Bau- und Architektenrecht aktuell



Ähnliche Dokumente
Verjährungsfalle Gewährleistungsbürgschaft. -Unterschiedliche Verjährungsfristen für Mängelansprüche und Ansprüche aus der Gewährleistungsbürgschaft

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

Kostenerstattungsanspruch des einzelnen Erwerbers von Wohnungseigentum: Zahlung an Wohnungseigentümer oder an Gemeinschaft?

GPA-Mitteilung Bau 5/2002

Haus und Grundstück im Erbrecht 7: Kündigung und Schönheitsreparaturen bei der Mietwohnung im Erbe

BGH (+) da es erforderlich und zweckmäßig war einen Detektiv einzusetzen.

Bürgerliches Recht I Prof. Dr. Dr. Burkhard Boemke Boemke. Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene Sommersemester

1 Rücktritt, 346 ff BGB Eine Darstellung über die Voraussetzungen zur Ausübung des Rücktrittsrechts

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 27. März in dem Rechtsstreit

Ende von Vertragsbeziehungen

Sachmangel gemäß 434 BGB

Datenschutz. Follow Up: Hohes Bußgeld für unberechtigte Kundendatenübernahme beim Asset Deal Der Wortlaut des Bußgeldbescheids.

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 25. September in dem Rechtsstreit

2. Gesellschafterhaftung, 128 HGB

Praxis des Mietrechts. I. Sanktionsmöglichkeiten des Vermieters bei vertragswidrigem Gebrauch. 1. Unterlassungsanspruch, 541 BGB (lex speciales

EuGH entscheidet über die Vergabepflichtigkeit

O B E R L A N D E S G E R I C H T M Ü N C H E N

B könnte gegen die K-Bau GmbH einen Anspruch auf Nacherfüllung gemäß 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB haben.

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 6. Oktober 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Stephan Bolz. VOB/B kompakt. 150 Antworten auf die wichtigsten Fragen zur VOB. Aktualisierungsbeilage zur VOB/B 2012 ISBN

ENTWURF. Neue Fassung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages

Examensklausurenkurs im Zivilrecht ZR 9

4 Ta 53/09 Chemnitz, (4) Ca 1424/07 ArbG Zwickau BESCHLUSS. In dem Rechtsstreit

Mustervertrag für Forschungs- und Entwicklungsaufträge der Technischen Universität Clausthal. Vom 10. März 2004 (Mitt. TUC 2004, Seite 165)

Gläubigerverzug und Zurückbehaltungsrechte

Lösung Fall 8 Anspruch des L auf Lieferung von Panini á 2,-

HAFTUNG AUS FEHLERHAFTEN GUTACHTEN

Urteil des OLG Oldenburg:

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 24. Januar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 3. Juli in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 13. Juli in der Rechtsbeschwerdesache

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Professor Dr. Peter Krebs

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX Z A 16/14. vom. 18. September in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. April in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 11. Mai 2006 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

DNotI. Dokumentnummer: 7u76_04 letzte Aktualisierung: OLG Rostock, U 76/04. EGBGB Art a Abs. 1 S.

Auswirkungen der Güterstände auf das Erbrecht eingetragener Lebenspartner

Haftung des Telearbeiters gegenüber dem Arbeitgeber

Im Folgenden werden einige typische Fallkonstellationen beschrieben, in denen das Gesetz den Betroffenen in der GKV hilft:

Lösungsstichworte zu den Handelsregister-Fällen. Zu Fall 1: Anspruch des K gegen V auf Lieferung des Safts ( 433 I BGB)

RECHT AKTUELL. GKS-Rechtsanwalt Florian Hupperts informiert über aktuelle Probleme aus dem Beamten- und Disziplinarrecht

Der ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsvertrag

Wann kann ein Bauunternehmer Stopp sagen! (Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers)

PV-Anlagen: Welche Mängelrechte bestehen und wie müssen sie (rechtzeitig) geltend gemacht werden?

