Haftungsfalle Gewährleistung
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- Robert Kirchner
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1 Haftungsfalle Gewährleistung Rechtsanwalt Joachim Reinhold Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht Reinhold & Linke Rechtsanwälte Emilienstraße 13, Leipzig Telefon Telefax Internet
2 II. BGB oder VOB o Ist nichts vereinbart, gilt BGB > Gewährleistung für Bauleistungen: 5 Jahre ( 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) o Wird Geltung der VOB/B vereinbart > Gewährleistung für Bauleistungen 4 Jahre ( 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B) Aber: Abweichende Gewährleistungsdauer in VOB/B vereinbar, > z.b.: 5 Jahre In AGB keine unangemessene Benachteiligung des AN durch überlange Gewährleistungsdauer vorsehen > sonst Verlängerung unwirksam In begründeten Sonderfällen jedoch selbst in AGB > Verlängerung auf bis zu 10 Jahre möglich z.b. bei Errichtung Flachdach wegen besonderer Mängelanfälligkeit und weil die Mängel oft erst zu einem späten Zeitpunkt erkennbar werden (BGH BauR 1996, 707)
3 III. Gewährleistungsdauer: Abgrenzung Bauwerk / sonstige Arbeiten o Gewährleistungsdauer Bauleistungen: 4 (VOB/B) bzw. 5 Jahre (BGB) o Gewährleistungsdauer sonstige Werkleistungen: nur 2 Jahre (VOB/B und BGB einheitlich) o Abgrenzung danach, ob das mit der Gebäudeerrichtung oder Gebäudeerneuerung im Gegensatz zu bloßen Ausbesserungsarbeiten verbundene Risiko besteht.
4 IV. Beispiele: Abgrenzung Bauwerk / sonstige Arbeiten o Erdarbeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit Gebäudeerrichtung, z.b. Ausheben der Baugrube: Bauleistung o Erdarbeiten ohne unmittelbaren Bauzusammenhang, z.b. reine Abbruch- oder Rodungsarbeiten: sonst. Werkleistung. o Einbringung Alarmanlage: sonst. Werkleistung, sofern nicht typischerweise zur Ausstattung gehörend (z.b. bei Bank) o Erneuerungsarbeiten, die an Substanz des Bauwerkes gehen, z.b. Neuisolierung der Außenwände eines Kellers, Erneuerung Fußboden, Erneuerung Innen-/Außenanstrich: sind Bauleistungen o Bei kombinierter Leistung: Keine Aufsplittung, sondern insgesamt Bauleistung (Ingenstau / Korbion: 13 Abs. 4 VOB/B, RdNr. 70)
5 V. Sonstige Verjährungsfristen: o Überwachungsleistungen: analog der beauftragten Leistung o Aber: Faktische Verdopplung der Gewährleistungsdauer bei Beauftragung eines Bauüberwachers einschließlich Leistungsphase 9 möglich > Bauüberwacher ist selbst gewährleistungspflichtig. Seine Gewährleistung beginnt erst mit Ende der Gewährleistung des ausführenden Unternehmens o vom Feuer berührte Teile von Feuerungsanlagen: 2 Jahre (VOB/B) o für feuerberührte Teile industrieller Anlagen: 1 Jahr o für maschinelle / eletrotechnische Anlagen als Teil einer Bauleistung ohne Erteilung eines Wartungsauftrages: 2 Jahre
6 VI. Vertragsgestaltung (Gewährleistungseinbehalt) o Gewährleistungseinbehalt muss ausdrücklich vereinbart werden o Ablösung durch Sperrkonto / Bürgschaft: Ausstellung nach Vorschrift des AG; insbesondere: o Regelung erforderlich, dass Gewährleistungssicherheit nicht vor der Hauptforderung endet, sonst Rückgabeanspruch des AN nach 2 Jahren; 17 (8) 2. VOB/B o gilt für alle Sicherheiten, auch Bareinbehalt o Bestehen bereits geltend gemachte Mängelansprüche, ist anteiliger Einbehalt zulässig; aber keine Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus anderen Bauvorhaben (Ingenstau / Korbion: 17 Abs. VOB/B, 18. Aufl., RdNr. 30; OLG Dresden IBR 2002, 252)
