RECHTSPRECHUNG IN LEITSÄTZEN I. Der Architektenvertrag



Ähnliche Dokumente
Abnahme und Abschlagszahlungen gemäß 15 HOAI 2013 und ihre Rechtsfolgen

Abgrenzung zwischen Akquisition und honorarpflichtiger Tätigkeit

Vertrag -Tragwerksplanung-

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 11. Mai 2006 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Das Honorarrecht der Architekten u. Ingenieure, TU Dresden Prüfbare Abrechnung von Architekten- und Ingenieurleistungen

Ende von Vertragsbeziehungen

GPA-Mitteilung Bau 5/2002

Übungsfälle. - Wie würden Sie entscheiden? -

Mustervertrag für Forschungs- und Entwicklungsaufträge der Technischen Universität Clausthal. Vom 10. März 2004 (Mitt. TUC 2004, Seite 165)

Lösungsstichworte zu den Handelsregister-Fällen. Zu Fall 1: Anspruch des K gegen V auf Lieferung des Safts ( 433 I BGB)

6. Fall Geschäftsführung ohne Auftrag???

Freier Sachverständiger für Schäden an Gebäuden Mitglied beim Bundesverband freier Sachverständiger. Nr.1380 / 4606

Privatrecht I. Jur. Assessorin Christine Meier. Übung Privatrecht I

Host-Providing-Vertrag

6. Baukirchmeistertagung 20./ Kleine Einführung in die HOAI 2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 13. Juli in der Rechtsbeschwerdesache

Fachanwältin für Familienrecht. Mietverhältnis

Rechtsberatung durch Ingenieure

Verjährungsfalle Gewährleistungsbürgschaft. -Unterschiedliche Verjährungsfristen für Mängelansprüche und Ansprüche aus der Gewährleistungsbürgschaft

(inkl. Zusatzleistungen des Verpächters)

Rechtliche Aspekte der Energieberatung

Netzanschlussvertrag Strom (für höhere Spannungsebenen)

Rechtliche Neuerungen. Informationspflichten und Widerrufsrecht bei Architekten- und Planungsverträgen mit Verbrauchern

Widerrufrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

Wie schätze ich die Kosten realistisch ein?

Gesetzesänderungen «Nominee», Entwurf

1. Vertragsgegenstand

Merkblatt. zur Gewährung von Umzugskostenvergütung. I. Allgemeines

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

PANAZEE DIENSTLEISTUNGEN FÜR PROFESSIONALS. Treuhandvertrag (notariell) zwischen. -nachfolgend "Treugeber"- und

Netzanschlussvertrag Gas (Entnahme hinter Druckregelung in Mittel- oder Hochdruck)

Honorarabrechnung nach der HOAI im Spiegel der aktuellen Rechtsprechung anhand ausgewählter Einzelbeispiele

Mietrechtsreform und aktuelle Rechtsprechung Änderungsbedarf bei Mietverträgen

-Prüfung der Tragwerksplanung-

11. Pantaenius-Immobilientagung in Hamburg

Stock Aders + Partner

Inhalt. Basiswissen Gesellschaftsrecht. I. Grundlagen 7

GEMEINSCHAFTSERFINDUNGEN und deren VERWERTUNG


Professor Dr. Peter Krebs

Lösung Fall 8 Anspruch des L auf Lieferung von Panini á 2,-

Allgemeine Geschäftsbedingungen der Witteborn Videoproduktion

Arbeitshilfen zu 15 HOAI Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung

1 Rücktritt, 346 ff BGB Eine Darstellung über die Voraussetzungen zur Ausübung des Rücktrittsrechts

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

Ausschluss der Sachmängelhaftung beim Verkauf durch eine Privatperson

ß ñ. Sarah Schneider Sprachdienste s p a n i s c h - d e u t s c h e s S p r a c h b ü r o

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 6. Oktober 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Die optimale Rechtsform für den Versicherungsmakler

Nicht selten legen Kollegen während des Prozesses Ihr Mandat nieder. Dennoch bleiben sie einstweilen Zustellempfänger.

