Autobahn A5: Was für Nidau auf dem Spiel steht. umweltverträgliches Verkehrsmittel. Bielersee. Stadtentwicklung Nidau. Regiotram: Gute Gründe für ein
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- Christoph Schwarz
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1 Ausgabe 1 Juni 2011 Stadtentwicklung Nidau Autobahn A5: Was für Nidau auf dem Spiel steht Regiotram: Gute Gründe für ein umweltverträgliches Verkehrsmittel Agglolac: Die Rückkehr des Stedtlis an den Bielersee
2 Editorial Blickwinkel Foto: Valérie Chételat Nidau, Hauptstrasse: Keine Zeit für eine Rast am Brunnen. IMPRESSUM Perspektiven erscheint mehrmals jährlich. Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ohne Zustimmung der Herausgeberin ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Verarbeitung für elektronische und multimediale Systeme. Herausgeberin Stadt Nidau, Schulgasse 2, Postfach 240, CH-2560 Nidau; Gesamtleitung Stadtkanzlei Nidau Texte / Redaktion textatelier.ch, Elfenaustrasse 5, 2502 Biel, Bilder Valérie Chételat (Fotos), R. Giger (Illustrationen Agglolac) Grafik / Layout virus Ideenlabor AG, Cornouillerstrasse 6, Postfach, 2500 Biel 4, Druck witschidruck, Martiweg 3, 2560 Nidau Liebe Nidauerinnen und Nidauer Sie erhalten heute die erste Ausgabe von «Perspektiven», dem Informationsmagazin über die Stadtentwicklung von Nidau. Verantwortlich für den Inhalt ist der Gemeinderat von Nidau, der Sie auf diesem Weg in Zukunft «aus erster Hand» informieren möchte. «Perspektiven» ist kein traditionelles Gemeinde-Infoblatt mit amtlichen Mitteilungen und Berichten über die vielfältige Tätigkeit der Verwaltung. Vielmehr will sich das Magazin auf wenige Themen konzentrieren, die für die künftige Entwicklung von Nidau von grosser Bedeutung sind. Drei dieser Themen stellen wir Ihnen heute vor: Die A5-Umfahrung, das Regiotram und Agglolac. Bei diesen Projekten geht es um mehr als «nur» um neue Strassen, Schienen und Häuser. Ich bin zuversichtlich, dass die Vorhaben eine grosse Chance für unsere Stadt sind. Wenn wir es richtig anpacken, werden sie dazu beitragen, die Verkehrsbelastung zu reduzieren, das lokale Gewerbe zu stärken, neuen Wohnraum zu schaffen, das Gebiet am See für alle attraktiver zu gestalten, kurz: Die Lebensqualität in Nidau zu erhöhen. Der Weg bis zur Verwirklichung dieser Vision ist noch weit, viele Fragen müssen noch geklärt und ausdiskutiert werden. Es ist dem Stadtrat, dem Gemeinderat und mir ein Anliegen, Sie auf dem Laufenden zu halten über den aktuellen Stand der Planung. Als gut informierte Bürgerinnen und Bürger können Sie sich dann selber eine fundierte Meinung bilden. Adrian Kneubühler, Stadtpräsident Nidau p.s.: Ihre Meinung ist uns wichtig. Richten Sie Ihre Anregungen an info@nidau.ch oder Stadt Nidau, Schulgasse 2, Postfach 240, 2560 Nidau 2 Perspektiven Ausgabe 1 Perspektiven Ausgabe 1 3
3 Quartiere dauerhaft entlasten Ist die A5-Umfahrung einmal vollständig in Betrieb, wird ein Grossteil des regionalen Strassennetzes vom Verkehr merklich entlastet. So genannte verkehrlich flankierende Massnahmen (vfm) werden dafür sorgen, dass diese Entlastungswirkung möglichst dauerhaft ist. Beispielsweise sollen Quartierstrassen so ge staltet werden, dass sie als Schleichwege unattraktiv sind. Der Strassenraum in Nidau soll für Fussgängerinnen, Fussgänger und Velofahrende sicher sein, der Öffentliche Verkehr störungsfrei und damit pünktlich zirkulieren können. Diese Begleitmassnahmen werden dazu beitragen, das Vekehrsgeschehen