Prädikatenlogiken. Mathematische Logik. Vorlesung 8. Alexander Bors. 27. April., 4. & 11. Mai A. Bors Logik
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1 Mathematische Logik Vorlesung 8 Alexander Bors 27. April., 4. & 11. Mai
2 Überblick 1 Formale Prädikatenlogiken erster Stufe (Quelle: Ziegler, pp. 3 24) Der Gödelsche und Folgerungen 2
3 Erinnerung Wir sind letztes Mal im Beweis von Satz stehen geblieben: Satz Es sei σ + eine Signatur, T eine vollständige σ + -Henkintheorie (über irgendeiner Teilmenge C σ + const). Dann besitzt T bis auf Isomorphie genau ein Modell aus Konstanten. Dabei heißt eine σ + -Theorie T eine Henkin-Theorie über C σ + const, falls für jede σ + -Formel ϕ = ϕ(x) in einer freien Variable gilt: Es gibt c C mit ( x : ϕ(x) ϕ(c)) T. Und eine σ + -Theorie T heißt vollständig, falls sie widerspruchsfrei ist und für jeden σ + -Satz τ gilt: τ T oder τ T. Erinnerung: Vollständige σ + -Theorien T sind σ + -deduktiv abgeschlossen, d.h., es gilt für jeden σ + -Satz τ: T σ + τ τ T. 3
4 Erinnerung cont. Wir haben letztes Mal bereits die Eindeutigkeitsbehauptung aus Satz gezeigt. Außerdem haben wir, zum Nachweis der Existenz, eine bestimmte σ + -Struktur M definiert: Setze C + := σ + const. Die Trägermenge M von M ist C + /, wobei die Äquivalenzrelation auf C +, definiert durch c d : (c = d) T, ist. Für jedes k-stellige Relationssymbol R σ + rel definiere R M durch ([c 1 ],..., [c k ]) R M : Rc 1 c k T. Für jedes k-stellige Relationssymbol f σ + op definiere f M wie folgt: Zu [c 1 ],..., [c k ] M gibt es ein dadurch eindeutig bestimmtes [c 0 ] M mit (fc 1 c k = c 0 ) T. Setze f M ([c 1 ],..., [c k ]) := [c 0 ]. Es gilt dann, nach Definition, für alle c C + : f M ([c 1 ],..., [c k ]) = [c] (fc 1 c k = c) T. 4
5 Modell aus Konstanten: Existenz cont. Beweis von Satz cont. Wir zeigen nun, dass die so definierte σ + -Struktur M tatsächlich ein Modell von T ist, d.h., dass M = τ für alle τ T. Dazu zeigen wir zuerst eine Hilfsaussage, nämlich, dass konstante σ + -Terme, d.h., σ + -Terme ohne Variablen, in M so ausgerechnet werden, wie es T sagt. Genauer: Für jeden konstanten σ + -Term t und alle c C + gilt: t M = c M (t = c) T. Wir gehen dazu mit Induktion über den Aufbau von t vor. Ist t selbst eine Konstante, so folgt die entsprechende Äquivalenz einfach aus der Definition der Interpretation d M eines Konstantensymbols d als [d]. 5
6 Modell aus Konstanten: Existenz cont. Beweis von Satz cont. Nun sei t ft 1 t k. Wähle c 1,..., c k C + mit ti M = ci M für i = 1,..., k. Nach Induktionsvoraussetzung gilt dann (t i = c i ) T für i = 1,..., k, und somit folgt für alle c C + nach den Gleichheitsaxiomen und der deduktiven Abgeschlossenheit von T : (t = c) T (fc 1 c k = c) T. Andererseits gilt: t M = c M f M (c1 M,..., cm k ) = cm (fc 1 c k = c) T, wobei sich die letzte Äquivalenz aus der Definition von f M ergibt. Nachdem die Hilfsaussage nun gezeigt ist, zeigen wir nun, dass M ein Modell von T ist. Genauer zeigen wir sogar eine etwas stärkere Aussage mit Induktion über die Länge des σ + -Satzes τ, nämlich M = τ τ T. 6