Nicht selten legen Kollegen während des Prozesses Ihr Mandat nieder. Dennoch bleiben sie einstweilen Zustellempfänger.

Kurzinformation zu Patientenverfügung

Übung im Zivilrecht für Anfänger Übungsstunde am Besprechungsfall. Prof. Dr. Thomas Rüfner

Allgemeine Geschäftsbedingungen. Präambel

Der Ausgleich unter den Gesamtschuldnern Baurechtszirkel

Forderungssicherung für den Werkunternehmer

Beschluss. Thüringer Oberlandesgericht. Az.: 1 W 141/14 3 O 508/11 LG Meiningen. In Sachen I P. - Beklagter -

a) Bis zu welchem Datum müssen sie spätestens ihre jetzigen Wohnungen gekündigt haben, wenn sie selber keine Nachmieter suchen wollen?

Stock Aders + Partner

1. Wie kann ich eine Rückerstattung aus der Steuerkorrektur geltend machen?

11. Pantaenius-Immobilientagung in Hamburg

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Das Rücktrittsrecht I

Übersicht zu den möglichen Vorgehensweisen von Patienten bei Zahnarztsachen

Fall 3. Ausgangsfall:

Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten. Wenn ein Pflichtteilsanspruch besteht, muss dieser auch durchgesetzt werden können.

Kauf- und Werkvertragsrecht am Bau

Rechtliche Aspekte der Energieberatung

Umsatzsteuer Wichtige Neuerungen: Wer schuldet die Steuer bei Bauleistungen?

Kabelschäden in der Haupteinfahrt: Mangelnde Bauüberwachung!!! Elektromeister Dipl.-Ing. (FH)

geben. Die Wahrscheinlichkeit von 100% ist hier demnach nur der Gehen wir einmal davon aus, dass die von uns angenommenen

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

Widerrufrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. 9. Dezember in dem Rechtsstreit. ZPO 544; GKVerz Nr. 1230, Nr. 1242; RVG VV Nr. 3206, Nr. 3506

Aufbau- und Vertiefung Fall 9 I

6. Fall Geschäftsführung ohne Auftrag???

Fall 12. Lösungsskizze Fall 12

Wie schätze ich die Kosten realistisch ein?

Wie funktioniert ein Mieterhöhungsverlangen?

Ihr Mandant möchte einen neuen Gesellschafter aufnehmen. In welcher Höhe wäre eine Vergütung inklusive Tantieme steuerrechtlich zulässig?

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

Aktuelle Urteile und Rechtsfälle. 27. Februar 2014

Fallen bei Erfüllung, der durch den Dienstvertrag festgelegten Leistungen, Reisen- und Übernachtungskosten an, werden diese entsprechend des Anfalls

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 13. September in dem Rechtsstreit

Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen (vom 30. März 2000)

Rechtliche Neuerungen. Informationspflichten und Widerrufsrecht bei Architekten- und Planungsverträgen mit Verbrauchern

Gekündigter Bauvertrag Abnahme und Aufmaß erforderlich

Tarifvertrag zur sozialen Absicherung (TVsA)

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 11. Februar in dem Rechtsstreit

M e r k b l a t t. Neues Verbrauchervertragsrecht 2014: Beispiele für Widerrufsbelehrungen

ÜMG-Mitgliederversammlung. Arnold Neuhaus Rechtsanwalt Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

10 Bundesverkehrsministerium verstößt gegen haushaltsrechtliche Vorschriften und unterrichtet den Haushaltsausschuss unzutreffend

Ratgeber: Kündigung. Qualität durch Fortbildung Fortbildungszertifikat der Bundesrechtsanwaltskammer

Das Recht auf Ersatz des Mangelfolgeschadens

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

V ist reicher Erbe und verwaltet das von seinem Vater geerbte Vermögen. Immobilien oder GmbH-Anteile gehören nicht hierzu.

Rechtsanwalt. Arbeitsverhältnis

Eine Anrechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes unterbleibt.

Stammkunden, bei denen keine Zahlungsrückstände bestehen, können auch per Lastschrift zahlen.