auf den Quartierstrassen zu beruhigen und die Wohn- und Lebensqualität in Nidau zu erhöhen. A5 Westast Suche nach dem Optimum Eine Chance für Nidau und die Agglomeration Die Bernstrasse prägt heute noch das Leben in den Weidteilen und erschwert die Entwicklung des Quartiers. Der Westast der A5 ist ein Grossprojekt mit einer langen Leidensgeschichte. Seit kurzem stehen die Chancen aber gut, dass eine Lösung gefunden wird, die für Nidau einige gewichtige Vorteile bietet. Die Erleichterung stand allen Beteiligten ins Gesicht geschrieben, als der damalige Bieler Stadtpräsident Hans Stöckli im Sommer 2010 vor die Medien trat. Der Vorsitzende der regionalen Arbeitsgruppe Westast A5 verkündete einen Durchbruch: Die Arbeitsgruppe beantragte den zuständigen Stellen beim Bund und beim Kanton einstimmig, die «Stossrichtung 2» als Lösung für den Westast der A5-Umfahrung Biel weiterzuverfolgen. Wie ist dieser Entscheid der Region in der langen Planungsgeschichte der A5 einzuordnen? Und vor allem: Was bedeutet er für die Stadt Nidau, die mit Stadtpräsident Adrian Kneubühler in der Arbeitsgruppe vertreten war? Am 21. Juni 1960 hat die Bundesversammlung das Nationalstrassennetz in einem Bundesbeschluss festgelegt und damit auch den Anschluss der Agglomeration Biel an das Autobahnstrassennetz vorgezeichnet. Über fünfzig Jahre später ist zum heutigen Zeitpunkt die Autobahnumfahrung von Biel eine der letzten Lücken des damals beschlossenen Schweizer Nationalstrassennetzes. Die Planungen und Studien haben den Bund und den Kanton Bern in den vergangenen Jahrzehnten Millionen von Franken gekostet. Finanziert wird das Bauwerk nämlich zu 87 Prozent von der Eidgenossenschaft. Die betroffenen Gemeinden müssen sich einzig an den Kosten für die Umgestaltung des lokalen Strassennetzes beteiligen die so genannten «verkehrlich flankierenden Massnahmen». Die Ostast-Umfahrung von Biel vom Bözingenfeld bis ins Brüggmoos ist seit Dezember 2007 im Bau. In regelmässigen Abständen sorgt die gigantische, auf den Namen «Belena» getaufte Tunnelbohrmaschine für positive Schlagzeilen kürzlich wurde die zweite Röhre durch den Büttenberg durchschlagen. Noch einige Jahre dauern wird es hingegen bis zum Baubeginn beim Westast. Der Westast erstreckt sich von der Verzweigung Brüggmoos bis zum Anschluss Seevorstadt (beim Bieler Strandboden). Von hier wird die künftige Autobahnumfahrung durch den Vingelz-Tunnel führen und kurz vor Alfermée in die bestehende A5 Richtung Neuenburg münden. Ernüchterung und Widerstand Nachdem jahrzehntelang unzählige Varianten einer Autobahnumfahrung geprüft worden waren, wurde 1999 das Generelle Projekt für den Westast vom Bundesrat genehmigt. Damit begann eine längere Phase von Projektoptimierungen. Als der Kanton detaillierte Pläne für den Anschluss Biel Zentrum und den Zubringer Nidau präsentierte, war die Ernüchterung gross. Anwohner, Quartier- und Umweltorganisationen stellten sich quer, der Nidauer Gemeinderat forderte die Prüfung einer alternativen Lösung zur Umfahrung des Stedtlis. Alles schien wieder in Frage gestellt, es drohte ein Übungsabbruch. Im Februar 2009 beendete Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer diese heikle Phase: Resolut spielte die Vorsteherin der kantonalen Bau, Verkehrs- und Energiedirektion den Ball an die Gemeinden der Agglomeration Biel zurück. Biel, Brügg, Ipsach, Nidau, Orpund, Twann- Tüscherz, Port und die Organisationen seeland.biel/bienne und Conférence des maires du Jura bernois hatten bis