Mietrecht aktuelles aus der Rechtsprechung für die Wohnraummiete Helge Schulz Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Kündigung wegen Zahlungsverzug fristlos ordentlich oder beides Die fristlose Kündigung ist zulässig, wenn ein erheblicher Mietrückstand oder ein dauerhaft (unzumutbarer) Verstoß gegen Zahlungspflichten vorliegen. erheblicher Mietrückstand: von 2 Monatsmieten innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Monaten etwas mehr als eine Monatsmiete Heilungsmöglichkeit: Wenn der Vermieter bis 2 Monate nach Zustellung der Räumungsklage befriedigt wird oder sich öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Problem: Prozesskosten
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Die ordentliche Kündigung ist zulässig, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. es besteht keine Heilungsmöglichkeit
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Die monatliche Miete beträgt 350,00. Der Mieter zahlt am 04.10.2013 für den Oktober = nichts, am 01.11.2013 für den November = nichts, Der Vermieter kündigt am 07.11.2013 fristlos und ordentlich. Am 07.01.2014 gleicht der Mieter den Rückstand aus.
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Folge: fristlose Kündigung wird geheilt ordentliche Kündigung bleibt wirksam
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Die monatliche Miete beträgt 350,00. Der Mieter zahlt am 04.10.2013 für den Oktober = nichts, am 01.11.2013 für den November = 340,00, und am 03.12.2013 für den Rückstand = 690,00. Der Vermieter hatte am 07.11.2013 fristlos und ordentlich gekündigt.
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Folge: fristlose Kündigung ist wirksam Ausgleich des Rückstandes führt zur Heilung ordentliche Kündigung? eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn Rückstand eine Miete nicht übersteigt Verzugsdauer weniger als ein Monat (BGH, VIII 107/12)
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Die monatliche Miete beträgt 350,00. Der Mieter zahlt am 10.10.2013 für den Oktober am 11.11.2013 für den November am 07.01.2014 für den Januar und am 15.02.2014 für den Februar. Der Vermieter mahnt am 20.01.2014 ab. Am 20.02.2014 kündigt er fristlos und ordentlich.
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Folge: fristlose Kündigung ist wirksam (BGH, VIII ZR 301/10) ordentliche Kündigung ist wirksam >> nicht eindeutig ist, wie oft der Mieter verspätet gezahlt haben muss im vorliegenden Fall waren es 11 Fälle. Einige Gerichte halten 3 verspätete Zahlungen für ausreichend.
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Die monatliche Miete beträgt 350,00. Der Mieter zahlt am 10.10.2013 für den Oktober am 11.11.2013 für den November am 07.01.2014 für den Januar und am 15.02.2014 für den Februar. Der Vermieter mahnt am 20.01.2014 ab. Am 20.02.2014 kündigt er fristlos und ordentlich. Der Mieter wendet ein, unverschuldet nicht gezahlt zu haben und verweist auf das Job-Center. Tatsächlich zahlte dieses aus internen Gründen verspätet.
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Das Jobcenter (Sozialamt), das für einen hilfebedürftigen Wohnungsmieter die Kosten der Unterkunft in der Weise übernimmt, dass es die Miete direkt an den Vermieter des Hilfebedürftigen überweist, ist nicht Erfüllungsgehilfe des Mieters. (BGH VIII ZR 64/09) Folge: den Mieter selbst traf keine Schuld der Mieter muss sich Verschulden des Job-Centers nicht zurechnen lassen die Kündigung ist unwirksam!
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides Abwandlung: Das Jobcenter (Sozialamt) zahlte nicht verspätet, sondern zunächst überhaupt nicht. Hierfür konnte der Mieter nichts er hatte alle Anträge fristgerecht und richtig gestellt. Der Vermieter kündigte zwischenzeitlich wegen Zahlungsverzuges. (LG Berlin, 65 T 227/11)
Kündigungen fristlos ordentlich oder beides LG Berlin, 65 T 227/11 Auch hier gilt: der Mieter zahlte unverschuldet nicht der Mieter muss sich das Verschulden des Job-Centers nicht zurechnen lassen die Kündigung ist unwirksam!
Kündigungen Eigenbedarf Der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Angehörige (z.b. Kinder, etc.) Nutzungswille (zur eigenen Nutzung) Nutzungsinteresse (Alternativwohnraum,?!) Härten (insbesondere Räumungsschutz)
Kündigungen Eigenbedarf Schutzfrist? War der Eigenbedarf bei Abschluss des Vertrages nicht absehbar kann auch kurze Zeit später (hier: 3 Jahre) gekündigt werden (BGH, VIII ZR 233/12 ) Berufstätigkeit als Eigenbedarf? Will der Vermieter die Wohnung ausschließlich zu beruflichen Zwecken nutzen (Anwaltsbüro) dann berechtigt auch dieses zur Kündigung wegen Eigenbedarfs (BGH VIII ZR 330/11)
Parabolantennen Ein Mieter griechischer Herkunft will im Garten eine Satellitenschüssel installieren. Der Vermieter meint, eine Versorgung über den Kabelanschluss und über kostenpflichtiges Internetfernsehen sei ausreichend. (LG Wuppertal, 9 S 28/11)
Parabolantennen LG Wuppertal, 9 S 28/11 Verschiedene Informationsquellen sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen Breitbandkabel Internetfernsehen Druckerzeugnisse Kostenfragen sind nur sekundär zu berücksichtigen
Parabolantennen Ein Mieter polnischer Herkunft bringt auf seinem Balkon eine Parabolantenne an. Der Vermieter klagt auf Entfernung. Es besteht ein Kabelanschluss und der Vermieter will den Mieter auf das Internet verweisen. (BGH, VIII RZ 268/12)
Parabolantennen BGH VIII ZR 268/12 es kommt nicht auf die Anzahl der Sender an sondern auf die inhaltliche Ausrichtung des vorhandenen Programms auch das Fernsehangebot im Internet ist zu berücksichtigen Kosten (z.b. für Internetprogramm) muss der Mieter auf sich nehmen
Parabolantennen Ein Mieter mit turkmenischer Abstammung will eine Parabolantenne anbringen, um ein nur über Satellit empfangbares Programm in turkmenischer Sprache zu sehen. Amts- und Landgericht verweigern ihm dieses Recht. Der Mieter erhebt Verfassungsbeschwerde. (BVerfG 1 BvR 1214/11)
Parabolantennen BVerfG 1 BvR 1314/11 für den Durchschnittsfall genügt der Kabelanschluss über Zusatzgeräte empfangbare Programme sind zu berücksichtigen Zusatzkosten muss der Mieter tragen ist eine angemessene Anzahl von Sendern nicht zu erhalten, dann überwiegt das Interesse des Mieters an der Parabolantenne Die Verfassungsbeschwerde war begründet.
Betriebskosten Grundsteuer - Rechtsprechungsänderung Mieter bewohnen eine vermietete Eigentumswohnung. Der Vermieter übernimmt in der BK-Abrechnung die Grundsteuer, welche für die Wohnung anfällt 1:1 ohne einen gesonderten Umlageschlüssel.
Betriebskosten Grundsteuer - Rechtsprechungsänderung Der Vermieter übernimmt in der BK-Abrechnung die Grundsteuer, welche für die Wohnung anfällt 1:1 ohne einen gesonderten Umlageschlüssel. Falsch! (BGH, VIII ZR 169/03): regelt der Vertrag eine Umlage nach qm, so geht dies vor. Richtig! (BGH, VIII ZR 252/12): Betriebskosten, die speziell für die einzelne Wohnung anfallen sind in der Abrechnung weiterzuleiten es besteht kein Raum für gesetzlichen oder vertraglichen Schlüssel da es nichts umzulegen gibt.
Betriebskosten Ausreißer bei der Ablesung Die Mietparteien lesen den Messwert am Heizkörper ab. Dieser erweist sich als derart hoch, dass er aus physikalischen Gründen nicht korrekt sein kann. (BGH VIII ZR 310/12)
Betriebskosten Ausreißer bei der Ablesung Die Mietparteien lesen den Messwert am Heizkörper ab. Dieser erweist sich als derart hoch, dass er aus physikalischen Gründen nicht korrekt sein kann. (BGH VIII ZR 310/12) Anwendung von 9a Abs. 1 HeizKVO Vermieter darf nicht nach abgelesenem Verbrauch abrechnen Verbrauch in früheren Zeiträumen als Abrechnungsgrundlage oder Verbrauch in vergleichbaren Räumen oder verbrauchsunabhängig mit Abschlag 15 %
Betriebskosten Wer bestimmt die Vorauszahlung Der Vermieter rechnet über die Betriebskosten ab. Der Mieter prüft die Rechnung und erhebt Einwendungen gegen die Abrechnung. Die kritischen Punkte streicht der Mieter aus der Abrechnung und errechnet sich so einen niedrigeren Abrechnungsbetrag Mit dieser Begründung leistet er dann niedrigere Vorauszahlungen (BGH VIII ZR 184/12)
Betriebskosten Wer bestimmt die Vorauszahlung BGH VIII ZR 184/12 Sofern der Mieter konkrete inhaltliche Fehler rügt und seine danach erstellte Rechnung inhaltlich richtig ist, darf er die Vorauszahlungen anpassen.
