Williams-Beuren-Syndrom & Down-Syndrom

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Transkript:

Verschiedene Formen der Sprachentwicklungsstörungen: Williams-Beuren-Syndrom & Down-Syndrom Von: Svenja Liebig

Gliederung 1. Das Williams-Beuren-Syndrom (WBS) 2. Das Down-Syndrom (DS) 3. Semantischer und lexikalischer Bereich beim Williams-Beuren-Syndrom 4. Verbflexionen beim WBS 5. Komparativformen beim WBS 6. Morphologie, Morphosyntax und Syntax beim DS 7. Lexikon und Semantik beim DS 8. Diskussion

1. Williams-Beuren-Syndrom (WBS) Seltene angeborene Entwicklungsstörung Störungen des Kalziumstoffwechsels und der Herzund Gefäßsysteme Mittelgradige mentale Retardierung ( IQ: 50-60) Chromosomenabweichung Beeinträchtigungen im nicht-sprachlichen Bereich Überlegene sprachliche Leistungen Gesprächsfreude, gute Artikulation, Redefluss, reicher Wortschatz

Zuerst Benennung von Dingen ohne referentielle Bedeutung Exzessive Verwendung von sozialen Floskeln und Redewendungen Neigung zu Übergeneralisierungen

2. Down-Syndrom (DS) Chromosomale Abweichung; häufiger als WBS Einschränkungen im nicht-sprachlichen Bereich Sprache ist extrem verzögert Dissoziationen zwischen Sprachverständnis und Sprachproduktion Grammatische Fähigkeiten bleiben zurück; Wortschatz entwickelt sich Stärke: kommunikativer und pragmatischer Bereich Schwäche: phonologischer Bereich

3. Lexikalisch-semantischer Bereich beim WBS Spontansprache ungewöhnlich Beispiel: Ich habe das Glas evakuiert. statt: Ich habe das Glas geleert. Semantische Flüssigkeitstest sind auffällig gut Beispiel: Tier Kranich, Einhorn, Wiesel

4. Verbflexionen beim WBS Morphologische, morphosyntaktische und syntaktische Fähigkeiten sind intakt Spontansprache grammatisch korrekt Regelmäßige Verben fehlerfrei Unregelmäßige Verben fehlerhaft durch Übergeneralisierungen Beispiel: schwimmte vs. schwamm

5. Komparativformen beim WBS Grammatische -er-formen korrekt bei Kindern mit WBS Falsche Steigerungsform bei Adjektiven, die ohne -er, sondern mit more oder suppletiver Form gebildet werden Überanwendung von er-form Übergeneralisierung

Annahme: Regelgeleitete, grammatische Bereiche sind unproblematisch Strikte Anwendungen von grammatischen Regeln Übergeneralisierung regelmäßiger Muster Lexikalisch-basierte Bereiche problematisch Schwierigkeiten bei unregelmäßigen Mustern

Weitere Annahmen: Adjektive werden mit Unterkategorien (hier: er-form) fest gespeichert Deshalb Schwierigkeiten mit anderen Steigerungen, wie more Unauffällige Menschen haben hierarchisch-geordnete Struktur im Lexikon gespeichert Sprache bei WBS wird somit anders gelernt, abgespeichert und abgerufen

6. Morphologie, Morphosyntax und Syntax beim DS Zwei- und Dreiwortsätze unproblematisch Grammatische Komplexität reduziert Probleme mit Flexionsmorphologie und Morphosyntax Syntax im Allgemeinen fehlerfrei korrekte V2- Stellung Diskrepanz zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Flexion regelmäßige Flexion wird beherrscht

Komparativbildung im Deutschen meist fehlerfrei Probleme bei Pluralbildung mit -s Auffällig: Syntax wird mit V2-Stellung beherrscht, aber die Verbflexionsmorphologie ist defizitär Beispiel: Die Mutter haben Tochter Puppe geschenkt.

7. Lexikon und Semantik beim DS Einsetzen von Wortverständnis leicht verzögert Zunächst normaler Wortschatzerwerb; später bleibt Wortexplosion aus Leistungen des Lexikonbereichs im Jugendalter wieder normal Wortschatzverständnis übersteigt zum Teil kognitive Entwicklung

Literatur Clahsen, H. & Temple, C (2003): Words and rules with Williams Syndrome. In: Y. Levy & Schaeffer(eds), Language across Population. Toward a Definition of Specific Language Impairment (pp. 323-353). Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum. Schaner-Wolles, C. (2000): Sprachentwicklung bei geistiger Retardierung: Williams-Beuren-Syndrom und Down-Syndrom. In: H. Grimm (Hrsg.), Sprachentwicklung. Enzyklopädie der Psychologie, CIII, Band 3 (S.663-685). Göttingen: Hogrefe.

8. Diskussionspunkte: Warum ist es für Personen mit dem WB- und dem Down Syndrom so problematisch, auf den lexikalischbasierten Bereich zu zugreifen? (Neigung zu regelhafter Struktur) Das WB-Syndrom gilt als sekundäre Sprachstörung. Dennoch zeichnet es sich durch eine hohe Sprachfähigkeit in verschiedenen linguistischen Bereichen aus. Kann das Syndrom deshalb überhaupt als Sprachstörung bezeichnet werden?