3. Übungsblatt zu Computersimulationen WS 2015/2016. Simulation des Ising-Modells
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- Rudolph Baum
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1 3. Übungsblatt zu Computersimulationen WS 2015/2016 Abgabe: 19.(20.) November bis 3.(4.) Dezember. Bitte tragen Sie sich in die Liste auf der Webseite der Vorlesung ein. Diese Übungsaufgabe steht exemplarisch für einen typischen Anwendungsfall von Computersimulationen. Es treten verschiedene Phasen der Bearbeitung auf, nämlich (nach vorheriger Problemdefinition, Modellbildung und Methodenauswahl) die Programmerstellung und Verifikation, Simulationen, Fehleranalyse, und physikalische Analyse. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, wie man zuverlässige Ergebnisse produzieren kann, mit verlässlichen Fehlerabschätzungen, und wie man die Grenzen der Anwendbarkeit einer gegebenen Methode erkennen kann. Bei entsprechend sorgfältig durchgeführter Rechnung (und z.t. mit besseren Update-Methoden) sind Monte-Carlo-Simulationen die Methode, mit der man zuverlässige Ergebnisse für die bei weitem größten Systeme (z.b ) erreicht, selbst bei sehr viel schwierigeren Simulationen, z.b. von Quantenspinsystemen. Simulation des Ising-Modells Sie sollen ein Programm zur Simulation des zweidimensionalen Ising-Modells auf einem quadratischen Gitter schreiben und anwenden. Die Hamilton-Funktion ist H = J ij s i s j Die kritische Temperatur des zweidimensionalen Ising-Modells ist exakt bekannt. Man findet tanh 2 (2Jβ c ) = 1 Jβ k 2 c = , d.h. B T c J Für T < T c ist das Ising Modell in einer ferromagnetischen Phase, für T > T c in einer paramagnetischen. Sie sollen Simulationen im Bereich 0 βj 0.6 durchführen. (Die Energieeinheit J = 1 wird oft weggelassen.) Lesen Sie vor Beginn bitte die ganze Aufgabe durch. 1 Programm Es wird das in der Vorlesung besprochene Metropolis-Verfahren verwendet. Um es Ihnen zu erleichtern, ein effizientes Programm zu schreiben, ist die folgende Anleitung recht detailliert. Das Programm soll aus den folgenden wesentlichen Teilen bestehen, die aus einem Hauptprogramm heraus geeignet aufgerufen werden:
2 1. Gittergeometrie: Das Gitter habe periodische Randbedingungen, d.h. die Topologie eines Torus (Reifens), und die Größe L L. Erzeugen Sie zu Beginn des Programmlaufs ein Feld neighbor(i,nu), wobei i = 1, 2,..., L 2 die Punkte des Gitters durchläuft und nu = 1, 2, 3, 4 die Richtungen zu den Nachbarpunkten von i nummeriert. Dann ist j = neighbor(i, nu) der jeweilige Nachbarpunkt von Punkt i. Sie können das auf der Webseite der Vorlesung zur Verfügung gestellte matlab Skript get_neighbor() am Beginn der Simulation einmal ausführen: neighbor = get_neighbor(l); Auf diese Weise trennen Sie die Geometrie des Gitters vom Update-Algorithmus! Dies spart zum einen Zeit beim Update, da die Nachbarn dort nicht berechnet werden müssen, und erlaubt zum anderen, leicht auch ganz andere Gitter zu simulieren. 2. Update-Routine: Metropolis-Hastings-Verfahren, wie in der Vorlesung beschrieben. Schreiben Sie ein Unterprogramm Sweep, das L 2 Gitterpunkte zufällig auswählt und für jeden Punkt ein Unterprogramm Metropolis-Single-Spin-Flip aufruft. Beachten Sie für letzteres Unterprogramm: weil nur die Änderung eines einzelnen Spin s i vorgeschlagen wird, benötigen Sie von ij s is j nur die Summe s j über die Spins der nächsten Nachbarn von i, die Sie mit dem Feld neighbor leicht erhalten können. Beachten Sie auch, dass diese Summe nur wenige diskrete Werte annehmen kann. Sie können deshalb die zugehörigen Werte der Exponentialfunktion für die Metropolis-Akzeptanz-Entscheidung schon bei der Initialisierung berechnen und in einem kleinen Array abspeichern. (Der Ausdruck ij bedeutet, dass in der Summe jede geometrische Gitterkante des Gitters einmal vorkommt. Bei einem periodischen L L Gitter besteht die Summe dann aus 2L 2 Summanden.) 3. Messung: Messen Sie nach jedem Sweep die Energie E und die Magnetisierung M des Gesamtsystems. Normieren Sie dann jeweils mit 1/L 2, d.h. pro Gitterplatz. Berechnen Sie bei der Messung auch gleich die Mittelwerte und zunächst jeweils die naive Varianz des Mittelwertes, die bei unabhängigen Daten gültig wäre, d.h. die Varianz des Einzelmesswertes geteilt durch die Anzahl der Messungen. Die Wurzel daraus ist der naive Fehler. (Sie benötigen dafür lediglich die laufende Summe der Einzelmesswerte und die laufende Summe ihrer Quadrate). 4. Visualisierung: Stellen Sie nach Möglichkeit die Spin-Konfiguration während der Simulation nach jedem kompletten Sweep graphisch dar. Bei langen Läufen seltener, um CPU-Zeit zu sparen. N.B. Beachten Sie, dass der CPU-Aufwand pro Sweep für Update und Messung bei großen Systemen natürlicherweise nur linear mit der Systemgröße zunehmen darf. Achten Sie darauf, nicht versehentlich einen quadratischen (oder noch größeren) Aufwand zu programmieren.