7 VII. Abnahme und ihre Rechtswirkungen: o Gefahr des zufälligen Untergangs geht auf AG über, z.b. Brand- und sonstiges Verlustrisiko, Risiko von Diebstahl und Risiko sonstiger Beschädigung / Vandalismus o Leistungspflcht beschränkt sich auf die vom AN tatsächlich erbrachte Leistung o Fälligkeit des Werklohns o Beginn der Gewährleistungsfrist o Achtung; Bei mehreren Teilabnahmen anstelle einer (einzigen) Gesamtabnahme läuft die Gewährleistungsfrist für jede teilabgenommene Leistung separat, sodass es zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Gewährleistungsendes kommt
8 VIII. Abnahme: Tipps für Auftraggeber o Abnahme soweit als möglich herauszögern, aber niemals endgültig verweigern (außer dies ist ausnahmsweise wegen völliger Schlecht- oder Nichtleistung begründet); o alle wesentlichen (und möglichst auch unwesentlichen) Mängel sollten beseitigt sein, auch wenn nur wegen wesentlicher Mängel die Abnahme verweigert werden darf o Bekannte Mängel müssen im Abnahmeprotokoll festgehalten werden, sonst Verlust des Rechts auf Mängelbeseitigung sowie Minderung, nicht aber Recht auf Schadenersatz. o Macht AG dann Schadenersatz geltend und AN bietet Mängelbeseitigung an, so muss AG die Mängelbeseitigung annehmen (Ingenstau/Korboin,vor 12 VOB/B RdNr. 51)
9 IX. Abnahme: Tipps für Auftraggeber o Vertragsstrafe vorbehalten, sofern vereinbart o Immer eigenes Formular für Abnahme verwenden o Abnahme ist einseitige Willenserklärung des Auftraggebers, also auch kein Vertrag, weshalb Gegenzeichnung oder sonstige Einverständniserklärung des AN zum Inhalt der Abnahmeerklärung nicht erforderlich ist o Auch keine vertraglichen Erklärungen in Abnahmeprotokoll aufnehmen. Beliebt: Die Dauer der Gewährleistung hineinzuschreiben. In Unkenntnis des genauen Vertragsinhalts weicht diese nicht selten von Vertragsregelung ab, sodass unklar wird, welcher Gewährleistungsfrist denn nun Geltung hat.
10 X. Abnahme: Tipps für Auftraggeber: - Wurde bei keine förmliche Abnahme vereinbart, so droht bei VOB- Vertrag konkludente Abnahme o nach Ablauf von 12 Werktagen nach Fertigstellungsmitteilung o Achtung: Die Fertigstellungsmitteilung muss nicht ausdrücklich erfolgen; die Übersendung z.b. einer Schlussrechnung reicht aus. o Hier muss der AG einer konkludenten Abnahme binnen 12 Werktagen widersprechen und eine förmliche Abnahme verlangen oder die Gründe darlegen (fehlende Leistungen, wesentliche Mängel), welche einer Abnahme entgegenstehen sowie, falls Vertragsstrafe vereinbart wurde, einen Vertragsstrafenvorbehalt erklären.
11 XI. Abnahme: Tipps für Auftraggeber: - Wurde bei keine förmliche Abnahme vereinbart, so droht bei VOB- Vertrag konkludente Abnahme o nach Ablauf von 6 Werktagen ab Nutzungsbeginn der Leistung oder Teilleistung o Achtung: Hier müssen die vorbenannten Vorbehalte dem AN gegenüber bereits nach 6 Werktagen erklärt werden. o Die Rechtsprechung geht selbst dann von einer konkludenten Abnahme aus, wenn zwar eine förmliche Abnahme im Vertrag vereinbart wurde, hierauf die Vertragsparteien nach Beendigung der Arbeiten aber nicht mehr zurückkommen. - Empfehlung: Im BGB gibt es keine vergleichbare Regelung: Daher bei kleineren Aufträgen und ohne VOB-Geübtheit am besten BGB-Vertrag schließen: Die konkludente Abnahme ist das schärfste Schwert der VOB/B zugunsten des AN.
