1 Einleitung. 1.1 Organisatorisches Inhaltsübersicht Literaturangaben Organisatorisches
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- Detlef Martin Schuster
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1 1.1 Organisatorisches Zielpublikum: PhysikerInnen ab 6. Semester. Vorlesung: Do P1 - O Inhaltsübersicht Das Thema dieser Vorlesung ist die magnetische Resonanz, wobei der Schwerpunkt auf der Kernspinresonanz liegen wird. Details stehen noch nicht fest, da wir die Absicht haben, den Inhalt auf das Interesse der Teilnehmer anzupassen. Es können sowohl Grundlagen, wie auch Anwendungen diskutiert werden, oder es besteht die Möglichkeit, auf spezifische experimentelle Aspekte einzugehen. Abbildung 1.1: Resonante Anregung von Spin- Übergängen Allgemein wird in der magnetischen Resonanz die resonante Anregung von Übergängen zwischen unterschiedlichen Zuständen von Kern- und Elektronenspins untersucht. Unser Schwerpunkt ist die NMR (=Nuclear Magnetic Resonance, magnetische Kernspinresonanz), insbesondere die Festkörper- NMR. Die Elektronenspinresonanz wird dagegen mit dem Kürzel ESR (=Electron Spin Resonance) oder EPR (Electron Paramagnetic Resonance) abgekürzt. NQR steht für Nuclear Quadrupole Resonance, also Kern-Quadrupol Resonanz. Eine mögliche Themenübersicht sieht so aus: 1. Einleitung 2. Grundlagen und Wechselwirkungen 3. Statik und Dynamik von Spinsystemen 4. Zeitaufgelöste NMR 5. 2D NMR 6. NMR von Proteinen 7. Optische Methoden Literaturangaben A. Abragam: The Principles of Nuclear Magnetism R.R. Ernst, G. Bodenhausen, and A. Wokaun: Principles of nuclear magnetic resonance in one and two dimensions M. H. Levitt: Spin Dynamics. Basics of Nuclear Magnetic Resonance M. Mehring: Principles of high resolution NMR in solids C. P. Poole, Jr.: Electron Spin Resonance Die Auswahl an Lehrbüchern zum Thema Magnetische Resonanz ist sehr groß. Diese Liste soll nur eine kleine Übersicht über die allgemeinen Bücher geben. Je nach Ausrichtung werden später spezialisiertere Bücher berücksichtigt werden Organisatorisches Es besteht die Möglichkeit, auch praktische Arbeit auf diesem Gebiet durchzuführen. Wir bieten dazu ein Blockpraktikum im Anschluss an die Vorlesung an; Details nach Vereinbarung. Im Wintersemester ist ein Seminar vorgesehen. Seminarvorträge (auch von studentischer Seite) sind außerdem im E3- Seminar Festkörperspektroskopie geplant. 7
2 1.1.4 Ziele Die Ziele dieser Lehrveranstaltung sind, kurz zusammengefasst: Einen Überblick über das Gebiet zu geben (Methoden und Anwendungen) Die wichtigsten experimentellen Grundlagen zu diskutieren Die Teilnehmer sollen die Fähigkeit erwerben, die Literatur lesen und selber einfache Rechnungen durchführen zu können. Da keine separaten Übungen stattfinden werden Übungen in die Vorlesung integriert werden. Fakultativ in der Form von Gruppenarbeiten. Moment besitzen und somit an ein externes Magnetfeld ankoppeln. Dieser Effekt ist als Zeemaneffekt bekannt. Ohne hier quantitativ darauf einzugehen soll lediglich festgehalten werden, dass Spinzustände, die ohne ein Magnetfeld entartet sind, in einem Magnetfeld unterschiedliche Energien aufweisen. Der Energieunterschied ist im einfachsten Fall proportional zur Stärke B 0 des Magnetfeldes, E = γb 0, wobei die Proportionalitätskonstante γ vom betrachteten Teilchen abhängt. 