Unzulässige Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherkreditverträgen und die Möglichkeiten der Kreditnehmer

Lösung Fall 23. Anspruch des G gegen S auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus 1147, 1192 Abs.1 BGB

Vereinbarung über privatzahnärztliche Leistungen bei der kieferorthopädischen Behandlung

AMTSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. Oktober in der Patentnichtigkeitssache

Transkript:

Der Frühling bringt nicht nur neue Blüten, sondern auch neue Gerichtsentscheidungen. Einige Urteile und Beschlüsse, die wir für Ihre praktische Arbeit für bedeutsam halten, haben wir für Sie ausgewählt. Zwei Urteile des BGH und des OLG Jena befassen sich mit einer Sicherheit nach 648 a BGB. Die Entscheidungen zeigen, dass auch im Falle einer streitigen außerordentlichen Kündigung und einer zu gering bemessenen Sicherheit das Interesse des Auftragnehmers, Sicherheit zu erlangen, effektiv zu schützen ist. Kein Ersatz von Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln ohne angemessene Frist zur Nacherfüllung! Auf diesen Grundsatz kann gar nicht oft genug hingewiesen werden dieses Mal vom OLG München. Das OLG München befasst sich außerdem in einem weiteren Urteil mit einem in der Praxis immer wieder vorkommenden Thema: der Kenntnis von Mängeln bei der Abnahme und dem daraus resultierenden Verlust von Mangelrechten. Auch zur Architektenhaftung gibt es neue Entscheidungen. Zum einen hat wiederum das OLG München festgestellt, dass der Auftraggeber nicht mit einem Werk leben muss, das mit einem Restrisiko behaftet ist; das Gericht hat dem Auftraggeber daher einen Anspruch auf Abriss und Neuherstellung zugesprochen, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, um dauerhaft ein mangelfreies und funktionstaugliches Werk herzustellen. Eine gute Nachricht für Entwurfsplaner enthält das Urteil des OLG Köln. Das Gericht hat die Klage gegen einen Genehmigungsplaner abgewiesen, von dessen Vorgaben in der Ausführungsplanung abgewichen wurde. Zuletzt möchten wir auf ein Urteil des Landgerichts Mainz hinweisen, weil es die Vorgaben des BGH zu den Nachunternehmerkosten bei verzögerter Zuschlagserteilung gut nachvollziehbar umsetzt. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. Wie immer gilt: Haben Sie Fragen? Fragen Sie uns! avocado rechtsanwälte spichernstraße 75 77 50672 köln t +49 221 390710 f +49 221 39071-29 köln@avocado.de www.avocado.de 1

Bauhandwerkersicherung nach Kündigung des Bauvertrages Auch nach einer außerordentlichen Kündigung des Bauvertrages durch den Besteller hat der Auftragnehmer einen Anspruch auf eine Sicherheit nach 648 a BGB. Der Unternehmer kann jedoch keine Sicherheit mehr in Höhe der ursprünglich vereinbarten Vergütung fordern, sondern muss die ihm nach der Kündigung regelmäßig geringere Vergütung schlüssig berechnen (BGH, Urteil vom 06.03. VII ZR 349/12; bisher liegt nur die Pressemitteilung des BGH Nr. 45/ vor). Der Auftraggeber hatte den Auftragnehmer mit der Ausführung von Bauarbeiten beauftragt. Er kündigte das Vertragsverhältnis wegen Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften mit sofortiger Wirkung. Der Auftragnehmer hielt die Kündigung für unwirksam und berechnete neben der Vergütung für die erbrachten Leistungen auch entgangenen Gewinn für die nicht erbrachten Leistungen. Der Auftragnehmer forderte eine Bauhandwerkersicherung sowohl für die erbrachten Leistungen als auch für den entgangenen Gewinn. Der BGH hat entschieden, dass der Unternehmer auch nach einer Kündigung des Bauvertrages gemäß 648 a Abs. 1 BGB eine Sicherheit für die noch nicht bezahlte Vergütung verlangen kann. Allerdings kann der Unternehmer keine Sicherheit mehr in Höhe der ursprünglich vereinbarten Vergütung fordern, da die ihm nach der Kündigung zustehende Vergütung regelmäßig geringer ist. Er muss die ihm zustehende Vergütung daher schlüssig berechnen. Einwendungen des Auftraggebers gegen diese schlüssige Berechnung der Vergütung, die den Rechtsstreit verzögern würden, sind nicht zugelassen. Wären sie zugelassen, wäre der Unternehmer nicht effektiv geschützt, weil er während des Rechtsstreits ohne Sicherung wäre. Trotz der damit verbundenen Nachteile muss es der Auftraggeber hinnehmen, dass es möglicherweise zu einer Übersicherung kommt. Sind die zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigenden Gründe streitig und würde deren Aufklärung den Rechtsstreit verzögern, ist für die Höhe der zu sichernden Vergütung von einer freien Kündigung auszugehen. Der Unternehmer kann damit regelmäßig eine höhere Sicherheit verlangen, weil ihm auch eine Sicherung der Vergütung für nicht erbrachte Leistungen nach 649 Satz 2 BGB und 2

