Sundsvall-Brücke Fortschritt baut man aus Ideen.
In neun Litzenhüben übers Wasser: Der 1.420 m lange Stahlüberbau war Ende April 2014 weitgehend abgeschlossen. Mitte Dezember 2014 feierlich von Schwedens König Carl XVI. Gustaf für den Straßenverkehr eröffnet, ist der aus sieben Einzelbauwerken bestehende, 2.420 m lange Brückenzug über den Sundsvallfjord das neue Wahrzeichen der Hafenstadt Sundsvall rund 400 km nördlich von Stockholm. Mit ihren beidseitig angebundenen Dammbauwerken überspannt die 1.420 m lange Stahlbrücke, deren Überbau trotz des Gewichtes von 23.000 to gleichsam über den aufgelösten Pfeilerköpfen zu schweben scheint, den Bottnischen Meerbusen in bis zu 33 m Höhe. Dank ihrer außergewöhnlichen doppeltgekrümmten Form gilt die Großbrücke als Paradebeispiel modernster Ingenieurskunst. Für das einzigartige Fertigungs-, Montage- und Logistik-konzept der bis zu 160 m langen und 2.500 to schweren Brückensektionen erhielt Max Bögl in der Kategorie Brückenbau den Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues 2015. Vier Jahre zuvor wurde die Firmengruppe Anfang 2011 dank eines Sondervorschlages im Design & Build-Verfahren als Partner im Joint Venture Sundsvallbroen für den Bau der Großbrücke beauftragt. Baubeginn für den größten Stahlbauauftrag der Firmengeschichte mit der auf das Volumen bezogenen kürzesten Realisierungszeit war Januar 2
Mit der feierlichen Eröffnung der Sundsvall-Brücke Mitte Dezember 2014 fand der größte Stahlbauauftrag in der Firmengeschichte von Max Bögl einen erfolgreichen Abschluss. 2012. Im Oktober 2014 konnte der Stahlüberbau im Zuge des Ausbaus der Europastraße E4 zwischen Myre und Skönsberg fertiggestellt werden. Ausschlaggebend für den Erfolg des Sondervorschlages war insbesondere das innovative Montagekonzept des Hauptüberbaus mit Stützweiten zwischen 88 und 170 m. Aufgrund der langen kalten Wintermonate in Mittelschweden, in denen der Bottnische Meerbusen regelmäßig unpassierbar zufriert, musste der 23.000 to schwere Stahlüberbau innerhalb nur eines Sommers montiert und zum Winter 2013/2014 abgeschlossen sein. Möglich war dies durch ein ausgeklügeltes Logistikkonzept und die Serienvorfertigung von bis zu 2.500 to schweren Einzelbauteilen. Der durchlaufende Hohlkastenbrückenträger mit Konstruktionshöhen zwischen 3,3 und 6,5 m wurde in Längsrichtung in elf Sektionen mit maximal 160 m Länge und 38 m Breite unterteilt. Als separate Bauteile kamen zehn auf Betonpfeilern platzierte Pfeilerscheiben inklusive jeweils vier Streben hinzu. Die beiden Brückenpfeiler in Ufernähe wurden konventi o - nell mittels Rammpfählen tiefgegründet. Die übrigen acht Stahlbetonpfeiler mit Höhen bis zu 28 m waren dagegen offshore im Bottnischen Meerbusen zu gründen. 3
Die nördliche Vorlandbrücke mit fertiggestellter Fassade aus Stahlbetonfertigteilen Für die beiden, rund 20 m hohen Widerlager, die sich mit ihren zur Wasserseite vorgestellten Fassadenelementen aus Stahlbeton nahtlos in die Gestaltung der Vorlandbrücken einfügen, wurden 2.400 m³ Beton und 300 to Betonstahl verbaut. In beiden Fahrtrichtungen schließen an die Stahlbrücke Anschlussbauwerke mit einspurigen Auf- und zweispurigen Abfahrtsrampen an. Für den Anschluss an das Straßennetz und die Europastraße E4 sorgen Verkehrskreisel, die über eigene Brückenbauwerke unmittelbar an die Rampen der südlichen (249 m) und nördlichen (149 m) Vorlandbrücke anbinden. Im Bereich der Vorlandbrücken mit rund 22.000 m² Brücken fläche wurden insgesamt 200.000 m³ Erdmaterial bewegt sowie 34.000 m³ Beton und 5.000 to Betonstahl verbaut. Bedingt durch die hohen technischen Anforderungen und den engen Terminplan, entstand am Hauptsitz Sengenthal eine der modernsten halbautomatisierten Fertigungsstraßen im europäischen Stahlbau. Bis Mitte 2013 wurden in der neu gebauten Fertigungshalle 15 unzählige Bleche, Trapezstreifen und Querträger gefertigt und zu einzelnen Paneelen verschweißt, die wiederum zu 64 Segmenten montiert wurden. Jedes Segment bestand aus dem gesamten Brückenquerschnitt mit Einzellängen von 16 bis 24 m und setzte sich aus zwei Randelementen, zwei Volumenbauteilen und zwei bis sechs Plattenelementen zusammen. Die Doppelkrümmung der Brückenkonstruktion sorgte dafür, dass kein einziger Querschnitt dem anderen glich. Jedes Stahlbauteil musste als Unikat individuell und hochpräzise gefertigt werden. Da die Werksfertigung in Sengenthal, die Vormontage in Stettin und die Montage in Sundsvall zeitweise parallel liefen, musste auch die Justin-time-Logistik zwischen den Produktionsstandorten Hand in Hand funktionieren. Jeweils 60 Bauteile für die Landsektionen 1 und 11 wurden mit Betonage der mächtigen Brückenpfeiler im Schutz bis zu 48 m tief im Meeresgrund verankerter Spundwände 4