7 Modell aus Konstanten: Existenz cont. Beweis von Satz cont. Wir zeigen diese Äquivalenz zuerst für atomare Sätze τ (d.h., Sätze, welche atomare Formeln sind). Damit ist insbesondere der Induktionsanfang klar. Ist τ (t 1 = t 2 ), so müssen t 1 und t 2 konstante σ + -Terme sein (ansonsten würde τ freie Variablen enthalten). Wähle c 1, c 2 C + mit ti M = ci M für i = 1, 2. Nach der vorhin gezeigten Hilfsaussage gilt dann (t i = c i ) T für i = 1, 2, und daher M = τ c1 M = c2 M (c 1 = c 2 ) T (t 1 = t 2 ) T. Die letzte Äquivalenz folgt aus den Gleichheitsaxiomen. Ist τ (Rt 1 t k ), so sind t 1,..., t k wieder konstant. Wähle c i C + mit ti M = ci M für i = 1,..., k. Nach der Hilfsaussage ist (t i = c i ) T, i = 1,..., k. Damit: M = τ M = Rc 1 c k Rc 1 c k T τ T. Die letzte Äquivalenz folgt wieder aus den Gleichheitsaxiomen. 7
8 Modell aus Konstanten: Existenz cont. Beweis von Satz cont. Nun behandeln wir noch den Fall, wenn τ zusammengesetzt ist, womit auch der Induktionsschritt funktioniert. Wenn τ ψ, so ist ψ ebenfalls ein Satz. Nach Induktionsvoraussetzung und der Vollständigkeit von T folgt M = τ M = ψ ψ / T τ T. Wenn τ (ψ 1 ψ 2 ), so sind ψ 1 und ψ 2 ebenfalls Sätze. Nach Induktionsvoraussetzung und Lemma (3) folgt: M = τ M = ψ i, i = 1, 2 ψ i T, i = 1, 2 τ T. Schließlich sei τ xψ. Dann gilt: M = τ M = ψ[c M ] für ein c C + M = ψ(c) für ein c C + τ T. Für die letzte Äquivalenz verwendet man die deduktive Abgeschlossenheit von T für, und dass T eine Henkin-Theorie ist für. 8
9 Modelle und Erweiterungen von Theorien Erinnerung: Eigentlich wollen wir folgenden Satz zeigen (denn aus ihm folgt, wie letztes Mal argumentiert, der ): Satz Es sei σ eine Signatur, T eine σ-theorie. Dann gilt: T ist genau dann widerspruchsfrei, wenn T ein Modell hat. Nach Satz gilt das schon mal, wenn T eine vollständige Henkin-Theorie ist. Beachte nun folgendes Lemma Es seien σ, σ + Signaturen, T eine σ-theorie, T eine σ + -Theorie, T T. Dann gilt: Hat T ein Modell, so hat auch T ein Modell. 9
10 Modelle und Erweiterungen von Theorien cont. Beweis von Lemma Es sei M + ein Modell von T. D.h., M + ist eine σ + -Struktur, und es gilt M + = τ für alle τ T. Nun sei M das Redukt von M + auf σ, welches wir im Beweis von Lemma aus Vorlesung 6 definiert haben. In diesem Beweis haben wir auch festgehalten, dass man mit Induktion über den Formelaufbau leicht zeigen kann, dass für alle σ-formeln ϕ und alle Belegungen β in M (welche, wegen der gleichen Trägermenge, auch Belegungen in M + sind) gilt: M = ϕ[β] M + = ϕ[β]. Wendet man dies mit τ T in der Rolle von ϕ an, so sieht man: M = τ M + = τ. Also gilt M = τ, und damit ist M ein Modell von T. 10
11 Das letzte verbleibende Lemma für Satz Damit ist der Beweis von Satz nun auf den Beweis folgenden Lemmas reduziert: Lemma Es sei σ eine Signatur, T eine widerspruchsfreie σ-theorie. Dann gibt es eine Menge C neuer Konstanten für σ, sodass T in einer vollständigen (σ + C)-Henkintheorie über C enthalten ist. Um Lemma zu beweisen, benötigen wir zwei Lemmata, eines aus der metatheoretischen Mengenlehre, und eines zu Beweisbarkeit unter Einführung neuer Konstanten. Bisher haben wir nicht viele Worte über die Mengenlehre der Metatheorie verloren. Man könnte, wie Hilbert es wollte, die Metatheorie rein finitistisch aufbauen, aber das würde letztlich viele Formulierungen und Konstruktionen kompliziert machen, ohne dass sich die grundlegenden Beweisideen ändern. 11
