Die Individualität von GBS wurde deutlich
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- Emil Bruhn
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1 Bericht über den GBS CIDP Gesprächskreis Baden Württemberg in der Neurologischen Klinik der Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm Die Individualität von GBS wurde deutlich Beim ersten Gesprächskreis am in der Uni Ulm durften wir 40 Teilnehmer (Betroffene, Angehörige und Interessierte) begrüßen. Der Gesprächskreis war in 3 Teile gegliedert, Polyneuropathien (PNP)/GBS und CIDP, der 2. Teil Immunglobuline und Teil 3 Diskussion. Für das erste Referat Polyneuropathien, GBS und CIDP - klinisches Bild der entzündlichen Neuropathien konnten wir Prof. Dr. med. Hayrettin Tumani Neurologische Klinik, - und für das 2. Referat Immunglobulinbehandlung bei entzündlichen Neuropathien - klinische Betrachtung und Herausforderungen Frau Dr. med. Angela Rosenbohm Neurologische Klinik / Neuromuskuläre Ambulanz gewinnen. Foto Quelle: neurozentrum-ulm.de Zur Einführung erfuhren wir von Prof. Tumani etwas über die GBS Historie. Das Guillain-Barre -Syndrom wurde bereits 1859 vom französischen Arzt Jean- Landry beschrieben. Das Syndrom ist nach den französischen Ärzten Georges Charles Guillain und Jean-Alexandre Barré benannt, die es 1916 zusammen mit Andre Strobl an zwei Soldaten im ersten Weltkrieg beschrieben und zum ersten Mal die charakteristische Eiweißvermehrung Nervenwasser feststellten. Zur Häufigkeit der Ursachen einer PNP ein übersichtliches Diagramm (Bild rechts) im Die Landry-Paralyse ist eine sehr rapide fortschreitende Form, bei der innerhalb von wenigen Stunden eine künstliche Beatmung notwendig wird. Häufigkeit der Ursachen einer PNP: nach Engelhardt 1994, 1195 Patienten; Die Polyradikulitis ist die häufigste Ursache akut auftretender symmetrischer Lähmungen in der westlichen Welt. In Deutschland erkranken jährlich etwa bis Menschen daran. Das Miller-Fisher-Syndrom mit Augenmuskellähmungen und schwereren Koordinationsstörungen (Ataxie) Die Prognose dieser sehr seltenen Varianten ist hinsichtlich einer kompletten Heilung insgesamt ungünstiger.
2 Die Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (CIDP) ist im Anfangsstadium nicht vom GBS zu unterscheiden, dauert aber länger als 4 Wochen an und reagiert auf die Therapie mit Glukokortikoiden. GBS Ursache Die genaue Ursache des Guillain Barre Syndroms ist unbekannt Autoimmunpathologisch Autoantikörper (IgG oder IgM) gegen Ganglioside oder Myelin bzw. die Zellmembranen der Axone des peripheren Nervensystems Molekulare Ähnlichkeit, auch Mimikry genannt, zwischen Antigenen von Erregern (Viren und Bakterien) und Nervenstrukturen Infektionen des Magen-Darm-Traktes (Gastrointestinaltrakt) oder der Atemwege (Respirationstrakt). Häufig nachgewiesene Erreger: Campylobacter jejuni,epstein-barr-virus Zytomegalievirus, Varizella-Zoster-Virus. Selten auch Auftreten von GBS nach: Insekten- oder Zeckenstichen, Schwangerschaften oder Operationen Prof. Dr. med. Hayrettin Tumani (Bild rechts) erläuterte im Anschluss die Symptome und den Verlauf. Foto Quelle: ulm.de GBS Symptome und Verlauf -1 Das Guillain-Barré-Syndrom ist durch eine sich rasch entwickelnde Schwäche gekennzeichnet. Innerhalb weniger Tage treten die Symptome auf und verschlechtern sich kontinuierlich. Nach längstens vier Wochen ist der Höhepunkt der Erkrankung erreicht. Die Lähmungen steigen typischerweise von den Beinen über den Rumpf und die Arme zum Kopf hin auf. Dabei sind die zuerst betroffenen Muskeln in der Regel schwerer beeinträchtigt als die später befallenen. Üblicherweise sind die Muskeln