Juni 2010 Zeit, um einen Konsens bezüglich Linienführung und Anschlüsse zu präsentieren. Die «Arbeitsgruppe Stöckli» nahm ihre Arbeit auf. Die Stossrichtung 2 Die von der Arbeitsgruppe einstimmig gewählte Stossrichtung 2 basiert zwar weiterhin auf dem vom Bundesrat genehmigten Generellen Projekt mit einem Vollanschluss Biel Zentrum. Gegenüber der ursprünglichen Lösung sieht diese Variante jedoch eine andere Verbindung von den Gemeinden des rechten Seeufers zur A5 vor: eine zweispurige und grösstenteils unterirdische Stras se (Port-Tunnel) von Ipsach bis zum Anschluss Brüggmoos. Bund und Kanton haben den Vorschlag po sitiv aufgenommen. Im Rahmen der weiteren Projektierungsarbeiten werden sie auch die Forderung der Gemeinden nach einer weitgehenden Über- «Erst die A5 verbessert die Ausgangslage der Weidteilen.» deckung der Autobahn beim Anschluss Biel Zentrum und die gestalterischen Vorschläge der Gemeinden prüfen. Für Nidau entscheidend: Die ursprünglich geplante Umfahrung des Stedtlis mit der Unterquerung der Zihl ist kein Thema mehr! Meilenstein für Stedli und Weidteilen Die Stadt Nidau, die seit vielen Jahren unter dem starken Durchgangsverkehr leidet, wird vom Westast der A5 zweifellos profitieren. Der verbesserte Anschluss ans Autobahnnetz und die Verkehrsentlastung auf dem lokalen Strassennetz bedeuten für Nidau eine Aufwertung und können somit wirtschaftliche Impulse auslösen. Insbesondere für das Quartier Weidteile wird endlich eine nachhaltige Verbesserung der Wohnqualität möglich. Denn solange die Weidteilen von einer stark befahrenen Schnellstrasse durch trennt werden, sind Investitionen für eine längerfristige Attraktivierung des Quartiers kaum realistisch. Zwar unternimmt die Stadt schon heute grosse Anstrengungen, 4 Perspektiven Ausgabe 1 Perspektiven Ausgabe 1 5
4 um eine bessere soziale Durchmischung in den Weidteilen zu fördern. Entscheidend verbessern kann sich die Ausgangslage für das Quartier aber erst, wenn die Bernstrasse aufgehoben und durch die unterirdische A5 ersetzt worden ist. Ebenfalls eine Chance bietet sich im Bereich Keltenstrasse/Gurnigelstrasse und in den angrenzenden Gebieten. Der in der Stossrichtung 2 vorgesehene Anschluss Biel Zentrum führt hier zu einer umfassenden städte baulichen Neugestaltung. Mit einem interkommuna len Richtplan wollen Nidau und Biel die Ent wicklung und Aufwertung des Quar tiers steuern. Dazu gehören Eckwerte und Vorgaben in Bezug auf die künftige Bebauung, die Nutzungen, den Verkehr sowie den öffentlichen Raum und die Grünflächen. Die direkt betroffenen Liegenschaftsbesitzer und Anwohner sehen die bevorstehenden Veränderungen verständlicherweise kritisch. Derzeit können auch die Nidauer Behörden wenig tun, um der Verunsicherung zu begegnen. Hingegen sichern sie den Betroffenen zu, sie so bald wie möglich zu informieren und im Veränderungsprozess zu unterstützen. Allerdings ist seit Projektierungsbeginn klar, dass jede Variante auch Schwachpunkte aufweist. Mit dem Port-Tunnel wirkt sich vermutlich die Verkehrsentlastung im Nidauer Zentrum weniger stark aus als ursprünglich erhofft. Andererseits kann mit städtebaulichen Begleit- und Gestaltungsmassnahmen die Verbindung zwischen dem Nidauer Ortskern und der Bieler Innenstadt gestärkt werden. Davon soll vor allem der Langsamverkehr Velos und Fussgänger profitieren. Der Weg ist noch weit Gegenwärtig werden durch ausgewählte Architektenteams in einer Testplanung Ideen und städtebauliche Konzepte zur Gestaltung der Stossrichtung 