nicht nur für die erbrachten Leistungen wie im Falle einer außerordentlichen Kündigung zusteht. Der Auftragnehmer hat seinen Vergütungsanspruch gemäß 649 Satz 2 BGB schlüssig darzulegen und dabei die Vergütung für die erbrachten Leistungen und für die nicht erbrachten Leistungen abzurechnen. Komplette Leistungsverweigerung bei zu geringer Sicherheit nach 648 a BGB Der Auftragnehmer darf seine Leistung in vollem Umfang zurückhalten, wenn der Auftraggeber keine ausreichende Sicherheit gemäß 648 a BGB stellt (OLG Jena, Urteil vom 19.12.2012 2 U 34/12; BGH, Beschluss vom 07.11.2013 VII ZR 7/13 Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen). In diesem Fall besteht das Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers nicht nur anteilig bis zum Erreichen eines Leistungsstandes, der der Bürgschaftshöhe entspricht. Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit Bauarbeiten. Bereits vor Aufnahme der Arbeiten forderte der Auftragnehmer gemäß 648 a BGB eine Bürgschaft für den Hauptauftrag und den von ihm angekündigten Nachtrag. Der Auftraggeber stellte für den Hauptauftrag eine Bürgschaft über 72.678,24 Euro. Später kündigte er den Bauvertrag und machte Mehrkosten der Fertigstellung geltend. Der Auftragnehmer verteidigte sich damit, dass die Bürgschaft für den Hauptauftrag zu gering gewesen sei. Dem widersprach der Auftraggeber und stellte sich auf den Standpunkt, dass der Auftragnehmer jedenfalls die Leistungen bis zum Erreichen des Leistungsstandes hätte erbringen müssen, der der Höhe der gesicherten Forderung entsprach. Das OLG Jena ist davon ausgegangen, dass der Auftragnehmer nicht verpflichtet war, die Arbeit aufzunehmen und Teilleistungen zu erbringen. Nach 648 a BGB (in der bis zum 01.01.2009 geltenden Fassung) habe der Werkunternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht. Er hätte nach der damaligen Gesetzeslage auch eine Nachfrist setzen können, nach deren Ablauf der Vertrag dann als aufgehoben gegolten hätte. Mit dieser Gesetzeslage sei 3

