Beitrag: AfD-Sprecher Meuthen sagte Unwahrheit Werbeagentur unterstützte Wahlkampf

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1 Manuskript Beitrag: AfD-Sprecher Meuthen sagte Unwahrheit Werbeagentur unterstützte Wahlkampf Sendung vom 29. August 2017 von Thomas Münten, Heiko Rahms und Ulrich Stoll Anmoderation: Es ist Wahlkampf. Die Parteien schalten Werbespots im Fernsehen und kleistern die Republik mit Wahlplakaten zu. Das kostet Geld, viel Geld. Da möchte man als Bürger doch ganz gerne wissen, wie der Wahlkampf finanziert wird und wer die Parteien dabei unterstützt. Das Gesetz schreibt deshalb Transparenz vor, und so müssen Parteispenden über Euro offengelegt werden. Bei der Alternative für Deutschland, kurz AfD, läuft das mit der Transparenz, sagen wir mal, alternativ. AfD-Politiker können sich bei ihren Wahlkämpfen immer wieder über Schützenhilfe aus der Schweiz freuen, freuen sich aber lieber heimlich. Und mit den Geldflüssen hätten sie rein gar nichts zu tun. Wirklich nicht? Thomas Münten, Heiko Rahms und Ulrich Stoll fragen nach. Text: AfD-Chef Jörg Meuthen gestern Abend im Bundestagswahlkampf in Suhl, Thüringen. Für Meuthen und seine kleine Partei wird in Wahlkämpfen intensiv geworben. Dafür braucht es sehr viel Geld. O-Ton Frontal 21: Wie finanziert die AfD ihren teuren Wahlkampf? O-Ton Prof. Jörg Meuthen, AfD, Sprecher Bundesvorstand: Wie alle anderen Parteien auch: aus eigenen Einnahmen, aus Mitgliedsbeiträgen, aus staatlicher Parteienfinanzierung - wie alle anderen Parteien das auch sind. Bretten im Kraichgau kämpfte hier Meuthen bei der Landtagswahl um ein Mandat. Hier hingen große Werbeplakate wie dieses: Recht und Ordnung! verspricht der Kandidat Jörg Meuthen und weist auf seine Homepage hin: jmeuthen.de. Doch diese Internetseite betrieb nicht etwa die AfD, sondern eine Schweizer Werbeagentur: die Goal AG. Die sitzt im schweizerischen Andelfingen. Geschäftsführer ist Alexander

2 Segert. Frontal 21 fragte im Mai, wie intensiv arbeitete Meuthen mit Segerts Goal AG zusammen: O-Ton Prof. Jörg Meuthen, AfD, Sprecher Bundesvorstand, am : Ich kenne Herrn Segert und damit ist es gut. Schriftlich bezeichnet Meuthen die..webseite als Freundschaftsdienst. Eine weitere Zusammenarbeit mit der Goal AG besteht nicht. Keine weitere Zusammenarbeit? Dabei gab es in Bretten weitere Wahlwerbung für den AfD-Chef. Eine Anzeigenkampagne auf der Titelseite einer lokalen Wochenzeitung wieder mit dem Hinweis auf jmeuthen.de. Wir treffen einen Informanten, der uns die Original-Unterlagen zur Anzeigenserie übergibt. Dieses Auftragsformular beweist: Auch hinter den Zeitungsanzeigen für Meuthen steckt die Schweizer Goal AG Euro wurden der Schweizer Firma dafür in Rechnung gestellt. Mit dieser Freistellungserklärung gab Jörg Meuthen vorab seine Zustimmung zur Kampagne der Schweizer Agentur. Auf dem Formular unterschrieb er als Auftraggeber. Das bestätigt der Informant. O-Ton Mitarbeiter Wochenzeitung, Originaltext nachgesprochen: Alles lief über die Schweiz, auch die Freistellungserklärung kam aus der Schweiz zurück zu uns. Annette Sawatzki von der Organisation LobbyControl hatte Jörg Meuthen ebenfalls zu seinen Verbindungen zur Goal AG befragt. Wir zeigen ihr die Dokumente. O-Ton Annette Sawatzki, LobbyControl: Das zeigt, dass Herr Meuthen uns gegenüber die Unwahrheit gesagt hat, denn wir haben ihn gefragt, ob die Goal AG noch andere Aktivitäten für ihn oder die AfD in Baden- Württemberg durchführen würde oder durchgeführt hätte. Und das hat er klar verneint. Meuthens Fraktionsbüro in Stuttgart. Hier fragen wir schriftlich an: Wer bezahlte Meuthens Wahlkampagne? Zuerst antwortet Meuthen nicht auf die Anfragen, dann teilt er telefonisch mit, er wolle kein Interview geben. Schließlich räumt er gegenüber Frontal 21 dann doch ein: Die Schweizer haben ihn in einem viel größeren Umfang unterstützt, als bisher öffentlich bekannt. Zitat: Die Goal AG hat auf eigenes Betreiben... Zeitungsanzeigen

