des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
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- Frida Kurzmann
- vor 7 Jahren
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1 Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / Antrag der Abg. Rosa Grünstein u. a. SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Lieferketten und Kennzeichnung von Lebensmitteln im Zuge des aktuellen Pferdefleischskandals Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. inwiefern ihr bekannt ist, ob es zutrifft, dass sowohl der Bund als auch die Länder (laut eines Artikels im Wirtschaftsteil von SPIEGEL-Online vom 13. Feb - ruar 2013) Lieferlisten von der EU anfordern müssen, um feststellen zu können, ob verdächtige Tiefkühlprodukte nach Deutschland bzw. Baden-Württemberg geliefert worden sind und welche Rechts- und sonstigen Gründe ggf. dafür verantwortlich sind; 2. ob und inwieweit sich die Kennzeichnung von frischem Rindfleisch (Geburtsort, Aufzuchtsort, Ort der Schlachtung), die im Zuge des BSE-Skandals eingeführt wurde, bewährt hat; 3. ob diese Art der Kennzeichnung von frischem Rindfleisch entsprechend auch auf andere Fleischsorten wie Lamm, Schwein, Pferd, Huhn etc. ausgedehnt werden sollte; 4. wie sie die Tatsache bewertet, dass für tiefgekühltes Rindfleisch keine Kennzeichnungspflicht besteht; 5. wie sie die Tatsache beurteilt, dass es rechtlich möglich ist, tiefgekühltes oder verarbeitetes Fleisch durch ein halbes Dutzend EU-Länder zu transportieren, um damit sicherzustellen, dass die Produktions- und Vertriebswege weder vom Einzelhandel noch vom Verbraucher nachvollzogen werden können Grünstein, Käppeler, Winkler, Reusch-Frey, Kopp, Storz SPD Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1
2 Begründung Im Zusammenhang mit dem jüngsten Lebensmittelskandal um Pferdefleisch, das als Rindfleisch in den Handel und zum Verbraucher gelangte, sind erneut die Vertriebswege vom Stall bis zum Teller in den Blick geraten. Die Unzulänglichkeit der kontrollrechtlichen Möglichkeiten ist offenkundig. Unser Land muss, soweit es in seiner Macht steht, einen wirksamen Beitrag zur Transparenz dieser Vertriebswege und für den Verbraucherschutz leisten. Dafür braucht es aber auch die entsprechenden Handlungsmöglichkeiten. Stellungnahme Mit Schreiben vom 13. März 2013 Nr. Z(35) /199F nimmt das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. inwiefern ihr bekannt ist, ob es zutrifft, dass sowohl der Bund als auch die Länder (laut eines Artikels im Wirtschaftsteil von SPIEGEL-Online vom 13. Feb - ruar 2013) Lieferlisten von der EU anfordern müssen, um feststellen zu können, ob verdächtige Tiefkühlprodukte nach Deutschland bzw. Baden-Württemberg geliefert worden sind und welche Rechts- und sonstigen Gründe ggf. dafür verantwortlich sind; Zu 1.: Der Austausch von Lieferlisten ist u. a. Gegenstand des Europäischen Schnellwarnsystems für Lebens- und Futtermittel (Rapid-Alert-System for Food and Feed RASFF). Dabei handelt es sich um ein behördeninternes Informationssys - tem der EU-Mitgliedstaaten. Es dient der schnellen Weitergabe von Informationen über ernste unmittelbare oder mittelbare Risiken für die menschliche Gesundheit, die von Lebens- und Futtermitteln ausgehen (vor allem Art und Herkunft des Produktes, von ihm ausgehende Gefahr, Vertriebswege und getroffene Maßnahmen) sowie ggf. zur Information über schwerwiegende Betrugsgeschehen. Der Informationsaustausch ermöglicht den betroffenen Mitgliedstaaten, rasch wirksame Maßnahmen zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit zu ergreifen. Rechtsgrundlage für das RASFF ist Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 über allgemeine Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit. Stellen die