12 Das Lemma von Zorn Deshalb wollen wir uns auf den (schon zu Beginn in Vorlesung 1 geäußerten) Standpunkt stellen, mathematische Logik als ein Teilgebiet der Mathematik zu sehen, sodass uns alle Axiome und Resultate, die auch normale MathematikerInnen verwenden, zur Verfügung stehen. Insbesondere ist die metatheoretische Mengenlehre die ZFC-Mengenlehre (mit metatheoretischen, umgangssprachlichen Formulierungen der entsprechenden Axiome, wie wir sie auch schon in Kapitel 1 präsentiert haben), und in dieser lässt sich folgendes technische Resultat beweisen: 12
13 Das Lemma von Zorn cont. Lemma (Zorn) Es sei (X, ) eine partialgeordnete Menge. Weiter gelte, dass jede Kette C X (d.h., jede Teilmenge, welche durch die entsprechende Einschränkung von totalgeordnet wird) eine obere Schranke in X besitzt, d.h., dass es ein s = s(c) X gibt mit c s für alle c C. Dann besitzt X ein maximales Element, also ein Element m X, sodass es kein x X \ {m} gibt mit m x. Bezeichne mit Zorn das formale Lemma von Zorn. Dann gilt: ZF AC Zorn. Das Lemma von Zorn hat auch in der Kernmathematik einige Anwendungen; man kann mit ihm z.b. beweisen, dass jeder Vektorraum eine Basis besitzt. 13
14 Beweisbarkeit unter Einführung neuer Konstanten Lemma Es sei σ eine Signatur, ϕ(x 1,..., x n ) eine σ-formel, C eine Menge neuer Konstanten für σ, und c 1,..., c n seien paarweise verschiedene Elemente von C. Dann gilt: σ+c ϕ(c 1,..., c n ) σ ϕ(x 1,..., x n ). Beweis Für eine Signatur σ 0 und eine σ 0 -Formel ψ definieren wir einen (formalen) σ 0 -Beweis von ψ als eine endliche Folge von σ 0 -Formeln, sodass jedes Glied der Folge entweder ein Axiom des σ 0 -Hilbertkalküls ist oder aus vorherigen Gliedern der Folge durch Anwendung einer der beiden Schlussregeln des σ 0 -Hilbertkalküls folgt. Es gilt also: σ0 ψ genau dann, wenn ψ einen σ 0 -Beweis besitzt. 14
15 Beweisbarkeit unter Einführung neuer Konstanten cont. Beweis von Lemma cont. Wir zeigen zuerst die Richtung. Es sei also B(c 1,..., c n ) ein (σ + C)-Beweis von ϕ(c 1,..., c n ) (beachte: da die Notation ϕ(z 1,..., z n ) lediglich bedeutet, dass Free(ϕ) {z 1,..., z n }, können wir o.b.d.a. annehmen, dass alle im formalen Beweis B(c 1,..., c n ) auftretenden neuen Konstanten in der Liste c 1,..., c n vorkommen). Bezeichnen wir mit B(y 1,..., y n ) jene endliche Folge, die man erhält, indem man in jedem Glied des (σ + C)-Beweises B(c 1,..., c n ) jedes Vorkommen von c i durch eine Variable y i, die sonst im Beweis nicht vorkommt, ersetzt, wobei y i y j für i j und y i x j für alle i, j {1,..., n}, so sieht man leicht, dass B(y 1,..., y n ) ein σ-beweis von ϕ(y 1,..., y n ) ist (sh. die Übungen). 15