1.2 Magnetische Resonanz: Was, Wann, Wie und Wozu? An dieser Stelle soll eine sehr kurze und unvollständige Einführung in die magnetische Resonanz erfolgen, welche denjenigen, die sie noch nicht kennen, eine Idee geben soll, worum es sich handelt Prinzip Abbildung 1.2: Aufspaltung der Spinzustände im Magnetfeld Wie bereits im vierten Semester diskutiert wurde, besitzen die meisten Elementarteilchen und auch viele Kerne einen Spin, d.h. einen quantisierten internen Drehimpuls. Im gleichen Semester wurde auch diskutiert, dass Drehimpulse ein magnetisches Abbildung 1.3: Radiofrequenzspule und Magnetfeld Die magnetische Resonanz misst diese Energiedifferenz, indem sie ein magnetisches Wechselfeld einstrahlt. Wenn dessen Frequenz die Resonanzbedingung E = hν erfüllt, so werden Übergänge zwischen den entsprechenden Zuständen induziert. Wie bei anderen spektroskopischen Experimenten erreicht die Absorption ein Maximum, wenn die Resonanzbedingung erfüllt ist. Die Resonanzfrequenz der Spins hängt nicht nur von der Stärke des Magnetfeldes, sondern auch von der Art des Spins (Kern / Elektron) und von seiner Umgebung ab. Man findet deshalb im Allgemeinen eine Reihe von Resonanzen, wobei die Lage der Resonanzfrequenz zunächst einfach ein Maß für die Stärke der Wechselwirkung darstellt. Diese hängt wiederum von verschiedenen Faktoren ab, wie z.b. Art des Spins, chemische Umgebung, Struktur, Dynamik etc.. Auf diesen Informationsgehalt wird in Kapitel eingegangen. Die magnetischen Felder, die hier angelegt werden, haben Stärken von einigen Tesla. Induziert man Übergänge zwischen Elektronenspinzuständen, so 8
3 Abbildung 1.4: Struktur und Resonanzfrequenz liegen die Resonanzfrequenzen im Bereich von einigen GHz (28 GHz/T für freie Elektronen). Bei Kernspins liegen sie je nach Isotop zwischen etwa 10 MHz und 1000 MHz. Abbildung 1.5: Präzessionsbewegung eines Spins im Magnetfeld Abbildung 1.6: Präzedierende Magnetisierung erzeugt in der Detektionsspule eine Induktionsspannung Geschichte: die Entdeckung des Spins Die Grundlage für die magnetische Resonanz ist die Existenz des Spins, d.h. eines quantisierten internen Drehimpulses in Elementarteilchen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Schritte bei der Entdeckung und Nutzung des Spins findet sich z.b. hier: milespin/index.html. Erste Hinweise auf die Existenz einer solchen Größe fand Zeeman gegen Endes des 19. Jahrhunderts, bei der Messung von atomaren Spektrallinien, welche Aufspaltungen zeigten, die mit der damals bekannten Theorie nicht erklärt werden konnten (P. Zeeman, The effect of magnetisation on the nature of light emitted by a substance. Nature 55, 347 (1897)). Neben der stationären oder frequenzabhängigen Betrachtungsweise der magnetischen Resonanz, welche oben aufgeführt wurde, ist es meist nützlich, ein zeitabhängiges Bild zu verwenden: In einem statischen Magnetfeld führt ein Spin eine Präzessionsbewegung um das statische Magnetfeld durch, wobei die Präzessionsfrequenz (=Larmorfrequenz) durch die oben angegebene Resonanzbedingung bestimmt ist. In diesem Bild kommt das Signal auf etwas andere Weise zustande: Die präzedierende Magnetisierung erzeugt in der Spule über den Faraday Effekt eine Spannung, welche mit der Larmorfrequenz oszilliert. Dies wird deshalb als sogenannte freie Induktion gemessen. Abbildung 1.7: Wolfgang Pauli ( ) Der erste Erklärungsversuch dazu stammte von Wolfgang Pauli. Er sprach davon dass es scheinbar 9
4 zwei Arten von Elektronen gebe. sie auch in kondensierter Materie nachgewiesen werden konnte. Gorter versuchte das im Jahre 1936, hatte aber keinen Erfolg (Gorter). Abbildung 1.9: Y.K. Zavoisky Abbildung 1.8: Goudsmit und Pauli, 1931 Etwas präziser war der Vorschlag von Goudsmit und Uhlenbeck, welche 1925 diese Dualität auf den Spin zurückführten Uhlenbeck and Goudsmit [7]: Das Elektron besitzt ein magnetisches Moment, das an einen Drehimpuls gekoppelt ist: dies wird als Spin bezeichnet. Die Existenz und Quantisierung des Spins wurde von Stern und Gerlach nachgewiesen Gerlach and Stern [4]. Damit konnte auch der Zeeman Effekt erklärt werden, also die Wechselwirkung des Spins mit einem statischen Magnetfeld. Während der Bahndrehimpuls des Elektrons die Werte n h (n = 0, 1, 2...) annehmen kann, hat der Spin (d.h. der interne Drehimpuls) einen Betrag von