Klausurenkurs zur Examensvorbereitung im Strafrecht. Vorlesungsfreie Zeit Sommer Klausur / Die Beute. Lösung

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Transkript:

Prof. Dr. Wolfgang Mitsch Universität Potsdam Klausurenkurs zur Examensvorbereitung im Strafrecht Vorlesungsfreie Zeit Sommer 2011 1. Klausur / 5.8.2011 Die Beute Lösung I. Einstellung aus prozessrechtlichen Gründen Ein prozessrechtlicher Grund für die Einstellung des Verfahrens könnte sein, dass Teile des Sachverhalts, auf deren Grundlage eine Strafbarkeit der A begründet sein könnte, gar nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Denn laut Sachverhalt (am Anfang) wirft die Anklage der A Beteiligung an dem Raubüberfall vor. Ob davon auch noch die Vorgänge nach Verlassen der Drogerie erfasst sind, ist eine Frage des prozessualen Tatbegriffs ( 264 StPO). Wenn diese Sachverhaltsteile Komponenten einer einheitlichen Tat sind, die die Vorgänge in der Drogerie und die späteren Vorgänge (Verlassen des Tatortes mit Pkw oder Straßenbahn, Abtransport der Beute, Fahrt zur Wohnung der T, Kauf von Bekleidungsgegenständen, Entwendung von Bargeld aus der Schublade in der Wohnung der T) umfassen, sind die letztgenannten Vorgänge Anklagegegenstand und Gegenstand des Hauptverfahrens (insb. der Hauptverhandlung) auch dann, wenn sie in der Anklageschrift nicht explizit erwähnt sind. Sie müssen dann auch Gegenstand des Urteils sein. Wenn es sich dagegen um verschiedene Taten handelt, muss man davon ausgehen, dass nur das Handeln der T sowie angebliche Beteiligung der A daran in der Drogerie gegenüber K und V angeklagt und somit zum Verfahrensgegenstand gemacht worden ist. Hinsichtlich der Vorgänge außerhalb der Drogerie fehlen dann die Verfahrensvoraussetzungen Anklage und Eröffnungsbeschluss. Das Gericht dürfte dann eine etwaige Verurteilung nicht auf diese Sachverhaltsteile stützen. 1

Materiellstrafrechtlich spricht viel dafür, die Gesamtvorgänge als Einheit zu behandeln und somit als einen untrennbaren Verfahrensgegenstand anzusehen : Das Verhalten der A nach dem Überfall der T in der Drogerie könnte eine Beteiligung ( 25 Abs. 2, 27 StGB) oder eine Begünstigung ( 257 StGB) in Bezug auf die von T begangene Tat sein. Es könnte auch Hehlerei ( 259 StGB) oder Geldwäsche ( 261 StGB) in Betracht kommen. Alle diese Straftaten hängen materiellstrafrechtlich mit Haupt- oder Vortaten der T zusammen. Dies nicht in einem Verfahren zu verhandeln, wäre zumindest unzweckmäßig. Hier spricht des weiteren für eine einheitliche Tat, dass der Raub bzw. die räuberische Erpressung in der Drogerie und die Taten danach in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stehen. Der Abtransport des erbeuteten Geldes kann sogar noch als Teil der räuberischen Erpressung (Vollendung Beendigung) angesehen werden. Insoweit hat der Sachverhalt eine wesentlich andere Gestalt als der, auf dem die Entscheidung BGHSt 35, 80 beruht. Dort ging es auch um einen Diebstahl einerseits und Hehlerei am Diebesgut andererseits. Beide Taten lagen jedoch räumlich und zeitlich weit auseinander, weshalb der BGH im Ergebnis zwei verschiedene Taten annahm. Ähnliches gilt für den Fall BGHSt 35, 60. II. Strafbarkeit der A Da das Gericht nicht klären konnte, welche Alternative die richtige ist, muss erst einmal die Strafbarkeit der A auf der Grundlage aller drei Varianten gewürdigt werden. Am Ende kann dann auf der Basis der erzielten Ergebnisse geklärt werden, ob das Gericht die A verurteilen kann (z. B. auf der Grundlage von Wahlfeststellung ) oder sie freisprechen muss. 1. Alternative I. Raub (oder schwerer Raub) in Mittäterschaft, 249, (250 Abs. 1 Nr. 1 a, Nr. 1 b), 25 Abs. 2 StGB a) Unproblematisch sind die Merkmale fremde bewegliche Sache. 2