symmetrisch geschwächt oder gelähmt. GBS Symptome und Verlauf -2 Neben motorischen Problemen treten auch regelmäßig sensible Reizerscheinungen auf. Sie sind meist von deutlich leichterer Ausprägung. Häufig wird begleitend auch von Schmerzen in der Muskulatur berichtet. Wesentlich ist auch die Beteiligung des vegetativen Nervensystems mit Überoder Unteraktivität des Sympathikus und Parasympathikus. Mögliche Symptome sind: schneller Anstieg oder Abfall des Blutdrucks Anstieg (Tachy-) oder Abfall (Bradykardie) der Herzfrequenz vermehrtes Schwitzen Blasen- und Darmstörungen
3 GBS Symptome und Verlauf -3 Problematisch sind Lähmungen von Atem- und Schluckmuskulatur, welche eine intensivmedizinische Therapie notwendig machen. Das Ausmaß der Lähmungserscheinungen ist sehr variabel, d.h. das Spektrum reicht von kaum merkbaren Bewegungseinschränkungen bis hin zu schweren Lähmungen großer Teile des Körpers. Bei bis zu 25% der Patienten kommt es zu einer Atemlähmung, die eine künstliche Beatmung erforderlich macht. In diesen Fällen treten oft Oneiroide auf. Das sind komplexe Träume, während derer sich die Betroffenen als wach empfinden und die ihnen auch im Nachhinein noch als sehr real erscheinen. GBS Symptome und Verlauf -4 Die Erkrankung entwickelt sich zumeist über Tage und dauert Wochen bis Monate. Die Krankheit verschlechtert sich definitionsgemäß nicht länger als 4 Wochen Zwei bis vier Wochen nach dem Höhepunkt der Erkrankung beginnt die Rückbildung der Symptome, welche sich dann über Monate und Jahre hinziehen kann. Die meisten Menschen erholen sich sehr gut vom Guillain-Barré-Syndrom. Je ausgeprägter die Lähmungen und je länger der Verlauf, desto schlechter wird die Prognose. GBS Symptome und Verlauf -5 Etwa 5 von 100 erkrankten Menschen versterben am Guillain-Barré-Syndrom, zumeist durch Komplikationen des Kreislaufsystems (reflektorischer Herzstillstand oder fulminante Lungenembolie bei Beinvenenthrombosen) oder schwere Infektionen (meist beatmungsbezogene Pneumonie). Bei zwei von zehn Menschen bleiben Funktionsstörungen zurück. Rezidive (Rückfälle) werden nur ganz selten beobachtet. Die Prognose der axonalen Verlaufsform ist ungünstiger, hier verbleiben oft mehr oder weniger ausgeprägte Lähmungen. GBS - Diagnostik In der klinischen Untersuchung findet man typischerweise einen: Verlust der Muskeleigenreflexe Hirnnervenausfälle: in ca. 50%:-Fazialisparese (oft beidseitig Diplegia facialis) sensible Ausfälle: sind meist gering, Fälle mit sensibler Beteiligung und ansonsten typischer Symptomatik: -kommen jedoch vor Neurographie, transkranielle Magnetstimulation, Elektromyografie und somatosensible evozierte Potenziale Neurographie: Latenzverzögerung oder Verlust: weiter findet man: in der motor. Neurographie Verlängerung: NLG-Verlangsamungen erst im Verlauf: Fazialis-Neurographie/magn. Stimulation: oft auch bei klinisch intaktem Fazialis: -der F-Wellen -Leitungsblöcke -DML -ab 3. oder 4. Woche -pathologische Befunde
4 EMG: 2-3 Wochen nach Erkrankungsbeginn als Ausdruck sekundärer axonaler Schädigung: -pathologische Spontanaktivität Liquor cerebrospinalis (Nervenwasser) Nach der ersten Woche kann eine Eiweißvermehrung bei normaler Zellzahl festgestellt werden (zytoalbuminäre Dissoziation). Blut: Zur Labordiagnostik eignet sich der Antikörpernachweis gegen das GM1. Bei neun von zehn Menschen mit dem Miller-Fisher-Syndrom ist ein Antikörper gegen das Gangliosid GQ1b nachweisbar. GBS Therapie 1 Das Syndrom kann vollständig geheilt werden. Vorausgesetzt wird allerdings die rechtzeitige Diagnose. Als Basistherapie für leichtere Verlaufsformen kommen vor allem prophylaktische