EXKURSIONSBERICHT. Schiffshebewerk Niederfinow

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1 EXKURSIONSBERICHT Schiffshebewerk Niederfinow vorgelegt von: Moritz Hahn Linda Heuer Mauricio Mantilla Ilona Thieltges vorgelegt am: Lehrstuhl für Geotechnik Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Ziegler Aachen Oktober 2013 Geotechnik im Bauwesen Geotechnical Engineering Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Ziegler

2 Pfingstexkursion Berlin 2013 I Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis... I 1 Das alte Schiffshebewerk Niederfinow Funktionsweise Neues Schiffshebewerk Niederfinow... 6

3 Pfingstexkursion Berlin Das alte Schiffshebewerk Niederfinow Das Schiffshebewerk Niederfinow besitzt eine lange Entstehungsgeschichte. Die Wasserstraße Stettin-Berlin ist schon seit dem 18. Jahrhundert eine bedeutende Wirtschaftsachse, wo größtenteils Salz und Holz transportiert wurde. Zu dieser Achse gehörte der Finowkanal, der 43 km lang war und einen Höhenunterschied von 38 m besaß. Dieser Höhenunterschied wurde durch 17 Schleusen überwunden. Aufgrund von Kapazitätsengpässen auf dem Kanal wurde 1905 die "Herstellung eines Großschifffahrtsweges Berlin- Stettin" (Wasserstraße Berlin-Hohensaaten) von Kaiser Wilhelm II angeordnet. Es entstand der Oder-Havel-Kanal, dieser gestattete Schiffen die Durchfahrt mit einer Tragfähigkeit von 600 t, anstatt 170 t auf dem Finowkanal. Der Oder-Havel-Kanal besaß nur noch 5 Schleusen, wobei die Schleusentreppe in Niederfinow mit 4 Schleusen auf einer Länge von ca. 1,5 km eine Besonderheit war. Es mussten, hervorgerufen durch einen Geländesprung, 36 m überwunden werden. Das hieß für die Schleusen der Schleusentreppe, dass jede Schleuse eine Höhe von 9 m zu überwinden hatte, was zu dieser Zeit in Deutschland noch nicht gang und gäbe war ging der Oder-Havel-Kanal in Betrieb und es wurde schon während des Baus der Schleusentreppe über ein Schiffhebewerk nachgedacht und auch technische Wettbewerbe für Vorschläge durchgeführt wurde dann der Entwurf des Neubauamtes Eberswalde durch die Akademie des Bauwesens bewilligt. Bild 1: Baustelle des alten Schiffshebewerks 1 Der Bau begann kurz nach der Entwurfsbewilligung. Es wurde mit den Gründungsbauwerken für das Hebewerk begonnen. Diese mussten, aufgrund von nichttragfähigen Oberschichten, bis zu 20 m unterhalb der Geländeoberfläche gegründet werden. Da der Grundwasserspiegel sehr nah an der Oberfläche lag, wurde mit einer Grundwasserabsenkung bis auf eine Tiefe von 12 m unter GOK gearbeitet, die restlichen Arbeiten wurden in Caissonbauweise durchgeführt. Das heißt, die Arbeiter in den Caissons mussten unter Druckluft von ein bis zwei bar arbeiten. Die wasserdichte Betonsohle hat eine Dicke von 4 m und eine Fläche von 98 mal 27 m. Neben der Gründung für das eigentliche Hebewerk mussten auch Gründungen für die Tragkonstruktion der Kanalbrücke hergestellt werden. 1