16 Beweisbarkeit unter Einführung neuer Konstanten cont. Beweis von Lemma cont. Es folgt also σ ϕ(y 1,..., y n ), und durch n-malige Anwendung der -Einführung damit auch σ y 1 y n : ϕ(y 1,..., y n ). Mittels der -Quantorenaxiome und Modus Ponens erhält man damit σ ϕ(x 1,..., x n ), wie gewünscht. Nun noch zur umgekehrten Richtung,. Es sei also σ ϕ(x 1,..., x n ). -Einführung liefert σ x 1 x n : ϕ(x 1,..., x n ), also auch σ+c x 1 x n : ϕ(x 1,..., x n ), und damit mittels der -Quantorenaxiome des (σ + C)-Hilbertkalküls (sowie Modus Ponens) σ+c ϕ(c 1,..., c n ), wie gewünscht. 16
17 Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien Beweis von Lemma Wir gehen in zwei Schritten vor: 1 T lässt sich zu einer widerspruchsfreien (aber n.n. vollständigen) (σ + C)-Henkin-Theorie T + erweitern. 2 Es sei σ + eine Signatur. Jede widerspruchsfreie σ + -Henkin-Theorie T + lässt sich zu einer vollständigen σ + -Theorie T (welche natürlich ebenfalls henkinsch ist) erweitern. Wir beginnen mit Schritt 1. Dazu zeigen wir zunächst folgende Behauptung: Ist ϕ(x) eine σ-formel und c ein neues Konstantensymbol für σ, so ist die (σ + {c})-theorie T { xϕ(x) ϕ(c)} ebenfalls widerspruchsfrei. 17
18 Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont. Beweis von Lemma cont. Für den Beweis dieser Behauptung gehen wir indirekt vor. Angenommen, es gäbe ψ 1,..., ψ n T (a priori möglicherweise n = 0), sodass für ψ : ψ 1 ψ n gilt: σ+{c} (ψ ( xϕ(x) ϕ(c))). Wir halten zunächst fest, dass nicht n = 0 sein kann, denn sonst stünde da σ+{c} ( xϕ(x) ϕ(c)), was nach dem Korrektheitssatz nicht sein kann. Also ist n 1, somit ψ nichtleer, und die folgende Argumentation ergibt Sinn. Aus dem bereits abgeleiteten σ+{c} (ψ ( xϕ(x) ϕ(c))) folgt mit Aussagenlogik, dass σ+{c} xϕ(x) ψ und σ+{c} ϕ(c) ψ. 18
19 Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont. Beweis von Lemma cont. Mittels Lemma erhalten wir daraus σ xϕ(x) ψ sowie σ ϕ(x) ψ (beachte, dass ψ ein Satz ist und somit insbesondere x nicht frei enthält). Aus letzterem folgt aber mit -Einführung: σ xϕ(x) ψ. Mit Aussagenlogik erhält man insgesamt σ ψ, im Widerspruch zur Widerspruchsfreiheit von T. Mit Induktion erhält man hieraus: Wenn wir für jede σ-formel ϕ(x) ein eigenes, neues Konstantensymbol c ϕ einführen und C 1 := {c ϕ ϕ(x) eine σ-formel} setzen, so ist die (σ + C 1 )-Theorie T 1 := T { xϕ(x) ϕ(c ϕ ) ϕ(x) eine σ-formel} widerspruchsfrei. 19
20 Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont. Beweis von Lemma cont. Beachte aber: T 1 ist noch keine Henkin-Theorie, denn sie enthält einen Satz der Gestalt xϕ(x) ϕ(c) ja nur für σ-formeln ϕ(x), nicht unbedingt für alle (σ + C 1 )-Formeln. Um dieses Problem zu beheben, setzen wir die Konstruktion rekursiv fort. Wir führen also wiederum für jede (σ + C 1 )-Formel eine neue Konstante ein, erhalten entsprechend eine widerspruchsfreie (σ + (C 1 C 2 ))-Theorie T 2, usw. Nach unendlich vielen Iterationsschritten setzen wir T + := i N T i (mit T 0 := T ) und C := i N + C i. T + ist, wie man leicht nachprüft, eine widerspruchsfreie (σ + C)-Henkintheorie über der Konstantensymbolmenge C, die, wie gewünscht, T erweitert. 20
