Studienwahl und Studienverlauf aktuelle Forschungsbefunde
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- Lilli Steinmann
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1 Studienwahl und Studienverlauf aktuelle Forschungsbefunde Stefan Denzler, Andrea Diem, Stefan C. Wolter Begegnungstag Gymnasium Hochschulen 2017 Luzern, 8. September 2017
2 Überblick 1. Vom Gymnasium zum Universitätsabschluss: Situation in der Schweiz 2. Fachwechsel und Studienabbruch: aktuelle Forschungsbefunde 3. Studienwahl: Warum sind Informationen wichtig? 4. Outcome: Arbeitsmarktsituation von Absolventinnen und Absolventen 2
3 Vom Gymnasium zum Universitätsabschluss Nur knapp die Hälfte aller Maturandinnen und Maturanden erlangen einen Masterabschluss an einer Universität. Das entspricht etwa 10% einer Alterskohorte. 3
4 Übergang Gymnasium Hochschule Quelle: SKBF
5 Übergang Gymnasium Hochschule Quelle: SKBF
6 Bildungspolitisches Ziel von Bund und Kantonen Anzahl Studienabbrüche reduzieren Ursachen von Studienabbrüchen erforschen und geeignete Massnahmen identifizieren (Bildungspolitische Erklärung, 2015) 6
7 1. Vom Gymnasium zum Universitätsabschluss: hohe Ausstiegsraten 2. Fachwechsel und Studienabbruch: aktuelle Forschungsbefunde 3. Studienwahl: Warum sind Informationen wichtig? 4. Outcome: Arbeitsmarktsituation von Absolventinnen und Absolventen 7
8 Forschung zum Studienverlauf Internationaler Forschungsüberblick: Systematic Review on Dropout Phenomena at Universities (Danish Clearing House, 2013) Analyse von Schweizer Hochschuldaten (SHIS): Dropouts from Swiss Universities ( ) (Wolter, Diem & Messer, 2014) Längsschnittanalyse Universität Bern: Eintrittskohorte 2014 (Befragung Erstsemestrige; Registerdaten) 8
9 Befunde aus der Systematic Review Mehrheit der Studienabbrüche findet im 1. Jahr statt voluntary dropout führt häufig zum Wechsel des Studienfachs oder der Hochschule inner-universitäre Faktoren sind entscheidend: Motivation, soziale und akademische Integration im Studium involuntary dropout führt häufig zum formalen Studienabbruch und Ausscheiden aus dem Hochschulsystem vor-universitäre Faktoren sind entscheidend: soziale Herkunft, akademische Leistung am Gymnasium 9
10 Analyse Schweizer Hochschuldaten Verringerung der Abbruchsquote über die Zeit (Trend bei Frauen und GSW) Eintritte 1980: 33%, 2000: 27%, 2007: 24% Keine Wirkung der Bolognareform Hälfte der Abbrüche erfolgt während ersten 4 Semester Einflussfaktoren von Studienabbrüchen: Maturitätsprofil (+/ ), Maturitätsquote (+), Studienfachwechsel (+), Studienunterbruch (+) Kausalitäten unbekannt nicht untersucht: Wirkung der akademischen Leistung während des Studiums 10
11 Neue Längsschnittanalysen: Eintrittskohorte 2014 an der Universität Bern Passung Studienleistungen Outcome Datenbasis: Erstsemestrigenbefragung Uni Bern HS 2014 Passung Student Fach, Vorbereitung durch Gymnasium Datenbasis: Befragung und Registerdaten Uni Bern ECTS und Noten Datenbasis: Registerdaten Uni Bern und LABB (BFS) Verbleib (on track), Fachwechsel, HS-Typ- Wechsel, Dropout 11