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 3. Juli in dem Rechtsstreit

Stephan Bolz. VOB/B kompakt. 150 Antworten auf die wichtigsten Fragen zur VOB. Aktualisierungsbeilage zur VOB/B 2012 ISBN

Kostenerstattungsanspruch des einzelnen Erwerbers von Wohnungseigentum: Zahlung an Wohnungseigentümer oder an Gemeinschaft?

Prof. Dr. Burkhard Boemke Wintersemester 2011/12. Bürgerliches Recht I. Allgemeiner Teil und Recht der Leistungsstörungen

Die HOAI 2013 Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen

Der ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsvertrag

Vertragsmuster Arbeitsvertrag Freier Mitarbeiter

Das Rücktrittsrecht I

Verträge mit anderen Planern, TU Dresden Verträge mit anderen Planern

Markenvertrag. zwischen der. Gebäudereiniger-Innung Berlin. - Innung - und. dem Innungsmitglied. - Markenmitglied - 1 Zweck der Kollektivmarke

Muster für den Antrag auf Durchführung eines Gütestellenverfahrens

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 25. September in dem Rechtsstreit

B könnte gegen die K-Bau GmbH einen Anspruch auf Nacherfüllung gemäß 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB haben.

Der Ausgleich unter den Gesamtschuldnern Baurechtszirkel

Maklerauftrag für Vermieter

Kauf- und Werkvertragsrecht am Bau

Landesarbeitsgericht Nürnberg BESCHLUSS

.WIEN-Richtlinie zur Beilegung von Streitigkeiten betreffend Registrierungsvoraussetzungen (Eligibility Requirements Dispute Resolution Policy/ERDRP)

Haus und Grundstück im Erbrecht 7: Kündigung und Schönheitsreparaturen bei der Mietwohnung im Erbe

Zwischen. ...,...,... im Folgenden Datenbankhersteller genannt. vertreten durch,,, und. ,,,,, im Folgenden Vertragspartner genannt. vertreten durch,,,

Zivilrecht - BGB Schuldrecht AT_ Übersicht Nr. 3 Seite 1 von 10. Beachte: Schuldnerverzug ist Sonderfall der Pflichtverletzung i.s.d.

Nettopolicen - Honorarberatung - quo vadis?

Netzanschlussvertrag Gas (Entnahme hinter Druckregelung in Mittel- oder Hochdruck)

Freier Mitarbeiter Vertrag

Zwischen. 1. der Firma KUBON Immobilien GmbH, Stau 144, Oldenburg (Auftragnehmer) und. 2. xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx (Auftraggeber)

Unverbindliches Muster für Allgemeine Auftragsbedingungen für Übersetzer Stand: Oktober 2008

Unzulässige Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherkreditverträgen und die Möglichkeiten der Kreditnehmer

Muster eines Sponsoringvertrages für die Stadt Köln

Allgemeine Geschäftsbedingungen der Huth Sport Marketing GmbH

Sachmangel gemäß 434 BGB

Fall: (Obersatz zu den 5 W s )

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. April in dem Rechtsstreit

(1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden.

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Sichere Kapitalanlage in KA-Durlach! Alte Weingartener Straße 46

312a Allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen; Grenzen der Vereinbarung von Entgelten

Allgemeine Geschäftsbedingungen. der

Allgemeine Geschäftsbedingungen Text

Präambel (1) Der Beihilfegeber gewährt dem Beihilfenehmer vorbehaltlich 4 einen nicht rückzahlbaren

DIPL.-JUR. (UNIV.) KATHARINA DEKKER

Allgemeine Geschäftsbedingungen (mit gesetzlichen Kundeninformationen)

GOOGLE BUSINESS PHOTOS VEREINBARUNG ÜBER FOTOGRAFISCHE DIENSTLEISTUNGEN

Allgemeine Geschäftsbedingungen. Onlineshop. Datenblatt. Stand 2015

So bemisst sich die Gebühr beim zweiten Versäumnisurteil nach dem Vollstreckungsbescheid. von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

Allgemeine Geschäftsbedingungen für Bird Like - Designagentur

P A C H T V E R T R A G über die Internet-Domain

Bürgerliches Recht I Prof. Dr. Dr. Burkhard Boemke Boemke. Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene Sommersemester

Charakteristikum des Gutachtenstils: Es wird mit einer Frage begonnen, sodann werden die Voraussetzungen Schritt für Schritt aufgezeigt und erörtert.