S = h/ Resonante Anregung Von magnetischer Resonanz spricht man dann, wenn ein Wechselfeld angelegt wird, dessen Frequenz der Bohr schen Resonanzbedinung hν = E genügt und deshalb Übergänge zwischen den Spinzuständen induziert. Dieses Prinzip wurde 1938 erstmals verwendet, um magnetische Momente in einem Atomstrahl zu bestimmen (I.I. Rabi, J.R. Zacharias, S. Millman, and P. Kusch, A new method of measuring nuclear magnetic moment, Phys. Rev. 53, 318 (1938).). Wirklich interessant wurde sie aber erst, als Dies war 1944 erstmals der Fall, als Zavoisky in Kazan über die Absorption von Mirowellenstrahlung den Übergang eines Elektronenspins (ESR) nachweisen konnte (E. Zavoisky, Spinmagnetic resonance in paramagnetics, J. Phys. 9, 245 (1945).). Abbildung 1.10: Felix Bloch und Edward Purcell Im folgenden Jahr wurde NMR Spektroskopie kondensierter Materie von zwei unabhängig arbeitenden Gruppen in den USA nachgewiesen (E.M. Purcell, H.C. Torrey, and R.V. Pound, Resonance absorption by nuclear magnetic moments in a solid, Phys. Rev. 69, 37 (1946); F. Bloch, W.W. Hansen, and M. Packard, Nuclear induction, Phys. Rev. 69, 127 (1946)). Das Gebiet zeigte in der Folge ein enormes Wachstum (Emsley and Feeney), hauptsächlich weil sich ein immer weiteres Anwendungsspektrum eröffnete. Viele der darauf basierenden Arbeiten wurden mit wissenschaftlichen Preisen, wie dem Nobelpreis ausgezeichnet. Heute verwenden in unterschiedli- 10
5 Abbildung 1.13: Das lokale (elektrische oder magnetische) Feld beeinflusst die Resonanzfrequenz. Abbildung 1.11: Nobelpreise für Arbeiten auf dem Gebiet der magnetischen Resonanz. Felder in der Nähe des Spins. chen Fachgebieten Tausende von Arbeitsgruppen magnetische Resonanz. Abbildung 1.14: Die magnetische Dipol-Dipol Wechselwirkung spaltet die Resonanzlinien auf. Abbildung 1.12: Homepage des Interdisziplinären Zentrums für Magnetische Resonanz der TU Dortmund. Auch an der TU Dortmund ist die magnetische Resonanz eine wichtige experimentelle Technik geworden. Zur Koordinierung der Forschung auf diesem Gebiet wurde ein Zentrum für magnetische Resonanz gegründet Informationsgehalt Die magnetische Resonanz misst die Wechselwirkung von Kern- und Elektronenspins mit Magnetfeldern. Die Lage der Resonanzfrequenz enthält deshalb Informationen über die Stärke und Orientierung dieser Man kann sich die Spins als kleine Magnete vorstellen, welche durch die externen Magnetfelder orientiert werden und untereinander ebenfalls in Wechselwirkung treten. Grundsätzlich kann man somit etwas über die magnetische Kopplung der Teilchen an äußere Felder und untereinander lernen. Das tönt vielleicht zunächst etwas trocken und abstrakt, hat aber enorm weitreichende Konsequenzen und sehr viele Anwendungsmöglichkeiten. Diese Anwendungsmöglichkeiten wurden allerdings zunächst gar nicht gesehen. Offenbar auf Druck der Gutachter wurde von den Entdeckern als Anwendungsmöglichkeit genannt The method seems applicable to the precise measurement of magnetic moments of most moderately abundant nuclei. It provides a way to investigate the interesting question of spin-lattice coupling. Incidentally, as the approach is rather simple, the method should be useful for the standardisation of magnetic fields. 11
6 1.2.5 Resonanzfrequenzen Wie noch gezeigt werden wird, kann man die einzelnen Kerne relativ leicht aufgrund ihrer Resonanzfrequenz unterscheiden. Ein typisches Kernspinresonanzsignal ist deshalb spezifisch für eine bestimmte Kernsorte, z.b. 1 H, 13 C, 14 N,.... Die konzeptionell einfachste Messung besteht wohl darin, die Signalstärke für eine bestimmte Kernsorte zu messen. Abbildung 1.16: Messung von Gitterverzerrungen in einer GaAs Probe mit Hilfe räumlich aufgelöster, optisch detektierter NMR. Abbildung 1.15: NMR Spektrum von GaAs bei 1.5 MHz Anregung. Das Spektrum wurde