12 Passung Gymnasium - Universität Studienfachwahl: Wie überzeugt bin ich, das richtige Studium gewählt zu haben? Positive Faktoren: akademische und soziale Integration im Studium; interne Kontrollüberzeugung (Locus of control) Kein Effekt: Studienberatung Selbstwirksamkeit: Wie überzeugt bin ich, das Studium gut meistern zu können? Positive Faktoren: subjektiv wahrgenommene allgemeine Studienvorbereitung; akademische und soziale Integration, interne Kontrollüberzeugung (Locus of control) Negative Faktoren: Geschlecht (Frau) 12
13 Studienleistungen im ersten Jahr Bestandene ECTS-Punkte: Positive Faktoren: gute Maturanoten (Note 4,5 bis 4,9): + 15%; (Note 5 bis 6): + 35%; Überzeugt von richtiger Studienwahl: + 10% Negative Faktoren: Erwerbstätigkeit (>8h pro Woche): 10% Maturitätsprofil (moderne Sprachen, Musik/BG, PPP): neg. Effekt durchschnittliche Studiennote: Positive Faktoren: gute Maturanoten (Note 4,5 bis 4,9): +0.1; (Note 5 bis 6): +0.4); Studienberatung:
14 Einfluss der Studienleistungen auf den weiteren Studienverlauf Signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für Verbleib: je mehr geprüfte ECTS und je mehr davon bestanden je höher die Studiennoten Bei gleicher Studienleistung: Erwerbstätigkeit (1-8h pro Woche) und subjektive zeitliche Belastung durch Studium begünstigen die Wahrscheinlichkeit eines Studienabbruchs Inanspruchnahme von Studienberatung und Überzeugung von richtiger Studienwahl reduzieren das Risiko eines Fachwechsels 14
15 Maturitätsnote ist relevant Die Maturitätsnote beeinflusst indirekt (via ECTS-Punkte und Studiennoten) den Verbleib im Studium. Unklarheit über Wirkungsmechanismus: Ist die Maturitätsnote ein Indikator für gute fachliche Kompetenzen, oder nur Stellvertreter für Drittvariablen, welche sowohl die Maturitätsnote als auch die Anzahl ECTS-Punkte beeinflussen, wie Ausdauer, Fleiss, Motivation, etc.? 15
16 Studienwahl Überzeugung von richtiger Studienwahl erhöht die Anzahl erworbener ECTS-Punkte und verringert Fachwechsel Inanspruchnahme von Studienberatung führt zu besseren Noten im Studium und reduziert Fachwechsel offene Fragen: Studienberatung wurde nur von 42% genutzt. Würde eine breitere Nutzung Fachwechsel verhindern? Gibt es alternative Massnahmen für eine bessere Studienwahl? 16
17 1. Vom Gymnasium zum Universitätsabschluss: hohe Ausstiegsraten 2. Fachwechsel und Studienabbruch: aktuelle Forschungsbefunde 3. Studienwahl: Warum sind Informationen wichtig? 4. Outcome: Arbeitsmarktsituation von Absolventinnen und Absolventen 17
18 Informationen zum Studium und zum Beruf sind wichtig bei der Studienwahl Neue Experimente zeigen, dass Studierende ihre Entscheidungen ändern, wenn sie (neue) Informationen bekommen. Informationen können heterogene Wirkungen haben (bspw. Best-Up-Studie Berlin). Internationale Forschung zeigt konsistent, dass angehende Studierende die Arbeitsmarktchancen von Geisteswissenschaftlern über- und jene von exakten und Naturwissenschaftlern unterschätzen.
