Friedrich A. M. Baumeister. Ketogene Diät. Ernährung als Therapiestrategie bei Epilepsien und anderen Erkrankungen

Transkript

1 Friedrich A. M. Baumeister Ketogene Diät Ernährung als Therapiestrategie bei Epilepsien und anderen Erkrankungen

2 Friedrich A.M. Baumeister Ketogene Diät

3 This page intentionally left blank

4 Friedrich A.M. Baumeister Ketogene Diät Ernährung als Therapiestrategie bei Epilepsien und anderen Erkrankungen Mit 85 Abbildungen und 38 Tabellen

5 Prof. Dr. med. Friedrich A.M. Baumeister Leiter Neuropädiatrie Klinik für Kinder und Jugendmedizin RoMed Klinikum Rosenheim Pettenkoferstraße Rosenheim Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Besonderer Hinweis: Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische oder therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung. Sowohl der Autor als auch der Verlag appellieren an jeden Benutzer, aufgefallene Ungenauigkeiten dem Autor schriftlich mitzuteilen In diesem Buch sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Werk mit allen seinen Teilen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Nutricia GmbH unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Nutricia GmbH reproduziert werden by Nutricia GmbH, Erlangen, Deutschland Internet: Printed in Germany Lektorat: Lektorat und redaktionelle Bearbeitung durch den Autor Umschlaggestaltung: Reform-Design, Stuttgart, Gestaltung: Arthur Elser, Heilbronn Satz Inhalt: Fotosatz Fürsich GmbH, Neckarsulm, Druck und Einband: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten/Allgäu ISBN

6 Vorwort Die Ketogene Diät ist eine therapeutische Ernährungsform. In Vergessenheit geraten, erlebt sie eine Renaissance. Diese Wiederbelebung verdankt sie ihrer Effektivität bei der Behandlung von pharmakoresistenten Epilepsien im Kindesalter sowie bestimmter Stoffwechseldefekte. Als therapeutische Ernährungsform für bestimmte Krankheitsbilder darf sie nicht mit alternativen, ideologisch begründeten Ernährungskonzepten verwechselt werden. Als komplexe und aufwendige Therapie mit Kontraindikationen und Nebenwirkungen erfordert die Ketogene Diät eine strenge Indikationsstellung. Die klinische Anwendung der Ketogenen Diät ist mit Vorurteilen konfrontiert. Durch ihren hohen Fettanteil gilt sie als ungenießbar. Dabei sind Fette Träger von Geschmacks- und Aromastoffen. Nicht zuletzt sind deswegen mit Fett angereicherte Speisen sehr beliebt. Die Zubereitung von Speisen mit hohem Fettanteil, wie es die Ketogene Diät erfordert, benötigt zwar ein spezielles Wissen und Erfahrung, letztlich benötigt aber jede differenzierte Nahrungszubereitung, ob ketogen oder nicht, spezielle Kenntnisse der Kochkunst. Die Ketogene Diät ist jedoch nicht nur eine Herausforderung für die Diätassistentin. Sie fordert von den betreuenden Ärzten ein spezielles Wissen über die Indikationen, Kontraindikationen und Nebenwirkungen. Für ihre effektive Anwendung ist das Verständnis der physiologischen und biochemischen Hintergründe unerlässlich. Die Idee zu diesem Buch entstand, weil es im deutschsprachigen Raum nur spärlich Literatur zur Ketogenen Diät gibt. Das Buch hat zur Zielsetzung, diese Lücke zu schließen, Vorurteilen zu begegnen und dem Wissen um die Ketogene Diät eine breitere und solide Basis zu verschaffen. Aufbauend auf einem Überblick über die für das Verständnis der Ketogenen Diät wichtigen physiologischen und biochemischen Grundlagen folgt die Darstellung der Indikationen, der Kontraindikationen, der Nebenwirkungen sowie der Effektivität der Ketogenen Diät bei verschiedenen Erkrankungen. Des Weiteren folgen praxisorientierte Kapitel zur Anwendung und Durchführung. Dieses Buch versteht sich als praxisorientierter Leitfaden für die professionellen Berufsgruppen, die sich mit der Anwendung der Ketogenen Diät befassen, und richtet sich daher im Besonderen an Ärztinnen und Ärzte, Diätassistentinnen und Diätassistenten sowie Krankenschwestern und Krankenpfleger. Dank gilt all denjenigen, die durch ihre konstruktive Kritik wesentliche Vorarbeiten geleistet haben. Besonders möchte ich mich bedanken bei meinem TEAM in der Neuropädiatrie, allen voran Edith Riemann, welche als Diätassistentin langjährige Erfahrung in der praktischen Umsetzung der Ketogenen Diät besitzt, und den Stationsschwestern der Neuropädiatrischen Stationen für ihren Einsatz um die Patienten und ihr Engagement für die Ketogene Diät, des Weiteren meinen Doktorandinnen Gisela Liebhaber und Kerstin von Studnitz für 5

