Dokumentation Fachpolitischer Dialog zum Stadtumbau im Land Brandenburg
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- Franz Lange
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1 Dokumentation Fachpolitischer Dialog zum Stadtumbau im Land Brandenburg Workshop Strategien für Wohngebiete im Wandel am 9. September 2009 in Wittstock Am 9. September 2009 fand der dritte und abschließende Workshop im Rahmen des Dialoges zum Stadtumbau im Land Brandenburg statt. Der Workshops widmete sich dem Thema Strategien für Wohngebiete im Wandel. Im Fokus standen somit insbesondere die derzeit noch relativ stabilen, aber stark überalterten Wohngebiete aus den ersten beiden Jahrzehnten des industriellen Wohnungsbaus in der DDR. Diesen Gebieten in bzw. vor dem Generationswechsel kommt vielfach eine Schlüsselrolle im künftigen Stadtumbauprozess zu. Diskutiert wurden aber auch die Handlungsbedarfe in den bisherigen Umstrukturierungsgebieten, den zumeist jüngeren Plattenbaugebieten. Ein weiterer Schwerpunkt des Workshops war der aktuelle Stand der Erarbeitung von Stadtumbaustrategien bei den Stadtumbau-Kommunen und ihren Wohnungsunternehmen sowie der Austausch zu konkreten Fragen bei deren Bearbeitung. An dem Workshop nahmen rund 100 Vertreter von kommunaler Verwaltung, Wohnungsunternehmen und privaten Dienstleistern teil. Es waren Vertreter aus 23 Stadtumbau-Kommunen sowie von 28 Wohnungsunternehmen anwesend. Die Folien der Referenten des Workshops können Sie auf der Website des MIR unter lesen bzw. als Download herunterladen. Einleitend begrüßte der Bürgermeister der Stadt Wittstock, Jörg Gehrmann, die Teilnehmer der Veranstaltung und stellte kurz die Problemlagen seiner Stadt vor. Wittstock werde als Landstadt zunehmend attraktiver für ältere Menschen aus den umliegenden Ortschaften und profitiere somit in gewisser Weise vom demografischen Wandel. Die Stadt müsse sich darauf aber auch durch entsprechende Infrastrukturangebote einstellen. Zudem entstünden aus den spezifischen Rahmenbedingungen der Flächenstadt Wittstock neue Herausforderungen für den Stadtumbau in den eingemeindeten Ortsteilen. Als besonderes Beispiel für den gelungenen Stadtumbau in Wittstock hob er den Umbau der ehemaligen Paul schen Tuchfabrik zu einem neuen Standort für Einrichtungen der Stadtverwaltung hervor. Daran anknüpfend stellte Henning Roser von der BBSM, die für die Stadt Wittstock als Stadtumbaubeauftragte fungiert, die Eckpunkte des Stadtumbaus in Wittstock vor. Bezogen auf den Titel des Workshops Wohngebiete im Wandel betonte er, dass der Blick hier nicht ausschließlich auf die Gebiete des DDR-Wohnungsbaus 1
2 gerichtet werden dürfe. In Wittstock sei die Altstadt das Wohngebiet, das sich am stärksten im Wandel befinde. Ein großes Problem in Wittstock sei auch der Umgang mit dem Geschosswohnungsbau aus den 1990er Jahren. Bezüglich der Wohngebiete aus DDR-Zeit stellte Herr Roser unterschiedliche Strategien vor: In der Bohnekampsiedlung (1980er Jahre) sei der flächenhafte Rückbau unsanierter Gebäude weitgehend abgeschlossen, hier steht mittelfristig auch der Abriss von sanierter Bausubstanz an. In der Waldrandsiedlung (1970er Jahre) werde nur punktuell abgerissen, einzelne Gebäude würden durch den Anbau von Aufzügen an die veränderten Bedürfnisse der Bewohner angepasst. Neben diesen beiden Wohngebieten ist