16 / HOTELLERIE. Oliven, eine Woche vor der Ernte. Beim Farbwechsel von grün zu violett ist der beste

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1 16 / HOTELLERIE Oliven, eine Woche vor der Ernte. Beim Farbwechsel von grün zu violett ist der beste Zeitpunkt für die Ernte. Bilder: Tobias Fischer

2 HOTELLERIE / 17 Von Tobias Fischer Das Leben mit spanischem Olivenöl verfeinert So weit das Auge reicht. Auf den Hügeln Andalusiens wachsen Millionen von Olivenbäumen. Auf einem dieser Anhöhen weht ein frischer Wind um die 300 bis 400 Jahre alten Bäume: Hier wurde aus einer Olivenmühle ein Guesthouse, aus einem Schweizer Banker ein Olivenbauer und aus einer Ernährungsberaterin eine Köchin und Gastgeberin. Costa del Sol, Alhambra, Flamenco, Sevilla, die weissen Dörfer: die bekannten Tourismus-Highlights von Andalusien. Das Dorf Montoro obwohl ebenfalls weiss und durchaus sehenswert gehört nicht dazu. Touristinnen und Touristen sind hier so selten, dass der Autovermieter am Flughafen von Malaga einen fragenden Blick auf die Ferienadresse seiner Kunden wirft und vor der zweistündigen Fahrt nach Montoro freundlich darauf hinweist, dass man «dort oben» mit Englisch oder Deutsch nicht weit komme. Führung durch den Olivenhain Abgesehen davon, dass man mit ein paar Brocken Spanisch und der einen oder anderen Geste durchaus zurecht kommt: Noch weiter oben, fünf Kilometer ausserhalb von Montoro, wird munter Schweizerdeutsch gesprochen. Und das gerade mitten im Olivenhain. Roger Schläpfer führt acht Gäste seines Guesthouses Olivetum Colina durch die hauseigene Anlage mit rund 300 Olivenbäumen. «Jede Olive ist zuerst grün, und jede Olive wird danach schwarz», erklärt er, «und das beste Öl erreichen wir, wenn wir die Oliven beim Farbwechsel ernten.» Es ist Anfang Oktober, noch sind die Oliven grün. Roger Schläpfer pflückt ein paar wenige von einem Baum und verteilt sie an seine Gäste. Sie dürfen die Oliven aufbrechen und daran schnuppern: der Duft von frischem Gras. «In einer Woche beginnen wir mit der Ernte», sagt Roger Schläpfer und beschreibt, wie die fünfköpfige Ernteequipe vorgehen wird: Zwei Leute legen Netze zwischen die Baumreihen, drei schütteln mit Stöcken an den Bäumen. Die Oliven fallen auf die Netze, werden in Säcken zu einem Anhänger transportiert, in die > Das heutige Guesthouse mit 6 Zimmern und 14 Betten war 200 Jahre lang eine Olivenmühle.

3 18 / HOTELLERIE Auch der Pool wird ganz ohne Chemie betrieben. Schläpfers setzen voll auf Natürlichkeit und Nachhaltigkeit. Ölmühle gebracht und noch am Tag der Ernte gepresst. «Die Zeitspanne zwischen Ernte und Pressung ist für die Säure entscheidend. Je kürzer, desto besser», erklärt Roger Schläpfer, als hätte er noch nie etwas anderes gemacht. Klima und Sprache zählten Tatsache ist, dass Roger und Brigitte Schläpfer ein völlig anderes Leben führten, bevor sie im August 2013 nach Andalusien kamen mit ihren Kindern, die damals 11, 14 und 15 Jahre alt waren. Roger arbeitete bei einer Schweizer Grossbank, war international tätig, Brigitte führte nach dem Studium der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) eine Praxis in Uzwil (SG). Irgendwann, beide waren vor 50, hätten sie gespürt, dass es Zeit war zu entschleunigen, erzählt Brigitte Schläpfer auf einem der zahlreichen Sitzplätze ihres Guesthouses. «Aber im gewohnten Umfeld in der Schweiz einfach einen Gang runterschalten, das ist schwierig.» Doch wohin sollte der Weg der Entschleunigung führen? Die Familie legte Kriterien fest: warmes Klima, eine Sprache, die allen etwas für die Zukunft bringt, und nicht zuletzt müsste man am neuen Ort auch Geld verdienen können. Spanien hat in allen Bereichen voll gepunktet. Die Idee, hier ein Guesthouse aufzubauen, war schnell geboren, und mögliche Liegenschaften gab es genug. «Wir haben relativ viele Objekte besichtigt», sagt Brigitte Schläpfer. Für die 200-jährige Olivenmühle oberhalb von Montoro habe vor allem die Lage gesprochen: Die Gäste würden es hier nicht weit zum Flughafen, zu Städten und «Im gewohnten Umfeld in der Schweiz einfach einen Gang runterschalten, das ist schwierig.» Brigitte Schläpfer anderen Ausflugszielen haben, die Kinder nicht weit zur Schule, «und nicht zuletzt ist die Aussicht hier einfach traumhaft». Der spanische Amtsschimmel wiehert Um sich den Traum vom Guesthouse im Olivenhain erfüllen zu können, mussten Schläpfers freilich zuerst umbauen. Dabei lernten sie nicht nur ihre Olivenmühle im Detail kennen, sondern auch die Mühlen der spanischen Ämter. Und die mahlen sehr langsam, wie Brigitte Schläpfer erklärt: «Oft sind mehrere Ämter für ein Anliegen zuständig. Man muss immer wieder die gleichen Gastgeber Roger Schläpfer führt Gäste durch seinen Olivenhain. Frisch gepflückt und aufgebrochen: Die Olive duftet nach frischem Gras.