19 19
20 Welche Informationen stehen zur Verfügung? Hochschulen - Gymnasien Interessen Neigungen Fähigkeiten Individuum Studienberatung Studium Studieninhalte Studienorganisation Anforderungen Berufsprofil Beschäftigungssituation Erwerbsaussichten Beruf BFS 20
21 Informationen zur Arbeitsmarktsituation fehlen häufig Befragungen zeigen, dass Studierende selten nach Arbeitsmarktinformationen fragen. Sind sie nicht wichtig? Experimentelle Forschung zeigt aber, dass Studierende andere Wahlentscheidungen treffen, wenn sie solche Informationen haben. Besonders stark sind die Änderungen dort, wo die vermittelten Informationen stark von den subjektiven Überzeugungen abweichen. 21
22 Informationen sind wichtig aber nicht immer richtig Analysen zeigen, dass viele angehende Studierende keinen Informationsmangel verspüren; sie glauben ausreichend informiert zu sein; und sind sich nicht bewusst, dass ihre Erwartungen falsch sein könnten. Studierende treffen also häufig weitreichende Entscheidungen, ohne gezielt Informationen zu suchen. 22
23 1. Vom Gymnasium zum Universitätsabschluss: hohe Ausstiegsraten 2. Fachwechsel und Studienabbruch: aktuelle Forschungsbefunde 3. Studienwahl: Warum sind Informationen wichtig? 4. Outcome: Arbeitsmarktsituation von Absolventinnen und Absolventen 23
24 Beispiel Geisteswissenschaften 24
25 Anteil Erwerbslose nach Fachbereich, 1 Jahr nach Abschluss Medizin Exakte W. Ingenieurw. Rechtsw. Wirtschaftsw. Naturw. Geistesw. Sozialw. 0% 1% 2% 3% 4% 5% 6% 7% Daten: BFS (Absolventenstudien); eig. Berechnungen 25
26 Anteil Erwerbslose nach Fachbereich, 5 Jahre nach Abschluss Medizin Ingenieurw. Wirtschaftsw. Rechtsw. Geistesw. Exakte W. Sozialw. Naturw. 0% 1% 2% 3% 4% 5% Daten: BFS (Absolventenstudien); eig. Berechnungen 26
27 Arbeitsmarktsituation, 5 Jahre nach Abschluss Medizin Ingenieurw. Rechtsw. Exakte W. Wirtschaftsw. Naturw. Sozialw. Geistesw. 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% ausbildungsadäquat beschäftigt erwerbslos (ILO) nicht ausbildungsadäquat beschäftigt nicht erwerbstätig Daten: BFS (Absolventenstudien); eig. Berechnungen 27
28 Einkommen (100%) 5 Jahre nach Abschluss Wirtschaftsw. Rechtsw. Medizin Geistesw. Sozialw. Exakte W. Pharmazie Ingenieurw. Naturw. 0 20'000 40'000 60'000 80' ' '000 Männer Frauen Daten: BFS (Absolventenstudien); eig. Berechnungen 28
29 Einkommen (effektiv) 5 Jahre nach Abschluss Wirtschaftsw. Medizin Rechtsw. Exakte W. Ingenieurw. Sozialw. Pharmazie Geistesw. Naturw. 0 20'000 40'000 60'000 80' ' '000 Männer Frauen Daten: BFS (Absolventenstudien); eig. Berechnungen 29
30 Einkommen, 5 Jahre nach Abschluss, Männer (Quantilsregressionen, Median, 25. und 75. Perzentil) 140' ' '000 80'000 60'000 Daten: BFS (Absolventenstudien); eig. Berechnungen 30
31 Korrelation vs. Kausalität Beobachtung: Absolventen/innen eines Mathematikstudiums sind erfolgreich (Korrelation) Sind Mathematiker/innen erfolgreich, weil sie ein Mathematikstudium gemacht haben (kausal), oder weil nur die Besten ein Mathematikstudium bestehen können (Selektion)? 31
32 Fazit: Was wissen wir? Informationen über Studium und Arbeitsmarktaussichten beeinflussen Studienwahl. Gelangen diese Informationen zu den potentiellen Studierenden? Nur wenige subjektive Wahrnehmungen im ersten Semester korrelieren mit Studienleistungen. starke Wirkung von gymnasialen Noten auf Studienleistungen und damit indirekt auf den Verbleib im Studium Studienleistungen im ersten Jahr korrelieren stark mit der Wahrscheinlichkeit, das Studium im 3. Semester im gleichen Fach fortzusetzen 32
33 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 33
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