Der Arbeitsmarkt im Handwerk: Entwicklungstendenzen und Handlungsoptionen
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1 Der Arbeitsmarkt im Handwerk: Entwicklungstendenzen und Handlungsoptionen Dr. Katarzyna Haverkamp, ifh Göttingen Wirtschaftsförderungsausschuss der HWK Hildesheim-Südniedersachsen Das ifh Göttingen als Forschungsstelle des Deutschen Handwerksinstituts e.v. wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf Grund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages sowie von den Wirtschaftsministerien der Bundesländer und vom Deutschen Handwerkskammertag.
2 Gliederung 1 2 Einleitung: Personalrekrutierung in Handwerksbetrieben Entwicklung auf der Nachwuchskräfte-Ebene 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene 4 Handlungsoptionen 2
3 1 Einleitung: Personalrekrutierung im Handwerk Bedeutung interner Rekrutierung in der Industrie und im Handwerk Anteil der sektorenintern rekrutierten Fachkräfte an der Gesamtzahl der Beschäftigten mit Lehrabschluss ( ) ,6 81,6 71,4 57,6 60, * Handwerk Industrie Quelle: Jaudas (2004), *Haverkamp et al. (2009) 3
4 Gliederung 1 2 Einleitung: Personalrekrutierung in Handwerksbetrieben Entwicklung auf der Nachwuchskräfte-Ebene 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene 4 Handlungsoptionen 4
5 2 Entwicklungen auf der Nachwuchs-Ebene Entwicklung des Lehrstellenmarkts (1) Die Ausbildungsleistung des Handwerks ist in den letzten 20 Jahren sehr stark zurückgegangen. (2) Der Rückgang am aktuellen Rand wird zunehmend demografisch bedingt. Trotz guter Konjunktur werden im Handwerk immer weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. (3) Folge: Das Verhältnis von Auszubildenden zu Beschäftigten sinkt im Zeitablauf. Die Bedeutung von Azubis im Beschäftigungssystem des Handwerks sinkt. 5
6 2 Entwicklungen auf der Nachwuchs-Ebene Entwicklung des Lehrstellenmarkts Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge im Handwerk ( ) Frauen Männer Quelle: ZDH, eigene Darstellung. 6
7 2 Entwicklungen auf der Nachwuchs-Ebene Entwicklung der Schulabgänger-Zahlen (1) Die Zahl der Absolventen mit Hauptschul- und Realschulabschluss sank seit 2004 um mehr als 150 Tsd. Personen. (2) Sie wird nach Prognosen der KMK bis 2025 um weitere 85 Tsd. sinken. (3) Folge: Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen wird weiter zurückgehen. Die relative Bedeutung von studienberechtigten Schulabsolventen wächst. ( Trend zur Akademisierung ) 7
8 2 Entwicklungen auf der Nachwuchs-Ebene Entwicklung der Schulabgänger-Zahlen Absolventen und Abgänger allgemeinbildender Schulen Projektion bis 2025 Ab 2013: Vorausberechnung ohne Abschluss mit Realschulabschluss mit Hauptschulabschluss mit FH- bzw. Hochschulreife Quelle: Statistisches Bundesamt, KMK, eigene Darstellung. 8
9 2 Entwicklungen auf der Nachwuchs-Ebene Projektion für den Ausbildungsmarkt (1) Bis 2020 ist mit einem weiteren Rückgang der Neuabschlüsse im dualen System zu rechnen. (2) Ein Rückgang der Neuabschlüsse wird auch dann prognostiziert, wenn besonders optimistische Annahmen über Einmündungsquoten in das duale System getroffen werden, d.h. wenn angenommen wird, dass die Betriebe auch jenen Jugendlichen Chancen eröffnen, die in den letzten Jahren schlechtere Einmündungschancen hatten. (3) Aber: Das Gesamtpotenzial an ausbildungsinteressierten Jugendlichen liegt deutlich über den prognostizierten Einmündungsquoten. Quelle: Maier, Troltsch, Walden (2011). 9
