Kriminologie I Grundlagen
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- Hans Brodbeck
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1 Kriminologie I Grundlagen
2 Schwerpunkt Strafrechtspflege Vorlesungen Kriminologie I Kriminologie II Jugendstrafrecht Strafvollzugsrecht Sanktionenrecht Seminar Materialien, Links, Vorträge, Seminare, Stellenangebote Homepage des Schwerpunkts Kriminologie I WS Page 2
3 Spiegel Online, 8. Juni 2012 Ex-Sicherungsverwahrte in Insel "Das nimmt ein böses Ende" Das Dorf Insel in Sachsen-Anhalt ist tief gespalten. Immer wieder demonstrieren Einwohner gegen zwei aus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäter. Wer den beiden Männern helfen will, wird ausgegrenzt und bedroht. Hans-Peter W. und Günther G. haben im Alkoholrausch mehrfach Frauen vergewaltigt, wurden 1985 und 1986 verurteilt. "Der Alkohol ist ihr größter Feind", sagt Nicole Maurer, "aber die trinken seit fast 20 Jahren nichts mehr, weil sie das wissen". Kriminologie I WS Page 3
4 Gegenstandsbereiche der Kriminologie Täter/Kriminalität Entwicklung, Trends Ursachen/Bedingungen Soziale Kontrolle/Strafrechtspraktiken Entwicklung, Trends» Strafen» Sicherheit und Sicherheitsgefühle» Medien und Kriminalitätsberichtserstattung Implementation, Evaluation von Kriminalpolitik Kritik Opfer/Viktimologie Häufigkeit und Ursachen der Viktimisierung Folgen der Viktimisierung für das Opfer Kriminalitätsfurcht Opferschutz Kriminologie I WS Page 4
5 Kriminalistik Forensische Wissenschaften Aufklärung und Tatnachweis DNA, Fingerabdrücke Vernehmungstechniken Polizeiliche Informationssysteme Profiling Sachverständige im Strafverfahren (Forensik) Schuldfähigkeit ( 20, 21 StGB) Gefährlichkeit und Anordnung von Maßregeln ( 63, 64, 66) oder die Entlassung aus Maßregeln Glaubwürdigkeit (von Zeugenaussagen) Blutalkoholkonzentration Todesursachen Kriminologie I WS Page 5
6 Wann beginnt die Suche nach den Ursachen von Verbrechen? Ursachenforschung fällt zusammen mit der Entstehung eines folgenorientierten Strafrechts Bedarf an empirischem Wissen über Verbrechen und Straftäter Kriminalprävention und Rückfallvermeidung Schuld und Schuldfähigkeit; psychiatrische und medizinische Sachverständige Kriminologie I WS Page 6
7 Entwicklungslinien der Kriminologie Empirische (positivistische) Linie der Kriminologie Lombroso Der geborene Verbrecher, kriminalanthropologische Schule Soziologische Schule: Tarde, Lacassagne (Milieu ist entscheidend) Klassische Schule der Kriminologie Beccaria: Verbrechen und Strafe, Kritik des Strafrechts Kriminologie I WS Page 7
8 Lombroso ( ) Kriminologie I WS Page 8
9 Lombroso: Kriminalität ist anlagebedingt 1876 erscheint die Schrift Der geborene Verbrecher (l uomo delinquente Der Verbrecher ist an äußeren Merkmalen (stigmata) zu erkennen Kriminologie I WS Page 9
10 Lombroso s Verbrechermenschen 1. Mörder und Dieb. Stark entwickelte Augenbrauenbögen, enorme Jochbeine und Kiefer, Stirnrunzeln. 2. Mörder. Starke Runzeln, enorme Kiefer und Jochbeine, stark disproportioniert. 3. Mörder und Dieb. Sehr langes Gesicht, langer Kiefer, dichtes und struppiges Haar, Bartlosigkeit. Quelle: www. Kriminologie I WS Page 10
11 Lombroso s Verbrechenstheorie Verbrechen ist anlagebedingt Grundlage der Erklärung Darwins Evolutionstheorie Verbrechen entsteht, weil ein Mensch auf einer frühen Entwicklungsstufe stehen geblieben ist Kriminologie I WS Page 11
12 Darwin: Evolutionstheorie und Sozialdarwinismus Leben beruht auf einem Prozess der Evolution Evolution verläuft graduell und über lange Zeit Evolution beruht auf natürlicher Selektion Die verschiedenen Arten entstanden aus einer einzigen Lebensform und zwar im Verlaufe eines Prozesses der Spezialisierung Unterschiede zwischen den Arten entstehen durch Zufallsprozesse Überleben und Aussterben der Arten sind bestimmt durch die Fähigkeit von Organismen, sich an ihre Umwelt anzupassen "On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life" (1859) Versuch der Übertragung der biologischen Evolution auf soziale Evolution (Sozialdarwinismus) Kriminologie I WS Page 12