4 HOTELLERIE / 19 Begleitet jedes Essen und begeistert die Gäste: das hauseigene Olivenöl. «Nur» ein Spiegelei? Frühstück bei Schläpfers mit Kräutern aus dem eigenen Garten und Eiern von den eigenen Hühnern. Dokumente einreichen, die dann auf irgendeiner Beige landen. Das war zum Teil superzäh.» Umso mehr freute sich Roger Schläpfer, wenn er sich mit ersten Schritten auf einem anderen neuen Terrain beschäftigen konnte: mit der Einarbeitung in die Olivenölproduktion. «Ich war ja ein absolutes Greenhorn», erzählt Roger Schläpfer auf der Führung durch den Olivenhain, «aber ich mache laufend Feldstudien um herauszufinden, wie die Natur funktioniert.» Er sammelt so viele Informationen wie möglich, schreibt auf, wann es wieviel geregnet hat, wann geerntet wurde, wie das Resultat war. Jetzt, vor seiner vierten Ernte, kann er bereits von eigenen Erfahrungen profitieren, am Anfang arbeitete er sich mit Büchern und dem Internet ein. Natürlich und nachhaltig Schläpfers besuchten Labors und Testgremien, die Olivenöl analysieren. Und sie sprachen mit vielen Olivenbauern in der Region. Das sei allerdings ernüchternd gewesen, da alle Befragten mit minimalstem Wissen einen maximalen Ertrag herausholen wollten. Schläpfers machen es anders, das sehen ihre Gäste im Olivenhain von blossem Auge. «Dort, wo kein Gras mehr unter den > Eines von vielen Plätzchen, die im Guesthouse Olivetum Colina zum Verweilen und Geniessen einladen.

5 20 / HOTELLERIE Bild: pd Die Auswandererfamilie Schläpfer: Olivia, Dominic, Roger, Lilian und Brigitte (v. l.). Olivenbäumen wächst, beginnt das Grundstück des Nachbarn», sagt Roger Schläpfer. «Dort werden Herbizide eingesetzt. Wir verzichten darauf, wir wollen nicht auf einem Chemiehügel wohnen.» «Wir verzichten auf Herbizide, wir wollen nicht auf einem Chemiehügel wohnen.» Roger Schläpfer Natürlichkeit und Nachhaltigkeit stehen ganz oben im Konzept von Schläpfers Guesthouse Olivetum Colina. Dazu gehören neben dem biologisch produzierten Olivenöl auch die Sonnenkollektoren, die eigene Quelle und der Swimmingpool, der ganz ohne Chemie betrieben wird. Dass Natürlichkeit und Nachhaltigkeit auch in der Küche die oberste Maxime sind, ist selbstverständlich, wenn Brigitte Schläpfer dort nach den Grundsätzen der Traditionellen Chinesischen Medizin und der 5 Elemente kocht. Doch auch hier mussten die Schweizer in Spanien zuerst ihren Weg finden. Lieferantensuche war «ein Knorz» Spanien ist das Land der Früchte und des Gemüses dachte auch Brigitte Schläpfer. «Umso mehr hat mich überrascht, wie klein die Auswahl hier draussen auf dem Land ist.» Sie habe lange nach guten Lieferanten gesucht. Nach solchen, die auf ihre Frage nach natürlichen Produkten mehr zu bieten haben als Stirnrunzeln und einen fragenden Blick. «Es war ein Knorz, aber jetzt habe ich meine Quellen.» In ihrem kleinen Restaurant El Hogar oder auf der Sonnenterrasse El Mirador kommen die Gäste so in den Genuss einer spannenden, internationalen Kombination: spanische Produkte, gekocht in Schweizer Qualität nach chinesischen Grundsätzen. Oder anders gesagt: «Ich will hier keine Bratwurst anbieten, sondern die Lebensmittel von hier so edel wie möglich zubereiten. Die Krönung des Ganzen ist das Olivenöl.» >