12 XII. Hinderung des Eintritts der Verjährung der Gewährleistungsrechte beim BGB- Vertrag: - Erforderlich ist eine Hemmung durch o Eintritt in Verhandlungen (Hemmung bis 3 Monate nach Verhandlungsende) o Klage oder Mahnbescheid (Hemmung bis 6 Monate nach Verfahrensende) o Selbständiges Beweisverfahren (Hemmung bis 6 Monate nach Verfahrensende) - Folge: Die Zeit der Hemmung wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
13 XIII. Hinderung des Eintritts der Verjährung der Gewährleistungsrechte beim BGB- Vertrag nicht durch Hemmung, sondern durch Unterbrechung mit anschließendem Neubeginn der Verjährungsdauer: - Der AN erkennt den Mangel an durch - Folge: o Erklärung, dass er den Mangel anerkenne o Auch ohne Erklärung: Faktisches ( konkludentes ) Anerkenntnis durch Ausführung der Mängelbeseitigung. o Es beginnt die Gewährleistungsfrist von neuem zu laufen; die bisher abgelaufene Verjährungszeit wird also annuliert o Dabei ist die vertraglich vereinbarte (und nicht etwa die gesetzliche bzw. VOB/B-gemäße) Gewährleistungsfrist auch beim Neubeginn der Verjährungsfrist maßgeblich (BGH BauR 2008, 2039; Ingenstau/Korbion: 13 Abs. 5 VOB/B RdNr. 113)
14 XIV. Hinderung des Eintritts der Verjährung der Gewährleistungsrechte beim BGB- Vertrag: - Hinweis: Rechtliche beratene AN schützen sich vor dem Neubeginn der Verjährung bei Mängelbeseitigung dadurch, indem sie o die Mangelhaftigkeit ihrer Leistung bestreiten und o erklären, die Beseitigung nur auf Kulanz vorzunehmen - Der AG ist gleichwohl gehalten, eine auf diese Weise angebotene Mängelbeseitigung anzunehmen. o Es besteht nämlich kein Anspruch auf ein mit einer Mängelbeseitigung einhergehendes Anerkenntnis mit Verjährungsneubeginn, o sondern nur auf die Mängelbeseitigung selbst
15 XV. Verjährungsunterbrechung beim VOB-Vertrag: - Die Verjährung kann in gleicher Weise unterbrochen oder gehemmt werden wie beim BGB-Vertrag. - Zusätzlich besteht die Möglichkeit, durch bloße Mängelrüge innerhalb der Verjährungsfrist die Verjährung zu hemmen. Voraussetzungen: o Mängelrüge muss schriftlich sein, um verjährungshemmend zu wirken. o Mängelrüge muss konkrete Mängelsymptome mit Abhilfeverlangen beinhalten; o bloße auf das Gesamtbauwerk bezogene Allgemeinangaben ( Der ganze Bau ist völlig mangelhaft. ) reichen hierfür nicht aus (OLG Köln BauR 1972, 240) - Gewährleistungsfrist endet nicht vor 2 Jahren ab Zugang Mängelrüge, sofern sie innerhalb der Gewährleistungsfrist dem AN zugegangen ist
16 XVI. Verjährungsunterbrechung beim VOB-Vertrag: - Die Möglichkeit der Verjährungshemmung durch bloße schriftliche Mängelrüge besteht nur einmal (BGH IBR 1990, 500; Ingenstau/Korbion: 13 Abs. 5 VOB/B RdNr. 111) - Tritt Mangel erneut auf und beseitigt AN diesen trotz Aufforderung nicht, muss Verjährungshemmung wie bei BGB-Vertrag erfolgen (Klage, Mahnbescheid, selbständiges Beweisverfahren etc.) - Wird Mangel beseitigt, ist Mängelbeseitigungsleistung durch AG abzunehmen. Die Verjährung beginnt von neuem; die bisherige Verjährungszeit wird nicht mitgerechnet.
17 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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