Transkript:

RECHTSPRECHUNG IN LEITSÄTZEN I Der Architektenvertrag

- 2 - INHALTSVERZEICHNIS Seite Zustandekommen / Akquisition 3 Vertragsklauseln 5 Vollmacht 7 Kündigung / Folgen 7

- 3 - ZUSTANDEKOMMEN / AKQUISITION BGH, Urteil v. 24.06.1999 VII ZR 196/98; BauR 1999, 1319 Aus der Entgegennahme von Architektenleistungen, die per Fax übermittelt worden sind, kann allein nicht auf den Willen des Empfängers geschlossen werden, ein entsprechendes Angebot anzunehmen. Erforderlich sind vielmehr weitere Umstände, die einen rechtsgeschäftlichen Willen erkennen lassen. BGH, Urteil vom 23.11.2006 VII ZR 110/05 Ingenieurleistungen zur Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) werden nicht allein deshalb Gegenstand eines Ingenieurvertrags über die Vor- und Entwurfsplanung (Leistungsphasen 2 und 3), weil sie einen den weiteren Leistungsphasen notwendig vorangehenden Entwicklungsschritt darstellen oder weil sie tatsächlich erbracht werden. OLG Saarbrücken, Urteil vom 25.05.2003 4 U 417/03 1. Ein Architektenvertrag kann konkludent abgeschlossen werden, etwa durch Erteilung einer Vollmacht zu Verhandlungen gegenüber Behörden verbunden mit einer entsprechenden Tätigkeit des Architekten. Ein Tätigwerden des Architekten genügt hierfür allein noch nicht. Vielmehr ist festzustellen, ob zwischen Bauherr und Architekt ein schuldrechtlicher Bindungswille im Sinne eines Werkvertrages vorhanden ist, oder ob sich die Leistung im honorarfreien Akquisitionsbereich bewegt. 2. Bei Architekten ist davon auszugehen, dass sie üblicherweise nur gegen Entgelt tätig werden. Daher schließt derjenige, der die Leistungen eines Architekten in Anspruch nimmt, regelmäßig zumindest stillschweigend einen Architektenvertrag ab und muss demgemäß mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung rechnen, die gemäß 632 Abs. 1BGB auch dann anzunehmen ist, wenn der Architekt zunächst auf eigene Verantwortung und eigenes Risiko tätig geworden ist. OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.09.2004 17 U 191/01 1. Durch Entgegennahme der Genehmigungsplanung und Einreichung bei der Baubehörde werden alle Leistungen bis einschließlich Leistungsphase 4 konkludent in Auftrag gegeben. 2. Ein prozentualer Honorarabzug für nicht erbrachte Grundleistungen der HOAI ist mit den Grundsätzen zur Rechtsnatur des Architektenvertrages als Werkvertrag nicht vereinbar. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.02.2005 13 U 147/04 1. Verwendet der Bauherr die vom Architekten erbetenen Planungsleistungen zur Einschätzung der Baukosten und insbesondere dazu, eine Entscheidung der Genehmigungsbehörde herbeizuführen, ob Ausnahmen von den Festsetzungen des Bebauungsplans genehmigt werden können, dann kann nicht mehr von Akquisition ausgegangen werden. Ob das betreffende Grundstück bereits erworben ist und die Bebauung jemals realisiert werden kann, steht der Annahme eines Vertragsabschlusses in einem solchen Fall nicht entgegen.

