Kriminologie I. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht
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- Martha Linden
- vor 8 Jahren
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1 Kriminologie I
2 Wahlfachgruppe 14 Besteht aus: Kriminologie I Kriminologie II Jugendstrafrecht Strafvollzugsrecht Materialen und anderes: Home page der Wahlfachgruppe oder
3 Gegenstandsbereiche der Kriminologie Täter/Kriminalität Entwicklung, Trends Ursachen Soziale Kontrolle/Strafrechtspraxis Entwicklung, Trends Implementation, Evaluation Kritik Opfer/Viktimologie Ursachen Verarbeitung
4 Kriminalistik
5 Ausbildung und Kriminologie Wahlfachgruppen - Juristische Fakultäten Hamburg: Kriminologische Zusatzausbildung Ansonsten: Ausländische Studiengänge
6 Kriminologische Literatur Zeitschriften Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform Bewährungshilfe Neue Kriminalpolitik Kriminologisches Journal Polizei-Zeitschriften/Kriminalisitik, der kriminalist International: British Journal of Criminology, Criminology; Deviance et Societe
7 Kriminologische Forschungseinrichtungen Universitäten: Tübingen, Heidelberg, Hamburg, Bremen, Greifswald etc. Lehrstühle für Kriminologie und Kriminologische Institute Forschungsinstitute: MPI für Strafrecht KFN Hannover Kriminologische Zentralstelle Wiesbaden: Dokumentation und Forschung Grundlage: Beschluss der Länder (JMs) Forschungsgruppen am Bundeskriminalamt und an LKAs (beispw. Bayern)
8 Geschichte der Kriminologie Beginn mit der Entstehung des folgenorientierten Strafrechts und damit Bedarf an empirischem Wissen über Verbrechen und Straftäter Prävention und Rückfallvermeidung Schuld und Schuldfähigkeit; psychiatrische und medizinische Sachverständige
9 Entwicklungslinien der Kriminologie Empirische (Positivistische) Linie der Kriminologie: Lombroso Der geborene Verbecher, kriminalanthropologische Schule Soziologische Schule: Tarde, Lacassagne (Milieu ist entscheidend) Klassische Schule: Beccaria: Verbrechen und Strafe, Kritik des Strafrechts
10 Lombroso ( )
11 Lombroso: Kriminalität ist anlagebedingt 1876 Schrift Der geborene Verbrecher (l uomo delinquente) - Der Verbrecher ist an äußeren Merkmalen (stigmata) zu erkennen - Verbrechen ist anlagebedingt Grundlage der Erklärung: Darwins Evolutionstheorie = Verbrechen entsteht, weil ein Mensch auf einer frühen Entwicklungsstufe stehen geblieben ist.
12 Darwin Leben beruht auf einem Prozess der Evolution Evolution verläuft graduell und über lange Zeit Evolution beruht auf natürlicher Selektion Die verschiedenen Arten entstanden aus einer einzigen Lebensform und zwar im Verlaufe eines Prozesses der Spezialisierung Unterschiede zwischen den Arten entstehen durch Zufallsprozesse Überleben und Aussterben der Arten sind bestimmt durch die Fähigkeit von Organismen, sich an ihre Umwelt anzupassen "On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life" (1859)
13 Kriminalanthropologie Verbrecher sind primitive Menschen Verbrechen sind atavistisch Modell des freien Willens ist ungeeignet; Verhalten ist determiniert Konzept der Gleichheit (jeder Mensch wählt Handlungen frei aus, auf der Grundlage einer rationalen (vernünftigen) Entscheidung) wird abgelehnt Verbrechen hat biologische Grundlagen Forschungsmethode: systematischer Vergleich von Gefängnisinsassen mit nicht auffällig gewordenen Personen Einbezogene Merkmale in der Erklärung: äußere Merkmale Kriminalpolitische Konsequenzen Eugenik
14 Milieutheorien: Lacassagne ( ), Tarde ( ) Der Mensch wird zum Verbrecher, weil ihn seine Umwelt dazu macht Französische kriminalsoziologische Schule: These: Die Umwelt determiniert die Entwicklung und die Handlungen eines Menschen Vorstellungen: Der Mensch ist formbar, erziehbar und von seiner Umwelt abhängig (Rousseau) Konsequenzen: Ein Schuldstrafrecht ist nicht begründbar. Aus der Französischen kriminalsoziologischen Schule entwickelt sich insoweit konsequent die Doktrin der Defence Sociale Maßnahmen gegen einen Straftäter begründen sich nicht aus dessen Schuld und Verantwortung für das begangene Unrecht, sondern aus dem Recht einer Gesellschaft, sich gegen Straftäter verteidigen zu dürfen (Maßregelansatz)