mit Hilfe optischen Pumpens und optischer Detketion gemessen. In diesem Beispiel sind drei Kernsorten zu sehen, 75 As, 71 Ga, und 69 Ga. Wesentlich ist hierbei insbesondere dass die beiden Ga Isotope als unterschiedliche Kerne betrachtet werden müssen. Im Allgemeinen besitzen unterschiedliche Isotope eines Kerns einen unterschiedlichen Spin und immer ein anderes gyromagnetisches Verhältnis. Dass die Resonanzlinien der beiden Ga Isotope aufgespalten sind, ist auf die Kern-Quadrupol Wechselwirkung zurückzuführen. Das hier gezeigt Spektrum ist allerdings kein typisches NMR Spektrum: der hier gezeigte Bereich (in diesem Fall als Funktion des Magnetfeldes) deckt einen Bereich von rund einem Faktor zwei ab. Typische Spektren beschränken sich auf einen Bereich von ν/ν Die oben gezeigten Aufspaltungen der Resonanzlinien aufgrund der Kernquadrupolwechselwirkung können z.b. dafür verwendet werden, auf mikroskopischer Ebene Kristallstrukturen zu messen. In diesem Beispiel wurden räumlich aufgelöst kleine Verzerrungen in GaAs gemessen Eickhoff et al. [1]. Die NMR erlaubt einem, Abweichungen der Gitterstruktur mit einer Präzision von 10 6 zu messen genauer als mit jeder anderen Technik Chemische Verschiebung Betrachten wir nur eine Art von Kernen, so ist das gyromagnetische Verhältnis γ konstant und demnach die Resonanzfrequenz in einem bestimmten Magnetfeld bestimmt. Allerdings beobachtet man auch hier Unterschiede: Die gemessene Frequenz variiert um geringe (aber leicht messbare) Beträge (im Bereich von einigen ppm). Diese Abweichungen werden als chemische Verschiebung bezeichnet und bilden die Umgebung ab, in der sich der Kern befindet. Dieser Effekt wurde zuerst von Proctor und Yo gefunden, welche den Stickstoff in AmmoniumNitrat (NH 4 NO 3 ) untersuchten und zwei Signale fanden Proctor and Yu [6]. Dies ist einer der wichtigsten Gründe für die Nützlichkeit der NMR ist die Möglichkeit, die Umgebung der Kernspins anhand ihrer Resonanzfrequenz zu charakterisieren. Dass die Resonanzfre- 12
7 Abbildung 1.18: Bewegung Relaxationsprozesse. und Kernspintomographie Abbildung 1.17: Übersicht über die wichtigsten Bereiche der chemischen Verschiebung von 13 C. quenz von der Umgebung der Kerne abhängt entdeckten 1950 unabhängig voneinander Proctor und Yu (W. G. Proctor and F. C. Yu, The dependence of a nuclear magnetic resonance frequency upon chemical compound, Phys. Rev. 77, 717 (1950)), als sie bei der Untersuchung von Ammonium-Nitrat (NH 4 NO 3 ) zwei Linien fanden, und Dickinson (W. C. Dickinson, Dependence of the nuclear resonance position on chemical compound, Phys. Rev. 77, 736 (1950).). Diese Entdeckung gestattete es, strukturelle Elemente in Molekülen zu bestimmen. Man kann dies z.b. mit einer solchen Liste zusammenfassen, auf der die Resonanzbereiche von 13 C in den wichtigsten Strukturelementen von organischen Molekülen zusammengefasst sind. Neben den Resonanzfrequenzen enthalten auch die Relaxationsparameter (z.b. die Linienbreite) wichtige Informationen über das untersuchte Material. Sie kommen durch Bewegungsprozesse zustande und können deshalb dazu verwendet werden, Bewegungsprozess aller Art zu beobachten. Wenn man die Stärke der Resonanzabsorption als Funktion des Ortes misst, d.h. ein Dichtebild einer bestimmten Kernsorte, z.b. von 1 H (Protonen) aufnimmt, so gelangt man bereits zu der wohl einzigen Anwendung der magnetischen Resonanz, die außerhalb von Forschungslaboratorien betrieben wird, der Kernspin-Tomografie oder MRI (Magnetic Resonance Imaging). Abbildung 1.19: Ortsabhängige Resonanzfrequenz in einem inhomogenen Magnetfeld. Um räumliche Auflösung zu erhalten, legt man ein ortsabhängiges Magnetfeld an. Da die Resonanzfrequenz der Kernspins proportional zur Stärke des Magnetfeldes ist, wird dadurch die Resonanzfrequenz ortsabhängig. Das resultierende Signal entspricht einer Projektion auf die Richtung, in der das Magnetfeld variiert. Indem man eine Reihe von Projektionen aufnimmt, kann man die Verteilung der Kernspins berechnen. Für medizinische Bildgebung besitzen nur Protonen eine genügende Empfindlichkeit. Die Kernspin- 13