es nach Auffassung des Gerichts nicht in Einklang zu bringen, wenn er zuvor den Vertrag noch teilweise erfüllen müsse. Ob dies auch dann gilt, wenn nur ein geringfügiger Restbetrag fehlt, hat das Gericht nicht entschieden. Die Entscheidung ist auch nach der Neufassung des 648 a BGB relevant. Auch hier kann sich der Auftragnehmer auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen, wenn keine ausreichende Sicherheit gestellt wurde. Mängelbeseitigungsaufforderung immer mit Fristsetzung Ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln setzt grundsätzlich voraus, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Auftraggeber erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit und Fähigkeit des Auftragnehmers hat (OLG München, Urteil vom 13.03.2012 9 U 2658/11; BGH, Beschluss vom 07.11.2013 7 ZR 96/12 Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen). Der Auftraggeber hatte den Auftragnehmer mit der Erneuerung einer Heizungsanlage beauftragt. Im Abnahmetermin hat ein Privatgutachter Mängel an der Heizungsanlage gerügt. Mit Schreiben vom 25.06.2009 verlangte der Auftraggeber die Durchführung eines Abnahmetermins und kündigte zugleich an, dass er sich die Geltendmachung weiterer Rechte vorbehalten, wenn beim Abnahmetermin Mängel festgestellt werden. Mit Schreiben vom 15.08.2009 übersandte der Auftraggeber dem Auftragnehmer das Gutachten, kündigte den Vertrag fristlos und kündigte an, dass die Mängelbeseitigung von einem anderen Unternehmer ausgeführt werde. Die Ersatzvornahme wurde bereits Ende August 2009 ausgeführt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts München liegen die Voraussetzungen für die Erstattung der Selbstvornahmekosten nicht vor, da der Auftraggeber die nach 637 Abs. 1 BGB erforderliche Frist zur Nacherfüllung nicht gesetzt hat. Die Fristsetzung stelle eine eindringliche Mahnung dar, dass nunmehr spätestens innerhalb der Frist die Mängel beseitigt werden müssten. Erst nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung könne der Auftraggeber die sekundären Mängelrechte geltend machen. Diese Anforderun- 4

gen erfülle das Schreiben des Auftraggebers vom 25.06.2009 nicht, da es keine Fristsetzung enthalte, sondern sich der Auftraggeber lediglich die Geltendmachung weiterer Rechte vorbehalten habe. Eine Fristsetzung sei vorliegend auch nicht entbehrlich gewesen. Ein substantiierter Sachvortrag, wann der Auftragnehmer hinsichtlich welcher Mängel welche Mangelbeseitigungsarbeiten erfolglos durchgeführt habe, fehlte. Es könne daher weder von einer endgültigen Verweigerung der Nacherfüllung noch von einer Unzumutbarkeit der Nachbesserung ausgegangen werden. Nur die positive Kenntnis von Mängeln bei der Abnahme führt zum Verlust der Mängelansprüche Nimmt der Auftraggeber in positiver Kenntnis des Mangels die vorbehaltlose Abnahme vor, sind seine Mängelrechte nach 640 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Nicht ausreichend für den Verlust der Gewährleistungsrechte ist ein bloßes Kennenmüssen des Mangels. Das hat aktuell das OLG München (Beschluss vom 08.02.2012 13 U 2928/11Bau; BGH, Beschluss vom 09.01. VII ZR 75/12 Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen) entschieden. Der Auftragnehmer war mit Fenster- und Türarbeiten beauftragt. Bei der Abnahme hatte der Auftraggeber keine Mängel gerügt. Der Auftragnehmer trug im Rechtsstreit vor, dass die vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten Mängel bei der Abnahme für den Auftraggeber klar erkennbar gewesen seien und er demnach keine Mängelrechte mehr geltend machen könne. Das Oberlandesgericht München stellt klar, dass ein Ausschluss der Mängelrechte aufgrund einer vorbehaltlosen Abnahme ( 640 Abs. 2 BGB) nur in Betracht komme, wenn der Auftraggeber in positiver Kenntnis des Mangels die Abnahme vornehme. Bloß fahrlässige Kenntnis des Mangels reiche dagegen für den Verlust der Gewährleistungsrechte nicht aus. Anmerkung: Die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis des Auftraggebers trägt der Auftragnehmer. 5