4 Pfingstexkursion Berlin Die Arbeiten dauerten zweieinhalb Jahre an konnte dann mit dem Stahlbau begonnen werden und es dauerte bis März 1934 bis das Schiffshebewerk in Betrieb genommen werden konnte. Der Bau hat 27,5 Millionen Reichsmark gekostet. Das Schiffshebewerk ist bis auf seine Gründung und den Gegengewichten komplett auch Baustahl S 37 gefertigt, welcher mit der Eisenbahn von Berlin bis nach Niederfinow transportiert wurde. Die Stahlkonstruktion wird durch fünf Millionen Nieten zusammengehalten. Das Hebewerk hat eine Höhe von 52 m, ist 94 m lang und 27 m breit. Das Herzstück des Hebewerkes, der Trog, ist 82,5 m lang, 12 m breit, besitzt eine Wassertiefe von 2,5 m und ist 4300 t schwer. Der Trog hängt an 256 Seilen, die am anderen Ende 192 Gegengewichte aus Beton (je 21 t) besitzen. Der Höhenunterschied von 36 m wird innerhalb von 5 Minuten überwunden, das heißt der Trog bewegt sich mit 12,5 cm/s auf- und abwärts. Ein Schleusungsvorgang dauert 20 Minuten, wobei der größte Teil der Zeit das Ein- und Ausfahren der Schiffe und das Öffnen und Schließen der Tore in Anspruch nimmt. Die im Oberwasser befindliche Kanalbrücke ist 157 m lang und besitzt eine freitragende Strecke von 80 m. Bild 2: Das alte Schiffshebewerk

5 Pfingstexkursion Berlin Funktionsweise Das Schiffshebewerk in Niederfinow dient zur Überwindung eines Höhenunterschiedes von 36 Metern im Oder-Havel-Kanal. Schiffe können sowohl von unterhalb als auch von oberhalb des Hebewerkes in den Trog des Hebewerkes einfahren und werden dann gehoben bzw. gesenkt. Dieser Vorgang dauert ca. 5 Minuten, zählt man die Ein- und Ausfahrmanöver hinzu, so belegt ein Schiff das Hebewerk für etwa 20 Minuten. Das alte Schiffshebewerk ist ein Senkrechthebewerk mit Gegengewichtsausgleich. Der Trog ist der bewegliche Teil des Werkes, der bei den Hebe- und Senkvorgängen die Schiffe transportiert. Ist er mit Wasser gefüllt hat er ein Gewicht von t. Getragen wird er von 256 Seilen, die teilweise mit Betongegengewichten von je 21 t verbunden sind und so das Gewicht des Troges ausgleichen. Dazu werden die Seile über Umlenkrollen geführt, die die Lage des Troges sichern sollen. Das bei den Hebevorgängen veränderliche Gewicht der Seile selbst wird über Seilgewichtsausgleichketten ausgeglichen. Aus Sicherheitsgründen trägt immer nur die Hälfte der Seile den Trog, während die restlichen Seile ungespannt mitgeführt werden. Im Notfall dienen diese als Reserve. Am Stahlgerüst des alten Hebewerks sind außerdem sogenannte Mutterbackensäulen (siehe Bild 3) angebracht, die bei einer erheblichen Störung des Gleichgewichtes von Trog und Gegengewichten, bspw. durch Wasseraustritt, das überschüssige Gewicht aufnehmen können. Dabei handelt es sich um Säulen mit einem Innengewinde, in dem ein Drehriegel, der wiederum am Trog befestigt ist, bei den Senk- und Hebevorgängen geführt wird. Der Drehriegel ist ebenfalls als Gewinde ausgeführt, berührt die Mutterbackensäule aber im Normalfall (im Gleichgewichtszustand des Troges) nicht, sondern fährt bei der Bewegung des Troges einfach mit. Erst wenn ein Ungleichgewicht auftritt, greift die Sicherung. Der Drehriegel setzt sich dann auf das Gewinde der Mutterbackenschiene und sichert die Lage des Troges, sodass keine unkontrollierten Bewegungen entstehen. Bild 3: Mutterbackensäulen