21 Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont. Beweis von Lemma cont. Nun zu Schritt 2. Wir müssen zeigen, dass sich jede widerspruchsfreie σ + -Henkin-Theorie T + zu einer vollständigen σ + -Henkin-Theorie T erweitern lässt. Beachte dazu zunächst, dass für jede solche Theorie T + gilt: Es ist für jeden σ + -Satz τ mindestens eine der σ + -Theorien T + {τ} oder T + { τ} widerspruchsfrei. Wir zeigen diese Behauptung indirekt. Wenn sowohl T + {τ} als auch T + { τ} widersprüchlich sind, so folgt (nach der Widerspruchsfreiheit von T + ), dass es ψ 1,..., ψ n, χ 1,..., χ m T +, n + m > 0, gibt, sodass σ + (ψ 1 ψ n τ) und σ + (χ 1 χ m τ). 21
22 Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont. Beweis von Lemma cont. Mit Aussagenlogik folgt hieraus σ + (ψ 1 ψ n χ 1 χ m ), also die Widersprüchlichkeit von T +, ein Widerspruch. Man sieht leicht, dass Vereinigungen über Ketten (bezüglich Inklusion) von widerspruchsfreien σ + -Theorien, die T + erweitern, stets wieder widerspruchsfreie σ + -Theorien, die T + erweitern, sind. In der partialgeordneten Menge (X, ), X die Menge aller widerspruchsfreien und T + erweiternden σ + -Theorien, gibt es also nach dem Lemma von Zorn ein maximales Element T. D.h., T ist eine widerspruchsfreie, T + erweiternde σ + -Theorie, und T ist in keiner anderen solchen Theorie echt enthalten. 22
23 Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont. Beweis von Lemma cont. Damit sieht man nun leicht, dass T sogar vollständig sein muss: Es sei τ ein σ + -Satz. Nach vorhin gilt: Eine der beiden σ + -Theorien T {τ} oder T { τ} ist ebenfalls widerspruchsfrei und muss daher nach der Maximalität von T mit T zusammenfallen. Dementsprechend gilt aber auch τ T oder τ T, wie in der Definition von Vollständigkeit gefordert. 23
24 Abschluss des Beweises des es Beweis von Satz Zur einfachen Richtung, : Wie angekündigt, ist das eine relativ einfache Folgerung aus dem Korrektheitssatz, Satz 2.4.5: Angenommen, T hat ein Modell M, aber T ist nicht widerspruchsfrei. D.h., es gibt ψ 1,..., ψ n T mit σ (ψ 1 ψ n ). Nach dem Korrektheitssatz gilt dann M = (ψ 1 ψ n ). D.h., in M können nicht alle ψ i, i = 1,..., n, zugleich wahr sein, im Widerspruch dazu, dass M ein Modell von T ist. Zur schwierigen Richtung, : Es sei T eine widerspruchsfreie σ-theorie. Erweitere T gemäß Lemma zu einer vollständigen (σ + C)-Henkintheorie T über C. Nach Satz hat T ein Modell, und damit hat nach Lemma auch T ein Modell. 24
25 Abschluss des Beweises des es cont. Beweis von Satz Folgt sofort aus Satz und Proposition Nachdem wir den Gödelschen nun endlich bewiesen haben, verwenden wir den Rest dieser Vorlesungseinheit, um einige interessante Folgerungen aus ihm (bzw. dem stärkeren Satz 2.5.3) zu besprechen. 25
26 Der für Theorien Die Bedeutung des es rührt daher, dass er zeigt, dass für Prädikatenlogiken erster Stufe über einer beliebigen Signatur σ der syntaktische Ableitungsbegriff σ (von nun an werden wir, wie angekündigt, auch einfach nur schreiben) und der semantische Ableitungsbegriff = σ (bzw. einfach nur =) zusammenfallen. Wir haben auch in Definition einen allgemeineren syntaktischen Ableitungsbegriff für σ-theorien eingeführt (T σ ϕ), aber noch keine entsprechende Verallgemeinerung für den semantischen. Diese ist aber sehr naheliegend: Definition Es sei σ eine Signatur, T eine σ-theorie, ϕ eine σ-formel. Wir sagen ϕ folgt semantisch aus T und schreiben T = σ ϕ, falls ϕ in allen Modellen von T unter allen Belegungen gilt. 26