- 4 - Landgericht Stendal, Urteil v. 17.06.1999 22 S 269/98; IBR 2000, 283 Die als unverbindlich bezeichnete Bitte eines Bauherrn an den Architekten, Vorstellungen für ein Bauvorhaben zu übermitteln, ist noch kein Angebot zum Abschluss eines Architektenvertrages. Der Architekt muss diese Bitte entweder zurückweisen oder darauf hinweisen, dass er nur gegen Honorar zu arbeiten bereit sei. Unterlässt der Architekt diese Klarstellung, kann er Honorar nur verlangen, wenn der Bauherr die Leistung zum Gegenstand weiterer Erörterungen macht oder deren Anpassung an seine Vorstellung verlangt. BGH, Urteil v. 05.06.1997 VII ZR 124/96 a) Wird ein Architekt auf Veranlassung des Bauherrn vor Abschluss eines in Aussicht genommenen Vertrages tätig, bedarf es der Prüfung, ob ihm ein Auftrag erteilt oder ob er ohne vertragliche Bindung akquisitorisch tätig ist. Ist ein Auftrag erteilt, ist zu klären, ob und in welcher Höhe eine Vergütung dafür geschuldet ist. b) Die Umstände, nach denen Architektenleistungen nur gegen Vergütung zu erwarten sind, muss der Architekt darlegen und beweisen. OLG Düsseldorf, Urteil v. 08.09.2000 22 U 47/00; IBR 2991, 54 Der Auftragnehmer hat für Arbeiten, die er ohne Auftrag des Auftraggebers ausführt, nur einen Vergütungsanspruch, wenn der Bauherr diese Arbeiten entweder später anerkennt oder die Arbeiten zur Erfüllung des Vertrags (1) notwendig waren und (2) dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen. OLG Dresden, Urteil v. 02.12.1999 9 U 585/99 rechtskräftig durch Nichtannahmebeschluss des BGH vom 05.04.2001 VII ZR 12/00; BauR 11/2001, 1769 Bei der Abgrenzung der bloß akquisitorischen Tätigkeit des Architekten von einem vergütungspflichtigen Architektenvertrag ist auf die Gesamtumstände des Falles abzustellen, u. a. auch darauf, dass der Bauherr nach entsprechenden Verwaltungsvorschriften solche Aufträge nur schriftlich erteilen kann und dabei bestimmte Vertragsmuster verwendet. Der Architekt trägt die Darlegungs- und Beweislast für einen Vertragsabschluss. BGH, Urteil v. 24.06.1999 VII ZR 196/98; BauR 1999, 1319 Aus der Entgegennahme von Architektenleistungen, die per Fax übermittelt worden sind, kann allein nicht auf den Willen des Empfängers geschlossen werden, ein entsprechendes Angebot anzunehmen. Erforderlich sind vielmehr weitere Umstände, die einen rechtsgeschäftlichen Willen erkennen lassen. BGH, Urteil v. 06.04.2000 VII ZR 455/98; DAB 1/2002, HS 9 a) Verpflichtet sich der Erwerber eines Grundstücks im Kaufvertrag, die auf eigenes Risiko erbrachte Baugenehmigungsplanung eines Architekten zu vergüten, ist die Vereinbarung auch dann gemäß Art. 10 3 MietRVerbG (Anm.: Koppelungsverbot) unwirksam, wenn der Erwerber die Planung nicht verwerten muss (im Anschluss an BGH, Urteil v. 07.10.1982 VII ZR 24/82 = BauR 1983, 93 = NJW 1983, 227). Landesberufsgericht der Architekten Stuttgart, Urteil v. 27.09.1994 Beim Architektenvertrag, dessen Inhalt es ist, dem Bauherrn ein Planungskonzept zu entwickeln und es graphisch und rechnerisch darzustellen, erbringt der Architekt Leistungen nach der Leistungsphase 2 Vorplanung des 15 HOAI.