8 Abbildung 1.20: Projektion der Spindichte in Richtung des Feldgradienten. Abbildung 1.22: Lunge(links) und Blutgefäße (rechts), abgebildet mit MRI. tomographie bildet somit im Wesentlichen die Protonendichte ab. Der menschliche Körper besteht zu mehr als 50% aus Wasser (H 2 O), enthält also einen sehr großen Anteil von Protonen. Neben Wasser ist Fett ((CH 2 ) n ) einer der wichtigsten Wasserstoff enthaltenden Stoffe im Körper. Abbildung 1.23: 3 He Bild einer gesunden Lunge (links) und einer Raucherlunge (rechts). Abbildung 1.21: MRI-Bild eines Kopfes. Auch das Gehirn besteht zu einem wesentlichen Teil aus Wasser und Fett. Da Wasserstoff durch Röntgen sehr schwer nachweisbar ist, ist das Gehirn traditionell sehr schwierig mit Röntgenlicht abzubilden: Die Röntgenstrahlen werden im Wesentlichen vom Schädel absorbiert, während die Weichteile kaum Kontrast ergeben. MRI hat deshalb insbesondere in der Hirnforschung ein großes Interesse gefunden. Im Bild ist ein MRI Schnittbild eines Kopfes dargestellt. Was auffällt ist, dass hier, in direktem Gegensatz zur Röntgen-Bildgebung (auch Computer- Tomographie), der Schädel, also der Knochen, dunkel erscheint, während die Weichteile hell sind und gute Strukturen zeigen. Zwei weitere Anwendungen die hier gezeigt sind stellen Blutgefäße dar, sowie eine Lunge. In diesem Fall wurden nicht die Protonen abgebildet, sondern die Lunge wurde mit 3 He gefüllt, und das Gas wurde abgebildet. Wegen der geringen Dichte von Spins in einem Gas ist es im Allgemeinen nicht möglich, NMR von Gasen zu messen. Für diese Anwendung wurde deshalb eine besondere Technik entwickelt: Die Kernspinpolarisation des He wurde über optisches Pumpen stark erhöht und damit die Empfindlichkeit erheblich gesteigert. Abbildung 1.24: Hirnaktivität beim Sehprozess Man kann dies natürlich weiter treiben und nicht 14
9 nur statische Bilder aufnehmen, sondern zusätzlich z.b. Änderungen des Signals aufzeichnen, wenn der Proband bestimmte Tätigkeiten ausführen muss oder geeigneten Stimuli ausgesetzt wird, wie z.b. einer Sequenz von Lichtern, welche auf sein Auge projiziert werden. Man kann dann z.b. feststellen, welche Region des Gehirns durch diese äußeren Stimuli angeregt wird. Es ist davon auszugehen, dass diese Gehirnregionen für die Verarbeitung der Signale zuständig sind. In diesem Beispiel wurde dem Probanden ein optisches Muster auf die Netzhaut projiziert und es wurde gemessen, wo sich die Gehirnaktivität am meisten ändert. Die stärkste Aktivität wurde wie erwartet im Sehzentrum festgestellt. Zusätzliche Aktivitäten sind vermutlich der Bewegungsverarbeitung und dem Signalfluss zuzuordnen Kopplungen und Strukturbestimmung Spins werden nicht nur durch Wechselwirkungen mit äußeren Feldern, sondern auch durch Kopplungen miteinander beeinflusst. Abbildung 1.26: Sequenz von 3 Aminosäuren. Aminosäuren haben grundsätzlich immer die gleiche Struktur: An einem zentralen Kohlenstoffatom sind eine Säuregruppe, eine Aminogruppe, ein Wasserstoffatom, sowie eine Seitenkette gebunden. Die verschiedenen Aminosäuren unterscheiden sich durch diese Seitenketten. In einem Protein sind einige Dutzend bis einige Hundert Aminosäuren aneinander gebunden, wobei der Rückgrat des Moleküls immer aus der Wiederholung NH-CHR i -CO besteht. Diese Proteine bilden die Grundbausteine der meisten Lebewesen; sie sind z.b. für die Energieversorgung zuständig, oder für die Steuerung der meisten biochemischen Prozesse. Die Sequenz der Aminosäuren ist in den Genen codiert und kann u.a. durch die Sequenzierung