13 Die Kriminalanthropologie Lombroso s Verbrecher sind primitive Menschen Verbrechen sind atavistisch (Rückfall in überholte Verhaltensweisen) Modell des freien Willens ist ungeeignet: Verhalten ist determiniert Konzept der Gleichheit (jeder Mensch wählt Handlungen frei aus, auf der Grundlage einer rationalen (vernünftigen) Entscheidung) wird abgelehnt Verbrechen hat biologische Grundlagen Forschungsmethode: systematischer Vergleich von Gefängnisinsassen mit nicht auffällig gewordenen Personen Einbezogene Merkmale in der Erklärung: äußere Merkmale Kriminalpolitische Konsequenzen Eugenik, Sicherung Kriminologie I WS Page 13
14 Milieutheorien Lacassagne ( ), Tarde ( ) Der Mensch wird zum Verbrecher, weil ihn seine Umwelt dazu macht Französische kriminalsoziologische Schule: These: Die Umwelt determiniert die Entwicklung und die Handlungen eines Menschen Vorstellungen: Der Mensch ist formbar, erziehbar und von seiner Umwelt abhängig (Rousseau) Konsequenzen: Ein Schuldstrafrecht ist nicht begründbar. Aus der Französischen kriminalsoziologischen Schule entwickelt sich insoweit konsequent die Doktrin der Défence Sociale Maßnahmen gegen einen Straftäter begründen sich nicht aus dessen Schuld und Verantwortung für das begangene Unrecht, sondern aus dem Recht einer Gesellschaft, sich gegen Straftäter verteidigen zu dürfen (Maßregelansatz) Kriminologie I WS Page 14
15 Ferri ( ) Kriminologie I WS Page 15
16 Ferri: Anlage-Umwelt-Formel These: Verbrechen ist eine Funktion von Anlage des Menschen und dessen Umwelt Hieraus entsteht in Deutschland die Vereinigungstheorie und - im 20. Jahrhundert - die Vorstellung, dass lediglich ein sog. multifaktorieller Ansatz in der Erklärung von Kriminalität plausibel sei. Zusammenfassung: Die hiermit skizzierte Entwicklungslinie der Kriminologie ist ätiologisch (an der Suche nach Ursachen orientiert) deterministisch (Verbrechen als Schicksal - für das Individuum) Kriminologie I WS Page 16
17 Klassische Schule der Kriminologie Beccaria ( ): Über Verbrechen und Strafen (1764) Kriminologie I WS Page 17
18 Jeremy Bentham ( ) Kriminologie I WS Page 18
19 Klassische Schule Unterschied zur positivistischen Linie der Kriminologie: Aufgreifen der Fragestellung des Strafrechts und der Strafrechtlichen Sozialkontrolle Beeinflusst durch: Aufklärung Staatsvertragstheorie» Individuum, Staat/Gesellschaft, Kausalität Kriminologie I WS Page 19
20 Inhalt der klassischen Linie der Kriminologie Grundlagen Freier Wille Gleichheit Bentham Konstanten des menschlichen Lebens sind Leid und Freude Entscheidend ist das Nutzenkalkül Jeder Einzelne kann am besten beurteilen, was für ihn am nützlichsten ist Strafrechtskritik Forderungen Beccarias Willkürverbot Gesetzlichkeitsprinzip Prävention anstelle Vergeltung (Nützlichkeit) Abschaffung grausamer Strafen Abschaffung der Todesstrafe Kriminologie I WS Page 20
21 Zusammenfassung Zwei Entwicklungslinien Ursachenforschung Strafrechtskritik Kriminologie I WS Page 21
22 Weitere Entwicklungen der Kriminologie Forschungen zu kriminologischen Fragestellungen aus der Soziologie Durkheim Bonger Tarde Tönnies Engels/Marx Themen: Wirtschaftliche Bedingungen, Armut, Arbeitslosigkeit, Verelendung, Klassenjustiz aus der Psychiatrie/Medizin/Rechtswissenschaft Themen: Ursachen des Verbrechens Täterpersönlichkeit Wirkungen strafrechtlicher Sanktionen Programm Franz v. Liszt: Jugendstrafrecht, Besserungsstrafrecht Kriminologie I WS Page 22
23 Regional unterschiedliche Entwicklungen der Kriminologie Nordamerika: Soziologische Kriminologie Europa (Deutschland): Psychiatrisch-juristische Kriminologie Kriminologie I WS Page 23
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