7 ihre Unterstützung. Dank gilt auch meinen Kollegen, insbesondere Klaus Gempel und Peter Freisinger, für ihren freundschaftlichen Rat und die anregenden Diskussionen. Zuletzt möchte ich mich noch herzlich bei Herrn Brehl, bis 2008 Geschäftsführer der Firma SHS (heute Nutricia GmbH), bedanken, der durch seine Geduld und beharrliche Unterstützung dieses Buch ermöglichte. Für die bisherigen und zukünftigen Anregungen, die in einer nachfolgenden Auflage berücksichtigt werden, danke ich allen Lesern und bitte um Zuschrift Rosenheim, im Juni 2012 Friedrich A.M. Baumeister 6

8 Inhalt Einleitung I GRUNDLAGEN DER KETOGENEN DIÄT Geschichte der Ketogenen Diät Ketonkörper und ihre Eigenschaften Stoffwechsel der Ketonkörper Die Bedeutung der Ketonkörper für den Energiestoffwechsel Ketogenese Hormonelle Regulation der Ketogenese Ketonämie Gewebsspezifischer Metabolismus von Ketonkörpern und Fetten Ketolyse Wirkmechanismen der Ketogenen Diät II INDIKATIONEN, KONTRAINDIKATIONEN UND NEBENWIRKUNGEN DER KETOGENEN DIÄT Konzept der Ketogenen Diät Indikationen und Effektivität der Ketogenen Diät Überblick über gesicherte Indikationen und Anwendungsberichte der Ketogenen Diät Orale Anwendung von Ketonkörpern Pharmakoresistente Epilepsien Krankheitsbild der pharmakoresistenten Epilepsien Effektivität der Ketogenen Diät bei pharmakoresistenten Epilepsien Alter und Effektivität der Ketogenen Diät Ätiologie der Epilepsien und Effektivität der Ketogenen Diät Anfallsform und Effektivität der Ketogenen Diät

9 Anfallsfrequenz und Effektivität der Ketogenen Diät Vorangegangene antikonvulsive Therapie und Effektivität der Ketogenen Diät Epilepsiedauer und Effektivität der Ketogenen Diät Geschlecht und Effektivität der Ketogenen Diät Ketonämie und Effektivität der Ketogenen Diät Kalorienrestriktion und Effektivität der Ketogenen Diät Positive Nebeneffekte der Ketogenen Diät Schlussfolgerung zur Anwendung der Ketogenen Diät bei pharmakoresistenten Epilepsien Grundsätze für die Durchführung der Ketogenen Diät bei pharmakoresistenten Epilepsien Induktion der Ketose bei pharmakoresistenten Epilepsien Kalorienzufuhr bei pharmakoresistenten Epilepsien Beurteilung der Effektivität bei pharmakoresistenten Epilepsien Behandlungsdauer bei pharmakoresistenten Epilepsien Antikonvulsiva und Ketogene Diät Langzeitbetreuung bei pharmakoresistenten Epilepsien Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt (De Vivo Disease) Krankheitsbild des Glukosetransporter (GLUT 1)-Defektes Effektivität der Ketogenen Diät beim GLUT-1-Defekt Grundsätze für die Durchführung der Ketogenen Diät beim Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt Induktion der Ketose beim Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt Behandlungsdauer beim Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt Kalorienzufuhr beim Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt Verlaufsbeurteilung beim Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt Langzeitbetreuung beim Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt Medikamente beim Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt Pyruvatdehydrogenase-Mangel Krankheitsbild des Pyruvatdehydrogenase-Mangels Effektivität der Ketogenen Diät beim Pyruvatdehydrogenase- Mangel Grundsätze für die Durchführung der Ketogenen Diät beim Pyruvatdehydrogenase-Mangel Induktion der Ketose beim Pyruvatdehydrogenase-Mangel

