R. (Hrsg.) (2009). Sozialpädiatrie. Gesundheitswissenschaft und pädiatrischer Alltag. Heidelberg: Springer, 470 Seiten, 69,95. Im Rahmen meiner klinischen Tätigkeit in einer Spezialambulanz für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern und in diesem spannenden Feld zwischen früher kindlicher Entwicklung, familiärer Interaktion, Pädiatrie und Psychotherapie fiel mir im Jahr 2004 der von Hans G. Schlack herausgegebene Band Entwicklungspädiatrie auf. Den Autoren war es dort gelungen, einen entwicklungs- und ressourcenorientierten Blick auf sozialpädiatrische Fragen zu werfen, den Lesern die außerordentlich große Variabilität
5 Buchbesprechungen 247 des Normalen aufzuzeigen und ihnen zu vermitteln, dass sich Entwicklung in einem stetigen Funktionszuwachs ausdrückt, der immer wieder aufs Neue Bewunderung und Staunen auszulösen vermag. In dem heute zu besprechenden Buch Sozialpädiatrie ist dieser Blick den Herausgebern und Autoren dieses Buches erneut gelungen. Das Buch gliedert sich nach einer Standortbestimmung der Sozialpädiatrie in drei Hauptteile mit Unterkapiteln, die nach Definition und Epidemiologie Konzepte der Diagnostik und der Intervention, Behandlung und Versorgung darstellen. Aufgrund des großen thematischen Umfangs können viele Einzelthemen natürlich nicht erschöpfend behandelt werden zum vertiefenden Studium regen aktuelle und relevante Literaturangaben am Ende eines jeden Kapitels an. In dem ersten Hauptteil Allgemeiner Teil: Gesundheitswissenschaften und Grundlagen der Sozialpädiatrie und Jugendmedizin richtet sich der Blick auf die Entwicklung vom biomedizinischen zum biopsychosozialen Verständnis von Krankheit und Gesundheit, das versucht, die gesundheitliche Situation von Kindern und Jugendlichen ganzheitlich abzubilden und Umwelteinflüsse und Lebenswelten zu berücksichtigen. Der zweite Teil des Buches befasst sich mit Speziellen Themen der Sozialpädiatrie und Jugendmedizin. Hier habe ich mich darüber gefreut, ein Kapitel zur seelischen Entwicklung und ihrer Störungen in der frühen Kindheit vorzufinden, das die besondere Situation junger Kinder in Abhängigkeit von ihrer Beziehungsumwelt verdeutlicht. Schrei-, Schlaf- und Fütterstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern, Bindungsstörungen und das Ansteigen der neuen Morbidität der Kinder und Jugendlichen stellen die (Sozial-) pädiatrie, wie die Psychotherapie und Psychiatrie, vor neue Herausforderungen. Kapitel zu den Themen Umschriebene Entwicklungsstörungen der Motorik, des Sprechens/der Sprache und zu Teilleistungsstörungen/frühe Lernstörungen befassen sich neben genetischen Aspekten und Normvariationen auch mit Aspekten kindlicher Schwächen vor dem Hintergrund von Überforderung, Misserfolg und mangelndem Selbstwert und betonen eine genaue Exploration und Diagnostik und die Bedeutung der eingehenden Elternberatung vor einer therapeutischen Intervention. Weitere lesenswerte Kapitel dieses Buches setzen sich mit chronischen Gesundheitsstörungen und Erkrankungen, Intelligenzminderung/ geistiger Behinderung und mit psychischen Störungen und Entwicklungsauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen auseinander. Der Bedeutung psychosozialer Umgebungsfaktoren für die kindliche Entwicklung wird besonders in den Kapiteln Vernachlässigung/ Misshandlung/Missbrauch, Betreuung von Kindern aus Familien mit Migrationserfahrung, Kinder in besonderen Familiensituationen und Spezielle jugendmedizinischen Aspekte (z. B. bei Risiko- und Experimentierverhalten) Rechnung getragen. Der dritte Teil widmet sich der Kooperation im Gesundheitswesen bei der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen, z. B. bei Kindesvernachlässigung oder der Langzeitbetreuung chronisch kranker Kinder. Mit Interesse habe ich mich mit diesem Buch befasst und möchte es einer breiten Leserschaft empfehlen: neben Kinder- und JugendärztInnen insbesondere KollegInnen, die in kinder- und jugendpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Berufsfeldern arbeiten und in ihrem Berufsalltag mit Problemen kindlicher Entwicklung konfrontiert
6 248 Buchbesprechungen sind. Eine klare Gliederung und Struktur des Buches, Kernsätze, übersichtliche Tabellen und Abbildungen machen Freude beim Lesen, erweitern das Wissen und lassen die Sozialpädiatrie zu einem hilfreichen Begleiter im beruflichen Alltag werden. Consolata Thiel-Bonney, Heidelberg Sarimski, K. & Steinhausen, H.-C. (2008). Psychische Störungen bei geistiger Behinderung. Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie Bd. 11. Göttingen: Hogrefe; 157 Seiten, 22,95. Sarimski, K. & Steinhausen, H.-C. (2008). Ratgeber Psychische Störungen bei geistiger Behinderung. Informationen für Eltern, Lehrer und Erzieher. Göttingen: Hogrefe; 50 Seiten, 7,95. Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung können, ebenso wie altersgemäß entwickelte Kinder, Verhaltensprobleme und emotionale Störungen, z. B. oppositionellverweigerndes, aggressives, ängstlich-zurückhaltendes oder depressives Verhalten ausbilden. Die einschlägigen Fachpublikationen zu diesen Themen und die darin vorgestellten diagnostischen Methoden und therapeutischen Vorgehensweisen berücksichtigen i. d. R. aber die besonderen Bedingungen bei komorbider gravierender Intelligenzstörung nicht, welche durch eingeschränkte kognitive Möglichkeiten, Kommunikationsprobleme, geringe Kompetenzspielräume und behinderungsbedingt belastete Eltern- Kind-Beziehungen gekennzeichnet sind. Daher erscheint es gerechtfertigt, gesonderte Leitlinien für die Untersuchung und Behandlung psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung aufzustellen, zumal es auch eine Reihe behinderungstypischer Störungen wie Selbstverletzungen und Stereotypien gibt, die sich ebenfalls ungünstig auf die Lern- und Entwicklungsbedingungen der betroffenen Kinder auswirken und für die Umwelt eine erhebliche Belastung darstellen können. Nach einer knappen Einleitung zum Forschungsstand psychischer Störungen bei Kindern mit Intelligenzminderungen sowie einigen grundlegenden Hinweisen zur Diagnostik mit Schwerpunkt funktionaler Verhaltensanalyse und zu verhaltenstherapeutischen Interventionen wird in 19 Leitlinien ein kinderpsychotherapeutischer Standard formuliert, der die interdisziplinären Rahmenbedingungen, die Bedürfnislagen und Belastungen der Eltern, die Vorgehensweise bei der Exploration, die kinderpsychologischen und kinderpsychiatrischen Untersuchungsmethoden und die behandlungsbegleitende Evaluation umfasst. Breiten Raum nehmen der Aufbau erwünschter Verhaltensweisen und funktionales Kommunikationstraining ein. Auch Grundsätze psychopharmakologischer Behandlung und Hinweise zur Durchführung von Elterngruppentrainings sind enthalten. Ess- und Schlafstörungen werden gesondert herausgegriffen und auch der Behandlung bei sehr schwerer geistiger Behinderung ist eine Leitlinie gewidmet. Hervorzuheben ist, dass die Autoren insbesondere zu Essstörungen und Toilettentraining eine Reihe konkreter behavioraler Interventionsvorschläge machen. Zu jedem Thema wird eine Reihe von Materialien beschrieben, auf andere wird verwiesen. Einige davon befinden sich in
7 Buchbesprechungen 249 dem Band Geistige Behinderung und schwere Entwicklungsstörung KIDS 2 (Hogrefe) derselben Autoren, sodass beide Bände sinnvollerweise gemeinsam genutzt werden. Der Anhang enthält u. a. ein ausführliches Anamneseschema zu Schwangerschaft und Geburt sowie einen ebenso differenzierten Untersuchungsleitfaden zum körperlich-ärztlichen Befund und einen Fragebogen zu Nebenwirkungen von Medikamenten. Ein Fallbeispiel rundet den Band ab, der wichtige Grundsätze für die klinische Abklärung und Behandlung psychischer Störungen bei Menschen mit geistiger Behinderung enthält. Die Auswahl der behandelten Themen spiegelt häufige Problemstellungen in der klinischen Praxis wider, allerdings vermisst man Hinweise zu pubertätsbedingten Schwierigkeiten. Auch Stress- und Angststörungen hätten evtl. eine eigene Leitlinie verdient gehabt. Bei Ausscheidungsstörungen, Kommunikationshilfen und Kriseninterventionen wird nicht genug auf entwicklungsmäßige bzw. körperliche Voraussetzungen der Kinder hingewiesen. Auch zur Elternberatung wären eingehendere Hinweise wünschenswert gewesen, zumal im Zusammenhang mit Verhaltensstörungen oft psychosoziale Belastungen und erzieherische Fehlhaltungen bei den Bezugspersonen entstehen. Insgesamt ist der vorliegende Band Praktikern aber dennoch unbedingt zu empfehlen. Der Elternratgeber ist für Eltern geeignet, die bereit und in der Lage sind, aus einem allgemeinen Informationsangebot die für sie relevanten Sachverhalte herauszufinden. Er ist verständlich geschrieben und enthält viele wichtige Hinweise u. a. auch auf Eltern-Selbsthilfegruppen. Für Pädagogen kann der Ratgeber nur eine erste Orientierung darstellen. Die Broschüre ist bei der Erklärung des Untersuchungs- und Behandlungsganges inhaltlich auf die Leitlinien des Leitfadenbandes bezogen und kann, wenn die Untersuchung sich daran orientiert, zu einer verbesserten Compliance der Bezugspersonen beitragen. Die folgenden Neuerscheinungen können zur Besprechung bei der Redaktion angefordert werden: Dieter Irblich, Auel Brumlik, M. et al. (Hrsg.) (2010). Das ElternBuch. Wie unsere Kinder geborgen aufwachsen und stark werden. Weinheim: Beltz, 29,95 Euro. BVSS (2010). Mein Kind stottert was nun? Ein Ratgeber für Eltern. Köln: Demosthenes Verlag, 12,50 Euro. Lauth, G. W., Naumann, K. (2009). ADHS in der Schule. Übungsprogramm für Lehrer. Weinheim: Beltz, 39,95 Euro. Naumann, T. M. (2010). Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung. Psychoanalytische Pädagogik als kritische Elementarpädagogik. Gießen: Psychosozial-Verlag, 22,90 Euro. Omer, H., von Schlippe, A. (2010). Stärke statt Macht. Neu Autorität in Familie, Schule und Gemeinde. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 24,90 Euro. Zimpel, A. F. (Hrsg.) (2010). Zwischen Neurobiologie und Bildung. Individuelle Förderung über biologische Grenzen hinaus. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 16,90 Euro.
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