Überwachungsbehörden eines Mitgliedstaates fest, dass von bestimmten Lebensmitteln oder Futtermitteln Gefahren für die menschliche Gesundheit ausgehen, unterrichten sie ihre nationale Kontaktstelle. Diese überprüft die eingehenden Meldungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit und leitet sie an die Europäische Kommission (KOM) weiter (Upstream-Verfahren). Die Meldungen enthalten Informationen zur Art des Produkts, zu seiner Herkunft, den Vertriebswegen, zur Gefahr, die von ihm ausgeht und zu den getroffenen Maßnahmen. Von der KOM werden Meldungen nach der Übersetzung und einer Einstufung als Warn- oder Informationsmeldung an alle nationalen Kontaktstellen übermittelt. Die deutsche nationale Kontaktstelle ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Im Rahmen dieses Systems ist es auch üblich, dass entweder die KOM oder die von Lieferungen betroffenen Mitgliedstaaten ergänzende Informationen wie z. B. konkrete Lieferlisten, Vorlieferanten oder weitere Untersuchungsbefunde nach- 2
3 fragen. Weiterer Bedarf an Informationsaustausch ergibt sich aus fortgeführten Ermittlungen sowohl bei Herstellern und Vorlieferanten als auch bei den Abnehmern im Zusammenhang mit deren weiterem Vertrieb. Dieser ergibt sich auch dadurch, dass im Interesse eines schnellen Austausches zur Einleitung von weiteren Ermittlungen erste Informationen vom erstmeldenden Land häufig noch unvollständig sind und nach und nach im Zuge der Ermittlungen vervollständigt und nachgereicht werden. Weiter gehende Informationen zum Europäischen Schnellwarnsystem finden sich unter folgendem Link: Zur Umsetzung des Systems existieren ein Leitfaden der KOM sowie eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundes. Neue Ausführungsregelungen der KOM sind gerade in der Vorbereitung. Der Austausch derartiger Informationen über das Schnellwarnsystem hat sich zum üblichen und überwiegenden Kommunikationsweg zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten und der KOM bei Beanstandungen entwickelt und bewährt. Ein direkter Austausch bzw. eine direkte Information zwischen einzelnen Mitgliedstaaten erfolgt jedoch ggf. auch darüber hinaus bilateral bei einzelnen Sachverhalten, die nicht vom Schnellwarnsystem erfasst werden. Sofern eine Anfrage als relevant für das Schnellwarnsystem bewertet worden ist, erfolgen in der Regel auch alle Folgemeldungen über dieses System, damit die Beteiligten und die KOM stets einen Überblick über die Vorgänge haben, die nicht ausschließlich auf die regionale Ebene beschränkt sind. 2. ob und inwieweit sich die Kennzeichnung von frischem Rindfleisch (Geburtsort, Aufzuchtsort, Ort der Schlachtung), die im Zuge des BSE-Skandals eingeführt wurde, bewährt hat; Zu 2.: Der ursprüngliche Zweck der 1997 eingeführten Regelungen zur freiwilligen Rindfleischetikettierung bestand darin, die Verbraucher über die Orte der Rindfleischerzeugung aufzuklären und mittel- und langfristig mit der Stärkung des Verbrauchervertrauens auch den Absatz von Rindfleisch zu fördern. Die Vorschriften zur obligatorischen Etikettierung von Rindfleisch wurden 2000 eingeführt und sollten für mehr Transparenz und Sicherheit während des BSE-Ge - schehens sorgen. Damit wurde die Rindfleischetikettierung auch auf Aspekte des Verbraucherschutzes ausgedehnt. Die Vorschriften gelten heute parallel zu den (später erlassenen) Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Rückver - folgbarkeit, die für alle Lebensmittel gelten. Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sieht vor, dass die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen sicherzustellen ist. Außerdem müssen Lebensmittelunternehmer in der Lage sein, jede Person festzustellen, von der sie ein Lebensmittel erhalten haben, sowie diejenigen Unternehmen festzustellen, an die ihre Erzeugnisse geliefert worden sind. Weiter gehende Rückverfolgbarkeitsanforderungen für Lebensmittel tierischen Ursprungs wurden mit der Verordnung (EG) Nr. 931/2011 festgelegt und gelten seit dem 1. Juli Für Lebensmittel tierischen Ursprungs sind insbesondere zusätzliche Informationen über Volumen oder Menge, eine Bezugsnummer zur Identifizierung der Partie, der Charge bzw. der Sendung, eine ausführliche Beschreibung des Lebensmittels und das Datum der Versendung erforderlich. Durch die Möglichkeit, beim Handel und insbesondere bei der Zerlegung von Fleisch größere Chargen zu bilden, hat das System der Rindfleischetikettierung jedoch auch seine Grenzen. Gerade für Verarbeitungsfleisch zur Herstellung von Fleischerzeugnissen ist es üblich, weniger wertvolle Teilstücke zu sammeln, einzufrieren und zu größeren Chargen zusammenzufassen. Dies vereinfacht die umfangreiche Dokumentation (Geburtsort, Mastort, Ort des Schlacht- und Zerlegungsbetriebs), die im Rahmen der Rindfleischetikettierung zu erstellen ist und gerade für kleine Betriebe ohne aufwändige EDV-Systeme für die Datenerfassung eine erhebliche Belastung darstellt. Nur ein Teil dieser Information ist für die Überwachung und den Verbraucher von Relevanz. 3
4 Die im Dezember 2011 in Kraft getretene Lebensmittelinformationsverordnung (Verordnung [EU] Nr. 1169/2011) regelt darüber hinaus europaweit einheitliche Lebensmittel- und Nährwertkennzeichnungen. Die Regelungen zur Lebensmittelkennzeichnung müssen drei Jahre nach Inkrafttreten zwingend angewendet werden (ab 13. Dezember 2014). Eine Durchführungsverordnung mit konkreten Vorgaben zu den Mindestangaben der Herkunft (Geburtsort, Mastort etc.) ist zwar angekündigt, aber noch nicht im Gesetzgebungsverfahren der KOM. Die Belange des Verbraucherschutzes sind insofern berücksichtigt, sodass auch unter dem Gesichtspunkt der Entbürokratisierung die Vorschriften zur Rind - fleischetikettierung spätestens ab dem 13. Dezember 2014 entbehrlich sein werden. 3. ob diese Art der Kennzeichnung von frischem Rindfleisch entsprechend auch auf andere Fleischsorten wie Lamm, Schwein, Pferd, Huhn etc. ausgedehnt werden sollte; Zu 3.: Nach der o. g. Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 wird künftig auch für Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch die Herkunftsangabe verpflichtend. Einzelheiten wird die KOM gemeinsam mit den Mitgliedstaaten noch festlegen. Für weitere Fleischarten und für Fleisch als Zutat soll bis zum 13. Dezember 2014 ein Bericht der Kommission vorgelegt und dann über eine Regelung entschieden werden. Wenn die Hauptzutaten für ein Lebensmittel woanders herkommen als aus dem ausgelobten Herkunftsort, soll darauf gesondert hingewiesen werden müssen. Auch hierzu werden noch Durchführungsbestimmungen erwartet. 4. wie sie die Tatsache bewertet, dass für tiefgekühltes Rindfleisch keine Kennzeichnungspflicht besteht; Zu 4.: Die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, die Vorschriften zur Rindfleischetikettierung und die Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel (TLMV) enthalten Kennzeichnungsvorschriften, die auch für tiefgekühltes Rindfleisch gelten. Seit dem 1. Juli 2012 gilt die Verordnung (EU) Nr. 16/2012 der Kommission vom 11. Januar 2012 zur Änderung des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Vorschriften für gefrorene Lebensmittel tierischen Ursprungs, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Diese regelt, dass das Erzeugungsdatum und das Datum des Einfrierens, falls dieses vom Erzeugungsdatum abweicht, bei Lieferung an einen Lebensmittelunternehmer (sowie auf Verlangen der zuständigen Behörde) angegeben werden muss. Wird ein Lebensmittel aus einer Partie von Rohstoffen mit unterschiedlichen Erzeugungs- und Einfrierdaten hergestellt, so sind die ältesten Erzeugungs- und/oder Einfrierdaten zur Verfügung zu stellen. Nach der unter Nr. 2 und 3 genannten Lebensmittelinformationsverordnung (Verordnung [EG] Nr. 1169/2011) muss bei eingefrorenem Fleisch, eingefrorenen Fleischzubereitungen und eingefrorenen unverarbeiteten Fischereierzeugnissen ab dem 13. Dezember 2014 das Einfrierdatum bei Kennzeichnung des Lebensmittels angegeben werden. 