Trauma, Traum und psychische Veränderungen in Psychoanalysen Präsentation einer Einzelfallstudie aus der Frankfurt fmri/eeg Depression Studie

Transkript

1 Trauma, Traum und psychische Veränderungen in Psychoanalysen Präsentation einer Einzelfallstudie aus der Frankfurt fmri/eeg Depression Studie Tamara Fischmann Frankfurt

2 Die LAC Depressionsstudie (M. Leuzinger-Bohleber) Kombination klinischer und extra-klinischer Forschung Frankfurt fmri /EEG Studie (FRED) teil der extra-klinischen Forschung: Beispiel für Untersuchung zu Veränderungen im Hirn (Kandel) Johannes Heinrich Füssli: Silence ( )

3 Träume: noch immer die Via Regia zum Unbewußten? Herr P.: schreckt Nacht für Nacht aus Albträumen auf leidet seit 25 Jahren an schwerer Depression mit Schlafstörungen Ganzkörperschmerzen suizidalen Gedanken PanikaSacken psychosomatischen Symptomen

4 Träume: noch immer die Via Regia zum Unbewußten? Ich sehe einen Mann am Straßenrand liegen, schwer verle<t es hängen ihm die Gedärme raus, alles ist voll Blut... Es kommt ein Hubschrauber. Es ist nicht klar, ob man auf den Mann noch schießt oder ob man ihm helfen will. Eine Person kommt - und meint, der Mann sei tot. Ich merke, dass der Mann noch lebt und wirklich, er öffnet die Augen und sagt: Warum hilft mir denn keiner? - Eine Frau gibt ihm einen Kochdeckel - den solle er sich auf die offene Wunde halten... Ich wache voll Panik auf...

5 Träume: noch immer die Via Regia zum Unbewußten? Kontext der Träume: Anlass: schwere Ehekrise desolater Zustand Trennungen stürzen ihn in depressive Krisen schweres Separationstraum im 4. Lj.

6 Träume: noch immer die Via Regia zum Unbewußten? Ich blicke erstaunt auf eine Gruppe von Leuten, die alle mit Lehm eingeschmiert sind und zusammen an der Wand eines Hauses arbeiten. Ein kalter Wind bläst: Die Arbeit ist schmerzhaft, hart und fast unerträglich. Und doch, im Traum habe ich das sichere Gefühl, dass diese Männer es schaffen werden: Irgendwann wird das Haus gebaut sein und ihnen einen warmen Schu< bieten. Ich drehe mich dann zu meiner Frau um und sage. Siehst Du, man kann es schaffen, man muss nur zusammenhalten...

7 Veränderungen im manifesten Traum: Indikatoren für psychische Transformationen? In den Träumen der zweiten Phase der Psychoanalyse: Bessere Beziehungen des Traumsubjekts zu Anderen Gesteigertes Aktionsspektrum des Traumsubjekts Vergrößertes emotionales Spektrum Traumatmosphäre intensiver, weniger Angst Klarere Problemlösungsstrategien (mehr erfolgreiche als nicht erfolgreiche) Objekte sind bereit dem (hilflosen) Selbst zu helfen Traumsubjekt nicht mehr überwiegend in traumatischer Situation der Hilf- und Hoffnungslosigkeit

8 FRED Design: (Fischmann, Russ, Leuzinger- Bohleber, 2013)

9 Mosers Traumgenerierungs- Modell: (Fischmann, Russ, Leuzinger- Bohleber, 2013)

10 Labor- Traum 1: Ende 1. Behandlungsjahr Ich stehe auf einer Brücke einer Talsperre. Rechts und links sind steile Hänge Berge (Situation S1). Es kommt zu einem Erdrutsch. Ich sehe den Hang und ein ganzes Haus sehr schnell auf mich zukommen, zurutschen, zurasen (S2). Ich denke, dass ich das nicht mehr schaffe, da wegzukommen (/C.P./). Ich renne (S3) und bin überrascht darüber, wie schnell ich laufen kann (/C.P./). Ich schaffe es, mich vor diesem herabstürzenden Haus zu resen (S3). Ich bin in Sicherheit am Rand dieser Brücke (S4). (Fischmann, Russ, Leuzinger- Bohleber, 2013)

11 Labor- Traum 1: Ende 1. Behandlungsjahr Sit. Position LTM Interaktionsfeld SP (Träumer) S1 PLACE (Talsperre) CEU 1 (Brücke) S2 /C.P./ CEU 2 (Berge) ATTR (steil) SP (Träumer) PLACE (Hang) CEU 3 (Haus) LTM CEU 2 (Berge) 1 ATTR (zurasen) S3 SP (Träumer) CEU 3 (Haus) ATTR (herabstürzend) IR.C (sich retten) /C.P./ S4 SP (Träumer) CEU 1 (Brücke) IR.S (in Sicherheit sein)

