Lernbild: Gesellschaftliche Veränderungen
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- Kerstin Beltz
- vor 7 Jahren
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1 Thema 3: Arbeitswelt Fabrik Aufgabe 1. Lies zunächst alleine die Texte zu eurem Thema und mache dir Notizen zum Inhalt. Markiere und kläre beim Lesen unbekannte Wörter! 2. Bearbeitet danach gemeinsam die folgenden Aufgaben und stellt eure Ergebnisse auf einem Lernbild dar. a. Listet auf, welche Arbeits- und Lebensbedingungen in den frühen Fabriken herrschten. b. Erklärt wie sich die Fabrikarbeit gegen Ende des 19. Jahrhunderts veränderte. c. Vergleiche im Gegensatz zu den Arbeitern, unter welchen Bedingungen Handwerker in früheren Jahrhunderten gearbeitet haben. 1
2 Thema 3: Arbeitswelt Fabrik Zu vorindustrieller Zeit prägten die Jahreszeiten und die Zahl der täglichen Sonnenstunden den Arbeitstag und die Arbeitszeiten von Bauern und Handwerkern. Ganz anders dagegen der Arbeitstag in einer Fabrik: Ein System von Maschinen, deren Kapazitäten möglichst gut ausgenutzt werden sollten, bestimmte den Arbeitstakt; eine Fabrikordnung regelte die Einzelheiten. Fabrikarbeiter mussten um 1850 durchschnittlich 14 Stunden täglich arbeiten, mindestens sechs Tage in der Woche. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Arbeitszeit gesenkt, doch betrug sie immer noch etwa 70 Wochenstunden. Zum Vergleich: In unserer Zeit müssen Vollzeitbeschäftigte in der Bundesrepublik Deutschland etwa 40 Wochenstunden ableisten. Zu den langen Arbeitszeiten kämen harte Arbeitsbedingungen: Die meisten Fabrikräume waren eng. Hitze, Feuchtigkeit, Schwüle oder Kälte erschwerten das Atmen. Lärm, Schmutz, Gase und Stäube griffen die Gesundheit an. Besonders in der Eisenindustrie oder im Bergbau war die Arbeit trotz des Einsatzes von Maschinen sehr schwer. Mit zunehmender Technisierung nahmen die körperlichen Belastungen zwar ab, aber häufig stieg das Arbeitstempo an und es gab weniger Pausen. Die Arbeiter mussten sich oft über Stunden in lärmenden Hallen auf ihre Handgriffe konzentrieren. Weder auf körpergerechte Gestaltung der Arbeitsplätze noch auf Sicherheitsvorkehrungen an den Maschinen legte man Wert. Immer wieder passierten schwere Unfälle, bei denen Arbeiter Gliedmaßen verloren oder gar getötet wurden. In zeitgenössischen ärztlichen Berichten sind zudem viele Berufskrankheiten dokumentiert, die zu früher Invalidität oder sogar zum Tod führten. Bei Arbeitern in den Bergwerken führte das Einatmen von Kohlenstaub z. B. zu Ablagerungen in den Lungen ( Staublunge"). Sie riefen Atemnot hervor; dem Körper konnte nicht genügend Sauerstoff zugeführt werden. Als Protest gegen die Arbeitsbedingungen kam es in der Anfangszeit der Industrialisierung manchmal zu spontanen Arbeitsniederlegungen. Doch konnten sich die Arbeiter bei den 2
3 autoritären Fabrikherren kaum Gehör verschaffen. Erst später, als sie sich zu Gewerkschaften zusammenschlossen und gemeinsam für Veränderungen eintraten, konnten sie Verbesserungen erreichen. Arbeitsbedingungen A) Ernst Abbe, Mitinhaber der Zeiss-Werke in Jena, beschrieb, wie er als Kind seinen Vater erlebte, der Anfang der 1850er-Jahre in einer Spinnerei arbeitete: Ich selbst habe als Junge zwischen fünf und neun Jahren jeden Tag abwechselnd mit meiner um ein Jahr jüngeren Schwester... meinem Vater das Mittagbrot gebracht. Und ich bin dabeigestanden. wie mein Vater sein Mittagessen, an eine Maschine gelehnt oder auf eine Kiste gekauert, aus dem Henkeltopf in aller Hast verzehrte, um mir dann den Topf geleert zurückzugeben und sofort wieder an seine Arbeit zu gehen... Mein Vater war eine Hünengestalt von unerschöpflicher Robustheit. aber mit 48 Jahren in Haltung und Aussehen ein Greis. Seine weniger starken Kollegen dagegen waren bereits mit 38 Jahren Greise. N. Günther, Ernst Abbe, 1946, 5. 