Abdichtung mangelhaft: Abriss und Neuherstellung Der Architekt schuldet ein dauerhaft mangelfreies und funktionstaugliches Werk und keine Werkleistung, die mit einem Restrisiko behaftet ist. Auf eine Nachbesserung, bei der nicht feststeht, dass sich tatsächlich ein dichtes Bauwerk herstellen lässt, muss sich der Auftraggeber nicht einlassen. Ist ein bereits errichtetes Bauwerk nicht nachbesserungsfähig, kann eine Mangelbeseitigung durch Neuherstellung erfolgen. In diesem Fall ist der Schaden des Auftraggebers nach den Kosten zu bemessen, die bei Abriss und Neuherstellung des mangelhaften Bauwerks anfallen (OLG München, Beschluss vom 22.02.2012 9 U 3562/11; BGH, Beschluss vom 30.10.2013 VII ZR 71/12 Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen). Der Architekt plante eine Tiefgarage mit beheizbarer Tiefgaragenrampe, deren Bodenplatte gegen drückendes Wasser abzudichten war. Die Heizung sollte direkt in die Bodenplatte eingebaut werden. Es kam zu Wassereinbrüchen in die Rampe. Sonst übliche nachträgliche Abdichtungsmaßnahmen schieden aus, weil sie die Heizung zerstört oder mangels erfolgter Rissbreitenbeschränkung keine sichere Abdichtung gewährleistet hätten. Der Architekt haftet auf Schadensersatz in Höhe der Kosten für den Abriss und die Neuherstellung der Tiefgaragenrampe. Er schuldet ein dauerhaft mangelfreies und funktionstaugliches Werk. Auf eine Nachbesserung, für welche nicht sicher prognostiziert werden kann, dass tatsächlich ein dichtes Bauwerk entsteht, braucht sich der Besteller nicht einzulassen. Dabei kann es nach Auffassung des Gerichts dahinstehen, ob die Rampe mittels nachträglicher Innenwand und zweiter Bodenplatte abgedichtet werden könnte, denn eine solche Maßnahme weiche eklatant von den vertraglichen Vereinbarungen ab und laufe auf eine Vertragsänderung hinaus, die vom Besteller deshalb nicht akzeptiert werden müsse. Der Besteller könne darauf bestehen, dass alle Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung durch die Nachbesserung erfüllt werden. 6

Keine Haftung des Entwurfsplaners für Mängel der abweichenden Ausführungsplanung Die Mangelhaftigkeit einer Tiefgaragenzufahrt in der Genehmigungsplanung kann dahinstehen, wenn es am Kausalzusammenhang zwischen der Genehmigungsplanung und dem eingetretenen Schaden fehlt, weil die Tiefgaragenzufahrt entsprechend der mangelhaften Ausführungsplanung mangelhaft errichtet wurde (OLG Köln, Urteil vom 30.09.2013 7 U 32/13). Ein Bauträger beauftragte einen Architekten mit der Genehmigungsplanung für zwei Gebäude nebst Tiefgarage und einen anderen Architekten mit der Ausführungsplanung. Die Genehmigungsplanung sah eine Rampe mit einer Länge von 11,31 m ohne durchgängiges Gefälle und ohne durchgängige Wendelung vor. Die Zufahrt wurde aber entsprechend der abweichenden Ausführungsplanung errichtet. Die Ausführungsplanung sah eine durchgängige, um eine Kurve verlaufende Rampe mit einer Länge von 11,11 m vor. Das OLG Köln wies die Klage gegen den Genehmigungsplaner ab. Nach Auffassung des Gerichts könne es dahinstehen, ob die Genehmigungsplanung fehlerhaft sei, weil es an der notwendigen Kausalität zwischen der Genehmigungsplanung und dem eingetretenen Schaden in Gestalt der mangelhaften Tiefgaragenzufahrt fehle. Die Genehmigungsplanung habe sich nicht auf die nachfolgende Ausführungsplanung und die nach der Ausführungsplanung erfolgte mangelhafte Ausführung der Zufahrt ausgewirkt. Ein Vergleich der Genehmigungsplanung mit der Ausführungsplanung zeige, dass beide erhebliche Unterschiede aufwiesen und der Ausführungsplanung ein neues planerisches Konzept zugrunde liege, das alleine zum Schaden geführt habe. Das Urteil des OLG Köln hat für Genehmigungsplaner erhebliche Bedeutung, da in der Praxis häufig von ihrer Planung abgewichen wird. 7