2 erarbeitet. Hier spielen auch die bereits genannten Nidauer Brennpunkte eine sehr wichtige Rolle. Die Resultate dieser Überlegungen sollen noch in diesem Herbst der Öffentlichkeit präsentiert werden. Anschliessend wird das neue Generelle Projekt zur Mitwirkung aufgelegt. Gelingt es diesmal, die weiteren Projektschritte ohne grössere Verzögerungen zu vollziehen, könnte der Westast Mitte der 20er-Jahre zumindest teilweise in Betrieb genommen werden. Spätestens dann könnte man den einstimmigen Entscheid der regionalen Arbeitsgruppe vom letzten Sommer als historischen Kompromiss bezeichnen. Bis dahin ist zwar noch ein weiter Weg zu gehen, die Erleichterung über die geglückte Einigung ist aber auch in Nidau in breiten Kreisen spürbar. Verfahren Nationalstrassenbau: Die Planung des Generellen Projekts des A5-Westastes läuft derzeit auf Hochtouren. Stossrichtung 2: Die Hauptverkehrsströme um fahren Nidau unterirdisch. Projektierung > > beurteilt die Zweckmässigkeit eines Bauvorhabens Projektstudie > > Variantenstudien Kartendaten / Données cartographiques: PK swisstopo (DV569) / CP swisstopo (DV569) Digitaler Übersichtsplan UP5 Amt für Geoinformation des Kantons Bern Plan d ensemble numérique UP5 Office de l information géographique du canton de Berne Generalisierte politische Grenzen des Kantons Bern 1:5000 Amt für Geoinformation des Kantons Bern Limites politiques généralisées du canton de Berne 1:5000 Office de l information géographique du canton de Berne Generelles Projekt Genehmigung durch Bundesrat definiert: Linienführung, Kreuzungsbauwerke, Anschlüsse, Anzahl Fahrstreifen, Umweltverträglichkeitsbericht (UVB) 2. Stufe, flankierende Massnahmen Vingelz Ausführungsprojekt Genehmigung durch UVEK > > präzisiert jedes Element des Generellen Projekts > > legt die Baulinien fest > > bestimmt den Landerwerb, UVB 3. Stufe > > wird öffentlich aufgelegt Nidau 3 Westast 2 Detailprojekt Genehmigung durch ASTRA = Baufreigabe detaillierte technische Aus arbeitung des Ausführungsprojekts zur Baureife 1 Bau Betrieb Bauausführung durch kantonales Tiefbauamt Betrieb und Unterhalt ASTRA m Zubringer 4 N 3 1 Vingelztunnel ca m 1 Halbanschluss Rusel 2 Halbanschluss Seevorstadt 3 Anschluss Biel Zentrum 4 Knoten Westportal (Port-Tunnel) 1 Tunnel City ca. 900 m 2 Tunnel Weidteile ca m 3 Port-Tunnel ca. 1700m 6 Perspektiven Ausgabe 1 Perspektiven Ausgabe 1 7
5 Zwei Varianten der Strecken führung durch Nidau stehen noch zur Diskussion (links). Das Regiotram verbindet wichtige Entwicklungsstandorte (rechts), wo in Zukunft neuer Wohnraum (grün) und neue Arbeitsplätze (gelb) entstehen werden. Grafiken: zvg Aarbergstrasse R La Neuveville B i e Twann l e r S e e Sutz-Lattrigen BIEL/BIENNE Nidau Ipsach Bözingenfeld A 5 Orpund Brügg Vinelz Erlach Gerolfingen Hagneck Mörigen Bellmund Ins Brüttelen Lüscherz Siselen Täuffelen A 6 Müntschemier Treiten Finsterhennen Aarberg Lyss Regiotram Neue Wege für eine mobile Region Umsteigen bitte! Mit den Regiotram gelangt man in Zukunft umsteigefrei vom rechten Seeufer bis ins Bözingenfeld. Auch Nidau profitiert von der neuen ÖV-Achse. Warum braucht Nidau ein Tram? Ist das Stedtli mit dem Trolleybus und der ASM-Haltestelle nicht schon bestens bedient? Wieso Altbewährtes aufgeben und viel Geld in ein neues Öffentliches Verkehrsmittel stecken? Solche berechtigte Fragen beschäftigen die Nidauer Bevölkerung. Vor- und Nachteile des Regiotrams abzuwägen, war bisher nicht einfach. Das soll sich bald ändern. Derzeit arbeiten