Maßnahmen in Frage. Verhinderung von Infektionen und Thrombosen sowie Physiotherapie zur Vorbeugung von Kontrakturen stellen wesentliche Schritte dar. Bei akuten und schweren Fällen ist eine Immuntherapie angezeigt. Dabei können entweder Immunglobuline in Kombination mit Kortikoiden gegeben, oder eine Plasmapherese durchgeführt werden. Die Therapie mit Immunglobulinen ist zwar kostspieliger, allerdings deutlich schonender und wird von weniger Nebenwirkungen begleitet. Die Plasmapherese stellte sich vor allem bei rasch fortschreitenden und lang dauernden Krankheitsverläufen als wirkungsvoll heraus GBS Therapie 2 Die symptomatische Behandlung ist in schweren Fällen von eminenter Bedeutung! engmaschige Überwachung der Atemfunktion, ggfs. rechtzeitig vor kritischer Dekompensation Intubation und Beatmung engmaschige kardiovaskuläre Überwachung wegen vegetativer Neuropathie mit arteriellem Hochdruck (Herzinsuffizienz!) und Tachyarrhythmie, ggfs. gezielte Therapie, Vermeiden von Vagusreizen engmaschige Überwachung der Blasenfunktion, ggfs. Katheter ggfs. adäquate Bekämpfung der neuropathischen Schmerzen (Analgetika, Antidepressiva, Gabapentin, Carbamazepin) psychologische Führung und ggfs. Sedierung tetraparetischer Kinder, Benzodiazepine wegen Ateminsuffizienz kontraindiziert! Lagerung, Dekubitusprophylaxe GBS Therapie 3 Rehabilitation Beginn einer passiven Physiotherapie in der Plateauphase, zunehmende Aktivierung mit beginnender Besserung. Konsequente Kontrakturprophylaxe. Bei protrahierten Verläufen mit eingeschränkter Mobilität geeignete Versorgung mit Hilfsmitteln (Rollstuhl, Stehbrett, Duschhilfe etc.), evtl. stationäre Rehabilitation. Das zweite Referat wurde von Frau Dr. med. Angela Rosenbohm gehalten. Sie befasste sich mit:
5 Intravenöse polyvalente Immunglobuline (IVIG) : Herstellung; erster Einsatz Aufgereinigte, gepoolte polyklonale Antikörper aus einer großen Anzahl von humanem Plasma gesunder Spender ( ) IVIG enthält polyvalente Immunoglobuline (Isotyp IgG) als wirksame Substanz. Bei Herstellung Inaktivierung von Viren und Elimination von Aggregaten unter Erhalt der biologischen Aktivität Das erhaltene Endprodukt muss frei von Pathogenen oder anderen Kontaminationen sein. Erster Behandlungserfolg bei idiopathischer Thrombozytopenie 1981 Wirkungsmechanismus IVIG-Präparationen enthalten > 97% intakte polyspezifische IgG-Moleküle Verteilung der IgG-Subklassen ähnlich wie im normalen Serum Spuren von IgAund IgM, löslichen CD4-, CD8-und HLA-Molekülen, verschiedene Zytokinesowie Antikörper gegen eine große Zahl von Zytokinen, deren physiologische und klinische Relevanz jedoch noch unklar ist Halbwertszeit der IVIG beträgt ungefähr drei Wochen Wirkungsmechanismus nur z.t. bekannt: Substitution von IgG-Antikörpern (z.b. im Rahmen sekundärer Antikörpermangel- Syndrome bei CLL oder Multiplem Myelom) Blockade von Fc-Rezeptoren - Hemmung der Komplementaktivierung - Zufuhr anti-idiotypischer Antikörper Anti-Zytokineffekte - Modulation von B-und T-Zell-Aktivierung - verstärkte Clearancevon Autoantikörpern Darreichungsformen Intravenös 6%, 10% Subcutan 20% mit Pumpe (Hizentra): Substitution bei primärem Antikörpermangelsyndrom Myelomoder CLL mit sekundär schwerer Hypogammaglobulinämie/rezidiv. Infektionen Produktwechsel Bei Auftreten von Nebenwirkungen macht ein Produktwechsel Sinn Der Herstellungsprozess bestimmt die Eigenschaften des Endproduktes. Sowohl Verträglichkeit, als auch Wirksamkeit werden durch das Herstellungsverfahren in hohem Maße beeinflusst. Erster Einsatz von Immunglobuline IVIg in der Neurologie Bei MS 1982 / Myasthenia gravis 1984 / Chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie = CIDP 1985 Guillan Barré Syndrom 1988 Guillain-Barré-Syndrom Akute aufsteigende Lähmungen, symmetrisch innerhalb von 4 Wochen 20-30% benötigen Beatmung. Bis zu 10% Sterblichkeit. Sehr heterogen Insgesamt gute Prognose