der DNA bestimmt werden. Allerdings ist die Sequenz noch nicht direkt für die Funktion zuständig. Die Ketten der Aminosäuren falten sich und erst die daraus entstehende dreidimensionale Struktur bestimmt die biologische Funktion. Abbildung 1.25: Wechselwirkung zwischen magnetischen Dipolen. Dies kann man im einfachsten Fall so verstehen, dass die magnetischen Momente selber ein Feld erzeugen, welches auf die Nachbarspins wirken. Wie aus den Grundlagen des Magnetismus bekannt fällt das Feld eines magnetischen Dipols mit 1/r 3 ab, wobei r den Abstand darstellt. Wenn man die Stärke dieses Zusatzfeldes misst, kann man somit den Abstand zwischen zwei Spins bestimmen. Auf dieser Möglichkeit basieren eine Reihe von Messungen. Wahrscheinlich das wichtigste Beispiel für die Anwendung solcher Messungen sind Proteinmoleküle. Proteine sind natürliche Polymere aus Aminosäuren. Abbildung 1.27: Proteinmolekül angelagert an ein DNA-Molekül. Hier ist als Beispiel ein Proteinmolekül dargestellt, welches an einem DNA-Molekül angelagert ist. Das DNA-Molekül ist als Doppelhelix klar erkennbar. Das Protein, welches zunächst einfach eine lange Kette ist, hat sich zusammengefaltet und wird größtenteils durch Zylinder und Ellipsoide dargestellt. Nur ein kurzes Stück ist noch als Faden erkennbar. 15
10 Die hier angedeutete dreidimensionale Struktur ist in vielen Fällen der Schlüssel für das Verständnis der Funktionalität des Moleküls. Um die Struktur solcher Moleküle zu bestimmen ist die übliche Methode der Röntgenbeugung nicht immer geeignet, da es häufig nicht möglich ist, genügend gute Einkristalle zu ziehen. Außerdem ist es natürlich interessant, sie auch in ihrer natürlichen Umgebung, d.h. in wäßriger Lösung zu untersuchen. Dies ist möglich mit Hilfe der NMRSpektroskopie. Abbildung 1.29: Austauschprozess Abbildung 1.28: Prinzip einer Strukturbestimmung mit NMR. Dabei benutzt man die oben skizzierte Abstandsabhängigkeit der Dipol-Dipol Wechselwirkung, aber zusätzlich auch sogenannt indirekte Kopplungen, welche durch die Elektronen in chemischen Bindungen vermittelt werden. Dadurch kann man nicht nur feststellen, über wie viele chemische Bindungen die Atome aneinander gebunden sind, sondern auch wie die Substituenten gegeneinander verdreht sind. Mindestens ebenso wichtig wie die reine Strukturaufklärung sind Untersuchungen zur Funktion, wie z.b. Messungen von Änderungen am aktiven Zentrum, wenn ein Wirkstoffmolekül angelagert wird. Hier misst man die Änderung einer Resonanzfrequenz aufgrund einer atomaren der molekularen Bewegung in einem lokalen Feld. Dies ist z.b. dann möglich, wenn ein Molekül je nach Orientierung eine unterschiedliche Resonanzfrequenz besitzt, oder wenn ein Atom von einer Stelle eines Moleküls an eine andere Stelle springt, so dass sich aufgrund der unterschiedlichen chemischen Umgebung die Resonanzfrequenz ändert. Ein Spezialfall einer solchen Bewegung ist eine chemische Reaktion: Wird eine Molekül in ein anderes umgewandelt, so ändert sich immer die lokale Umgebung des Kerns. Man findet deshalb im NMR- Spektrum zwei Resonanzlinien, eine für jede der beiden Arten von Molekülen Austauschspektroskopie Neben statischen Informationen wie der Struktur eines Moleküls interessiert man sich auch für dynamische Informationen, also z.b. für Bewegungsprozesse. Die NMR bietet auch hier eine Reihe von Möglichkeiten um solche Prozesse zu untersuchen. Eine wichtige Technik ist die Austauschspektroskopie. Abbildung 1.30: 129 Xe NMR von Gas und Flüssigkeit. Ein schönes Beispiel ist die Beobachtung des Austausches eines Gasmoleküls zwischen dem Gasvolumen und der Flüssigkeit. Gasförmiges Xe hat ei- 16