Planer und Ingenieure im Auftrag des Kantons Bern und der Gemeinden am Vorprojekt. Im Vergleich zur Vorstudie von 2010 werden dabei viele Aspekte genauer abgeklärt. Etwa die Linienführung: Für den Abschnitt Nidau werden zwei detaillierte Varianten ausgearbeitet. Bei einer bleibt das Regiotram auf dem heutigen Trassee der BTI-Bahn der Aare Seeland mobil (ASM), bei der anderen fährt es durch das Stedtli. Dazu wird auch die Meinung der Nidauerinnen und Nidauer gefragt sein. Soll das Regiotram wie ein Tram mitten durch das Zentrum von Nidau fahren, möglichst nahe zu den Geschäften, «zu den Leuten»? Oder soll es wie die heutige Regionalbahn den Ortskern umfahren? Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen und ausdiskutiert sind, muss sich Nidau festlegen. Regionale Herausforderung Ganz gleich, welche Route schliesslich realisiert wird: Der Nutzen des Regiotrams für die Bewohner von Nidau wird erst auf den zweiten Blick ersichtlich. Der Vorteil liegt nicht in erster Linie in einer besseren ÖV-Verbindung für Nidau selber, sondern in einer Angebotsverbesserung beim regionalen Öffentlichen Verkehr. Diese kann nämlich dazu beitragen, den «Alle 7,5 Minuten ein Tram in beide Richtungen.» Durchgangsverkehr in Nidau (und andernorts) zu reduzieren. Bereits heute stauen sich im Stedtli die Autos in den Stosszeiten. Damit sich die Situation in Zukunft nicht noch weiter verschärft, koordinieren 20 Gemeinden gemeinsam die Entwicklung der nächsten 20 Jahre. Das Instrument dazu heisst Richtplan Siedlung und Verkehr der Agglomeration Biel. Der Richtplan hält fest, was getan werden muss, damit Wirtschaft und Bevölkerung umweltverträglich wachsen können (siehe Kasten Seite 9). Dabei spielt das Regiotram ein wichtige Rolle. Eine zentrale Forderung des Richtplans lautet: Neue Wohnungen und Arbeitsplätze sollen nicht überall verteilt in der ganzen Region entstehen, sondern konzentriert an bereits gut erschlossenen Standorten. Also entlang der bestehenden Verkehrsachsen. Eine dieser Achsen ist die ASM-Bahn von Ins via Täuffelen und Nidau nach Biel. Es ist die kürzeste Verbindung zwischen den wachsenden Wohngemeinden am südlichen Seeufer und der Stadt Biel mit ihren grossen Angeboten an Arbeitsplätzen, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten. Allerdings genügt die heutige ASM-Bahn den zukünftigen Anforderungen nicht: Die Transportkapazitäten sind zu klein und beim Bieler Hauptbahnhof ist Endstation. Wer weiter Richtung Stadtzentrum oder Bözingen will, muss auf den Bus umsteigen oder zu Fuss gehen. Das ist unpraktisch und kostet Zeit. Konkurrenz für das Auto Mit dem Ausbau der ASM-Bahn zum Regiotram würde dieses Verkehrsmittel deutlich attraktiver. Ohne umzusteigen könnte man in Zukunft von den Seegemeinden bis an den Zentralplatz in Biel, zur Omega und zu den Industriebetrieben und Sportanlagen im Bözingenfeld gelangen. Vorgesehen ist, dass alle 15 Minuten ein Tram von Täuffelen nach Biel losfährt, ab Ipsach sogar alle 7,5 Minuten. Eine starke Konkurrenz für das Auto! Zurück zur Ausgangsfrage: Warum braucht Nidau ein Tram, das Regiotram? Der Gemeinderat von Nidau ist überzeugt: Ein leistungsfähiges, schnelles und komfortables Regiotram stärkt die Position des Öffentlichen Verkehrs klar. Ohne diese Stärkung wird das künftige Verkehrswachstum auf der Strasse stattfinden. Davon wäre Nidau besonders stark betroffen, denn Nidau liegt genau zwischen den Wohnund den Arbeitsorten der Pendler. Trotz A5 und Port-Tunnel würden auch in Zukunft