10 2 Entwicklungen auf der Nachwuchs-Ebene Projektion für den Ausbildungsmarkt Projektion der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge bis 2020 Ist 2013: 530 Tsd. Neuverträge Quelle: Maier, Troltsch, Walden (2011). 10
11 Gliederung 1 2 Einleitung: Personalrekrutierung in Handwerksbetrieben Entwicklung auf der Nachwuchskräfte-Ebene 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene 4 Handlungsempfehlungen für die Handwerkswirtschaft 11
12 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene Verbleibsverhalten im Handwerk (1) Viele Gesellen verlassen das Handwerk nach abgeschlossener Lehre. (2) Die Abwanderungstendenzen haben sich bis Mitte der 2000er Jahre deutlich verstärkt, insbesondere in der Gruppe der jüngeren Fachkräfte. (3) Die Fachliteratur zeigt für das gesamte System der dualen Ausbildung, dass die Übergänge an der zweiten Schwelle (von der Ausbildung in reguläre Beschäftigung) die kritische Phase für die Wanderungsprozesse darstellen. Gelingt es einem kleinen oder mittleren Betrieb also, einen Auszubildenden bis zum Abschluss zu führen und ihn anschließend zu übernehmen, dann wird dieser Ausbildungsabsolvent mit der in etwa gleichen Wahrscheinlichkeit im Ausbildungsbetrieb verbleiben wie ein Ausbildungsabsolvent eines Großbetriebes. * Quelle: *Pahnke/Icks/Kay (2013: 53). 12
13 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene Verbleibsverhalten im Handwerk Anteil der im Handwerk beschäftigten Personen an allen im Handwerk ausgebildeten Personen ( ) ,4 73,4 79,2 Insgesamt 15 bis 25-Jährige ,8 46,8 50,2 50,1 52, , Quelle: Haverkamp et al. (2009), eigene Darstellung. 13
14 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene Einkommensperspektiven im Handwerk (1) Die schwache Arbeitsmarktposition des Handwerks resultiert auch aus einem relativ gesehen geringerem Lohn- und Gehaltsniveau. (2) Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst einer vollzeitbeschäftigten Fachkraft im produzierenden Gewerbe (2012): Industrie = Euro Handwerk = Euro Prozentualer Verdienstunterschied = fast 38 %. Quelle: Thomä (2014). 14
15 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene Einkommensperspektiven im Handwerk Bruttomonatsverdienste der Arbeitnehmer/innen aus Produktions- und Dienstleistungsbranchen und der Handwerksgesellen und -gesellinnen in Euro ( ) Quelle: Scholz, J. (2013: 203). 15
16 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene Externe Rekrutierung im Handwerk Fachkräfte im Handwerk nach beruflichem Erstabschluss 69,0% 69,0% 1,8% 1,8% 2,8% 2,8% 26,4% 26,4% Externe Fachkräfte mit einem FHbzw. Universitätsabschluss Studienrichtungen: vorwiegend Ingenieurwissenschaften (Bauingenieurwesen, Elektrotechnik, Maschinenbau) oder Betriebswirtschaft. Externe Fachkräfte mit einem dualen Abschluss in anderen WB Wichtigste Gruppen: Kaufleute sowie Personen aus Metall- und Maschinenbauberufen (Werkzeug- und Industriemechaniker) Problematisch: 7% Gehaltsunterschied duale duale BA im BA Hw im Hw Vollzeitschule duale duale BA nicht BA nicht im Hw im Hw FH, BA, FH, Uni BA, Uni Quelle: BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2005/2006, gewichtete Ergebnisse. 16
