Lesen eine komplexe Angelegenheit. Mag. Eva-Maria Winkler
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- Hajo Zimmermann
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1 Mag. Eva-Maria Winkler
2 Im Hinblick auf die Fähigkeit des Lesens und Lesenlernens ist Folgendes von Bedeutung: Das menschliche Gehirn ist nicht zum Lesen gebaut. Es entstand lange Zeit vor der Erfindung der Schrift und aufgrund von Lebensbedingungen, die mit den heutigen wenig gemeinsam haben. Eines zeichnete diese Lebensbedingungen gewiss nicht aus: Schrift auf Schritt und Tritt. Wer liest, der missbraucht also zunächst einmal seinen Wahrnehmungsapparat für eine nicht artgerechte Tätigkeit. R. Werth
3 Der Leseprozess Lesen bedeutet, visuelle Informationen aus graphischen Gebilden (Codierung versus Decodierung) zu entnehmen und deren Bedeutung zu verstehen. Dieser komplexe Vorgang der Sinnentnahme kann in mehrere Teilprozesse aufgegliedert werden.
4 Erkennen von Buchstaben und Wörtern Erfassen von Wortbedeutungen Der Leseprozess Herstellung semantischer und syntaktischer Bezüge zwischen Wortfolgen satzübergreifende Integration zu umfassenden Bedeutungseinheiten erkennen und Aufbau einer kohärenten Struktur der Gesamtbedeutung eines Textes Lesen ist aber noch mehr als die Summe dieser Teilprozesse es ist ein hoch komplizierter Vorgang. (Quelle: Leitfaden zur Initiative Lesen fördern - Wissenswertes zum Lesen. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Sektion V, Abteilung V/12, o.o, 2007, 2.überarbeitete Auflage S. 4)
5 Lesen ist eine äußerst komplexe Tätigkeit, an der zahlreiche verschiedene Hirnleistungen beteiligt sind. Lesen heißt: nicht scannen Lesen heißt: genau hinsehen ( fixieren ) Lesen heißt: Wörter ganzheitlich erfassen Lesen heißt: dem Wort/Wortsegment eine Lautfolge zuordnen zu können Lesen heißt: in der für den jeweiligen Leser richtigen Geschwindigkeit im Text weiterspringen Folie 5 10: Quelle: R. Werth: Legasthenie und andere Lesestörungen, Beck Verlag, März 2001
6 Um einen Text flüssig zu lesen, müssen die Augen eine vom Gehirn genau gesteuerte Abfolge von Blicksprüngen und Ruhephasen einhalten. Während der Ruhephasen sind die Augen unbewegt auf einen Ort (Fixationspunkt) innerhalb eines Wortes gerichtet; dort wird fixiert, was wir lesen wollen.
7 Die Wahl des Ortes des Fixationspunktes hat physiologische Gründe: Nur im Bereich des Fixationspunktes besteht eine ausreichend hohe Sehschärfe, um Buchstaben einer normalen Druck- oder Schreibschrift ausreichend klar zu sehen. Der Bereich höchster Sehschärfe auf der Netzhaut hat nur einen Durchmesser von 1,5 mm. Die genaue Position des Fixationspunktes ist von der Länge des zu lesenden Wortes abhängig. Bei normalen Lesern liegt der Fixationspunkt etwas links von der Mitte des zu lesenden Wortes.
8 Nicht Buchstabe für Buchstabe erfassen, sondern als Ganzes sehen und erkennen (kein buchstabierendes Lesen) Je nach Fähigkeit des Lesers zum ganzheitlichen Erkennen wird in jeder Fixationsphase entschieden, wie groß das zu lesende Wortsegment sein darf und wie lange fixiert werden soll.
9 das heißt: Lautfolgen im Gedächtnis speichern können das heißt: im Augenblick des Lesens das im Gedächtnis Gespeicherte rasch und ohne Fehler abrufen zu können zusätzlich muss die Bedeutung von Wörtern und Sätzen aus dem Gedächtnis abgerufen werden
10 Lesen heißt die Größe des bevorstehenden Blicksprungs (Sakkade) und den Ort, zu dem die Augen springen sollen, richtig zu bestimmen. Während des Blicksprungs gleiten die Augen mit hoher Geschwindigkeit über Wortsegmente. Um ein verschwommenes Bild zu vermeiden, werden die Sehleistungen hierbei unterdrückt. Wenn das neue Blickziel erreicht ist, müssen sich die Augen hinreichend rasch erholt haben, um das neue Wortsegment erkennen zu können.