- 5 - OLG Celle, Urteil v. 06.05.1999 22 U 86/98; BauR 6/2000, 932 11. a) Es gibt keinen Anscheinsbeweis dafür, dass ein Bauherr im Allgemeinen den Architekten mit allen zur Durchführung eines Bauvorhabens erforderlichen Leistungen beauftragt. OLG Düsseldorf, Urteil v. 11.02.2000 22 U 133/99; NZBau 2000, 295; IBR 2000, 440 1. Der mit der Vor- und Entwurfsplanung betraute Architekt muss sich zunächst mit der Grundlagenermittlung befassen, sofern diese nicht ausnahmsweise anderweitig erbracht ist, und hat deshalb auch Anspruch auf Honorierung der Leistungsphase 1 des 15 Abs. 1 HOAI. 2. Den Auftrag des Bauherrn, die Bauplanung bis zur Genehmigungsreife zu betreiben, darf der Architekt zugleich als Beauftragung mit der Tragwerksplanung bis zur Leistungsphase 4 des 64 Abs. 3 HOAI verstehen. OLG Dresden, Urteil v. 15.04.1999 9 U 3211/98, BGH, Beschluss v. 26.10.2000 VII ZR 173/99 (Revision nicht angenommen); IBR 2001, 26 1. Bei einer Stufenweisen Beauftragung gemäß 3.1 Abs. 5 RBBau besteht kein Anspruch auf Weiterbeauftragung. 2. Mangels Vorvertrag entfällt ein auf das Erfüllungsinteresse gerichteter Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers (AN). OLG Hamm, Urteil vom 21.06.2001-24 U 100/00, BGH, Beschluss vom 09.01.2003 - VII ZR 288/01 (Revision nicht angenommen) Auch bei Großprojekten ist die Grenze der Akquisitionstätigkeit überschritten, wenn der Investor an den Architekten herantritt und auf die im Rahmen der Vorplanung erbrachte Tätigkeit eine Abschlagszahlung leistet. OLG Bamberg, Urteil vom 28.05.2003 3 U 71/02 1. Das Kopplungsverbot gemäß 3 Satz 1 IngArchLG (Art. 10 3 Satz 1 MRVG) ist nicht nur bei rechtlich verbindlichen Vereinbarungen verletzt, sondern bereits dann, wenn für den Vertragspartner des Architekten ein psychologischer Zwang ausgelöst wird, einen Architektenvertrag zu schließen. 2. Zu Gunsten des Vertragspartners werden Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins angewendet, wenn zwischen dem Architektenvertrag und dem Grundstückskaufsvertrag ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. VERTRAGSKLAUSELN OLG Celle, Urteil v. 25.05.1999 16 U 236/98; BauR 5/2000, 759 1. Die vorformulierte Klausel in einem Architektenvertrag, wonach Gewährleistungsansprüche gegen den Architekten in 2 Jahren beginnend mit der Abnahme des Bauwerks verjähren, ist gemäß 11 Nr. 10 f. AGBG und auch bei Kaufleuten gemäß 9 AGBG unwirksam.