5. wie sie die Tatsache beurteilt, dass es rechtlich möglich ist, tiefgekühltes oder verarbeitetes Fleisch durch ein halbes Dutzend EU-Länder zu transportieren, um damit sicherzustellen, dass die Produktions- und Vertriebswege weder vom Einzelhandel noch vom Verbraucher nachvollzogen werden können. Zu 5.: Die rechtliche Grundlage für den freien Warenverkehr innerhalb der EU ist Ar - tikel 28 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Zur Gewährleistung und Verbesserung des Verbraucherschutzes dienen die unter Nr. 1 bis 4 genannten Rechtsvorschriften. 4
5 Tiefgekühltes Rindfleisch unterliegt den gleichen Regelungen zur Kennzeichnung wie frisches Fleisch. Bei der Herstellung von Erzeugnissen aus tierischen Lebensmitteln hat der Herstellungs- oder Verpackungsbetrieb seine Zulassungsnummer auf der Verpackung anzugeben. Die Listen mit diesen Nummern werden im Internet veröffentlicht und stehen in Verbindung mit einem Länderkürzel. Daher stehen gerade für tierische Lebensmittel eine Reihe von zusätzlichen Regelungen zur Verfügung, um die Herkunft von Lebensmittel besser zuordnen zu können. Wenn wie im aktuellen Fall Fleisch aus Rumänien durch eine ganz Reihe von Agenturen oder Broker in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU gehandelt wurde, so ist die Ware selbst nur wenige Male zwischen Schlacht- bzw. Zerlegungsort und dem Verarbeitungsbetrieb in Luxemburg transportiert worden. Im vorliegenden Fall scheint eine Falschdeklaration (aus Pferdefleisch wurde Rindfleisch) durch einen der Handelsbeteiligten vorgenommen worden zu sein. Trotzdem war anhand der Handelspapiere und durch die Kennzeichnung an der Ware die tat - sächliche Herkunft schnell festzustellen. Der Einzelhandel hat in Deutschland aufgrund seines hohen Konzentrationsgrades (fünf große Handelskonzerne) einen sehr großen Einfluss auf die Herstellungsbetriebe und zu einem großen Teil auch auf die Herstellungsbedingungen. Wenn diese großen Einzelhandelsunternehmen die Herkunft der verwendeten Rohstoffe einschränken oder diese Informationen weitergeben möchten, so ist dies möglich. Es kann allerdings dazu führen, dass dadurch die Produktionskosten und damit auch die Preise für die Verbraucher steigen. Die Landesregierung sieht den Bezug von auch regional verfügbaren Lebensmitteln über weite Strecken aus Gründen der Kostenoptimierung äußerst kritisch, auch wenn der Export von Lebensmitteln mittlerweile auch für die deutsche Wirtschaft eine erhebliche Rolle spielt. Gerade im Bereich der tierischen Lebensmittel (vor allem Fleisch und Milch) werden große Mengen in andere Mitgliedstaaten der EU aber auch in Länder wie Russland und China exportiert und tragen dazu bei, die Erlöse für die Erzeuger abzusichern. Dies darf jedoch nicht zu Lasten des Verbraucherschutzes gehen. Die Landesregierung unterstützt die Produktion und Vermarktung von regional und ökologisch hergestellten Lebensmitteln mit einem hohen Maß an Transparenz über die Produktionsbedingungen. Herkunftsangaben und Transparenz sollen jedoch nicht zu einer Stigmatisierung von Produkten aus bestimmten Ländern der EU führen und müssen auch für die Lebensmittelunternehmer weiter praktikabel sein. In Vertretung Reimer Ministerialdirektor 5
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