11 Lesen lernen besteht darin, alle für das Lesen notwendigen Teilleistungen einzeln und in ihrer koordinierten Abfolge beherrschen zu können. Der sich ergebende Lesefluss hängt vom Lernfortschritt des Kindes und dem zu lesenden Text ab. Er ist auch bei ungeübten Lesern individuell verschieden. Das Kind entscheidet während des Lesevorgangs von Fixationsphase zu Fixationsphase, wie groß das zu lesende Wortsegment sein soll. Fehlerfreies Lesen erfordert, dass die Blicksprunggröße der Länge des von einer Person erkennbaren Wortsegments angepasst ist. Der Leser entscheidet während des Lesevorgangs auch über die Dauer einer Fixationsphase.
12 Ursachen für Lesestörungen können in Sehstörungen, Störungen einer Einzel/Teilleistung oder in der mangelnden Abstimmung von für sich ungestörten Einzelleistungen sog. Koordinationsstörungen begründet sein. Der Blick wird nicht hinreichend lange auf das zu lesende Wortsegment gerichtet, d.h. zu kurze Fixationszeiten. Es können zu wenige Buchstaben gleichzeitig erkannt werden. Es werden zu große Blicksprünge ausgeführt, sodass Wortteile/ganze Wörter übersprungen werden.
13 Die Augen springen fortwährend zu bereits Gelesenem zurück, obwohl richtig gelesen wurde. Das Lesen wird stockend und kommt kaum voran. (Regressionen) Es werden zu kleine Blicksprünge ausgeführt; wenn der Leser z.b. ein Wort mit 6 Buchstaben mühelos auf einen Blick erkennen kann, seine Augen sich aber nur in Sprüngen von 3 Buchstaben über den Text bewegen. Der Leser hat Schwierigkeiten, zu der gesehenen Buchstabenfolge die zugehörige Lautfolge und Wortbedeutung aus dem Gedächtnis abzurufen.
14 Die Lesegeschwindigkeit berechnet man nach folgender Formel: Textumfang (Anzahl der Wörter) x 60 = WpM Lesezeit in Sekunden (Wörter pro Minute) WpM = Wortzahl x 60 : Sekunden Im Durchschnitt liest man 3 bis 4 Wörter pro Sekunde, d.h. ca. 180 bis 240 Wörter pro Minute, geübte Leser können sogar 2-3mal schneller lesen. Quelle: vgl.: Koppensteiner, Christa: Lese- & Lernprofi. Band 4. Wien S. 6)
15 1. Stufe: Lese-Basis: SEHEN + HÖREN + FÜHLEN Auf dieser Stufe erwerben Kinder wichtige Fähigkeiten, die für das Lesen eine notwendige Voraussetzung sind. Dazu zählen das Verständnis für Schrift (Laut/Buchstaben- Beziehung) und das phonematische Bewusstsein: Das ist die Fähigkeit, Laute zu erkennen und zu differenzieren. Die Elemente sind: genaues Hinhören, genaues Hinschauen, sich räumlich orientieren können
16 Auf dieser Stufe werden die ersten Leseschritte vom Zusammenlauten bis zur Worterkennung gelernt und geübt, bis sie automatisch funktionieren. Leser/innen vertiefen sicheres und flüssiges Lesen. Sie benötigen nun Texte, die für sie erkennbaren Sinn haben, Spaß vermitteln, Neugier wecken oder das individuelle Interesse befriedigen. Sie müssen bereit sein, viel zu lesen, um die Tätigkeit zu automatisieren denn Lesen lernt man nur durch Lesen. Es gilt: Wer gern liest, liest viel. Wer viel liest, liest gut. Wer gut liest, liest gern.
17 Leser/innen entwickeln bewusste Lesestrategien, um einen Text zu gliedern und zu verstehen. Das kohärente, sinnerfassende Lesen ermöglicht Texte in ihrer Komplexität zu verstehen und daraus eigene, weiterführende Schlüsse zu ziehen. Das gilt für informative Sachtexte genauso wie für erzählende, literarische Texte. Um einen Text als Ganzes zu erfassen, ist er in Sinnschritte zu gliedern, sind Schlüsselwörter herauszufinden, ist Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und der Inhalt zusammenzufassen.
18 Vergleichen, interpretieren, kommentieren, eigene Gefühle und Erfahrungen einbringen, mit den Autor/innen oder anderen Leser/innen ins Gespräch kommen das zeichnet kompetente Leser/innen aus. Folien 15-18: Der Leseprozess. In: Leitfaden zur Initiative Lesen fördern - Wissenswertes zum Lesen. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Sektion V, Abteilung V/12, o.o, 2007, 2.überarbeitete Auflage. S. 11
19 5. Stufe: Lese-Reflexion: TEXT und KONTEXT 4. Stufe: Lese-Verständnis: TEXTE bekommen SINN 3. Stufe: Lese-Sicherheit: Vom WORT zum TEXT 2. Stufe: Lesetechniken: LAUT + BUCHSTABE + WORT 1. Stufe: Lese-Basis: SEHEN + HÖREN + FÜHLEN
20 Mag. Eva-Maria Winkler Danke für Ihr Interesse!
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