aus gesamtstädtischer Sicht auch noch die Röbeler Vorstadt von Bedeutung, ein Quartier aus der Zwischenkriegszeit mit geringen Leerständen und hoher Wohnqualität. Die Stadtumbau-Strategie der Stadt Wittstock zielt, so Roser, auf die weitere Stärkung der historischen Altstadt (durch weitere Sanierung von Gebäuden und die Verlagerung wichtiger Infrastruktur-Standorte in die Innenstadt, analog zum Umbau der Tuchfabrik als Verwaltungsstandort). Für die Wohngebiete existiere eine Rahmenvereinbarung zwischen der Stadt und den beiden großen Wohnungsunternehmen, die für den Zeitraum zwischen 2010 und 2016 den Rückbau von 330 WE (bereits objektkonkret bestimmt) und für den Zeitraum bis 2020 den Rückbau weiterer ca. 210 WE vorsehe. Jürgen Schweinberger (MIR) führte aus Sicht des Landes in die Thematik ein. Er forderte die Kommunen auf, die künftigen Bedarfe für den Rückbau in den Wohngebieten aus DDR-Zeit realistisch einzuschätzen. Dabei gehe es nicht nur um das notwendige Maß zur Reduzierung der Leerstände, sondern auch darum, welche Mengengerüste von den Wohnungsunternehmen realistisch umsetzbar seien. Die Umsetzung des Rückbaus habe in den vergangenen Monaten erheblich an Dynamik eingebüßt, vielerorts würden zur Verfügung gestellte Fördermittel nicht abgefordert. Um künftig realistische Planungen in den Stadtumbaustrategien festzuschreiben, sei ein intensives Monitoring als Frühwarnsystem unabdingbar. In der zweiten Programmperiode werde es mehr als bisher darum gehen, Beobachtungsgebiete zu definieren, um dann punktuell auf die sich verändernde Nachfrage reagieren zu können. In den älteren Wohngebieten, den Generationswechselgebieten sei diese Nachfrageveränderung aber bereits heute deutlich absehbar. Hier müsse es gemeinsam mit den Wohnungsunternehmen, explizit auch den Genossenschaften, darum gehen, frühzeitig Strategien und Konzepte für den Umgang mit den dortigen Beständen zu entwickeln. 2
3 Dr. Heike Liebmann (IRS) und Stephan Kathke (EBP) stellten anschließend die Konzeption des Workshops kurz vor. Sie wiesen darauf hin, dass eine tragfähige Entwicklungsperspektive vieler Wohngebiete aus DDR-Zeit davon abhängig sei, einen Konsens zwischen Stadt und Eigentümern über den räumlichen Schwerpunkt, Umfang und Zeitpunkt von Rückbau bzw. Investitionsmaßnahmen zu erzielen. Dabei seien die Umbaustrategien für die Wohngebiete stets in gesamtstädtische Entwicklungsstrategien einzubetten und vor dem Hintergrund einer ab ca wieder deutlich sinkenden Haushaltszahl, auch temporäre Strategiebausteine mit vorzusehen. Der Block A des Workshops Wohngebiete im Wandel wurde eingeleitet durch einen Inputbeitrag von Michael Sachs, Vorstandsmitglied der SAGA Siedlungs-Aktiengesellschaft Hamburg und der GWG Gesellschaft für Wohnen und Bauen mbh. Die SAGA-GWG bewirtschaftet in Hamburg einen Wohnungsbestand von ca WE, davon ein großer Teil im geförderten Wohnungsbau. Zielgruppe sind die unteren und mittleren Einkommensschichten, der Anteil an Mietern die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, ist überdurchschnittlich hoch. Vor diesem Hintergrund skizzierte Sachs die Philosophie seines Unternehmens, einen Beitrag dazu zu leisten, dass das Leben in einem ärmeren Stadtteil die Bildungs-, Entwicklungs- und Lebenschancen der Bewohner nicht behindert. Er betonte, dass die Sicherung eines sozialen