3 und Plakate mit für meine Wahl werbenden Motiven und Texten gestaltet und finanziert. Eine weitere fünfstellige Summe dürften diese Großplakate gekostet haben. Auch das für Meuthen keine meldepflichtige Spende, Zitat: Diese Aktionen stellen nach eingeholter sorgfältiger juristischer Beurteilung weder eine Parteispende für die AfD noch eine Spende für mich persönlich dar. Die Parteienforscherin Sophie Schönberger sieht die Werbekampagne für Meuthen kritisch: Wenn die Goal AG hier solche Anzeigenkampagnen und Großplakate für Herrn Meuthen finanziert hat, im Wahlkampf, dann handelt es sich um eine Parteispende. Dass Herr Meuthen dafür nicht förmlich den Auftrag gegeben hat, ändert daran nichts. Ist die Schweizer Goal AG eine diskrete Parteispenderin für die AfD oder stehen unbekannte Auftraggeber hinter der Firma? Geschäftsführer Alexander Segert reagiert nicht auf Fragen von Frontal 21. AfD-Kandidat Guido Reil im Frühjahr im NRW- Landtagswahlkampf. Damals bekam auch Reil Hilfe aus der Schweiz - auch von der Goal AG. Das bestätigt Reil dem Recherchezentrum Correctiv in einem Interview. Reil stimmte einer Tonaufzeichnung in einem Café zu. O-Ton Guido Reil, AfD-Kandidat, Essen: Für mich ist sauber. Ich sag, das war die Goal AG. Die haben mir auch sofort eine ganze Reihe von hochkarätigen AfD-lern gesagt, für die sie das auch gemacht hätten und dass ich mir da keine Sorgen machen muss, dass das alles in Ordnung ist. Der Laden ist hochprofessionell, das ist keine Klitsche irgendwie. (Quelle: Interview Correctiv ) An mehreren Dutzend Standorten hingen riesige Reil-Plakate wie dieses. Die Kosten: vermutlich ein fünfstelliger Betrag. Auch die Plakate für Herrn Reil werben für die AfD und sind deswegen potenziell als Parteispenden einzustufen. Wenn es aber wie hier Absprachen mit Verantwortlichen der Partei gegeben hat, deutet alles darauf hin, dass es tatsächlich eine solche Zurechnung geben kann und damit wiederum eine

4 Parteispende vorliegt, die wahrscheinlich illegal ist. Guido Reil sagt, er habe die Plakat-Aktion mit seinem Essener Parteichef abgesprochen. Der habe die Wahlhilfe gutgeheißen. O-Ton Guido Reil, AfD-Kandidat, Essen: Ich habe den Keuter angerufen. Keuter ist mein Berater. Und der Keuter sagt mir dasselbe, was mir die Goal AG auch gesagt hat. Pass mal auf, da bist du nicht der erste, für den die das machen. Kann schon gut sein, dass sowas läuft. (Quelle: Interview Correctiv ) Von Stefan Keuter wollen wir wissen, welche Rolle spielte die Schweizer Goal AG für den AfD-Wahlkampf in Essen? O-Ton Stefan Keuter, AfD-Vorsitzender Essen: Es gibt viele Hilfsangebote, die der Guido Reil bekommen hat, aber eine Goal AG war uns da nicht bekannt. Erstaunlich, Guido Reil hatte im Interview mit Correctiv erklärt, das die Goal AG hinter den Plakaten steckt. Er wollte sogar wissen, wer die Geldgeber sind. O-Ton Guido Reil, AfD-Kandidat Essen: Die haben natürlich gesagt, die haben einen Auftraggeber. Aber wer, wird nicht gesagt. Punkt. (Quelle: Interview Correctiv ) Wenn das Geld also gar nicht aus dem Vermögen der Goal AG kommt, sondern aus anderen Quellen der Goal AG zugeleitet wurde, dann handelt es sich um eine illegale Strohmannspende. O-Ton Frontal 21: Was sagen Sie denn zum Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung? O-Ton Prof. Jörg Meuthen, AfD, Sprecher Bundesvorstand: Ja, es ist nichtmals Parteienfinanzierung, geschweige denn illegal, es ist schlicht falsch. Eine kostenlose Zeitung warb in mehreren Landtagswahlen für die AfD. Das Extrablatt erschien in Millionenauflage. Herausgeber des Blattes ist der Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit. Offizieller Sitz: Stuttgart. Doch das ist nur eine Deckadresse. Dieser Kontoauszug belegt: Die Schweizer Goal AG bezahlte Autoren des Extrablattes 750 Euro Honorar - ein Indiz für den Einfluss der Goal AG.

5 Ein Verein und eine Schweizer Firma, die die AfD mit Plakaten und Zeitungen unterstützen - vermutlich im Wert von Millionen Euro? Ein Schweizer Helfer-Netzwerk, mit dem die Partei nichts zu tun haben will? O-Ton Prof. Sophie Schönberger, Parteienforscherin Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass es sich hier um eine illegale Auslands-Spende handelt. Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn die Goal AG von einem deutschen Staatsangehörigen betrieben wird und es aus seinem Vermögen zugeflossen ist. Die Spenden könnten auch legal sein denn der Geschäftsführer der Goal AG ist ein Deutscher, Alexander Segert. Doch gehört ihm die Firma? Segert antwortet nicht auf unsere Fragen. Aus dem Schweizer Handelsregister gehen die Eigentumsverhältnisse der Gesellschaft nicht hervor. Wer hinter der Wahlwerbung für die AfD steckt, ist schwer aufzuklären, auch für die für Parteispenden zuständige Bundestagsverwaltung. Sie soll für Transparenz in der Parteienfinanzierung sorgen, hat aber kaum Befugnisse. O-Ton Annette Sawatzki, LobbyControl: Diese Ermittlungskompetenzen der Bundestagsverwaltung müssen deutlich erweitert werden. In anderen Ländern sieht das komplett anders aus. Wenn wir zum Beispiel uns Großbritannien anschauen, dort kann die vergleichbare Behörde Hausdurchsuchungen vornehmen, die können Rechner beschlagnahmen und die können auch ganz empfindliche Strafen verhängen. Und da ist das Parteiengesetz in Deutschland wie ein Schweizer Käse. Die AfD kämpft im September um den Einzug in den Bundestag - wie in den Landtagswahlen zuvor wieder mit Hilfe von Geldgebern, die wohl lieber im Dunkeln bleiben wollen. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.