3 2 Verifikation Berechnen Sie von Hand den Erwartungswert der Energie auf einem 2 2(!) Gitter, indem Sie die Beiträge aller Konfigurationen zur Zustandssumme addieren und auswerten. Beachten Sie die periodischen Randbedingungen. Auf dem 2 2 Gitter sind dadurch alle Punkte doppelt verbunden. Vergleichen Sie mit dem Mittelwert der Energie aus Simulationsläufen, bei mehreren Werten von βj. Die Energie sollte, unter Berücksichtigung der Fehlerbalken, auf mehrere Dezimalstellen genau übereinstimmen. 3 Statistische Werkzeuge 1. Zeitreihen: Geben Sie bei der Anwendung des Programms jeweils graphisch Zeitreihen für die Energie und für die Magnetisierung aus und analysieren Sie diese per Auge. Was ist jeweils die ungefähre längste Zeitskala, auf der Sie Autokorrelationen mit dem Auge erkennen können? (Sie müssen dazu ggf. in die Zeitreihe hineinzoomen). Beachten Sie: Die Länge der Simulation muss wesentlich größer sein (Faustregel: Faktor 100 oder mehr) als die größte Zeitskala, die in der Zeitreihe einer Observablen erkennbar ist. Anderenfalls ist der Mittelwert der Observablen nicht konvergiert, d.h. falsch. Dann ist auch der Autokorrelationskoeffizient nicht korrekt und die Varianz nicht korrekt berechenbar; ein solcher zu kurzer Lauf kann nicht zur Berechnung von Mittelwerten verwendet werden! 2. Autokorrelationsfunktion: Stellen Sie ein Programm zur Verfügung, dass den empirischen Autokorrelationskoeffizienten (= Autokorrelationsfunktion) zu E und M berechnet und ihn semilogarithmisch als Funktion des Zeitabstands t darstellt. Sie können dafür Ihr Programm vom 2. Übungsblatt nehmen, oder stattdessen auch eine Bibliotheksroutine für die Autokorrelationsfunktion verwenden. 3. Fehlerabschätzung: Bestimmen Sie bei der Anwendung jeweils ungefähr die Zeitskala (inverse Steigung) des semilogarithmisch geplotteten Autokorrelationskoeffizienten. Durch Integration dieser Exponentialfunktion von t = 0 bis t = erhalten Sie eine Schätzung für die integrierte Autokorrelationszeit und damit für die wahre Varianz der Mittelwerte (s. Vorlesung). Zur Bestimmung dieser Varianzen können Sie stattdessen wahlweise auch gemäß der Definition von τ int über die Autokorrelationsfunktion summieren (nicht zu weit ins Rauschen hinein!), oder das Binning-Verfahren benutzen (evtl. mit linear statt exponentiell wachsender Bingröße). Achten Sie darauf, Mittelwerte immer zusammen mit ihren Fehlern anzugeben!
4 4 Ausloten der Grenzen der Anwendbarkeit Um zu zuverlässigen Ergebnissen zu gelangen, muss man Rechnungen unbedingt auf sehr kleinen Gittern beginnen. Simulieren Sie zunächst mit der Größe 4 4 (!). 1. Einfrieren bei tiefen Temperaturen: Schauen Sie sich die Zeitreihen der Messungen von M und E bei β = 0.2, β = 0.4 und β = 0.6 an (einschließlich Thermalisierungszeit). Sie werden feststellen, dass in der Magnetisierung bei den größeren β-werten schon auf dem 4 4-Gitter lange Autokorrelationszeiten auftreten. Vorsicht: Es geht um die Zeitreihen der Messwerte, und nicht um die Zeitreihen von kumulierten Mittelwerten, denn in letzteren sind Autokorrelationen bei späten Zeiten nicht mehr erkennbar! Wiederholen Sie die Rechnungen für ein 6 6-Gitter und für ein 8 8-Gitter. Lassen Sie nun anfängliche Messungen zur Thermalisierung fort. Berechnen Sie jeweils die Autokorrelationsfunktion, die Autokorrelationszeit und führen Sie eine Fehlerabschätzung der Mittelwerte von M und E durch. Bei den größeren β-werten und Gittern wird hier die Magnetisierung vielleicht nicht mehr konvergieren, je nach Länge Ihrer Simulation. (Zur Erinnerung: Der Erwartungswert der Magnetisierung ist bei verschwindendem Magnetfeld gleich Null.) Die größte Zeitskala kann sogar unerkennbar lang werden! N.B. Bei tiefen Temperaturen friert die Magnetisierung ein und die Autokorrelationszeiten steigen exponentiell mit β und mit der Zahl der Gitterplätze. Zur Simulation bei solchen Parametern benötigt man andere Monte-Carlo Verfahren als wir sie hier benutzen. 2. Autokorrelationen bei der kritischen Temperatur: Auch in der physikalisch sehr viel interessanteren Umgebung der kritischen Temperatur werden Autokorrelationen wichtig. Führen Sie Rechnungen auf Gittern mit L = 4, 8, 16, 32 bei β = β c durch. Schauen Sie sich jeweils die Zeitreihen und die Autokorrelationen von E und M an und führen sie eine Fehlerabschätzung durch. Die höchste zu erwartende Autokorrelationszeit können Sie im voraus grob abschätzen: Die Korrelationslänge ist mit L begrenzt, die maximale Autokorrelationszeit daher grob L 2 Sweeps (und damit viel kleiner als bei tiefen Temperaturen). Die in den Zeitreihen auftretenden Skalen sind etwa von dieser Ordnung; die tatsächliche integrierte Autokorrelationszeit der Energie ist um etwa einen Faktor zehn kleiner. Aus der zu erwartenden Autokorrelationszeit können Sie abschätzen, wie viele Sweeps Sie durchführen müssen, um sinnvolle Mittelwerte zu erhalten. (N.B. Wenn Sie sich von der kritischen Temperatur entfernen, sinkt die Korrelationslänge, und die Autokorrelationszeiten werden deswegen kleiner.)
5 5 Phasenübergang 1. Schauen Sie sich typische Konfigurationen von Systemen der Größe L = 8 und L = 32 bei β = 0.2, β = β c und β = 0.6 an. Wie unterscheiden sich die Konfigurationen bei hohen und tiefen Temperaturen? Wie kann man das unterschiedliche Verhalten der Konfigurationen physikalisch interpretieren? 2. Stellen Sie für Gitter der Größen L = 4, 8, 16 (und evtl. 32) die Energie E(β) und den Mittelwert des Betrags der Magnetisierung M (β) als Funktion von β im Bereich 0 < β < 0.6 dar, mit Stützpunkten, die Sie in Abhängigkeit von L sinnvoll wählen sollen. Sie sollten erkennen können, dass ein Phasenübergang auftritt, und dass er bei größeren Gittern allmählich schärfer wird. N.B. Solche Daten, und sogar die genaue Form der Abhängigkeit von der Gittergröße ( Finite Size Scaling"), kann man verwenden, um detaillierte Erkenntnisse über den Phasenübergang in unendlich großen Systemen, d.h. im thermodynamischen Limes zu erhalten. Näheres finden Sie z.b. in der Vorlesung über Phasenübergänge und kritische Phänomene". 6 Abgabe Sie können dieses Übungsblatt in Zweiergruppen bearbeiten und eine gemeinsame Lösung produzieren. Das Abgabegespräch erfolgt jedoch weiterhin individuell. Sie müssen natürlich jeder/jede die üblichen Anforderungen für die Abgabe erfüllen können. Für einige Aufgabenteile sind längere Monte-Carlo Läufe nötig; sie sollten dazu Ihr Programm bis zu einigen Stunden laufen lassen. Bereiten Sie die entsprechenden Ergebnisse bitte für die Abgabe zur Präsentation vor. Für einfachere Aufgabenteile soll das Programm auch während der Abgabe laufen. Upload: Wenn sie in einer Zweiergruppe arbeiten, dann geben Sie bitte die Files nur bei einem der Teilnehmer ab. Der andere Teilnehmer gibt dann ein Directory ab, das einen File namens Siehe_xxxxx enthält, wobei xxxxx der Username des ersten Teilnehmers ist. Zusätzlich soll sich in diesem Directory nur der File Merkblatt_...pdf befinden (sonst wird das Directory als zu klein zurückgewiesen).
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