10 Kalorienzufuhr beim Pyruvatdehydrogenase-Mangel Behandlungsdauer beim Pyruvatdehydrogenase-Mangel Verlaufsbeurteilung beim Pyruvatdehydrogenase-Mangel Langzeitbetreuung beim Pyruvatdehydrogenase-Mangel Komplex-I-Defekt der Atmungskette Krankheitsbild der Atmungskettendefekte Effektivität der Ketogenen Diät bei Komplex-I-Defekt der Atmungskette Grundsätze für die Durchführung der Ketogenen Diät bei Komplex-I-Defekt der Atmungskette Induktion der Ketose bei Komplex-I-Defekt der Atmungskette Kalorienzufuhr bei Komplex-I-Defekt der Atmungskette Behandlungsdauer bei Komplex-I-Defekt der Atmungskette Verlaufsbeurteilung bei Komplex-I-Defekt der Atmungskette Langzeitbetreuung bei Komplex-I-Defekt der Atmungskette Rett-Syndrom Krankheitsbild des Rett-Syndroms Effektivität der Ketogenen Diät beim Rett-Syndrom Grundsätze für die Durchführung der Ketogenen Diät beim Rett- Syndrom Induktion der Ketose beim Rett-Syndrom Kalorienzufuhr beim Rett-Syndrom Behandlungsdauer beim Rett-Syndrom Verlaufsbeurteilung beim Rett-Syndrom Langzeitbetreuung beim Rett-Syndrom Kontraindikationen der Ketogenen Diät Nebenwirkungen der Ketogenen Diät Apathie, verminderte Vigilanz Übelkeit und Erbrechen Appetitminderung Dehydratation Hypoglykämie Hyperlipidämie Metabolische Azidose

11 2.4.8 Mangelzustände Carnitin-Mangel Thiamin-Mangel Selen-Mangel Zink-Mangel Eiweiß-Mangel Störungen im Kalzium-Phosphat- und Knochenstoffwechsel Wachstumsstörungen Gastrointestinale Nebenwirkungen Hungergefühl Pankreatitis Nephrolithiasis Kardiale Nebenwirkungen Störungen des Gerinnungssystems Hämatologische Nebenwirkungen Schädigung der Basalganglien Medikamenteninteraktion Diagnostische Irrtümer Kosten III ANWENDUNG DER KETOGENEN DIÄT Formen der Ketogenen Diät Das TEAM Arzt/Ärztin Diätassistent/in Krankenschwestern und Pfleger Durchführung der Ketogenen Diät Vorgespräche und Patientenauswahl Vordiagnostik zum Ausschluss von Kontraindikationen Einleitung der Ketogenen Diät