27 Der für Theorien cont. Man kann leicht folgende Verallgemeinerung des klassischen es zeigen: Korollar Es sei σ eine Signatur, T eine σ-theorie, ϕ eine σ-formel. Dann gilt: T σ ϕ T = σ ϕ. Beweis Beachte zunächst: Bezeichnet τ den universellen Abschluss von ϕ, so gilt T σ ϕ T σ τ (sh. die Übungen) und T = σ ϕ T = σ τ (trivial). Wir können also o.b.d.a. annehmen, dass ϕ ein σ-satz ist. Außerdem können wir annehmen, dass T widerspruchsfrei ist (ansonsten ist die Aussage des Korollares trivial). 27
28 Der für Theorien cont. Beweis von Korollar cont. In diesem Fall reduzieren wir die behauptete Äquivalenz auf Satz Dazu zeigen wir: 1 ϕ ist genau dann nicht syntaktisch aus T ableitbar, wenn T { ϕ} widerspruchsfrei ist. 2 ϕ folgt genau dann nicht semantisch aus T, wenn T { ϕ} ein Modell hat. Zur ersten Aussage: T σ ϕ χ 1,..., χ m T : ( σ χ 1 χ m ϕ) χ 1,..., χ m T : ( σ (χ 1 χ m ϕ)), und in Anbetracht der Widerspruchsfreiheit von T heißt das gerade, dass T { ϕ} widerspruchsfrei ist. 28
29 Der für Theorien cont. Beweis von Korollar cont. Die zweite Aussage ist trivial. Genau wie Satz uns erlaubt, einfach ϕ statt σ ϕ zu schreiben, können wir nun auch einfach T = ϕ und T ϕ schreiben. Satz hat auch noch ein anderes, sehr interessantes Korollar, den so genannten Kompaktheitssatz, den wir auf der nächsten Folie formulieren und beweisen. Mit ihm lassen sich auch einige interessante Dinge anstellen, aber bevor wir darauf zurückkommen, formulieren und beweisen wir auf der übernächsten Folie noch den Satz von Löwenheim-Skolem als letztes großes Korollar aus der entwickelten logischen Theorie. 29
30 Der Kompaktheitssatz Korollar Es sei σ eine Signatur. Eine σ-theorie T hat genau dann ein Modell, wenn jede endliche Teilmenge von T ein Modell hat. Beweis Zur Richtung : trivial (ein Modell von T ist auch ein Modell jeder Teilmenge von T ). Zur Richtung : Wir zeigen die Kontraposition: Hat T kein Modell, so gibt es auch eine endliche Teilmenge F von T, die kein Modell hat. Denn nach Satz ist dann T widersprüchlich, d.h., es gibt ψ 1,..., ψ n T mit (ψ 1 ψ n ). Damit ist auch F := {ψ 1,..., ψ n } widersprüchlich und hat somit nach Satz auch kein Modell. 30
31 Der Satz von Löwenheim-Skolem Korollar Es sei σ eine abzählbare Signatur. Wenn eine σ-theorie ein Modell hat, dann hat sie auch ein abzählbares Modell. Beweis Geht man die entsprechenden Beweise aus diesem Abschnitt noch einmal durch, so wird man feststellen, dass die Konstruktionen auch folgende Resultate liefern (unter der Annahme, dass σ abzählbar ist): 1 Jede σ-theorie T lässt sich zu einer vollständigen (σ + C)-Henkin-Theorie T über einer abzählbaren Menge C neuer Konstantensymbole für σ erweitern. 31
32 Der Satz von Löwenheim-Skolem Beweis von Korollar cont. 2 Ist σ + eine abzählbare Signatur, so ist für jede vollständige σ + -Henkin-Theorie T das bis auf Isomorphie eindeutig bestimmte Modell aus Konstanten für T abzählbar. Damit ist die Aussage des Korollars klar. Der Satz von Löwenheim-Skolem führt zu folgendem Paradoxon: ZFC ist eine σ set -Theorie, wobei die Signatur σ set nur aus einem binären Relationssymbol besteht, insbesondere abzählbar ist. Glaubt man (so wie fast alle MathematikerInnen) an die Widerspruchsfreiheit von ZFC, so muss man nach dem auch daran glauben, dass ZFC ein Modell hat, und daher nach dem Satz von Löwenheim-Skolem, dass es auch ein abzählbares Modell hat, obwohl man in ZFC doch ableiten kann, dass es überabzählbare Mengen gibt. 32
33 Der Kompaktheitssatz und Nichtstandardmodelle von PA Abschließend zeigen wir noch, wie man mit Hilfe des Kompaktheitssatzes zeigen kann, dass es Modelle der Theorie PA ( Peano-Arithmetik ) gibt, die nicht zum Standard-Modell, den natürlichen Zahlen, isomorph sind. Wir werden auch ein allgemeineres Resultat besprechen, das, philosophisch interpretiert, zeigt, dass die Prädikatenlogik erster Stufe tatsächlich echt ausdrucksschwächer ist als die Prädikatenlogik zweiter Stufe. Zuerst müssen wir natürlich PA exakt definieren. 33
34 Definition der Theorie PA Definition Wir definieren σ PA als die Signatur, bestehend aus einem Konstantensymbol 0, einem unären Operationssymbol S sowie zwei binären Operationssymbolen + und. Definition Wir definieren PA als die σ PA -Theorie, welche aus folgenden Axiomen besteht: 1 x 0 : 0 Sx 0, 2 x 0 x 1 : (Sx 0 = Sx 1 x 0 = x 1 ), 34
35 Definition der Theorie PA cont. Definition cont. 3 x 0 : x = x 0, 4 x 0 x 1 : x 0 + Sx 1 = S(x 0 + x 1 ), 5 x 0 : x 0 0 = 0, 6 x 0 x 1 : x 0 Sx 1 = x 0 x 1 + x 0, 7 Für jede σ PA -Formel ϕ(x): (ϕ(0) x : (ϕ(x) ϕ(sx))) x : ϕ(x). Das Standard-Modell von PA, das wir alle kennen, hat die natürlichen Zahlen N als Trägermenge, und in ihm wird das Konstantensymbol 0 als die Zahl 0 interpretiert, S wird als die Nachfolgerfunktion x x + 1 interpretiert, und + bzw. werden als die gewöhnliche Addition bzw. Multiplikation auf N interpretiert. 35
36 Standard-Zahlen in Modellen von PA Folgendes Konzept hilft, das Standardmodell von PA von anderen, nichtisomorphen Modellen zu unterscheiden: Definition Es sei M ein Modell von PA. Eine Standard-Zahl in M ist ein Element von M der Gestalt (S M ) n (0 M ) für ein n N. Hierbei bezeichnet (S M ) n die n-fache Komposition der Funktion S M : M M mit sich selbst. D.h., die Standard-Zahlen in M sind gerade die Elemente 0 M (also sozusagen die 0 von M ), (S0) M ( die 1 von M ), (SS0) M ( die 2 von M ) usw. 36
37 Einige Ableitungen aus PA Wir brauchen folgendes einfache Lemma betreffend einige aus PA ableitbare Sätze, welches wir in Auszügen in den Übungen beweisen werden (S n steht für die Zeichenkette, die durch n-faches Hintereinanderschreiben des Symbols S entsteht): Lemma Es seien n, m N. Dann gilt: 1 Ist n m, so gilt PA (S n 0 = S m 0). 2 PA S n 0 + S m 0 = S n+m 0. 3 PA S n 0 S m 0 = S n m 0. 37
38 Standard-Zahlen und das Standard-Modell Es gilt folgendes einfache, aber nützliche Resultat: Proposition Es sei M ein Modell von PA. Folgende Aussagen sind äquivalent: 1 M ist isomorph zum Standard-Modell von PA. 2 M besteht nur aus Standard-Zahlen. Beweis Zu : Es sei F : N M ein Isomorphismus zwischen dem Standardmodell N und M. Fixiere a M. Weil F surjektiv ist, gibt es ein n N mit F (n) = a. D.h., da F ein Isomorphismus ist, a = F (n) = F ((S N ) n (0 N )) = (S M ) n (0 M ). Also ist a eine Standard-Zahl, wie gewünscht. 38
