Magie am ottoberg. Wohnreportage Ottoberg

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Kajetan Holst
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1 Magie am ottoberg Text: Roland Merz, Fotos: Martin Meier Im Herzen des Thurgaus hat die Architektin Elisabeth Städler die Vorzüge des schmalen Bauplatzes hoch am Berg optimal genutzt und ein Haus für zwei Personen unaufgeregt, behutsam und doch selbstbewusst in die Landschaft gefügt. Im Gegensatz zur Südseite, wo sich das Haus vollkommen zur Aussicht öffnet, entwickelte die Architektin auf der Eingangsseite eine Fassade, die mit wenigen bewusst gesetzten Fenstern einen geschlossenen Eindruck vermittelt. Die letzten Sonnenstrahlen streichen über die sanft geschwungenen Hügelkuppen. Ein warmes, goldenes Licht verwandelt die Landschaft mit ihren sattgrünen Wiesen und Feldern in den verschiedensten Gelb-, Braun- und Grüntönen in eine intime Märchenlandschaft. Der Blick vom Ottoberg über die Stadt Weinfelden und seine Umgebung mitten im Thurgau ist schlicht berauschend. «Vor einigen Jahren nahm ich regelmässig an einem Bike-Rennen teil, das genau hier vor unserer Haustür vorbeiund anschliessend steil den Hang hinunterführte», erzählt der Bauherr bei einem Gespräch auf der Terrasse. «Als ich dieses Stückchen Erde sah, sagte ich mir, hier muss ich einmal wohnen.» Heute lebt er zusammen mit seiner Frau in den eigenen vier Wänden am Ottoberg und kann den Reiz der Landschaft geniessen. Vor zwölf Jahren klopfte der Bauherr ein erstes Mal bei der Gemeinde an und regte an, man könne doch diese kleine Ecke am Dorfrand von Ottoberg einzonen. Da die Mühlen in Baugremien oft langsam mahlen, dauerte es Jahre, bis sich der Traum des Ehepaars auf dem begehrten Grundstück verwirklichen liess. Als es endlich so weit war, stand mit Elisabeth Städler eine Architektin bereit, die die Wünsche der zukünftigen Bewohner verinnerlichte und die Vorzüge des Baulandes optimal zu nutzen wusste. «Wir sind Gast auf diesem Grundstück», beschreibt die Architektin ihren Entwurfsansatz. «Sensibel machen wir uns auf die Suche nach den Qualitäten des Ortes. Auf modische Effekte verzichten wir zugunsten einer zeitlosen Architektur, reduziert und schnörkellos. Wir entwerfen Innen- und Aussenräume für Menschen.» Die Architektin aus Kreuzlingen entwickelte auf dem