6 Pfingstexkursion Berlin Der Antrieb des Troges im alten Schiffhebewerk wird durch vier Zahnstangenantriebe mit Triebstockverzahnung realisiert. Diese Antriebe mit einer Leistung von 4 x 55 kw bestehen aus jeweils drei Komponenten: ein Drehstrom-Asynchronmotor, elektrohydraulisch gelüftete, voneinander unabhängige Betriebs- und Haltebremsen sowie zwei Hauptgetriebe. Durch die Hauptgetriebe an jedem der vier Antriebspunkte wird ein Zahnrad an der Triebstockverzahnung entlanggeführt, wodurch der Trog bewegt werden kann. Dabei sind die Zahnstangen am Hebewerksgerüst befestigt, während die Antriebsritzel am Trog befestigt sind. Die vier Antriebseinheiten werden durch eine elektronische Gleichlaufüberwachung sowie mechanische Gleichlaufwellen synchronisiert und gesichert, sodass selbst bei Ausfall eines Antriebs die Funktion des Hebewerks weiter gesichert ist. Da das Prinzip des alten Schiffshebewerks sich jahrzehntelang bewährt hat, wird die gleiche Funktionsweise auch für den Neubau übernommen; hier ändern sich lediglich die Dimensionen des Trogs und seine Ausführung als Betonbauteil.

7 Pfingstexkursion Berlin Neues Schiffshebewerk Niederfinow Um die Anforderungen der heutigen Zeiten zu erfüllen, wird neben dem alten Schiffshebewerk ein Neues gebaut. Das neue Bauwerk ist von großer verkehrspolitischen Bedeutung, denn es ermöglicht die Wasserverbindung Hannover-Magdeburg-Berlin zur Ostsee und weiter nach Osteuropa. Dieses neue Bauwerk sorgt dafür, dass das zukünftig zu erwartende Verkehrsaufkommen weitergeleitet werden kann und es soll langfristig als Ersatz des bestehenden Bauwerks dienen. Nach Fertigstellung wird es rund 130 m lang und 60 m breit sein. Die Baustelle befindet sich zwischen dem vorhandenen Hebewerk und der alten Schleusentreppe. Die gesamte Bauwerkshöhe beträgt mehr als 60 m. Bild 4: Baustelle neues Schiffshebewerk Das Schiffshebewerk wird aus Stahlbeton hergestellt und wird aus vier großen Kernen und zwölf Pylonen bestehen. Diese sorgen für die Stabilität des gesamten Bauwerks. Die Pylonen und die Kerne werden während der Bauphase intensiv elektronisch überwacht, da sie keine abstützenden Elemente haben, die gewährleisten, dass die Abmessungen und Abstände eingehalten werden. Der Erfolg des Neubaus hängt wesentlich von diesen beiden Parametern ab, da es mehrere tragende Bauteile und Mechanismen gibt, die danach passgenau eingesetzt werden müssen. Deshalb wird besondere Aufmerksamkeit, verbunden mit viel Geld, in die Beobachtung und Messung von möglichen Verschiebungen investiert. Der Trog wird aus Baustahl hergestellt. Er wird 115 m lang, 12,50 m breit und 4,0 m tief sein. Nach seiner Fertigstellung können Fahrzeuge von 110 m Länge und 11,40 m Breite das Schiffshebewerk passieren. Der mit Wasser gefüllt Trog wiegt rund Tonnen, was mehr als doppelt so viel ist, wie das Gewicht des alten Trogs. Dieses

8 Pfingstexkursion Berlin erhebliche Gewicht wird durch Gegengewichte ausgeglichen, sodass für den Antrieb vier Maschinen mit einer installierten Leistung von insgesamt ca kw benötigt werden. Um die Verbindung zwischen dem Hebewerk und dem oberen Vorhafen anzufertigen, wird zusätzlich eine 65 m lange Kanalbrücke gebaut. Im Einsatz wird die Dauer jedes Hebevorgangs 3 Minuten betragen und es dauert nur rund 30 Minuten, um 2 komplette Schleusungsvorgänge durchzuführen. Es kam mehrmals zu Verzögerungen im Bauablauf, die auf auftraggeberseitige Planungsfehler zurückzuführen sind. Dies machte neue Statik- und Verformungsberechnungen nötig. Die aktuelle Bauzeitverzögerung beträgt 30,5 Monate. Ohne weitere Verzögerungen wird das Schiffshebewerk voraussichtlich am fertiggestellt. Bild 5: Das fertige neue Schiffshebewerk hier noch als Modell