39 Standard-Zahlen und das Standard-Modell cont. Beweis von Proposition cont. Zu : Nach Lemma (1) und Korollar gilt für n, m N mit n m: M = S n 0 S m 0, also (S M ) n (0 M ) (S M ) m (0 M ). Damit ist die Funktion F : N M, n (S M ) n (0 M ), eine Bijektion. Ebenso kann man mittels Lemma (2,3) sowie Korollar nachrechnen, dass F ein Isomorphismus von σ PA -Strukturen ist. Wir verwenden Proposition in Kombination mit dem Kompaktheitssatz nun, um zu zeigen: Proposition Es gibt Nicht-Standard-Modelle von PA, d.h., Modelle von PA, die nicht zum Standard-Modell isomorph sind. 39
40 Nicht-Standard-Modelle von PA Beweis von Proposition Es sei c ein neues Konstantensymbol für σ PA. Setze σ + PA := σ PA + {c}. Wir definieren eine σ + PA -Theorie PA+ wie folgt: PA + bestehe aus allen Sätzen aus PA sowie zusätzlich noch aus den abzählbar unendlich vielen σ + PA-Sätzen der Gestalt (c = S n 0) für n N (wobei S n eine Kurzschreibweise für die Zeichenkette ist, die man durch n-maliges Hintereinanderschreiben von S erhält). Offenbar besitzt jede endliche Teilmenge von PA + ein Modell: verwende einfach das Standard-Modell von PA und interpretiere das Symbol c als eine genügend große natürliche Zahl. 40
41 Nicht-Standard-Modelle von PA cont. Beweis von Proposition cont. Nach dem Kompaktheitssatz besitzt damit auch PA + als Ganzes ein Modell M. Das Redukt N von M auf PA ist natürlich ein Modell von PA, enthält aber nach Konstruktion mit c M eine Nicht-Standard-Zahl. Damit ist N nach Proposition nicht isomorph zum Standard-Modell. Mit einer ähnlichen Idee kann man zeigen (sh. die Übungen): Satz Es sei σ eine Signatur, T eine σ-theorie. Wenn T ein unendliches Modell besitzt, dann besitzt T auch beliebig große Modelle (d.h., es gibt dann für jede Menge X ein Modell M von T mit Trägermenge M, sodass X M ). 41
42 Prädikatenlogik erster vs. höherer Stufe Wenn man Prädikatenlogik zweiter Stufe zur Verfügung hat (also auch über Teilmengen der Grundgesamtheit quantifizieren kann), gibt man die Peano-Axiome normalerweise wie folgt an (wobei groß geschriebene Variablen hinter Quantoren für Teilmengen stehen, klein geschriebene wie gewohnt für Elemente): 1 x 0 : 0 Sx 0, 2 x 0 x 1 : (Sx 0 = Sx 1 x 0 = x 1 ), 3 x 0 : x = x 0, 4 x 0 x 1 : x 0 + Sx 1 = S(x 0 + x 1 ), 5 x 0 : x 0 0 = 0, 6 x 0 x 1 : x 0 Sx 1 = x 0 x 1 + x 0, 7 X : ((0 X x 0 : (x 0 X Sx 0 X )) x 0 : x 0 X ). 42
43 Prädikatenlogik erster vs. höherer Stufe cont. Diese Theorie besitzt aber bis auf Isomorphie genau ein Modell, nämlich das Standard-Modell. Das folgt, indem man in einem beliebigen Modell M das siebte Axiom (das Induktionsaxiom) auf die Teilmenge X, bestehend aus allen Standard-Zahlen in M, anwendet. Andererseits folgt aus Satz , dass es keine prädikatenlogische Theorie erster Stufe in der Signatur σ PA geben kann, die so ausdrucksstark ist, dass sie bis auf Isomorphie genau ein Modell, und zwar das Standardmodell, besitzt. Damit ist die Prädikatenlogik erster Stufe tatsächlich echt ausdrucksschwächer als die Prädikatenlogik zweiter Stufe. 43
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