6 Die Mezquita in Córdoba, eines der beeindruckendsten Bauwerke der Welt. Córdoba liegt etwa 30 Kilometer von Montoro entfernt. HOTELLERIE / 21

7 22 / HOTELLERIE Schläpfers Olivenhain. Auf dem höchsten Punkt das Guesthouse Olivetum Colina. Olivenöl gehört immer dazu Für viele Gäste steht das Olivenöl auch am Anfang des dreigängigen Überraschungs-Nachtessens: Eine Flasche «Aceite de oliva virgen extra de Olivetum Colina» steht immer auf dem Tisch «Ich will hier keine Bratwurst anbieten, sondern die Lebensmittel von hier so edel wie möglich zubereiten.» Brigitte Schläpfer auf der Oliventour und einer anschliessenden Wanderung begleitet hat, der ihnen zum Frühstück Rühr- und Spiegeleier gekocht und den Neuankömmlingen das Gepäck ins Zimmer getragen und ihr Auto parkiert hat, dieser Roger Schläpfer serviert ihnen am Abend, was seine Frau in der Küche mit frischen Zutaten, chinesischem Fachwissen und viel Liebe zubereitet. bereit, um mit Brot und vielleicht etwas Salz und Pfeffer genossen zu werden. Nach der Führung durch den Olivenhain tun das die Gäste noch bewusster. Und wenn eine Frage auftaucht, ist der Experte nicht weit: Der gleiche Roger Schläpfer, der die Gäste an diesem Tag Stolze Köchin: Nachbarin María Serano García hat für Schläpfers Gäste Paella gekocht. Eine von vielen Traditionen im Bergdorf Montoro: Umzug im Rahmen der Feria, einem Volksfest im Herbst.

8 HOTELLERIE / 23 Bild: pd Das Olivenöl Virgen Extra von Olivetum Colina wird nach biologischen Grundsätzen produziert und Bestellern in der Schweiz per Post zugestellt. Dass er zum Abschluss des Nachtessens dazu einlädt, einen spanischen Digestif auszuwählen und zu probieren, passt zu Schläpfers: Sie animieren ihre Gäste auch sonst dazu, Andalusien mit all seinen Spezialitäten, seiner Kultur und seiner spannenden Geschichte selbst zu entdecken. Dass Brigitte und Roger sich mit einem Stadtplan oder einem selbst ausgearbeiteten Tourenbeschrieb für Wanderungen und Biketouren zu den Gästen an den Tisch setzen und ihnen Insidertipps mit auf den Weg geben, gehört im Guesthouse Olivetum Colina dazu. Und was sie den Gästen mit auf den Heimweg geben, ist klar: eine Flasche Olivenöl. WELTNEUHEIT SMART SNACKING! GLUTENFREI! GEBACKEN! Ernährung nach den 5 Elementen Im Guesthouse Olivetum Colina kocht Brigitte Schläpfer nicht nur nach den Regeln der 5-Elemente-Küche, sie bietet auch eine enstprechende Beratung an. «Meine Menüs wecken bei vielen Gästen das Interesse am Thema», sagt sie und stellt klar, dass die Ernährung nach den 5 Elementen keine exotische und komplizierte Diät ist. «Sie ist die zeitgemässe Umsetzung der jahrtausende alten chinesischen Ernährungslehre für bekömmliches und genussvolles Essen.» Zu den Grundsätzen der 5-Elemente-Küche gehört, dass immer die fünf Geschmacksrichtungen salzig, süss, scharf, sauer und bitter berücksichtigt werden. Und dass auf die energetische Wirkung sowie die Thermik der Nahrungsmittel geachtet wird. Das heisst: Was ist wärmend, was ist kühlend, was neutral, heiss oder kalt? So kann auch eine kalte Tomatensuppe wärmen, wenn sie scharf ist. Mehr zum Thema: