Aufwandsschätzung bei Projekten nach dem extreme Programming-Paradigma

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1 Aufwandsschätzung bei Projekten nach dem extreme Programming-Paradigma Andreas Schmietendorf Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Monografie (Oktober 2009)

2 Kontakt zum Autor: Prof. Dr.-Ing. habil. Andreas Schmietendorf HWR Berlin, Berlin School of Economics and Law Fachbereich II Wirtschaftsinformatik/Systementwicklung Neue Bahnhofstraße Berlin Telefon: +49-(0) Fax: +49-(0) URL:

3 Magdeburger Schriften zum Empirischen Software Engineering Andreas Schmietendorf Aufwandsschätzung bei Projekten nach dem extreme Programming-Paradigma Shaker Verlag Aachen 2009

4 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Copyright Shaker Verlag 2009 Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen und der Übersetzung, vorbehalten. Printed in Germany. ISBN ISSN Shaker Verlag GmbH Postfach Aachen Telefon: / Telefax: / Internet: info@shaker.de

5 Vorwort Die Aufwandschätzung im IT-Bereich ist nach wie vor eine der wichtigsten Aufgaben für die Gewährleistung einer Software-Entwicklung im Budget und in der Zeit. Aufgrund dieser Bedeutung befassen sich die unterschiedlichsten Communities, wie z. B. international als International Function Point User Group (IFPUG), als International Software Benchmarking Standards Group (ISBSG) und als Common Software Measurement International Consortium (COSMIC), sowie beispielsweise als nationale Verbände der Niederlanden (NESMA), in Finnland (FISMA), in Deutschland (DASMA) oder Großbritannien (UKSMA), mit dieser Problemstellung. Hierbei haben sich eine Reihe von Schätzverfahren (Estimation Methods) etabliert, die im Folgenden einmal kurz aufgelistet sind - Algorithmische Modelle (Constructive Cost Models (COCOMO); Costbased Quality Model (COQUAMO), Software Lifecyle Management (SLIM) usw.) - Expertisen und Expertenschätzungen (Delphi-Methode, Wideband-Delphi- Methodenerweiterung usw.) - So genannte Point-Metriken (IFPUG Function Point Analysis (FPA), Mark II FPA, COSMIC Full Function Points (CFP), Use Case Points (UCP) usw.) - Analogieschlussmethoden (Proportionalitätsverfahren, Pendant-Schätzung usw.) - Technologiebezogene Methoden (Weighted Average of Individual Offsets (WOA), Constructive Cost Model for COTS (COCOTS), Object Points usw.) - Proprietäre Lösungen (firmenspezifische Lösungen, firmenbezogene Adaption vorhandener (standardisierter) Methoden usw.) Der Wert der Anwendung einer derartigen Methode bestimmt sich vor allem durch den empirischen Hintergrund, d. h. welche Schätzerfahrungen für die unterschiedlichsten Systementwicklungen bereits vorliegen bzw. für die aktuelle Schätzaufgabe genutzt werden können. Die Idee des so genannten White Box Estimation besteht nun darin, diesen Erfahrungshintergrund sichtbar zu machen, das heißt die Projektbeschreibungen für alle nachnutzbar explizit zu erfassen, um die Auswahl geeigneter Vergleichswerte für eine Schätzung zu qualifizieren. Genau dieser Thematik widmet sich das folgende Buch von Herrn Schmietendorf: der Bereitstellung von Projekterfahrungen für eine qualifizierte Aufwandschätzung im Bereich der modernen, agilen Softwareentwicklung im industriellen Umfeld. Die vorliegende Arbeit ist daher gleichermaßen für die industrielle Praxis

6 aber auch studentische Ausbildung von Bedeutung und bereichert wesentlich den (internationalen) Literaturbestand zur Aufwandschätzung speziell und zum Software-Projektmanagement im Allgemeinen. Neben den wesentlichen und interessanten numerischen Kennzahlen werden vor allem generelle Problemstellungen für den agilen Entwicklungsbereich diskutiert und offene Fragen zur Effizienz dieses Entwicklungsparadigmas aufgezeigt. Reiner Dumke Magdeburg im Oktober 2009

7 Forschungsbericht: Aufwandsschätzung XP-Projekte Zusammenfassung (Management Summary) Industrialisierung und Agilität bestimmen zunehmend die Art und Weise der Entwicklung neuer Softwarelösungen. Unter Agilität innerhalb der Softwareentwicklung wird im Allgemeinen die Fähigkeit verstanden, neue Anforderungen schnell, kosteneffizient und qualitativ hochwertig umzusetzen. Agile Methoden zur Softwareentwicklung schlagen sich in vielfältigen Formen nieder. So existieren leichtgewichtige Vorgehensmodelle wie z.b. das extreme Programming (XP), modellgetriebene Paradigmen oder moderne Integrationsarchitekturen, welche die Wiederverwendung bereits existierender Artefakte, wie z.b. Services, in den Mittelpunkt des Agilitätsbegriffs stellen. Zwischen der Aufwandsschätzung im Rahmen eines XP-Projektes und klassischen Softwareentwicklungsprojekten existieren signifikante Unterschiede, die sich auf den Zeitpunkt und die Häufigkeit des Einsatzes einer Schätzmethode, die Verantwortlichkeit für die Schätzung, die zur Verfügung stehenden Informationen, die technischen Rahmenbedingungen und die verfolgte Zielstellung beziehen. Da Schätzungen bei agilen Projekten einen integralen Bestandteil der Entwicklertätigkeiten darstellen, muss die Durchführung selbst mit einem geringen Aufwand verbunden sein. Ein gemeinsam mit dem Softwaremesslabor der Universität Magdeburg (Lehrstuhl Prof. Dr.-Ing. habil. Reiner Dumke) und der T-Systems Berlin (Michael Wipprecht, Pogrammmanager Management Informations-Systeme ) durchgeführtes Forschungsprojekt greift die Besonderheiten der Aufwandsschätzung von agil durchgeführten Softwareprojekten auf. Im Einzelnen wurden folgende Fragestellungen aufgegriffen: 1. Von welchen Voraussetzungen gehen Projekte aus, die mit Hilfe des XP- Ansatzes durchgeführt werden? 2. Gehören die klassischen Methoden der Aufwandsschätzung, wie Function Points und COCOMO, der Vergangenheit an? 3. Welche grundlegenden Ansätze zur Aufwandsschätzung für agil durchgeführte Projekte lassen sich derzeit identifizieren? 4. Wie sieht die tatsächliche Verwendung innerhalb industriell durchgeführter Projekte aus und welche Erfahrungen existieren? 5. Auf welche weiteren Themenbereiche wirken sich die Aufgaben der Aufwandsschätzung noch aus? Die häufige Bereitstellung von Versionen (Releases) innerhalb kurzer Entwicklungszyklen impliziert die Notwendigkeit, Kostenschätzungen bei einem XP- Projekt möglichst schnell bereit zu stellen. Unter Beteiligung der Kunden- und

8 Schmietendorf Entwicklerseite werden beim so genannten Planungsspiel (empfohlene Dauer ca. 4 Stunden) die Aufwände der herausgearbeiteten User Stories identifiziert. Zur Identifikation der je Story implizierten Aufwände haben sich die in der Abbildung aufgezeigten agilen Methoden zur Aufwandsschätzung herausgebildet (waagerechte Darstellung). Dabei handelt es sich sowohl um akademische als auch um industrielle Vorschläge. Die Abbildung zeigt darüber hinaus eine Zuordnung der aufgefundenen Ansätze zu den durch Barry Boehm bzw. Ian Sommerville aufgezeigten grundlegenden Schätztechniken (senkrechte Darstellung). Algorithmische Kostenmodelle Analogiebasierte Schätzungen Experten- Schätzungen Parkinson s Law verfügbare Ressourcen Pricing to win verfügbares Kunden-Budget Point-bezogene Ansätze (z.b. story effort points) Planning Poker (Delphi-Methode) Feedback and Change (Risiko und Kontrolle) Agile COCOMO Change Impact Analysis Agile Methoden zur Aufwandsschätzung Mit Hilfe empirischer Analysen (Befragung einschlägig bekannter XP-Experten) wurde der graduelle Einsatz der identifizierten Ansätze im industriellen Umfeld untersucht. Dabei wurde inbesondere die Verwendung klassischer Aufwandsschätzverfahren (z.b. Function Points), die Kombination mit Risikoanalysen bzw. die Verwendung von Erfahrungsdatenbanken hinterfragt. Neben der Befragung erfolgte innerhalb des Forschungsprojektes auch die Beratung eines etablierten Projektteams hinsichtlich der Möglichkeit, agile Aspekte zu verwenden. Der vorliegende Forschungsbericht enthält ausgewählte Ergebnisse der initial durchgeführten Teamentwicklung, wobei auch die hierbei verwendete Vorgehensweise festgehalten wurde.