12 Labor- Traum 4: Ende 2. Behandlungsjahr Ich bin mit meiner kleinen Tochter unterwegs. Andere Kinder und Erwachsenen sind dabei. Ein Junge ist dabei, der etwas gegen meine Tochter hat. Es ist Sommer. Es ist warm (S1). Wir wollen einen Wagen oder Anhänger kaufen (S2). Wir laufen am Rhein entlang (S1). Die Kinder sind unterschiedlich alt. Ein Junge ist schon 11 oder 12 Jahre alt. Dieser Junge ist genervt, dass die anderen Kinder und auch meine Tochter so jung sind und er nicht machen kann, was er will, weil die anderen zu klein dafür sind (S3). Dann taucht meine MuSer auf. Sie näht einen Knopf an mein Hemd (S4). Ich weiß nicht, wie sie da rein passt (/C.P./). Ich sage: Jemt lass doch endlich mal diesen blöden Knopf in Ruhe. Das nervt mich (S5). Ich bin dabei um alles zu beaufsichtigen. Eine Frau ist auch da, sie ist die MuSer dieses Jungen (S1). (Fischmann, Russ, Leuzinger- Bohleber, 2013)

13 Labor- Traum 4: Ende 2. Behandlungsjahr Sit. Position LTM IAF S1 S2 S3 S4 SP (Träumer) OP 1 (Tochter) OP 2 (G) (Kinder) OP 3 (älterer Junge) OP 4 (Mutter von älteren Jungen) PLACE (Rhein) ATTR (warm) SP (Träumer) OP 1 (Tochter) OP 2 (G) (Kinder) OP 3 (älterer Junge) OP 4 (Mutter von älteren Jungen) PLACE (Rhein) ATTR (warm) CEU 1 (Wagen) SP (Träumer) OP 1 (Tochter) OP 2 (G) (Kinder) OP 3 (älterer Junge) ATTR (Alter) ATTR AFF (genervt) SP (Träumer) OP 5 (Pat Mutter) CEU 2 (Knopf) CEU 3 (Hemd) LTM (laufen) IR.C int (wir wollen einen Wagen kaufen) IR.S OP 3 (ärgert sich) IR.C OP 5! CEU (Knopf annähen) /C.P./ S5 SP (Träumer) OP 5 (Pat Mutter) V.R. ( Jetzt lass doch den blöden Knopf in Ruhe )

14 Mosers Traum- Kodierungssystem: (Fischmann, Russ, Leuzinger- Bohleber, 2013)

15 Veränderungen im manifesten Traum Klinische Beobachtungen: Bessere Beziehungen zu Anderen Gesteigertes Aktionsspektrum Größeres emotionales Spektrum Traumatmosphäre intensiver, weniger Angst Klarere Problemlösungsstrategien Traumsubjekt nicht mehr überwiegend in traumatischer Situation der Hilf- und Hoffnungslosigkeit Extra-Klinische Beobachtungen: Gesteigerte Fähigkeit sich mit Anderen auseinanderzusetzen Viele Interaktionen mit Anderen Gesteigerte Fähigkeit sich mit Affekten auseinanderzusetzen Affekte nicht mehr isoliert Aufkommende Ängste können aggressiv abgewehrt werden Integration der Affekte in Gedächtnis-Netzwerke

16 Zusammenfassung Einzelfallstudien Ergebnisse der klinischen und extra- klinischen Forschung vergleichbar ähnliche und kontrastierende Bemerkenswerte Konsistenz der klinischen und extra- klinischen Analysen Klinische Fallstudie mehr relevante psychodynamisch- klinische und strukturelle Information Extra- klinische Analyse nur manifester Trauminhalt; keine weiteren biografischen Daten Konsistenz der Ergebnisse konsolidiert Reliabilität der klinischen Fallanalyse

17 Zusammenfassung Kombination der klinischen und extra- klinische Forschung große Herausforderung für psychoanalytische Psychotherapieforschung. Stärke der klinischen Forschung Kommunikation einzigartiger komplexer Einsichten aus intensiven Psychoanalysen Wahrheit kann nur erzählt und nicht gemessen werden. Präsentation von Kurz- und Langzeiteffekte ihrer Behandlung obligatorisch für Psychoanalyse genau so wie für all anderen gegenwärtigen Psychotherapien

18 Zusammenfassung Illustration klinischer Anwendung von Träumen als Indikator für Veränderungen innerer (traumatischer) Objektwelten in Psychoanalysen Vergleichbarkeit zu systematischen, wissenschaftlichen Untersuchungen von Labor- Träumen mit der Moser- Methode Evidenz der Veränderung auf neurobiologischer Ebene. Notwendigkeit den Fokus im klinischen Fallbericht auf psychoanalytischen Kontext des Traumes zu richten Beobachtung der Übertragungs- und Gegenübertragungs- Reaktionen, Assoziationen des Patienten für Aufdeckung der unbewussten Bedeutung des Traums Beitrag zum Bedeutungs- Findungs- Prozess des schwer traumatisierten Patienten

19 Zusammenfassung Vorteil der psychoanalytisch klinischen Untersuchung von Träumen Verstehen der Bedeutung eines Traumes mit dem Träumer, d.h. mit dem Patienten Kriterium für Evaluierung des Wahrheitsgehalts einer Deutung Assoziationen, bewußte und unbewußte Reaktionen auf einen Traum Endgültige Kriterium für therapeutischen Erfolg Transformationen der unbewußten Welt (wie Träume), seine maladaptiven Emotionen, Kognitionen und Verhalten ( Symptome )

20 Zusammenfassung Wahrheit verbleibt häufig unscharf und subjektiv im Auge der nicht- psychoanalytischen wissenschaftlichen Community Annäherung durch Analyse der Veränderungen in manifesten Träumen mit einem theoriegeleiteten, präzisen systematischen Kodierungssystem und neurobiologischer Evidenz Hohe Reliabilität und Intersubjektivität

21 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!