3 Vollständige Induktion
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- Melanie Beutel
- vor 7 Jahren
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1 3.1 Natürliche Zahlen In den vorherigen Kapiteln haben wir die Menge der natürlichen Zahlen schon mehrfach als Beispiel benutzt. Das Konzept der natürlichen Zahlen erscheint uns einfach, da wir es schon lange kennen. Der Mathematiker L. Kronecker ( ) sagte einst Die natürlichen Zahlen hat der liebe Gott gemacht, alles andere ist Menschenwerk. In der tat werden wir die Existenz der natürlichen Zahlen zusammen mit einigen wenigen grundlegenden Eigenschaften einfach fordern. Danach werden wir aus den natürlichen Zahlen die ganzen Zahlen, und die rationalen Zahlen konstruieren. Wie man von den rationalen Zahlen zu den reellen Zahlen kommt ist nicht so leicht (und wird auch erst in Analysis I behandelt). Von den reellen Zahlen zu den komplexen Zahlen ist es wieder sehr einfach. Nun aber zu den natürlichen Zahlen. Diese führen wir axiomatisch ein. D.h. wir fordern gewisse Eigenschaften, die eine Menge, die wir dann natürlichen Zahlen nennen, erfüllen sollte. Denition 3.1 (Peano Axiome) Ein Paar (M, p) bestehend aus einer Menge M und einer Abbildung p : M M nennen wir natürliche Zahlen, wenn die folgenden drei Bedingungen erfüllt sind: 1) Es gibt ein Anfangselement, d.h. ein Element e M, so dass p(n) e für alle n M. ) p ist injektiv, d.h., p(n) = p(m) impliziert n = m. 3) Für jede Teilmenge T M mit (i) e T (ii) Aus t T folgt p(t) T gilt T = M. Sind alle Bedingungen für (M, p) erfüllt schreiben wir 1 := e und N := M. Das Element p(n) nennen wir Nachfolger von n, oder n + 1 := p(n) (hier wird also deniert was man unter plus eins versteht). Diese Denition deckt sich mit dem, was wir von den natürlichen Zahlen, so wie wir sie gewohnt sind, kennen. In Zukunft werden wir einfach von der
2 Menge der natürlichen Zahlen sprechen. Jede natürliche Zahl n hat einen eindeutig bestimmten Nachfolger (nämlich n + 1). Beginnt man mit der 1 so kann man durch fortgesetztes Bilden eines Nachfolgers jede andere natürliche Zahl erreichen (diesen Vorgang nennt man zählen). Auf den natürlichen Zahlen denieren wir uns eine Abbildung + : N N N die wir Addition nennen werden. Das Paar (a, b) N N wird hierbei auf die Zahl p b (a) = p p...p(a). Statt +(a, b) schreiben wir einfacha + b. }{{} b mal Auch die Multiplikation : N N N wird durch die Abbildung p deniert. Das Paar (a, b) N N wird hier auf die Zahl abgebildet, welche durch b-maliges Anwenden der Abbildung s a : N N, n n + a entsteht. Verschiedene natürliche Zahlen a, b kann man vergleichen. Wir sagen, dass a gröÿer als b ist falls es ein c N gibt, so dass a + c = b ist. Wir schreiben a < b. Andernfalls sagen wir a ist kleiner alsb(a<b). 3. Das Prinzip der vollständigen Induktion Vollständige Induktion ist eine sehr wichtige Beweismethode welche wir in allen mathematischen Disziplinen benutzen werden. Betrachten Sie die Aussagen und A := Für alle n N ist die Zahl n + 1 eine Primzahl B := Für alle n N ist die Zahl n 1 durch drei teilbar Sind die Aussagen wahr? Man könnte vermuten, dass A wahr ist, denn man rechnet leicht nach, dass n +1 für n = 1,, 3 eine Primzahl ist. Mit etwas Aufwand sieht man auch das eine Primzahl ist. Es gilt aber = und das ist durch 641 teilbar. Die Aussage A ist hiermit also widerlegt. Die Aussage B ist allerdings wahr. Wieder könnte man anfangen, die Aussage für möglichst viele natürliche Zahlen n zu testen. Im Gegensatz zu oben werden Sie kein Gegenbeispiel nden. Die Aussage ist damit aber noch nicht beweisen, da Sie ja, egal wie schnell Ihr Computer ist, nur endlich oft testen können. Die Vollständige Induktion ist nun eine Methode, die es ermöglicht Aussagen wie B zu beweisen. Satz 3. (Prinzip der vollständigen Induktion) Für jede natürliche Zahl n N sei eine Aussage B(n) gegeben. Es gelte: (A) B(1) gilt, d.h. die Aussage stimmt für n = 1 (Induktionsanfang). (S) B(n) B(n + 1) gilt, d.h. gilt die Aussage für eine Zahl n N, so auch für n + 1 (Induktionsschluÿ). Dann stimmt die Aussage B(n) für alle n N. 3