11 ne andere Resonanzfrequenz als flüssiges Xe. Misst man Xe NMR an einem Zweiphasen System, das sowohl Gas als auch Flüssigkeit enthält, so findet man zwei Resonanzlinien, eine für das Gas und eine für die Flüssigkeit. Mit zunehmender Temperatur verschiebt sich das Gleichgewicht zur Gasphase, so dass diese Resonanzlinie auf Kosten der Flüssigkeitslinie wächst. Abbildung 1.31: 2D Austauschspektroskopie an einem Xe Zweiphasensystem. Die NMR erlaubt aber auch eine Beobachtung des Austausches von Molekülen zwischen den beiden Phasen. Man verwendet dafür z.b. zweidimensionale NMR, bei der die Moleküle durch zwei Resonanzfrequenzen charakterisiert werden. Die eine Achse markiert die Frequenz vor dem Austauschschritt, die andere danach. Ein Molekül, welches sich immer in der gleichen Phase befindet wird deshalb durch eine zweidimensionale Resonanzlinie bezeichnet, welche auf beiden Achsen an der gleichen Position ist. Ein Molekül, welches von der einen in die andere Phase wechselt, wird in den beiden Dimensionen unterschiedliche Frequenzen aufweisen. Man findet deshalb mit zunehmender Zeit größere Linien neben der Diagonalen. Ein weiteres schönes Beispiel ist die Untersuchung der Sprungprozesse von Benzolmolekülen. Benzol ist ein organisches Molekül, das eine sechszählige Symmetrie aufweist. Es kann bei tiefen Temperaturen Kristalle ausbilden, welche aus einer Einheitszelle aufgebaut sind, die 4 nichtäquivalente Benzolmoleküle enthält. In einem solchen Kristall findet Diffusion statt, welche als Leerstellendiffusion bezeichnet wird: Die Moleküle können auf einen benachbarten Gitterplatz springen, sofern dieser nicht besetzt ist. Dabei ändern sie die Orientierung. Da im Festkörper verschiedene Orientierungen unterschiedliche Resonanzfrequenzen ergeben kann man die Änderung der Resonanzfrequenz, welche mit dem Sprung verbunden ist, messen und dadurch den Sprungprozess beobachten. Abbildung 1.32: Prinzip der zweidimensionalen Spektroskopie. Abbildung 1.33: 2D Austausch-NMR an deuteriertem Benzol. Das Bild zeigt ein zweidimensionales Spektrum von deuteriertem Benzol. Die eine Koordinate zeigt die Resonanzfrequenz vor einem möglichen Sprung, die andere nachher. Würden keine Bewegungsprozesse stattfinden, würde sich somit die Resonanzfrequenz nicht ändern, so hätten alle Spins immer die gleiche Resonanzfrequenz. Die beiden Koordinaten wären somit identisch und die Signale würden nur auf der Diagonalen (ω 1 = ω 2 ) erscheinen. Die Tatsache, dass Signale abseits der Diagonalen sichtbar sind, zeigt somit direkt das Auftreten von Bewegungspro- 17
12 zessen an, und eine genauere Auswertung erlaubt eine Bestimmung des Mechanismus. Im gezeigten Fall kann man schließen, dass die Bewegung durch die Diffusion von Leerstellen zustandekommt Bewegungsprozesse und Relaxation Eine andere Möglichkeit zur Messung von Bewegungsprozessen ist die Untersuchung von Relaxationsprozessen. Unter diesem Begriff subsummiert man alle Prozesse, welche das Spinsystem gegen seinen thermodynamischen Gleichgewichtszustand treiben. Solche Relaxationsprozesse werden u.a. dadurch erzeugt, dass Bewegungen die lokalen Felder verändern. Abbildung 1.34: Hüpfprozesse von Li in Li 2 O-SiO 2 - P 2 O 5. Abbildung 1.35: Temperaturabhängigkeit der Relaxation von Li in einem Glas Elektronenspinresonanz Auch die Elektronenspinresonanz kann viel Information über unterschiedliche Systeme liefern. Sie ist allerdings nicht ganz so universell, weil sie nur auf paramagnetische Systeme, also Moleküle mit ungepaarten Elektronen angewendet werden kann, welche weniger häufig vorkommen. Als Beispiel zeigt Abbildung 1.34 wie Li-Ionen in einem Glas zwischen unterschiedlichen Positionen hüpfen. Solche Prozesse sind wichtig für die Funktion von Brennstoffzellen oder Batterien. Wenn ein Kern von einem Gitterplatz auf einen anderen springt, so ändert sich das Feld das er spürt, z.b. die Stärke der Wechselwirkung mit seinen Nachbarn. Wie ein extern eingestrahltes Feld kann ein solch fluktuierendes