zu viele Automobilisten auf dem Weg nach Biel durch Nidau fahren. Nur ein sehr gutes ÖV-Angebot kann eine grosse Anzahl Pendler zwischen Täuffelen und Biel zum Umsteigen bewegen. Nach den Erkenntnissen der Planer braucht es für diesen «Quantensprung» im Öffentlichen Verkehr das Regiotram. Es soll einen wichtigen Beitrag leisten, damit die Region mobil und nicht im Stau stecken bleibt. Projekte Wachstum schafft Verkehr Kernpunkte aus dem Richtplan Siedlung und Verkehr der Agglomeration Biel (2010): > > Die Bevölkerung der Agglomeration Biel wächst von heute auf etwa im Jahr Deshalb braucht es zusätzliche Arbeitsplätze und mehr Wohnraum. > > Wenn Bevölkerung und Wirtschaft wachsen, nehmen die Mobilitätsbedürfnisse zu. Es entsteht mehr Verkehr. > > Das Wachstum soll umweltverträglich erfolgen. Mit den knappen Landreserven ist sparsam umzugehen; die zunehmenden Mobilitätsbedürfnisse werden durch den Öffentlichen Verkehr sowie den Fuss- und Velo verkehr abgedeckt. Um diese Ziele zu erreichen, wollen die Gemeinden und der Kanton Bern die Verkehrsinfrastruktur (ÖV und Strasse) in der Agglomeration Biel optimieren und ergänzen. Dazu beantragen sie finanzielle Mittel aus dem Infra strukturfonds des Bundes. 8 Perspektiven Ausgabe 1 Perspektiven Ausgabe 1 9
6 Agglolac Stadt am See Auf zu neuen Ufern Von der Vision zum Projekt Nachdem eine Studie die Machbarkeit von Agglolac grundsätzlich bestätigt hat, läuft jetzt die Phase der Zusatzabklärungen. Bald wird man mehr wissen über das grösste Risiko, welches das Vorhaben bewältigen muss: Die archäologischen Relikte im Boden. Je nach Umfang und Lage kann deren Ausgrabung riesige Kosten verursachen und viele Jahre dauern. Der Archäologische Dienst des Kantons Bern hat in den letzten Monaten Sondiergrabungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind noch nicht ausgewertet. Bald wird man auch wissen, ob sich ein Investor und Projektentwickler gewinnen lässt. Ein Ausschreibungsverfahren wurde kürzlich gestartet, bis Ende 2011 soll der private Partner bestimmt sein, der Agglolac finanziert und mit den Städten Nidau und Biel realisiert. Bevor Agglolac gebaut werden kann, müssen die Planungsgrundlagen für die Uferzone zwischen Zihl und Nidau-Büren-Kanal angepasst werden. Über die Zonenplanänderung können die Stimmberechtigten von Nidau an der Urne befinden. Neuer Wohnraum an schönster Lage, ein lebendiges Stadtquartier am Wasser, Impulse für das lokale Gewerbe: Die Vision Agglolac hat das Potenzial, in Nidau eine dynamische Entwicklung einzuleiten. Leere Räume beflügeln die Fantasie. Zum Beispiel die riesige Brachfläche zwischen dem Schloss und dem Seeufer: Was könnte man hier alles verwirklichen eine Grünanlage zum Flanieren, für Spiel, Sport und Erholung? Ein Erlebnispark und eine Eventhalle, wo ständig etwas los ist? Oder doch eher ein ruhiges Wohnquartier für gute Steuerzahler? Tatsache ist: Seit die Expo.02 ihre Türme und Hallen abgebrochen hat, ist die Uferzone das Objekt vieler Träume und Begierden. Doch wann immer eine Idee genauer geprüft wurde, meldeten sich Kritiker und Enttäuschte. Das ist mit der jüngsten Idee nicht anders. Ihr Name: Agglolac. Noch steht er nur für eine Vision. Doch Schritt um Schritt wird die konkretisiert. Die Städte Biel und Nidau als grösste Grundbesitzer auf dem Areal arbeiten dabei eng zusammen. Bis 2013 wollen sie Klarheit, ob das Vorhaben wirklich die hohen Erwartungen der Bevölkerung erfüllen kann und ob es finanzierbar ist. Der grösste Unsicherheitsfaktor