- 6 - OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.10.2006 5 U 100/02 1. Die Klausel: Dauert die Bauausführung länger als 30 Monate, so sind die Parteien verpflichtet, über eine angemessene Erhöhung des Honorars für die Bauüberwachung ( 15 Abs. 2 HOAI Leistungsphase 8) zu verhandeln. Die nachgewiesenen Mehrkosten sind dem Architekten in jedem Fall zu erstatten, es sei denn, dass der Architekt die Bauzeitüberschreitung zu vertreten hat. 2. Bei Verwendung der o.a. Klausel ist die Grundlage zur Ermittlung der Mehrkosten die zur Schadensbestimmung ebenfalls anzuwendende Differenzhypothese, nach der der Schaden in dem Unterschied zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie sich infolge des schadenstiftenden Ereignisses gestaltet hat, und seiner Vermögenslage, wie sie ohne dieses Ereignis bestehen würde, zu sehen ist. Im Hinblick auf die durch Bauverzögerung bedingten Arbeitsstunden sind die Kosten für Arbeitsstunden, die der Auftragnehmer für das Bauvorhaben nach seiner Kalkulation ermittelt hat, den tatsächlich aufgewandten Stunden gegenüberzustellen. 3. Grundsätzlich bestehen keine Bedenken, die Bürokosten als Bestandteil der allgemeinen Geschäftskosten bei der Bemessung der Mehrkosten im Sinne der o.a. Klausel anzusehen. 4. Auf die Zahlungen gemäß der o.a. Klausel fällt Mehrwertsteuer an. BGH, Urteil v. 27.10.1998 X ZR 116/97 1. Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Planungsbüros enthaltene Klausel: Wird aus einem Grund gekündigt, den der Auftraggeber zu vertreten hat, erhält der Auftragnehmer für die ihm übertragenen Leistungen die vereinbarte Vergütung unter Abzug der ersparten Aufwendungen; diese werden auf 40 % der Vergütung für die noch nicht erbrachten Teilleistungen festgelegt. ist auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam. KG, Urteil vom 12.02.2004 4 U 162/02 1. Die Verjährungsfrist für Ansprüche gegen einen Architekten wegen Verletzung seiner Überwachungspflichten beginnt bei Übertragung der Vollarchitektur (Leistungsphasen 1 bis 9 des 15 HOAI) grundsätzlich erst mit Beendigung der Leistungsphasen 9 zu laufen.) 2. Allgemeine Geschäftsbedingungen, nach deren Inhalt die Verjährungsfrist für diese Ansprüche bereits mit Abnahme des Bauwerks zu laufen beginnt, verstoßen gegen 11 Nr. 10 f. des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen a.f. (AGB-Gesetz) (jetzt: 309 Nr. 8 b ff BGB). 3. Anderes kann gelten, wenn die Parteien in dem Architektenvertrag die Möglichkeit von Teilabnahme der Architektenleistungen vereinbart haben, was auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist, und die unter Ziffer 2 genannte Klausel in der Weise ausgelegt werden kann, dass die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche gegen den Architekten wegen eines Überwachungsverschuldens im Rahmen seiner Verpflichtung aus 15 Leitungsphase 8 nach Teilabnahme sämtlicher im Rahmen dieser Leistungsphase erbrachten Architektenleistungen zu laufen beginnt. OLG Köln, Beschluss vom 01.02.2006 11 W /5/06 = NZBau 2006, 317,,Die Vereinbarung eines Zahlungszieles von 90 Tagen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers für eine Werkleistung ist unwirksam.

- 7 - VOLLMACHT OLG Köln, Urteil v. 03.04.1992 19 U 191/91; BauR 2/93, 243 1. Der Bauherr, der einen Architekten mit der Einholung eines Angebots beauftragt, setzt damit gegenüber dem anbietenden Unternehmer nicht den Anschein, der Architekt sei auch zu Auftragsvergabe bevollmächtigt. 2. Erteilt der Architekt ohne Wissen des Bauherrn und ohne dazu bevollmächtigt zu sein, einen Auftrag, haftet der Bauherr auch nicht nach culpa in contrahendo (Anm.: Verschulden bei Vertragsschluss). OLG Düsseldorf, Urteil v. 09.12.1999 12 U 195/98; BauR 8/2000, 1198 Der bauleitende Architekt und seine Mitarbeiter sind im Allgemeinen nicht bevollmächtigt, größere Änderungsaufträge mit erheblichen Kostensteigerungen zu erteilen. Bei notwendig werdenden Änderungen gilt dies gleichermaßen, wenn statt der ausgeführten Änderung (hier: Abtransport und Entsorgung von Mischschutt statt Bauschutt) eine andere Alternative mit erheblich geringeren Kosten (hier: Vorsortierung des Bauschutts vor Ort) möglich gewesen wäre. In diesem Fall besteht auch kein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag. OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.12.2002 21 U 106/02 1. Ein Prüfvermerk unter einer Rechnung stellt grundsätzlich kein Anerkenntnis der Richtigkeit der berechneten Leitungen dar; ihm kommt kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswille zu. OLG Stuttgart, Urteil vom 31.05.2005 5 U 98/2001 BGH, Beschluss vom 27.05.2004 VII ZR 243/02 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) 1. Ein Architekt ist grundsätzlich nicht bevollmächtigt, Anschlussaufträge an Unternehmer zu vergebe. 2. Dem Auftraggeber ist es jedoch verwehrt, sich auf die fehlende Vollmacht des Architekten zu berufen, wenn er weiß, dass der Unternehmer im Vertrauen auf den (unwirksamen) Anschlussauftrag die Arbeiten ausführt und er dem nicht widerspricht. KÜNDIGUNG / FOLGEN OLG Köln, Urteil v. 28.04.1999 17 U 84/98; IBR 2000, 447 1. Wird nach Überarbeitung einer nicht genehmigten Planung durch den Architekten die Baugenehmigung erneut versagt, kann der Bauherr den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen. 2. Dem Architekten steht in diesem Fall ein Honorar nur für die ausgeführten brauchbaren Leistungen zu. Eine Überzahlung hat er an den Bauherrn zurückzuzahlen. OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.07.2004 14 U 69/02 1. Senkt der Architekt trotz Aufforderung die Baukosten nicht auf das vom Auftraggeber vorgegebene Niveau, berechtigt dies zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung aus wichtigem Grund. 2. Soweit die Architektenleistungen für den Auftraggeber nicht unbrauchbar sind, entfällt (jeglicher) Honoraranspruch des Architekten. Nicht nutzbare Aufwendungen sowie etwaige Abschlagszahlungen kann der Bauherr erstattet verlangen.