17 Gliederung 1 2 Einleitung: Personalrekrutierung in Handwerksbetrieben Entwicklung auf der Nachwuchskräfte-Ebene 3 Entwicklungen auf der Fachkräfte-Ebene 4 Handlungsoptionen 17
18 4 Handlungsoptionen 1. Mit Bewerberüberhängen auf dem Lehrstellenmarkt ist nicht mehr zu rechnen! Die Wunschkandidaten werden knapp und stark von mehreren Branchen umworben. Das Handwerk muss neue Potenziale für Nachfrager im dualen System erschließen: leistungsschwächere Schulabgänger Zuwanderer Frauen studienberechtigte Schulabgänger ( duales Studium) Studienabbrecher 18
19 4 Handlungsoptionen 2. Mit der sinkenden Ausbildungsleistung und bei betrieblichen Ausstiegen aus der Bildungsbeteiligung fehlen zunehmend die Nachwuchskräfte. Es wird zunehmend darauf ankommen, die gewonnenen Azubis trotz vielfältiger Schwierigkeiten erfolgreich bis zum Lehrabschluss zu führen und die Gesellen und Gesellinnen anschließend an das Handwerk zu binden, d.h. hohen Lösungsquoten entgegenwirken Übernahmeoptionen rechtzeitig aufzeigen 19
20 4 Handlungsoptionen 3. Die Qualifikationsstrukturen der Erwerbstätigen werden sich stark verändern: Es wächst die Bedeutung der Akademiker gegenüber den dual qualifizierten Fachkräften. Gleichzeitig sinkt die Bedeutung der Azubis im Beschäftigungssystem. Die in Zukunft geänderte qualifikatorische Zusammensetzung der Belegschaften wird Anpassungen in der Verteilung von Zuständigkeiten und von Tätigkeiten (sowie Lohnanpassungen) erfordern. 20
21 Qualifikationsstrukturen und Tätigkeiten Hochschulabsolventen und Meister im Handwerk Ausgeübte Tätigkeiten Denken Sie bitte an Ihre Berufstätigkeit als Sagen Sie bitte, wie häufig diese Tätigkeiten bei Ihrer Arbeit vorkommen, ob häufig, manchmal oder nie? (Prozentangaben, Kategorie: häufig ) Organisieren, Planen und Vorbereiten von Arbeitsprozessen Arbeiten mit Computern Herstellen, Produzieren von Waren und Gütern Überwachen, Steuern von Maschinen, Anlagen, technischen Prozessen Reparieren, Instandsetzen Informationen sammeln, Recherchieren, Dokumentieren 0 Messen, Prüfen, Qualität kontrollieren Entwickeln, Forschen, Konstruieren Ausbilden, Lehren, Unterrichten, Erziehen Beraten und Informieren Meister Hochschulabsolventen Quelle: Haverkamp 2013 auf der Basis von BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2012, gewichtete Ergebnisse 21
22 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Katarzyna Haverkamp ifh Göttingen
23 4 Quellen Jaudas, J. u.a. (2004): Handwerk nicht mehr Ausbilder der Nation? Übergangsprobleme von der Ausbildung ins Beschäftigungssystem. München. Haverkamp, K. / Sölter, A. / Kröger, J. (2009): Humankapitalbildung und Beschäftigungsperspektiven im Handwerk. Duderstadt. Maier, T. / Toltsch, K. / Walden, G. (2011): Längerfristige Entwicklung der dualen Ausbildung. Eine Projektion der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge bis zum Jahr In: BWP 3/2011, S Pahnke, A. / Icks, A. / Kay, R. (2013): Übernahme von Auszubildenden betriebsgrößenspezifische Analysen. In: IfM-Materialien Nr Scholz, J. (2013): Krise des korporatistischen Arrangements und gewerkschaftliche Revitalisierungsansätze im Handwerk. In: Schmalz, S. und Dörre, K. (Hrsg.): Comeback der Gewerkschaften? Neue Machtressourcen, innovative Praktiken, internationale Perspektiven. Frankfurt am Main. Thomä, J. (2014): Fachkräftemangel im Handwerk? eine Spurensuche. (im Erscheinen) 23
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