ist die Archäologie (siehe Kasten Seite 11). Das ganze Jahr Leben am See Agglolac, ursprünglich als «Klein-Venedig am Bielersee» belächelt, hat sich in kurzer Zeit zum Hoffnungsträger entwickelt. Die Grundidee: Aus dem Expo-Areal wird ein städtisches Quartier mit Wohnungen, Läden, Restaurants, Plätzen und Kanälen. Nidau und Biel, seit der Juragewässerkorrektion im 19. Jahrhundert vom See «abgeschnitten», erhalten wieder direkten Anschluss ans Wasser. Sie können so ein altes Manko wettmachen. Wie Neuenburg, Thun, Luzern, Lausanne, Lugano und viele andere Städte liegen sie zwar an einem See, aber im Gegensatz zu den Genannten profitieren sie bisher kaum davon. Nur in der warmen Jahreszeit und tagsüber ist die Bielerseebucht belebt, meist findet das Leben fernab in den Zentren statt. Es geht aber um mehr als um ein attraktives Stück Stadt, wo Einheimische und Touristen flanieren. Bis zu 2000 Menschen sollen hier einmal wohnen. Für Nidau ist es die letzte Möglichkeit, zu wachsen. Eine Studie der Hochschule Luzern hat gezeigt, dass sich dieses Wachstum positiv auf die Entwicklung von Nidau auswirken dürfte. Agglolac wird nämlich zum grösseren Teil den Mittelstand und besser verdienende Personen ansprechen. Nidau darf deshalb mit zusätzlichen Steuereinnahmen rechnen. Fast noch wichtiger: Agglolac leistet einen Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Stabilität in Nidau. Bekanntlich hat das Weidteile-Quartier in den letzten Jahren relativ viele einkommensschwache Menschen angezogen für Nidau insgesamt eine problematische Entwicklung. Hier kann mit Agglolac Gegensteuer gegeben werden. Und schliesslich kann von den neuen Einwohnern auch das Gewerbe im Zentrum profitieren. Insgesamt bescheinigen die Fachleute Agglolac das Potenzial, eine dynamische Entwicklung in Nidau einzuleiten. «Das ganze Expo- Areal als Grünzone ist für Nidau finanziell nicht tragbar.» Wachstum ja aber umweltverträglich Doch welchen Preis zahlt die Nidauer Bevölkerung für all das? Das vorgesehene Konzept mit einem privaten Partner garantiert, dass Agglolac nicht von den Steuerzahlern finanziert werden muss. Mit dem Erlös aus dem Verkauf des Baulandes werden Biel und Nidau die Gestaltung und Aufwertung aller öffentlichen Flächen realisieren können also Strassen, Plätze, Kanäle und eine grosse, parkähnliche Grünanlage vom Barkenhafen bis zum Nidauer Strandbad. Nicht realistisch ist hingegen, auch das eigentliche Expo-Areal in eine Grünzone zu verwandeln. Bei dieser Variante müsste nämlich Nidau der Stadt Biel deren Grundbesitz abkaufen, die Erholungszone gestalten und dauerhaft unterhalten ohne irgendwelche Einnahmen erzielen zu können. Die Kosten im zweistelligen Millionenbereich wären für Nidau nicht tragbar. Agglolac fügt sich übrigens perfekt in die Entwicklungsstrategie der 20 Gemeinden der Agglomeration Biel ein. Diese setzen auf eine nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung. Einer der wichtigsten Grundsätze ihres Richtplans lautet: Neuer Wohnraum soll möglichst konzentriert an Orten entstehen, die bereits gut erschlossen sind (vor allem vom Öffentlichen Verkehr) und in der Nähe der Arbeitsplätze liegen. Auf diese Weise wird Wachstum möglich, ohne dass die Landschaft weiter zersiedelt wird und ohne dass die Agglomeration im Verkehrsstau erstarrt Perspektiven Ausgabe 1 Perspektiven Ausgabe 1 11
7 Stadt Nidau Schulgasse 2 Postfach Nidau info@nidau.ch 12 Perspektiven Ausgabe 1
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