Betriebskosten Anerkenntnisfiktion der Abrechnung Der Vermieter rechnet über Betriebskosten ab. Er vergisst die Grundsteuer. Es ergibt sich ein Guthaben, welches er auszahlt. Später will der Vermieter die Abrechnung korrigieren. Der Mieter beruft sich auf eine Anerkenntniswirkung der Abrechung. Diese sei ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. (BGH, XII ZR 62/12 - Gewerbe)
Betriebskosten Anerkenntnisfiktion der Abrechnung Die Abrechnung selbst ist kein Schuldanerkenntnis, weder im Wohnraum (BGH, VIII ZR 296/09), noch im Gewerberaum (BGH XII ZR 61/12) Die Abrechnung kann korrigiert werden!
Aus dem täglichen Leben - Musikunterricht Der Mieter erteilt in der von ihm gemieteten Wohnung Gitarrenunterricht. Der Vermieter kündigt wegen Verstoßes gegen vertraglichen Nutzungszweck und Störung des Hausfriedens. (BGH, VIII ZR 213/12) Fragen: Musikunterricht als Wohnen Umfang geschäftlicher Aktivitäten
Aus dem täglichen Leben - Musikunterricht Der Mieter erteilt in der von ihm gemieteten Wohnung Gitarrenunterricht. Der Vermieter kündigt wegen Verstoßes gegen vertraglichen Nutzungszweck und Störung des Hausfriedens. (BGH, VIII ZR 213/12) zum Wohnen gehören nur geschäftliche Aktivitäten, die nicht nach außen dringen nach außen dringende geschäftliche Aktivitäten muss der Vermieter nicht dulden es sei denn der Mieter kann beweisen, dass keine weiteren Einwirkungen auf Mietsache und mieter als bei einer üblichen Wohnungsnutzung
Aus dem täglichen Leben - Hundehaltung Der Mieter hält in seiner 95 qm großen Wohnung einen Bearded Collie. Der Vermieter hält dies für unzulässig, da dies keine artgerechte Haltung sei. (BGH, VIII ZR 329/11) Anmerkung: Phänotypus Bearded Collie: Lebenserwartung bis 15 Jahre Gewicht 18-27 Kg Größe 51-56 cm haarig!
Aus dem täglichen Leben - Hundehaltung Der Mieter hält in seiner 95 qm großen Wohnung einen Bearded Collie. Der Vermieter hält dies für unzulässig, da dies keine artgerechte Haltung sei. (BGH, VIII ZR 329/11) Für die mietrechtliche Betrachtung ist die Frage, ob ein Hund in der Wohnung artgerecht gehalten werden kann ohne Bedeutung.
Aus dem täglichen Leben - Kampf im Treppenhaus I Unter Mietern kommt es zu erheblichem Streit über das Lüften des Treppenhauses. Der Vermieter baut in den Flur einen Zaun, um die Mieter zu trennen. Nun kommt Mieter A überhaupt nicht mehr an das Fenster und verlangt die Entfernung des Zaunes. (AG Elmshorn, 31 C 180/12)
Aus dem täglichen Leben - Kampf im Treppenhaus I Unter Mietern kommt es zu erheblichem Streit über das Lüften des Treppenhauses. Der Vermieter baut in den Flur einen Zaun, um die Mieter zu trennen. Nun kommt Mieter A überhaupt nicht mehr an das Fenster und verlangt die Entfernung des Zaunes. (AG Elmshorn, 31 C 180/12) Mit Erfolg! der Mitbesitz des Treppenhauses gehört zu den vertraglichen Rechten des Mieters auch die Befugnis zum Lüften gehört hierzu.
Aus dem täglichen Leben - Kampf im Treppenhaus II Der Vermieter klagt gegen Mieter A (verhaltensbedingte Kündigung) auf Räumung. Zeuge ist Mieter B. Mieter A steckt die Räumungsklage in eine Tüte, schmiert die Unterlagen mit einer optisch blutähnlichen (Ketchup) Substanz ein und hängt dies an die Tür des Mieters B. Der Vermieter kündigt nun A fristlos! (LG München I, 14 S 9204/12)
Aus dem täglichen Leben - Kampf im Treppenhaus II LG München I, 14 S 9204/12 Mit Recht! Die massive Zeugenbeeinträchtigung stört den Hausfrieden so nachhaltig und ist so ungebührlich, dass es keiner Abmahnung bedurfte. Auch 40 Jahre Mietzeit des A änderten hieran nichts.