Umwelt- und Naturschutz
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- Adolph Jobst Amsel
- vor 6 Jahren
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1 Umwelt- und Naturschutz Einleitung Die Existenz und die kulturelle Entwicklung des Menschen als Teil des natürlichen Lebensnetzes ist auf funktionierende Ökosysteme angewiesen. Eine hohe biologische Vielfalt oder Biodiversität ist dafür eine ganz wesentliche Voraussetzung. Diese ist in Anlehnung an die gleichnamige Konvention von Rio de Janeiro 1992 vom Bundesumweltamt wie folgt definiert: Biologische Vielfalt bezeichnet die Variabilität alles Lebendigen. Artenvielfalt bezeichnet nur einen Teil. Die biologische Vielfalt umfasst zusätzlich die genetische Verschiedenartigkeit zwischen den einzelnen Lebewesen einer Art, zwischen den Arten und die Vielfalt der Lebensräume. Dieser Beitrag gibt am Beispiel der Stadt Böblingen Einblick in die fachlichen Grundlagen des Arten- und Biotopschutzes und stellt Ihnen einige Beispiele aus der Praxis vor.
2 Biotopverbund Biotopmanagement Das Ziel des Biotopverbundkonzeptes der Stadt Böblingen ist die Erhaltung, Sicherung und Entwicklung einer vielfältigen Naturausstattung in der Kulturlandschaft, die Verbesserung der Lebensbedingungen für die bodenständigen Tier- und Pflanzenarten und der Schutz, die Erhaltung und Entwicklung von Boden, Grund- und Oberflächenwasser, sowie die Verbesserung des Landschaftsbildes und die Erhöhung der Erlebnisqualität der Landschaft. Das Biotopverbundkonzept der Stadt Böblingen besteht aus einer Strukturund Nutzungskartierung als Rückgrat und erste Bewertung der Biotopausstattung, einer botanischen und zoologischen Kartierung der Gesamtgemarkung anhand von Indikatorarten auf repräsentativen Flächen und einer konkreten Maßnahmenplanung zum Biotopverbund und -vernetzung. Indikatorarten sind Arten, die für einen bestimmten Biotoptyp Aussagen über die Wertigkeit, auch stellvertretend für andere Artengruppen, erlauben. Diese Erhebungen sind Voraussetzung für eine ökologisch trag- und funktionsfähige Vernetzung und Maßnahmenplanung. Ein Beispiel ist der Ackerrandstreifen als Lebensraum für die durch Spritzmittel und Saatgutbeizung bedrohte Ackerbegleitflora. Ein Zweites die Streuobstwiesen mit ihrer hohen Bedeutung für die Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt und, als Kaltluftentstehungs- und Abflussgebiete, für das Kleinklima. Für die Streuobstwiesen der Stadt Böblingen wird bei Neuanpflanzungen zusätzlich auf eine breite Auswahl regionaler und lokaler Baumsorten zum Erhalt der genetischen Vielfalt geachtet. Für besonders naturschutzwürdige und landschaftsökologisch wertvolle, komplexe Landschaftsbereiche werden Pflege- und Entwicklungspläne erstellt, die sehr hohen Anforderungen genügen müssen und auch als Grundlage für die Landschaftspflege auf der Gesamtmarkung dienen können. Sie zielen auf ein umsetzbares Handlungskonzept für das Biotopmanagement, das nachhaltig und nachprüfbar die Zielsetzungen der Planung für den Arten- und Biotopschutz erreicht. Dazu werden die Daten aus dem Biotopverbundkonzept ortsbezogen um vegetations- und bodenkundliche Transekte ergänzt, die mit geringem Aufwand Rückschlüsse auf das zukünftige standörtliche Entwicklungspotential ermöglichen. Dieser praxisorientierte Ansatz der Maßnahmenplanung auf Bestandsbasis ermöglicht eine effiziente Realisierung. Dazu gehört auch die frühzeitige Integration der Landnutzer in ein nachhaltiges Bewirtschaftungskonzept und die Abstimmung mit den betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten. Diese Verbindung von Ökologie und Ökonomie mündet in eine Pflegekonzeption, die den hohen Komplexitätsgrad der Erfassung in praktikable, einfache Pflegeanleitungen fasst. Ackerrandstreifen Thomaried: Landschaftskomplex
3 Artenschutz Gewässer Die Ergebnisse der botanischen und zoologischen Kartierungen und die Biotopausstattung erlauben Rückschlüsse, bei welchen Arten mit vertretbarem finanziellen Aufwand Verbesserungen erzielt werden können. Daraus und aus den gesetzlichen Grundlagen ergeben sich Konzepte für bestimmte Artengruppen und Zielarten. Böblingen hat ein Schmetterlingsschutzkonzept für Tagfalter und Widderchen, ein Amphibienschutzund ein Fledermausschutzprogramm. Zum Amphibienschutz gehört z.b. die Anlage von Ersatzlaichgewässern um die oft tödliche Überquerung vielbefahrener Straßen zu vermeiden, das Sichern der Dolen als Amphibienfallen während der Wanderungszeit und die Absenkung von Bordsteinen, die für die Tiere Barrieren darstellen, die nicht überwunden werden können und ihnen so den Weg zu ihren Sommerund Winterquartieren im Wald versperren. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind sämtliche 22 in Deutschland heimische Fledermausarten als vom Aussterben bedrohte Tierarten besonders geschützt. Der Fledermausschutz muss der komplexen Biologie der Fledermäuse Rechnung tragen. Sie wechseln ihre Quartiere im Laufe des Jahres und die Wochenstuben in den Dachstühlen müssen warm genug, die Winterquartiere in Kellern und Stollen kalt genug sein. Ein Raum in der Schlossbergmauer mitten in Böblingen eignet sich als Fledermauszwischenquartier und wurde mit Spenden aus der Bevölkerung anlässlich einer umfangreichen Fledermausausstellung ausgebaut. Als Lebensadern der Landschaft, natürliche Biotopverbundsysteme und Wander- und Ausbreitungswege von Flora und Fauna kommt den Fließgewässern im Naturhaushalt eine besondere Bedeutung zu. Naturnahe Gewässer und Auen sind selten geworden. Ausgebaute Gewässer könnnen ihre Funktionen im Ökosystem größtenteils nicht mehr erfüllen. Im Rahmen der Gewässerentwicklung gewinnt deshalb die naturnahe Gestaltung und Bewirtschaftung des Gewässerbettes und der Ufer, neben der Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss, zunehmend an Bedeutung. Bestätigt wurde dieser Ansatz durch die jüngsten Hochwasserereignisse. Auf der Grundlage von Gewässerentwicklungsplänen und im Rahmen des Biotopverbundes hat die Stadt Böblingen in den letzten Jahren mehrere Gewässer renaturiert oder ökologisch aufgewertet. Durch die Verbesserung der Sohl- und Ufer-Struktur, sowie durch Uferbepflanzung, wird durch Beschattung der Sauerstoffgehalt und damit die Selbstreinigungskraft erhöht. Die naturnahe Pflege der Seeufer und Gewässerbegleitvegetation erfordert hohes fachliches Können. Regelmäßig wird auch die abschnittsweise Grabenpflege durchgeführt. Dabei wird die Sohl- und Ufersicherung nicht mehr durch Befestigung sondern durch ingenieurbiologische Maßnahmen, z. B. mit Geotextil aus Naturmaterial, erreicht. Als Ursprung der Fließgewässer kommt den Quellen eine besondere Bedeutung zu. Quellen zählen zu den bedrohtesten Biotopen in Mitteleuropa. Aufgrund ihrer großen Wertigkeit hat die Stadt Böblingen ein Quellenschutzprogramm zur Verbesserung des ökologischen Zustandes in Form eines Quellenkatasters. Bordsteinabsenkung Grabensicherung mit Geotextil
4 Ausgleich und Ersatz von Eingriffen in Natur und Landschaft Eingriffe sind als Veränderung der Gestalt und Nutzung von Grundflächen mitnachhaltigen und erheblichen Beeinträchtigungen für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes definiert. Ist diese Verschlechterung des Zustandes von Natur und Landschaft oder des Landschaftsbildes nicht zu vermeiden oder zu minimieren und der Eingriff in seiner Bedeutung höher einzustufen, muss Ausgleich oder Ersatz geschafffen werden. Wenn einräumlicher und funktionaler Bezug zu den durch die Bauleitplanung hervorgerufenen Eingriffen besteht, können schon erbrachte Naturschutzmaßnahmen in Abwägung gebracht werden. Die Stadt Böblingen hat auf der Basis des Biotopverbunds und der Gewässerentwicklung Maßnahmen in einem Ökokonto eingestellt. Bioindikation Am 05. Mai 1999 wurde auf Gemarkung Böblingen das Restmüllheizkraftwerk des Landkreises Böblingen in Betrieb genommen. Am stimmte der Ausschuss für Technik, Umwelt und Straßenverkehr dem Beweissicherungsverfahren zu Schadstoffbelastungen durch das Restmüllheizkraftwerk Böblingen zu. Seit Mai 2001 wird ein Beweissicherungsverfahren mit pflanzlichen Bioindikatoren durchgeführt. Hierbei wird zwischen einem aktiven Biomonitoring mit dem Einsatz von standardisierten Gras- und Grünkohlkulturen und einem passiven Biomonitoring mit Einzeluntersuchungen an Fichtennadeln unterschieden. Beim aktiven Biomonitoring werden Belastungen durch Schwermetalle und polycyclische, aromatische Kohlenwasserstoffe, beim passiven Biomonitoring Gesamtschadstoffbelastungen von Boden und Luft erfasst. Nachgewiesen werden können mittel- und langfristige Veränderungen. St.-Anna-Graben Rundholzschwelle zur Sohlanhebeung Bioindikation Bild: Dr. R. Kostka-Rick, biologisch überwachen und bewerten
5 Öffentlichkeitsarbeit Im Umgang mit der Natur können wir viel über das Leben lernen. Wenn sie nicht mehr da ist, könnnen zukünftige Generationen das nicht mehr. Die Öffentlichkeitsarbeit im Umweltund Naturschutz der Stadt Böblingen will die Bevölkerung in die Umweltund Naturschutzarbeit einbinden, wie z. B. bei der Warentauschbörse zur Müllvermeidung. In Exkursionen und Führungen wird die Natur vor der Haustür und die Besonderheiten der Markung vorgestellt und die wichtigen vorkommenden Biotope und Arten bekannt gemacht. Fledermausführung
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