3 Beweis: Betrachte die Menge M := {n N B(n) ist erfüllt }. ist eine Teilmenge von N und erfüllt (i) und (ii) in obiger Denition. Also ist M = N. Ein Induktionsschluÿ funktioniert nach dem Dominoprinzip (A) = (S) B(1) = (S) B() = (S) (S)... = B(n) = (S) B(n + 1) = (S)... B(1) gilt wegen (A) B() gilt wegen (S) und n = 1 B(3) gilt wegen (S) und n = Induktionsschritt (S) immer wieder anwenden Bemerkung: Aus dem Prinzip der vollständigen Induktion lassen sich leicht verallgemeinerte Induktionsprinzipien ableiten: Z.B. gilt: Korollar 3.3 Sei n 0 Z = {0, ±1, ±,...} fest gewählt. Um eine Aussage B(n) für alle n Z mit n n 0 zu beweisen, reicht es zu zeigen: (A) B(n 0 ) gilt (Induktionsanfang) (S) Für beliebiges n Z mit n n 0 gilt: Falls B(n) richtig ist, so auch B(n + 1) (Induktionsschritt). Beweis: Setze C(n) := B(n 0 n + 1) und wende das Prinzip der vollständigen Induktion auf C(n) an. Anwendung 1: Mit Hilfe des Induktionsprinzips, können wir rekursiv denieren. Summe: a k deniert durch 1 a k := a 1 und n+1 a k := a k + a n+1 Produkt: n a k deniert durch 1 a k := a 1 und n+1 a k := n a k a n+1 Fakultät: n! deniert durch 0! := 1 und (n + 1)! := n! (n + 1) 4
4 Anwendung : Viele wichtige Sätze, lassen sich durch vollständige Induktion beweisen. Wir zeigen nun drei Beispiele dafür. Satz 3.4 Für alle natürlichen Zahlen n N gilt k = n(n + 1). Beweis: Wir betrachten also die Aussage A(n) = n k = n(n+1). (A) Zunächst müssen wir zeigen, dass die Aussage A(1) wahr ist. Das ist leicht, denn 1 k = 1 = 1. (S) Nun müssen wir zeigen, dass A(n) A(n+1) wahr ist, d.h., falls n k = n(n+1) gilt muss auch n+1 k = n+1(n+) gelten. Sei also A(n) wahr, dann gilt n+1 k = = k + n + 1 = n(n + 1) + (n + 1) Die Aussage A(n) A(n + 1) ist also wahr. n(n + 1) = + n + 1 (n + 1)(n + ) Satz 3.5 Seien A und B Mengen mitn Elementen. Die Anzahl der Bijektionen f : A B ist n!. Beweis: Wir wollen zeigen, dass die Aussage C(n) = Die Anzahl der Bijektionen f : A B ist n! für alle n N wahr ist. Der Induktionsanfang ist wieder leicht. Es gibt genau eine Abbildung f : A B falls A und B nur ein Element haben. Diese Abbildung ist bijektiv. Insbesondere gilt also C(1). Nun nehmen wir an dass C(n) wahr ist. Induktionsschluÿ (n n + 1): Seien A = {a 1,...,a n+1 }, B = {b 1,...,b n+1 } Mengen mit n + 1 Elementen. Ist f : A B Bijektion, so nimmt f(a n+1 ) genau einen der n + 1 möglichen Werte b 1,...,b n+1 an. Ferner ist f A\{an+1 } : A \ {a n+1 } B \ {f(a n+1 )} Bijektion zwischen nelementigen Mengen. Hier benutzen wir nun, dass C(n) wahr ist. Nach Induktionsvoraussetzung gibt es genau n! Bijektionen A \ {a n+1 } B \ {b i }, i = 1,...,n + 1. Daher gibt es zu jedem i = 1,...,n + 1 genau n! Bijektionen A B mit a n+1 b i. Also gibt es insgesamt genau (n + 1)n! = (n + 1)! Bijektionen A B. 5
5 Satz 3.6 (Bernoullische Ungleichung.) Für x 1 und n N gilt stets (1 + x) n 1 + nx. Diesmal schreiben wir die vollständige Induktion etwas schneller auf: Beweis: Induktionsanfang: Für n = 1 stimmt die Behauptung (1 + x) x. Induktionsschluÿ: (1 + x) n+1 = (1 + x) (1 + x) n (1 + x)(1 + nx) }{{}}{{} 0 1+nx = 1 + (n + 1)x + }{{} nx 1 + (n + 1)x. 0 6
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