- 8 - OLG Celle, Urteil vom 16.12.2004 5 U 71/04 1. Dem Auftraggeber steht ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund wegen positiver Vertragsverletzung zu, wenn der Auftragnehmer im Rahmen der technischen Bearbeitung von vertraglichen Vorgaben abweicht. 2. Ein Vertragspartner, der erklärt, sich an vertragliche Leistungsverpflichtungen nicht halten zu wollen, sondern diese nach eigener Vorstellung durch eine andere Leistung zu ersetzen beabsichtigt, ist für einen Auftraggeber nicht akzeptabel. OLG Koblenz, Urteil vom 08.03.2007 5 U 877/06 (nicht rechtskräftig) 1. Auch bei fehlender Vereinbarung einer Kostenobergrenze ist der Architekt verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen. 2. Der Architektenvertrag ist außerordentlich kündbar, wenn das Vertrauensverhältnis erschüttert ist. Das kann dann der Fall sein, wenn der Architekt finanzielle und zeitliche Vorgaben des Auftraggebers nicht einhält, mit ihm und dem Erschließungsträger nicht kooperiert und sich zu persönlichen verbalen Angriffen hinreißen lässt. 3. Der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund muss weder eine Abmahnung noch eine Fristsetzung vorausgehen. 4. Kündigt der Bauherr den Vertrag aus wichtigem Grund, steht dem Architekten nur ein den tatsächlichen Leistungen entsprechender Gebührenanteil zu. Der Auftraggeber schuldet kein (Teil-)Honorar für die noch ausstehenden Arbeiten, weil 649 Satz 2 BGB nicht anwendbar ist. OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.04.2005 17 U 217/04 = NZBau 2006.50 Äußert ein Projektsteuerer gegenüber Dritten, dass der Auftraggeber seine Auftraggeberpflichten gegenüber dem Projektsteuerer und gegenüber Dritten nicht einhält, berechtigt dies den Auftraggeber in der Regel zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. LG Berlin, Urteil vom 06.04.2005 11 O 143/02 Kleinere Mängel in der Planungsleistung des Architekten, die durch wenig aufwendige Nachbesserungen behoben werden können, geben dem Auftraggeber keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Auftragverhältnisses zur Hand, solange die Planungsleistung des Architekten trotz der Mängel genehmigungsfähig bleibt. Ebenso kann sich der Auftraggeber nicht auf eine Überschreitung des Zeit- oder Kostenrahmens durch den Architekten berufen, sofern nicht ein genauer Rahmen vorgegeben war und die Überschreitung nur unwesentlich ist. BGH, Urteil v. 04.05.2000 VII ZR 53/99; BauR 2000, 1182; IBR 2000, 426 Dem Auftraggeber kann ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zustehen, wenn von vornherein feststeht, dass der Auftragnehmer eine Vertragsfrist aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht einhalten wird und die Vertragsverletzung von so erheblichem Gewicht ist, dass eine Fortsetzung des Vertrages mit dem Auftragnehmer nicht zumutbar ist.