2 Grundstück, das eine Bautiefe von maximal 9 m zuliess, ein längliches, zweistöckiges Volumen, das sich sanft die Hangkante entlang entwickelt und in den Berg zu schlüpfen scheint. «Das geometrische Grundelement bilden die rechteckigen Baukörper von Wohnhaus und Garage. Materialität und Farbe der Gebäudehülle sind zurückhaltend. Sie tragen zur selbstverständlichen und unangestrengten Sprache der Architektur bei», beschreibt Elisabeth Städler. Um den Bedürfnissen des Ehepaars gerecht zu werden und den eng bemessenen Platz optimal zu nutzen, sind die verschiedenen Raumzonen fliessend ineinanderverwoben. Raumhohe, rahmenlose Schiebefensterelemente von Sky-Frame heben die Grenzen zwischen innen und aussen auf. Nirgends im Haus spürt man Enge. Das Gefühl von Weite und Grosszügigkeit entsteht durch den Blick in die Landschaft. Das Haus betritt man auf der Nordseite. Hier ist die geschlossen gehaltene Fassade durch einzelne Öffnungen geprägt, die das Sonnenlicht bewusst in die verschiedenen Zonen scheinen lassen. Vom kleinen Entree gelangt man entweder in ein Studio mit Ankleide und Bad, in den rückwärtigen Erschliessungsbereich oder direkt in den Wohnraum. Der Grundriss im Erdgeschoss ist so konzipiert, dass das Ehepaar später auf einer Ebene barrierefrei leben kann. Einmal von der funktional bemessenen Erschliessungszone im Wohnzimmer angekommen, wird man gleich von der atemberaubenden Sicht auf die Umgebung und die vielen Weinreben in Bann gezogen. Küche, Ess- und Wohnbereich bilden einen grossen Lebensraum, der sich vollkommen zur Aussicht orientiert. Um den Eindruck der fliessenden Räume zusätzlich zu unterstreichen, wählte man für alle Bereiche im Haus, auch in den Nasszonen, gebürstete und geölte Eichenholzdielen von Mafi. Über der Sofalandschaft öffnet sich der Raum über zwei Stöcke bis unters Flachdach. Eine dunkelviolette Wand setzt einen wohltuenden Farbtupfer in dem sonst schlicht gehaltenen Bereich. Eine grossflächige Terrasse mit Thermoesche ausgelegt, zieht sich entlang der ganzen Hausfront. Die sogenannte Knickarmstore lässt sich je nach Sonnenstand unterschiedlich positionieren. Die perforierte Textur der dunklen Storenplanen lässt stets genügend Licht durchscheinen. Unter dem breiten Vordach entsteht so ein intimes, loggiaähnliches Ambiente. Auch im Obergeschoss hat die Architektin eine grosszügige Loggia geschaffen. Das Bad mit einem frei stehenden Whirlpool und das Schlafzimmer des Ehepaars bilden mit der geschützten Terrasse ähnlich dem Erdgeschoss einen zusammenhängenden, fliessenden Lebensraum. Für den Schlafbereich wünschte sich der Bauherr Arve als bestimmendes Material. Die Architektin hat eine zeitgemässe Interpretation eines traditionellen Arvenzimmers geschaffen. Holz und Leder, von Handwerkern hochwertig verarbeitet, bestimmen die Oberflächen. Durch die intensive und fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Architektin und Bauherrschaft entstand ein funktionales und doch stimmungsvolles Haus in Minergie-Standard, das wie ein Massanzug perfekt auf die beiden Bewohner abgestimmt ist. Auch die beiden Kühe draussen vor der Wiese haben das schlichte Gebäude lieb gewonnen und begrüssen die Bewohner und ihre Gäste jeden Morgen mit einem neugierigen Muh. Tradition und Moderne geben sich am Ottoberg die Hand. $ Der Wohn- und der Essbereich verschmelzen mit der Küche zu einem grossen Lebensraum

3 Grosszügige Vordächer prägen die Terrasse vor dem Wohnbereich sowie Wohnreportage die Loggia Ottoberg im Obergeschoss. Wenn die mächtigen Fensterscheiben (Schiebefenstersystem von Sky-Frame) zur Seite geschoben und die leicht transparenten Sonnenstoren runtergezogen sind, entsteht der Eindruck eines Ortes, der ohne Schwelle von innen nach aussen fliesst

4 Die Küche mit der klaren, funktionalen Anordnung der Kochstelle orientiert sich wie beinahe jeder Raum im Haus zur berauschenden Aussicht hin. Die Nähe zur Natur spielte denn auch für den Bauherren eine sehr grosse Rolle. Ihm war es wichtig, im Einklang mit der Natur leben zu können. So wird beispielsweise kostbares Regenwasser in einem Tank aufgefangen, um es für die Bewässerung zu nutzen. Die langen geölten und gebürsteten Eichendielen prägen in sämtlichen Räumen das Ambiente. Von der Leseecke im Obergeschoss kann der Blick sowohl über die Loggia in die Landschaft wie auch hinunter in den Wohnraum schweifen. Die Räume im ganzen Haus sind bedingt durch die Grundstücksgrösse eher klein dimensioniert. Durch die Grundrissgestaltung und das Zusammenspiel mit den fliessenden Aussenräumen entsteht jedoch der Eindruck von Grosszügigkeit

5 Der Schlafbereich ist ein modern interpretiertes Arvenzimmer. Naturmaterialien spielen in diesem Haus generell eine wichtige Rolle. Es wurde zudem grosser Wert darauf gelegt, dass sie weitestgehend aus der Region stammen. 1. OG 1 Loggia 2 Arvenholzzimmer 3 Bad 4 Leseecke 5 Luftraum Wohnen 6 Ankleide 7 Zimmer EG 1 Studio 2 Terrasse 3 Küche 4 Essen 5 Wohnen 6 Bad und Umkleide 7 Entrée 8 Zimmer 9 Garage

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