15 Ferri ( )
16 Ferri: Anlage-Umwelt-Formel Anlage-Umwelt-Formel These: Verbrechen ist eine Funktion von Anlage des Menschen und dessen Umwelt Hieraus entsteht in Deutschland die Vereinigungstheorie und - im 20. Jahrhundert - die Vorstellung, dass lediglich ein sog. multifaktorieller Ansatz in der Erklärung von Kriminalität plausibel sei. Zusammenfassung: Die hiermit skizzierte Entwicklungslinie der Kriminologie ist - ätiologisch (an der Suche nach Ursachen orientiert) - deterministisch (Verbrechen als Schicksal - für das Individuum)
17 Klassische Schule der Kriminologie Beccaria ( ): Über Verbrechen und Strafen (1764)
18 Jeremy Bentham ( )
19 Klassische Schule Unterschied zur positivistischen Linie der Kriminologie: Aufgreifen der Fragestellung des Strafrechts und der Strafrechtlichen Sozialkontrolle Beeinflusst durch: Aufklärung Staatsvertragstheorie
20 Inhalt der klassischen Linie der Kriminologie Grundlagen Freier Wille Gleichheit Bentham: Konstanten sind Leid und Freude Entscheidend ist das Nutzenkalkül Jeder Einzelne kann am besten beurteilen, was für ihn am nützlichsten ist Strafrechtskritik Forderungen Beccarias: - Willkürverbot - Gesetzlichkeitsprinzip - Prävention anstelle Vergeltung (Nützlichkeit) - Abschaffung grausamer Strafen - Abschaffung der Todesstrafe
21 Zusammenfassung Zwei Entwicklungslinien: - Ursachenforschung - Strafrechtskritik
22 Weitere Entwicklungen der Kriminologie Forschungen zu kriminologischen Fragestellungen aus der Soziologie Durkheim Bonger Tarde Tönnies Engels/Marx Themen: Wirtschaftliche Bedingungen, Armut, Arbeitslosigkeit, Verelendung, Klassenjustiz aus der Psychiatrie/Medizin/Rechtswissenschaft Themen: Ursachen des Verbrechens Täterpersönlichkeit Wirkungen strafrechtlicher Sanktionen Programm Franz v. Liszt: Jugendstrafrecht, Besserungsstrafrecht
23 Unterschiedliche Entwicklungen der Kriminologie Nordamerika: Soziologische Kriminologie Europa (Deutschland): Psychiatrisch-juristische Kriminologie
24 Funktionen der Kriminologie Angewandte Wissenschaft = Hilfe für die Praxis Grundlagenwissenschaft = Steigerung des Wissens über Kriminalität und Soziale Kontrolle Kritische Wissenschaft = Strafrechts- und Herrschaftskritik
25 Verständnis von Kriminologie Legitimationswissenschaft Kontrollwissenschaft Untersuchung des Strafrechts und seiner Folgen
26 Kriminologie Wird verstanden als empirische interdisziplinäre theoretische Wissenschaft
27 Theorieverständnis Nomologische Theorie (empirisch-analytische Wissenschaftstheorie) Suche nach Gesetzmäßigkeiten: Wenn - dann Aussagen Hermeneutik Verstehen als Grundlage für Theoriebildung
28 Funktionen einer Theorie Auswahl von Merkmalen (für die Erklärung) Vereinfachung (zur Reduzierung von Komplexität)
29 Theorie und Empirie Nachvollziehbare Darstellung der Entwicklung von Hypothesen der empirischen Überprüfung von Hypothesen Hypothesen sind zu betrachten aus Entstehungszusammenhang Begründungszusammenhang Forschungstabus
30 Formulierung von Hypothesen Hypothesen beanspruchen Geltung Räumlich Zeitlich Hypothesen müssen widerlegbar sein (dies beinhaltet: keine widersprüchlichen, keine tautologischen Aussagen) Konsequenz Hypothesen können (empirisch) nur falsifiziert, nicht verifiziert werden Konsequenz: Falsifikationskriterium (Popper)
31 Empirische Methoden Befragung Interview Schriftliche Befragung Telephonische Befragung Teilnehmende Beobachtung Test (beispw. Intelligenztest) Dokumentenanalyse (Strafakten, Polizeistatistiken etc.)
Kriminologie I: Grundlagen, allgemeine Theorien. Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jörg Albrecht
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