- 9 - OLG Celle, Versäumnisurteil v. 16.07.1998 14 U 198/97; BauR 2/99, 191 1. Macht der Inhaber eines Ein-Mann-Architekturbüros ohne Personalkosten nach Kündigung des Architektenvertrages durch den Auftraggeber seinen Honoraranspruch für nicht erbrachte Leistungen für Teile der Leistungsphase 8 geltend, bedarf es zur schlüssigen Darlegung der Klageforderung weder der Vorlage einer Nachkalkulation für das konkrete Vertragsverhältnis noch der Angabe der für das Büro des Architekten maßgeblichen, durchschnittlichen Prozentsätze von Personalkosten, Bürokosten und Rohgewinn für das betreffende Geschäftsjahr. 2. Für den Ausschluss anderweitiger Verwendung der Arbeitskraft i. S. des 649 BGB reicht es für schlüssigen Vortrag aus, wenn der Kläger behauptet, keine Füllaufträge (Ersatzaufträge) hereinbekommen zu haben. OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.12.2000 21 U 38/00; BauR 2001, 434; IBR 2001, 209 Dem Architekten / Ingenieur steht auch im Falle unberechtigter Kündigung des Vertrages durch ihn der Honoraranspruch für die bis zur Kündigung erbrachten und vom Auftraggeber verwerteten Leistungen zu. Dies gilt auch für einzelne Teilleistungen von Leistungsphasen, also nicht nur für vollständig erbrachte Leistungsphasen. OLG Hamm, Urteil v. 11.08.1999 12 U 100/98; NZBau 8/2000, 389 2. Eine Aufklärungspflicht des Architekten über die Höhe seines voraussichtlichen Honorars besteht nur in Ausnahmefällen, etwa wenn der Auftraggeber nach den voraussichtlichen Kosten fragt oder er erkennbar völlig falsche Vorstellungen über die Höhe der anfallenden Kosten hat. 4. Die Verletzung der Aufklärungs- und Hinweispflichten des Architekten über seine Honorarhöhe berechtigt den Auftraggeber zur Kündigung des Architektenvertrags aus wichtigem Grund mit der Folge, dass der Architekt keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn hat. BGH, Urteil v. 21.12.2000 VII ZR 488/99 Der Architekt bleibt auch nach einer Kündigung grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, Mängel seiner bis zur Kündigung erbrachten Planung nachzubessern. BGH, Urteil v. 27.10.1998 X ZR 116/97 1. Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Planungsbüros enthaltene Klausel: Wird aus einem Grund gekündigt, den der Auftraggeber zu vertreten hat, erhält der Auftragnehmer für die ihm übertragenen Leistungen die vereinbarte Vergütung unter Abzug der ersparten Aufwendungen; diese werden auf 40 % der Vergütung für die noch nicht erbrachten Teilleistungen festgelegt, ist auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam. OLG Frankfurt, Urteil v. 15.04.1994 22 U 199/92 Der Architekt darf die Leistungsphase 5 aus 15 Abs. 2 HOAI (Ausführungsplanung) nach der Kostenberechnung abrechnen, wenn er infolge Kündigung und Nichtdurchführung des Bauvorhabens diese Ausführungsplanung nicht mehr erbringt.

- 10 - OLG Düsseldorf, Urteil v. 23.10.1995 22 U 189/94 Wird das Vertragsverhältnis des Architekten in Leistungsphase 8 gekündigt und ist in diesem Zeitpunkt die Kostenfeststellung noch nicht fertig gestellt, ist der Architekt zur Herbeiführung der Fälligkeit seiner Vergütungsforderung nicht verpflichtet, die noch fehlende Kostenfeststellung zu fertigen. Vielmehr kann er seine Abrechnung im Kostenanschlag zugrunde legen. OLG Celle, Urteil vom 27.03.2003 14 U 19/02 Ein wichtiger Grund zur Kündigung des Architektenvertrages liegt dann nicht vor, wenn der Bauherr zögerliche und unvollständige Bearbeitung kritisiert, ohne den Architekten zuvor zur Nachbesserung aufgefordert zu haben. Stand: 01/2008