b) Problematisch sind Wegnahme sowie Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben. aa) Wegnahme Gegen Raub spricht : T hat das Geld erst genommen, nachdem V es ihr gegeben hat. Das äußere Erscheinungsbild spricht jedenfalls gegen eine Wegnahme (BGHSt 7, 252 ff). Die bekannte Abgrenzungsproblematik stellt sich hier und man kann zu dem Ergebnis kommen, dass trotz der Herausgabe durch V eine Wegnahme vorliegt. Wenn man Wegnahme verneint, muss man (räuberische) Erpressung prüfen. bb) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben Gegen Raub spricht : T hat gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben nicht der V, sondern der K angedroht. K war keine Angehörige und keine sonstige nahestehende Person im Verhältnis zu V. V war also nicht so massiv bedroht, wie der Tatbestand des 249 StGB es für den Normalfall (die Drohung richtet sich gegen die genötigte Person) vorsieht. Der Nötigungsdruck, der auf V lastete, war nicht so stark wie bei einer gegen sie selbst gerichteten Drohung. Nach der h. M. ist das zwar egal (vgl. z. B. es gibt aber eine Mindermeinung, die aus diesem Grund eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ablehnt (Zaczyk JZ 1985, 1061; Satzger/Schmitt/Widmaier-Kudlich, 249 Rn 9). cc) Wenn man Wegnahme bejaht und Drohung mit gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben verneint, bleibt Diebstahl, 242 StGB, evtl. in der Form des 244 Abs. 1 Nr. 1 b StGB. c) Qualifikation, 250 StGB Gegen Qualifikation ( 250 StGB) spricht : aa) Labello -Stift ist auf keinen Fall tauglicher Gegenstand von 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB, kein gefährliches Werkzeug. Dagegen kann man Scheinwaffe und damit 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB bejahen (so z. B. Joecks, StGB, 9. Aufl. 2010 im Kontext des 244 StGB, 244 Rn 19; anders ders. im Kontext des 250 StGB, vgl. 250 Rn 14 [zu den Beispielen kurzes gebogenes Plastikrohr, Labellostift ]). Aber auch das wird mit Hinweis auf das evident ungefährliche äußere Erscheinungsbild von vielen verneint (vgl. Lackner/Kühl 244 Rn 4 auf Seite 1148 oben; Joecks 250 Rn 14; Satzger/Schmitt/Widmaier-Kudlich 250 Rn 9). bb) Pistole im Handschuhfach ist zwar Waffe isd 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB. Als die Waffe mitgeführt wurde, war der Raub bzw. die räuberische Erpressung aber schon vollendet. Die Rspr wendet die Qualifikation aber auch an, wenn das qualifizierende Merkmal erst in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung auftritt (vgl. Joecks 250 Rn 8) d) Mittäterschaft, 25 Abs. 2 StGB Gegen Mittäterschaft der A in Bezug auf Raub spricht : 3

Die Tat der T war zumindest schon vollendet, als A mit ihrer Tatbeteiligung begann. Außerdem ist das Abholen und Wegfahren nach Verlassen des Tatortes vom Gewicht her eher eine Hilfeleistung. Zur Vollendung eines Raubes hat A nichts beigetragen (Satzger/Schmitt/Widmaier-Murmann 25 Rn 39). Zur sukzessiven Mittäterschaft vgl. Joecks 25 Rn 68, 69. 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz ( 15 StGB) und Zueignungsabsicht sind. 5. Ergebnis Die besseren Argumente sprechen gegen Strafbarkeit. Vor allem Mittäterschaft lässt sich kaum vertreten. II. Räuberische Erpressung (oder schwere räuberische Erpressung) in Mittäterschaft, 253, 255, (250 Abs. 1 Nr. 1 a, Nr. 1 b), 25 Abs. 2 StGB Ist vor allem für Bearbeiter relevant, die wegen Herausgabe des Geldes Wegnahme und Raub abgelehnt haben. a) Gegen räuberische Erpressung spricht : Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (wie oben bei 249 StGB) Wer diese Bedenken teilt, muss von 255 StGB auf 253 StGB umschwenken. b) Wenn man keine Bedenken bzgl. der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben hat, muss man auf jeden Fall spätestens beim Vermögensschaden evtl. schon bei der Vermögensverfügung - auf den Aspekt Dreieckserpressung eingehen : geschädigt wurde nicht das Vermögen der V, sondern das Vermögen der O. V steht aber im Lager der O. Daher wird O so behandelt, als habe sie selbst ihr Geld herausgegeben (Satzger/Schmitt/Widmaier-Kudlich 253 Rn 21). 4

c) Zu den Bedenken bzgl. 250 StGB siehe oben bei 249 StGB. d) Gegen Mittäterschaft der A bestehen dieselben Bedenken wie beim Raub. 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz und Bereicherungsabsicht 5. Ergebnis Vorzugswürdig ist die Verneinung von Strafbarkeit, insb. bzgl. 25 Abs. 2 StGB. III. