Fall 7 Der im Außenbereich wohnende N wendet sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung an A, mit der diesem drei Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m genehmigt wurden. N macht geltend, die Baugenehmigung sei nichtig, weil statt der Baugenehmigung eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung in dem dafür vorgesehenen Verfahren hätte erteilt werden müssen. Ist N bei dieser Sachlage widerspruchs- und klagebefugt? Lösung zu Fall 7 Vorüberlegung: Genehmigungsbedürftigkeit a) Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m sind genehmigungsbedürftige Anlagen im vereinfachten Verfahren gem. 19 BImSchG. Das ergibt sich aus 4 Abs. 1 S. 3 BImSchG ivm Nr. 1.6 Sp. 2 der Anlage zu 4. BImSchV. b) Das UVP-Gesetz sieht zudem ab 3 Windkraftanlagen eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gem. 3c Abs. 1 S. 2 UVPG vor. Das ergibt sich aus Nr.1.6.3 der Anlage 1 zum UVP-Gesetz Zur Frage der Klagebefugnis 42 Ii VwGO: Möglichkeit der Verletzung in subjektivöffentlichen Rechten N ist kein Adressat der Genehmigung, sondern Nachbar. => Suche nach einem subjektiv-öffentlichen Recht. oder: Verfahrensbestimmungen
1. Drittschutz aus der Genehmigungsbedürftigkeit BVerfG zum Atomrecht: Verfahrensvorschriften müssen drittschützend sein, wenn das bei einer entsprechenden Gefahrenlage im Interesse eines effektiven Grundrechtsschutzes verfassungsrechtlich geboten erscheint. Dann muss der potentiell von einem Vorhaben betroffene Dritte die Möglichkeit haben, seine Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen. Daraus ergibt sich, dass nicht bereits der Genehmigungsvorbehalt als solcher drittschützend ist. 2. Drittschutz aus den Bestimmungen über die Ausgestaltung des Verfahrens a) Etwa 10 Abs. 3 S. 2 BImSchG (Jedermann-Beteiligung), ferner 10 Abs. 2 4, 6, 8, 9 BImSchG? Rechtsprechung des BVerfG zum AtomR auf das BImSchG übertragbar? Nach überwiegender Meinung bloße Jedermanns- Beteiligungsrechte und sonstiges Verfahrensrecht, das nur bei materieller Betroffenheit einklagbar ist. (str.) b) Hier jedenfalls: Einschlägiges Verfahren richtet sich nach 19 BImSchG. Daraus ergeben sich keine subjektiv-öffentlichen Rechte, weil ausweislich 19 Abs. 2 BImSchG die Absätze 2 4, 6, 8 und 9 des 10 BImSchG nicht anzuwenden sind. 3. Drittschutz aus der UVP-Pflicht? 1. A. Deutsche Gerichte: Generell (-). Begründung: Das UVPG enthält lediglich verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung, ohne diese um materiell-rechtliche Gehalte anzureichern. 2. A. EuGH: Dritte können unmittelbar durch Berufung auf die UVP-Richtlinie die Durchführung der UVP gerichtlich durchsetzen. Erg.: N kann sich auf das Fehlen der UVP berufen und ist daher klagebefugt. Deutsche Gerichte entscheiden bislang allerdings fast durchweg anders.
Verwaltungsvorschriften (VV) Norminterpretierend Normkonkretisierend Ermessenslenkend Kein echter Beurteilungsspielraum Echter Beurteilungsspielraum Keine Außenwirkung Außenwirkung, wenn 1. Gesetz Auftrag zum Erlass der VV erteilt hat 2. Hoher Sachverstand 3. Erhöhte Anforderungen an Zuständigkeit und Verfahren stellen Außenwirkung wegen Selbstbindung der Verwaltung, Art. 3 GG 1. Bürger kann sich berufen 2. Behörde/Gericht muss zugrunde legen Ausnahmen: 1. VV überholt 2. Atypischer Sachverhalt 1. Bürger kann sich berufen und Befolgung erzwingen 2. Behörde/Gericht muss zugrunde legen Ausnahme: Behörde kann abweichen, wenn sachlicher Grund
Fall 8 Im Haushalt des Landes B sind Mittel zur Förderung umweltschonender Technologien vorgesehen. Die zuständige Behörde erarbeitet ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften für die Subventionen. A, B und C erfüllen die darin aufgestellten Voraussetzungen. A und B bekommen Zuschüsse, C nicht. Hat C einen (gerichtlich durchsetzbaren) Anspruch auf die Subvention? Lösung zu Fall 8 Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften entfalten Außenwirkung Geltend zu machen über Art. 3 Abs. 1 GG i.v.m. VV => Gerichtlich durchsetzbarer Anspruch, solange C die Voraussetzungen der VV erfüllt und kein sachlicher Grund für eine Abweichung besteht.
Fall 9 Landwirt L begehrt für seinen neuen Stall zur groß angelegten Schweinezucht (Ziff. 7.1 der 4. BImSchG) eine Genehmigung. Sachbearbeiter S meint, der Stall stinke und die Schweine machten Lärm. Daher lägen nach seiner Einschätzung schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vor. Er lehnt daher den Antrag des L ab. Kann L dagegen gerichtlich vorgehen, indem er sich darauf beruft, dass er die Vorgaben der TA Luft und der TA Lärm einhält? Lösung zu Fall 9 5 Abs. 1 BImSchG wird durch die TA Lärm und die TA Luft konkretisiert, genauer Nr. 4 TA Luft: allgemein verbindliche Konkretisierung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, vornehmlich durch Immissionswerte für verschiedene Luftschadstoffe Nr. 6 TA Lärm: allgemein verbindliche Konkretisierung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche durch Immissionsrichtwerte Problem: Kann L sich darauf berufen? bei Bestimmungen der TA handelt es sich um VV, die zunächst nur Innenwirkung haben Aber: Nr. 4 TA Luft und Nr. 6 TA Lärm enthält normkonkretisierende VV, die die drei besonderen Voraussetzungen (1. Auftrag zum Erlass von VV, 2. hoher technisch-wissenschaftlicher Sachverstand, 3. Zuständigkeit und Verfahren lassen auf besondere Richtigkeitsgewähr schließen, 48, 51BImSchG) erfüllen => L kann deren Einhaltung erzwingen, solange keine der beiden Grenzen (1.veraltet, 2. atypischer Sachverhalt) greift