Stahlbaumontage am Hauptsitz Sengenthal Montage der beiden Landsektionen 1 und 11 auf einem Lehrgerüst in Sundsvall Schiffen auf dem Rhein-Main- Donau-Kanal direkt über Rotterdam zur schwedischen Hafenstadt Sundsvall transportiert und vor Ort auf Lehrgerüsten montiert. Die Segmente der restlichen neun Sektionen wurden ebenfalls per Schiff nach Stettin in Polen verbracht. Dort auf dem Betriebsgelände der Max Bögl Polska erfolgten ab Februar 2012 im Acht-Wochen-Takt der Zusammenbau und das Verschweißen der bis zu 2.500 to schweren Brückensektionen inklusive Korrosionsschutz und Zwischenlagerung auf zwei Verschubbahnen im Bereich der Pontonanlegestelle. Ab Juni 2013 gingen dann im Rhythmus von zweieinhalb Wochen alle neun Sektionen mittels Ponton und Schlepper auf ihre 1.150 km lange Reise über die Ostsee nach Sundsvall. Bei der mit einem Ponton maximal möglichen Transportumlaufzeit von 2,5 Wochen und der wechselseitigen Montage vom Nord- und Südufer aus ergab sich für jede Sektion inklusive der dazugehörigen Pfeilerscheibe samt Streben ein Montagefenster von nur fünf Wochen. Alle Montageabläufe mussten deshalb so optimiert werden, dass dieser eng getaktete Rhythmus realisiert werden konnte. Für den Einhub der einzelnen Stahlhohlkästen mithilfe von Litzenhebern kamen auf dem Wasser ein eigens gebauter, leistungsstarker Schwimmkran und eine ebenfalls selbst entwickelte Derrick-Hubkonstruktion auf dem jeweils fertigen Brückenträger zum Einsatz. Mit dem Haken des Schwimmkrans, der mit Schleppern und Seilwinden an entsprechender Stelle im Sund positioniert war, wurden zuvor die bis zu 12 m hohen, 11 m breiten und 160 to schweren Pfeilerscheiben auf die Ortbeton-Brückenpfeiler gesetzt und fixiert. Transport der einzelnen Brückensegmente mittels Ponton und Schlepper über den Rhein-Main-Donau-Kanal 5
Nach dem Setzen der einzelnen Pfeilerscheiben erfolgte von beiden Ufern aus der Einhub der Wassersektionen. Zunächst wurde dazu der seeseitige Teil des Stahlkastens mithilfe der Litzenheber stärker angehoben als der landseitige Sektionsteil und dann langsam über den Brückenpfeiler geschwenkt. Nach dem Eindrehen der Sektion mit Drehpunkt am Derrick konnte der Hohlkasten in seine endgültige Höhenlage abgelassen bzw. hochgezogen und mit der Pfeilerscheibe des Brückenpfeilers verschlossert werden. Nach Versetzen des Schwimmkrans und präzisen Einstellarbeiten wurde die jeweilige Sektion mit dem Brückenträger verschweißt. Während das Schwimmponton die Rückfahrt nach Stettin antrat, um die nächste Sektion abzuholen, konnten die vier diagonalen Stahlstreben des Brückenpfeilers mit bis zu 35 m Länge, 2,0 m Rohrdurchmesser und 54 to Einzelgewicht eingehoben und vorgespannt werden. Präzisionseinhub der bis zu 160 m langen Brückensektionen mittels Schwimmkran und selbst entwickelten Derrick-Hubkonstruktionen 6
Litzenhub mithilfe zweier Derricks beim Lückenschluss der Sektion 6 im Februar 2014 Auf diese Weise wurde 2013 Sektion für Sektion eingehoben und montiert, sodass nach dem Einheben des vorletzten Stahlhohlkastens im Dezember 2013 der Lückenschluss Anfang Februar 2014 vollzogen werden konnte. Der Einhub der letzten Sektion 6 erfolgte abweichend zu den vorherigen Sektionen nur mithilfe der beiden Derricks. Ende April waren die Arbeiten an der Stahlbrücke weitgehend abgeschlossen. Inklusive Abdichtung, Straßenbelag, Beleuchtung und Beschilderung wurde der Stahlüberbau der Sundsvall-Brücke im Oktober 2014 fertiggestellt. Komplettiert wird das Brückenbauprojekt neben der Stahlbrücke und den dazugehörigen Vorlandbrücken durch Stützwände im Bereich der Anrampungen sowie eine separate Fuß- und Radwegbrücke mit 75 bzw. 200 m Länge. 7
Technische Daten: Gesamtlänge: 2.420 m Brückenfläche gesamt: ca. 89.170 m² Dammbauwerke: Konstruktiver Beton: ca. 45.780 m³ Betonstahl: ca. 7.020 to Stahlüberbau: Gesamttonnage Stahl: ca. 23.000 to Bauzeit: 04/11 bis 10/14 Bauherr: Trafikverket Entwurfsplanung: Tyréns, Sundsvall / Stockholm Technische Bearbeitung und Ausführung Stahlbau: Max Bögl Stahl- und Anlagenbau, Max Bögl International Ausgeführt durch Firmengruppe Max Bögl, E. Pihl & Søn A.S. und Josef Möbius AG Max-Bögl-Straße 1 92369 Sengenthal Postanschrift: Postfach 11 20 92301 Neumarkt Telefon +49 9181 909-0 Telefax +49 9181 905061 info@max-boegl.de www.max-boegl.de die-jaeger.de boenew01498 03/15. Bildnachweis: Torbjörn Bergvist; Firmengruppe Max Bögl; Trafikverket