6 Entstehungsmechanismus GBS Carson-DeWitt, Rosalyn, and Tish Davidson. "Guillain-Barré syndrome." The Gale Encyclopedia of Medicine. Ed. Laurie J. Fundukian. 4th ed. Detroit: Gale, Nyati und Nyati, BioMed Research International 2013
7 Guillain-Barre-Syndrom Beginn (%) Höhepunkt (%) Parästesien Lähmungen Beine Lähmungen Arme Gesicht Pharynx Areflexie Sensibilitätsstörungen Schmerzen Sphincterstörungen 15 5 Ataxie Atemstörung IVIG beim GBS Wirksam (mehrere kontrollierte, randomisierte Studien) Mittel der 1. Wahl (alternativ zu Plasmapherese) Zugelassen für diese Indikation Mehrere gut durchgeführte Studien: Weniger Patienten benötigten Beatmung, Zeit auf Intensivstation kürzer, Schnellere klinische Besserung/ unabhängiges Gehen Chronisch inflammatorischedemyelinisierendepolyneuropathie (CIDP) Subakute oder chronisch progressive (>8 Wochen) oder schubförmige Polyneuropathie Motorisch und sensibel Histologisch Demyelinisierungmit Zeichen der Remyelinisierung (Zwiebelschalenformationen) ICE Studie 2009: Zulassung IVIG (Gamunex ), inzwischen auch IgVena und Privigen zugelassen Induktionstherapie 2g/kg KGüber 2-5 Tage Frau Dr. med. Angela Rosenbohm (Bild) erläuterte auch die möglichen Nebenwirkungen der Immunglobuline. Foto Quelle: ulm.de Nebenwirkungen (StangelM, Hartung HP, Marx P, Gold R.Side effects of high-dose intravenous immunoglobulins. ClinNeuropharmacol. 1997; 20: ) Häufig (mild): Allgemeinreaktionen treten in Abhängigkeit von der verabreichten Einzeldosis und der Infusionsgeschwindigkeit bei 2-6% der Patienten auf Kopfschmerz Myalgie/Arthralgie Fieber/Schüttelfrost Rückenschmerz Brustschmerz Übelkeit/Erbrechen Erhöhung der Leberenzyme Aseptische Meningitis
8 Seltene Nebenwirkungen schwer Anaphylaktische Reaktionen HämolytischeAnämie Hepatitis C Zerebraler Infarkt Enzephalopathie Akutes Nierenversagen Herzinsuffizienz ThrombembolischeEreignisse Myokarditis mild Migräne Leukopenie/Neutropenie Hyperglykämie Proteinurie Hypertension/Hypotension Tachykardie Pruritus/Hautausschlag Immunkomplex-vermittelte Arthritis Uveitis Alopezie Hypothermie Praktische Handhabung Infusion soll langsam gestartet und graduell erhöht werden auf die vom Patient maximal tolerierte Geschwindigkeit eine Pflegekraft kontrolliert die Vitalparameter und mögliche Reaktionen Laboruntersuchungen vor Beginn einer IVIg-Therapie: Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte, Blutzucker, Leberenzyme und Harnstatus Nicht obligat: Blutgruppe, IgA, krankheitsrelevante Serologie Der Impferfolg von aktiven Schutzimpfungen mit abgeschwächten Lebendimpfstoffen wie Masern-, Röteln-oder Mumpsimpfstoffen kann herabgesetzt sein. Fazit: Bei unseren Erkrankungen gibt es keine Standardtherapie, jeder Fall ist ein Einzelfall Die Referate wurden von den Teilnehmern mit viel Beifall belohnt, und die anschließende Diskussion wollte kein Ende nehmen. Auch nach dem offiziellen Teil wurden die Ärzte noch in Einzelgesprächen befragt. Der Vorstand der Deutschen GBS Initiative e.v. bedankte sich für eine erfolgreiche Veranstaltung bei den Referenten und auch den Teilnehmern. Außerdem wurde der Gesprächskreis von der Firma Grifols unterstützt, der wir auch unseren Dank aussprechen durften. Frau Dr. Angela Rosenbohm (mittig sitzend) und Prof. Dr. Hayrettin Tumani (stehend) im Kreis der Teilnehmer.
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