Verzögerte Zuschlagserteilung: Kosten anderer Nachunternehmer Das LG Mainz setzt in seinem Urteil vom 30.10.2013 (Az.: 9 O 42/11) die Grundsätze des BGH zur Berechnung des Mehrvergütungsanspruchs bei verzögerter Zuschlagserteilung nachvollziehbar um. Der BGH stellt bei der Berechnung des Mehrvergütungsanspruchs nicht auf die Angebotspreise ab, sondern auf die (hypothetischen) Preise, die bei Einhaltung der geplanten Bauzeit hätten gezahlt werden müssen. Dabei sind nur die Mehrkosten zu berücksichtigen, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind. Der Bezeichnung freibleibend im Nachunternehmerangebot kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu, zumal wenn der Zusatz üblicherweise erfolgt, sich die Firma aber gleichwohl an ihre Angebote gebunden fühlt. In einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren erhielt der Auftragnehmer wegen eines Nachprüfungsverfahrens den Zuschlag ein halbes Jahr später. Der Auftragnehmer machte Mehrvergütungsansprüche wegen verschobener Bauzeit geltend. Er begründete seinen Anspruch mit einem anderweitigen, teureren Nachunternehmereinsatz, weil die ursprünglichen Nachunternehmer in der verschobenen Ausführungszeit nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten. Alle Nachunternehmerangebote waren freibleibend. Das Landgericht Mainz setzt die Vorgaben aus den BGH-Urteilen vom 11.05.2009 (Az.: VII ZR 11/08), vom 10.09.2009 (Az.: VII ZR 152/08) und 08.03.2012 (Az.: VII ZR 202/09) zu Mehrvergütungsansprüchen entsprechend 2 Abs. 5 VOB/B wegen verzögerter Zuschlagserteilung um. Danach berechnet sich ein Mehrvergütungsanspruch aus der Differenz der Kosten, die dem Auftragnehmer bei Ausführung der Leistung im ausgeschriebenen Zeitraum entstanden wären, im Vergleich zu denjenigen Kosten, die im nun verschobenen Ausführungszeitraum entstanden sind. Für die hypothetischen Nachunternehmer-Soll-Kosten, die bei einer Ausführung in der ursprünglichen Bauzeit entstanden wären, ist nicht die Angebotskalkulation des Auftragnehmers maßgebend, sondern das konkrete Nachunternehmerangebot. Zu den Kosten gemäß Nachunternehmerangeboten hat das Landgericht eine Beweisaufnahme 8

durchgeführt, in der die Nachunternehmer einen Vertragsschluss zur ursprünglich Bauzeit mit einem Nachlass aufgrund der damaligen schlechten Auftragslage bestätigten. Außerdem ergab die Beweisaufnahme, dass der Hinweis freibleibend in den Nachunternehmerangeboten immer erfolgte, sich die Nachunternehmer aber daran gebunden gefühlt hätten, wenn der Bieter rechtzeitig den Zuschlag erhalten hätte. 9

Impressum avocado rechtsanwälte spichernstraße 75 77 50672 köln t +49 [0]221.39071-0 f +49 [0]221.3907-129 koeln@avocado.de www.avocado.de www.brak.de ust-id-nr. de 814 17 29 76 steuer nr. 13/225/62722 fa berlin-charlottenburg avocado rechtsanwälte ist eine eingetragene dienstleistungsmarke der berger, figgen, gerhold, kaminski, voß rechtsanwälte part mbb. die partnerschaft sowie deren partner sind im partnerschaftsregister des amtsgerichts berlin-charlottenburg unter pr 331 b eingetragen. salary partner, counsel, of counsel und associates sind nicht partner der partnerschaftsgesellschaft. Verantwortlich für den Inhalt des Newsletters sind: Markus Figgen Saskia Barth 10