Feld Übergänge zwischen Spinzuständen bewirken. Indem man diese Übergänge beobachtet, kann man somit etwas über diese Bewegungsprozesse lernen. Dies war auch eine der Methoden, mit der wir Bewegungsprozesse in Gläsern untersucht haben. Man kann damit z.b. deutlich sehen, dass die Bewegung sich mit zunehmender Temperatur beschleunigt, und dass sie in der Nähe der Glastemperatur nochmals eine wesentliche Änderung erfährt. Die Bewegung, welche hier für den Relaxationsprozess entscheidend ist, ist der Sprung eines Li-Ions auf einen benachbarten Gitterplatz. Abbildung 1.36: Cytochrom: das Fe-Ion im Zentrum (rote Kugel) ist paramagnetisch. Hier wird als Beispiel ein Metalloprotein gezeigt, welches wir in unserer Arbeitsgruppe untersuchen. Metalloproteine sind Proteine, welche ein oder mehrere Metallionen beinhalten, welche an der Funktion des Moleküls beteiligt sind. Solche Moleküle sind u.a. für den Sauerstofftransport, die Licht- Wahrnehmung, die Photosynthese und vieles anderes verantwortlich. ESR ist deshalb für solche Systeme eine interessante Untersuchungsmethode, weil 18
13 sie Aufschluss gibt über die elektronische Struktur, welche selber wesentlich die Funktionalität mitbestimmt. Absorbiert z.b. ein Hämoglobinmolekül ein Sauerstoffmolekül, so wird es diamagnetisch, d.h. sein ESR Signal verschwindet. Die Tatsache, dass die NMR immer wieder Beiträge zur Untersuchung grundlegender quantenmechanischer Fragen liefern kann liegt in erster Linie darin, dass Kernspinsysteme zu den am besten isolierten quantenmechanischen Systemen gehören Grundlagen Experimentelle Aspekte Die Betonung der Anwendungen in dieser Zusammenfassung sollte nicht vergessen machen, dass die magnetische Resonanz selber ein faszinierendes Forschungsgebiet ist. So stellt das Verständnis der Technik und die Weiterentwicklung der Methodik weiterhin große Herausforderungen. Zudem ist die NMR eine der interessantesten Methoden für Untersuchungen zu den Grundlagen der Quantenmechanik. Abbildung 1.38: Supraleitender Magnet Abbildung 1.37: Quantencomputer in der Presse. So wurden in der NMR mit die schönsten Beispiele für sogenannte geometrische Phasen in der Quantenmechanik demonstriert und heute ist die Technik die leistungsfähigste Methode für die Implementation eines "Quantencomputers". Die Möglichkeit, dass eine neue Art von Computern in einigen Jahrzehnten deutlich leistungsfähiger sein könnte als unsere heutigen Computern hat nicht nur ein neues Forschungsgebiet entstehen lassen, es hat auch das Interesse der Medien geweckt. Wie meistens wenn Themen im Bereich der Quantenmechanik in den Zeitungen diskutiert wird tendiert die Berichterstattung zu einer Mystifizierung, welche dem wirklichen Sachverhalt kaum gerecht wird. Der zentrale Bestandteil jedes NMR Spektrometers ist der Magnet. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um einen supraleitenden Draht, in dem ein Strom von typischerweise ca. 100 A in einer geschlossenen Drahtspule zirkuliert. Damit dies verlustfrei geschieht, muss der Draht ständig auf 4.2 K (in modernen Hochleistungsmagneten noch weniger) gekühlt werden. Dies geschieht mit flüssigem Helium. Für die Anregung der Spins werden genau kontrollierte Sequenzen von Radiofrequenzpulsen benötigt. Die zugehörige Elektronik wird von einem digitalen Steuergerät unter Rechnerkontrolle kontrolliert. Diese Pulse werden mit leistungsstarken Verstärkern auf etwa 1 kw verstärkt und über eine imepdanzangepasstes Netzwerk auf die Probenspule geschickt. Das Signal, welches von der Probe erzeugt wird, wird verstärkt, gefiltert und gemischt. Dadurch wird die Frequenz von der Nähe der Larmorfrequenz in den Audiobereich reduziert und das Signal anschließend digitalisiert. Die Auswertung geschieht wiederum auf einem Rechner. 19
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