Ausgleichs in Stadtteilen mit besonderem Handlungsbedarf nicht nur die Voraussetzung für ein konfliktarmes Zusammenleben, sondern letztlich auch für das ökonomische Geschäftsmodell seiner Wohnungsgesellschaft sei. Deshalb werde soziale Integration bei der SAGA-GWG eingebunden in ganzheitliche und nachhaltige Strategien der sozialen Stadtentwicklung und Quartiersverbesserung. Anhand zahlreicher Beispiele (siehe die ausführliche Vortragspräsentation) gab er Anregungen, wie Wohnungsunternehmen auf den sich vollziehenden sozialstrukturellen Wandels in den Wohngebieten reagieren und tragfähige Strategien für eine marktfähige Bewirtschaftung entwickeln können. Im zweiten Inputbeitrag skizzierte Matthias Klupp von der Analyse & Konzepte GmbH Hamburg einige neuere Trends der Nachfrage- und Bestandsentwicklung und leitete daraus Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung der Stadtumbaugebiete ab: Da Nachfragerückgänge zu Verschiebungen zwischen den unterschiedlichen Marktsegmenten eines Wohnstandortes führen, sei die Gewinnung neuer Zielgruppen für alte Bestände an frühzeitige Investitionsentscheidungen geknüpft. Um diese Entscheidungen richtig treffen zu können, sei v.a. eine fundierte Basis wichtig. Klupp knüpfte damit an den Appell von Herrn Schweinberger an, ein tragfähiges Monitoring als Frühwarnsystem in den 3
4 Wohngebieten zu installieren, um dann flexibel auf die sich ändernde Nachfrage reagieren zu können. Dabei sei die Intensität von Investitionen auch immer abhängig von Förderentscheidungen in der Stadtentwicklung, denn die Entwicklung der Wohnungsbestände müsse abgestimmt sein mit kommunalen Konzepten zu Infrastruktur, Bildung etc. Insgesamt brauchen größere Bestandsinvestitionen v.a. in Wohngebieten im Wandel einen langfristigen Zeithorizont von mindestens 15 bis 20 Jahren. Nach der Mittagspause wurde die Diskussion zu Wohngebieten im Wandel mit einem moderierten Podiumsgespräch fortgesetzt. Als Kommunalvertreter nahm Frank Hein, Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Bauaufsicht der Stadt Schwedt, an dieser Podiumsrunde teil. Er schilderte zunächst den bisherigen Verlauf des Stadtumbauprozesses in Schwedt, dessen strategische Ausrichtung grundsätzlich anhand langfristiger und kleinräumig erfasster Monitoringdaten erfolgt. Diese Datengrundlage sei insbesondere auch für den Umgang mit den Beobachtungsgebieten relevant, für die der Rückbau von Wohngebäuden erst mittel- oder längerfristig anstehe. In diesen Quartieren seien zum jetzigen Zeitpunkt noch punktuelle Investitionen zur Sicherung der Wohn- und Lebensqualität notwendig, um die soziale Stabilität der Gebiete zu erhalten. Insgesamt sei es wichtig, Prioritätensetzungen in der Stadtentwicklung öffentlich zu kommunizieren und anhand diese Positivplans zugleich zu vermitteln, warum, an bestimmten Stellen nicht mehr investiert werde. Dann sei auch eine verfrühte öffentliche Diskussion über gebäudescharfe Abrisspläne nicht erforderlich. Herr Hein betonte weiterhin, dass der Stadtumbauprozess in Schwedt bislang v.a. deshalb so erfolgreich verlaufen sei, weil es stets eine enge und vertrauensvolle Abstimmung zwischen der Stadtverwaltung und den beteiligten Wohnungsunternehmen gegeben habe. Er wies in diesem Zusammenhang auf das notwendige Gleichgewicht zwischen unsanierter Bausubstanz (als Rückbaureserve) einerseits und bezugsfertigen sanierten Wohnungen (als Ersatzwohnraum für abrissbetroffene Mieter) andererseits hin. Aus Sicht eines kommunalen Wohnungsunternehmens wurde dies von Michael Jakobs, Geschäftsführer der WIS (Wohnungsbaugesellschaft im Spreewald, Lübbenau), bestätigt. Das Lübbenauer Abriss- und Sanierungskonzept habe sich bewährt und sei mittlerweile vollständig umgesetzt. Unsicherheit bestehe jedoch bezüglich der künftigen Leerstandsentwicklung in den (teil-)sanierten Gebäuden. Hier stelle sich auch die Frage der Kommunikation von Abrissplanungen für solche Gebäude, die derzeit noch gut vermietet seien. Für sein Wohnungsunternehmen sehe er sich aber nicht in erster Linie in der Pflicht, zu beobachten, wo künftiges Rückbaupotenzial für den Stadtumbau räumlich zu verorten sein wird. An erster Stelle stehe 4
5 die nachfrageorientierte und damit mieterfreundliche Entwicklung des Bestandes und der Infrastrukturen in den Quartieren und damit ein aktiver Umgang mit den sich verändernden Rahmenbedingungen. Anschließend griff Dr. Ralf Fischer, Quartiersmanager in den Cottbuser Plattenbaugebieten Sachsendorf-Madlow und Sandow die Frage der Kommunikation von Rückbauplänen noch einmal dahingehend auf, dass er davor warnte, die Bewohner zu lange im Unklaren zu lassen. Schlimm ist, wenn das Schlimmste eintritt und die Betroffenen sind nicht darauf vorbereitet, betonte Fischer. Stadtumbau funktioniere nur auf Basis einer transparenten Kommunikation und kann sich durch die Einbeziehung von Bürgern als produktiver Lernprozess für alle Akteure im Stadtumbau entwickeln. In der weiteren Diskussion wurde auch in anderen Diskussionsbeiträgen noch einmal auf die soziale Verantwortung der Kommunen für die Abwartegebiete hingewiesen. Zugleich zeigte sich aber, dass es in vielen Kommunen und Wohnungsunternehmen große Unklarheiten für die weiteren Perspektiven jener Bestände gibt, die in der ersten Hälfte der 1990er Jahre saniert wurden und nun auf einen Generationenwechsel hinsteuern. Seitens des Fördermittelgebers forderte Jürgen Schweinberger vom MIR die Kommunen auf, hier in ihren Stadtumbaukonzepten realistische Szenarien durchzuspielen, um flexibel auf die neuen Herausforderungen reagieren zu können. Der Block B des Workshops widmete sich anschließend dem Stand der Bearbeitung und konkreten Rückfragen zur Erarbeitung der Stadtumbaustrategien durch die Kommunen. Diese sind zum 1. Dezember 2009 beim MIR vorzulegen. Sowohl Wohnungsunternehmen als auch kommunale Vertreter aus zahlreichen Städten meldeten sich zu Wort und berichteten über den derzeitigen Stand der Bearbeitung. Exemplarisch stellten Vertreter aus Frankfurt (Oder) und aus Lübben ihre Herangehensweisen ausführlicher dar. Die Veranstaltung in Wittstock bildete den vorläufigen Abschluss der Workshopreihe zum Stadtumbau-Dialog. In seinen Schlussworten kündigte Jürgen Schweinberger vom MIR jedoch an, dass der Dialog auch im Jahr 2010 fortgesetzt werde. Die Städte seien aufgefordert, ihre Schwerpunktthemen zu benennen und sich jeweils themenspezifisch in kleineren Städtenetzwerken mit Arbeitscharakter zu formieren. Das MIR werde den Prozess begleiten und im Frühjahr 2010 eine Auftaktveranstaltung für die zweite Programmperiode des Stadtumbau Ost in Brandenburg organisieren. 5
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