9 Forschungsbericht: Aufwandsschätzung XP-Projekte Inhaltsverzeichnis 1 Motivation und Zielsstellungen Bedeutung der Aufwandsschätzung Agilität in der Softwareentwicklung Ziele der Forschungsstudie Bearbeitete Themenstellungen Hintergründe zu Aufwandsschätzung Schätzungen in Softwareprojekten Einflussgrößen auf den Projektaufwand Methodische Ansätze zur Aufwandsschätzung Algorithmische Aufwandsschätzung Verfahren zur Aufwandsschätzung Bezüge zum Condorcet-Jury-Theorem Agile Vorgehensweisen in der Softwareentwicklung Problembereiche klassischer Vorgehensweisen Grundzüge agiler Methoden Agile Methodik des extreme Programming Voraussetzungen für agile Entwicklungen Besonderheiten der Aufwandsschätzung bei XP-Projekten Allgemeine Leitlinien Prinzipien einer agilen Aufwandsschätzung Zeitpunkt der Aufwandsschätzung bei XP Load-Faktor und Projekt-Velocity Agile vs. klassische Aufwandsschätzung Methodische Ansätze zur agilen Aufwandsschätzung Point-bezogene Ansätze zur Umfangsschätzung Objektivierung des Schätzprozesses mittels Planning Poker Unterstützung durch agile Schätzverfahren Kombination mit Change Impact Analysen Verwendung klassischer Methoden Einordnung der untersuchten Ansätze i

10 Schmietendorf 6 Empirische Untersuchungen Verfügbare Erfahrungen Konzeption der empirischen Untersuchung Ergebnisse der Erstbefragung (Interviews) Ergebnisse der empirischen Analyse (Expertenbefragung) Adaption eines laufenden Projektes (Teamentwicklung) Bewertung der erreichten Ergebnisse Tangierte Themenbereiche durch die Aufwandsschätzung Berücksichtigung der Aufwandsschätzung im PMBoK Offenlegung verwendeter Schätztechniken Verwendung von Erfahrungsdatenbanken Industrialisierung vs. Agilität Agilität und Sourcing-Strategien (Offshoring) Veränderungen im Anforderungsmanagement Zusammenfassung und Ausblick Quellenverzeichnis...67 Anlagen ii

11 Forschungsbericht: Aufwandsschätzung XP-Projekte Abbildungsverzeichnis: Abbildung 1: Übersicht zum Schätzprozess Abbildung 2: Vorgehensweise zur Ermittlung von Function Points Abbildung 3: extreme Programming in der Übersicht Abbildung 4: Techniken im extreme Programming Abbildung 5: Annahmen zu Änderungskosten bei XP-Projekten Abbildung 6: Prozessschritte eines XP-Projektes Abbildung 7: Aktivitäten zur Aufwandsschätzung bei XP-Projekten Abbildung 8: Ergebnisdarstellung AGILE COCOMO Abbildung 9: Agile Aufwandsschätzverfahren und klassische Techniken Abbildung 10: Übersicht zu den Inhalten des Projektes XP experience Abbildung 11: durchschnittliche Anzahl beteiligter Projektmitarbeiter Abbildung 12: Bekanntheit agiler Methoden Abbildung 13: Bedeutung der Aufwandsschätzung für agile Projekte Abbildung 14: Verwendung klassischer Aufwandsschätzverfahren Abbildung 15: Anpassung vs. Neuentwicklung Abbildung 16: Kombination von Aufwandsschätzung und Risikobewertung.. 44 Abbildung 17: Wechselwirkungen - Feedback und Aufwandsschätzung Abbildung 18: Verwendung von Erfahrungsdatenbanken Abbildung 19: Einschätzung der Agilität des Projektes Abbildung 20: Bekanntheitsgrad agiler Vorgehensweisen Abbildung 21: Werkzeug zur Aufwandsschätzung mit Hilfe der ISBSG iii