12 3.3.4 Festlegung der Ketogenen Diät Kalorienzufuhr Altersabhängiger Energiebedarf Energiebedarf und muskuläre Aktivität Energiebedarf und Grunderkrankung Energiebedarf und Größe sowie Gewicht Eiweißbedarf Fettgehalt bzw. Ketogener Quotient Fette Kohlenhydrate Berechnung der Ketogenen Diät Gestaltung der Ketogenen Diät Flüssigkeitszufuhr unter Ketogener Diät Substitution von Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen unter Ketogener Diät Bestimmung von Ketonkörpern Beurteilung der Ketonämie Beurteilung der Einstellung Verlaufskontrollen zum Ausschluss von Nebenwirkungen Ketogene Diät und Medikamente Ketogene Diät beim Säugling Ketogene Diät im Kindesalter Ketogene Diät bei Jugendlichen Schulungen und Beratungen Langzeitbetreuung IV FRAGEN UND PROBLEME ZUR KETOGENEN DIÄT Ketogene Diät ein Bruch mit bisherigen Ernährungsgewohnheiten? Adipositas unter Ketogener Diät? Hunger unter Ketogener Diät? Diätfehler durch nicht vorgesehene Kohlenhydrate?

13 4.5 Anfallsrezidive bei Respondern unter Ketogener Diät? Keine Anfallsreduktion bzw. kein Therapieerfolg unter Ketogener Diät? Ketogene Diät eine vollwertige Ernährung? Verreisen und Urlaub unter Ketogener Diät? Sicherstellung der Ketogenen Diät außerhalb der Familie (Kindergarten/ Schule)? Ketogene Diät und Restaurantbesuch? Appetitverlust unter Ketogener Diät? Aufstoßen unter Ketogener Diät? Ketogene Mahlzeiten werden abgelehnt? Teile einer Ketogenen Mahlzeit werden abgelehnt? Infektionskrankheiten unter Ketogener Diät? Narkosen unter Ketogener Diät? Ketogene Diät und Impfungen? Obstipation und Ketogene Diät? Müssen alle Nahrungsmittel in die Berechnung der Ketogenen Diät eingehen? Fruchtsäfte und Limonaden während der Ketogenen Diät? Medikamente und Ketogene Diät? Kann die Ketose zu intensiv werden? Wie sollen Eltern zu Hause die Ketose kontrollieren? Wie genau muss die Waage sein? Wie lange wird die Ketogene Diät beibehalten? Für welche Erkrankungen ist die Ketogene Diät eine Therapie? Ketogene Diät eine natürliche Therapie? V NÜTZLICHES Informationsbrief: Epilepsie und Ketogene Diät Informationsbrief: Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt und Ketogene Diät

14 5.3 Informationsbrief: Pyruvatdehydrogenase-Mangel und Ketogene Diät Patientenausweis: Pharmakoresistente Epilepsie Patientenausweis: Glukosetransporter (GLUT 1)-Defekt Patientenausweis: Pyruvatdehydrogenase-Defekt Antrag für die Krankenkasse zur Kostenübernahme für Responder bei pharmakoresistenten Epilepsien für Mehraufwand der Ernährungstherapie und Medikamente Antrag für die Krankenkasse zur Kostenübernahme für Glukosetransporter-Defekt für Mehraufwand der Ernährungstherapie und Medikamente Antrag für die Krankenkasse zur Kostenübernahme für Pyruvatdehydrogenase-Mangel für Mehraufwand der Ernährungstherapie und Medikamente Internetadressen Literaturverzeichnis Stichwortverzeichnis

15 Zur Umschlagabbildung Die Umschlagabbildung zeigt in Form eines Kreisdiagramms anteilig, bezogen auf die Energiezufuhr, als Sektoren die Nahrungsbestandteile der Ketogenen Diät: Fett in Gelb, Eiweiß in Blau, Kohlenhydrate in Orange. Das Gehirn symbolisiert das Organ, worauf die Ketogene Diät in erster Linie ausgerichtet ist. Symbolisch steht für das zu behandelnde Problem das sich in der 18 F-Deoxyglukose-Positronenemissionstomographie hypometabol (blau) darstellende epileptogene Gehirnareal eines Kindes mit Temporallappenepilepsie. 14