7 f B) Ein Arzt schrieb 1894 in einem Bericht über die Auswirkungen der Fabrikarbeit auf die Arbeiter: Es ist kein schöner, kein erheiternder Anblick, die Arbeitermassen so zu betrachten, wenn sie von ihrer Tätigkeit kommen, die Männer mit den rußigen Gesichtern und abgetragenen, schmierigen Kitteln, die bleichen Weiber in ihren dürftigen Kleidern. Man sieht ihnen das Ungesunde. die harte, drückende Ausnutzung der Kräfte und das Abstumpfende ihres Berufs an.... Die Arbeitszeit ist lang, mit ganz unzureichenden, zu klein bemessenen Unterbrechungen, und dazu kommt, dass die Arbeit zum größten Teil äußerst einförmig und gleichmäßig ist, häufig den Körper in eine bestimmte, andauernde Haltung zwingt, die leicht zur Ermüdung führt und gesundheitsschädlich wirkt....so arbeiten sie einen Tag wie den anderen von früh bis abends, jahrein, jahraus, immer wieder dasselbe in denselben Räumen auf demselben Fleck. Eine Hoffnung, dass sie mit der Zeit durch Ausdauer und Anstrengung vorwärts streben könnten, gibt es nicht. D. Ziegler,, 2005, S. 47, gekürzt. 3
4 Stechuhr an einer Fabrikpforte, Berlin Jeder Arbeiter hatte eine sogenannte Stechkarte. Sie wurde bei Arbeitsantritt und -ende in die Stechuhr gesteckt, sodass genau kontrolliert werden konnte, wann der Arbeiter am Arbeitsplatz war. Akkordarbeit Ein Metallarbeiter aus Wien äußerte 1895: Ebenso verderblich wie die Maschinen in ihren Wirkungen ist das Akkordsystem, ein Schandfleck unseres Jahrhunderts. Es ist heute nicht mehr ausreichend, ein praktischer, intelligenter Arbeiter zu sein. Heute ist man schon so weit, dass man mit diesen Vorbedingungen nur noch dann ein paar Gulden verdienen kann, wenn man die höchstmögliche Spannung seiner Arbeitskraft damit in Verbindung bringt. Dieses Verdienen ist aber auch stets wieder Ursache weiterer Preisreduktionen vonseiten des nimmersatten Unternehmers. Noch schlimmer ist es bei den Maschinenarbeitern; man weiß bald nicht mehr, ob sie die Maschinen bedienen oder gar nur mehr als Teil derselben zu betrachten sind. R. Kropf (Hg.), Arbeit, Mensch, Maschine, 1987, S
5 Zusatzmaterial: Arbeitsunfall 5
6 Zusatzmaterial: Ernährung und Nahrungsknappheit Kilojoule in Nahrungsmitteln für eine Mark (Preise 1889/90) Kartoffeln Roggenmehl Hülsenfrüchte 9538 Quark 6157 Vollmilch 5447 Speck 4140 Schweinefleisch 2729 Hering 2175 Rindfleisch 963 Der Nahrungsbedarf des Menschen ist abhängig von seinem Energieverbrauch (körperliche Arbeit). Ein erwachsener Mann benötigt durchschnittlich täglich Kilojoule (= Energieeinheit) Bericht der Zeitschrift Das westphälische Dampfboot" von 1845 Wir wollen nur den gewöhnlichen Tagelöhner betrachten. Wenn sie alle Tage Arbeit haben und ihre körperlichen Kräfte aufs Äußerste anstrengen, so können sie die dringlichsten Anforderungen ihres Magens notdürftig befriedigen. Sie werden fast nie dahin gelangen, einen Notpfennig für das Alter zurückzulegen, und wenn sie krank werden oder sonst ein Unglück haben, wenn sie nur kurze Zeit arbeitslos sind, ja dann ist es freilich schlimm. An einem solchen Unglück... haben sie jahrelang zu tragen und zuweilen verwinden sie es nie. 6
7 Jahr in Prozent Anteil der Nahrungsmittelausgaben an den Gesamtausgaben Durchschnittliche Lebenserwartung (in Jahren) Jahr Lebenserwartung Text: Folgen von Hunger Kartoffeln waren das Hauptnahrungsmittel der armen Leute. Fleisch gab es nur an Sonnund Feiertagen. Die Nahrungsmittel stellten den Hauptanteil an den Gesamtausgaben einer Familie. Deshalb wurde in diesem Bereich häufig gespart. Hunger, Unterernährung, Mangelkrankheiten und früher Tod waren die Folge. 7
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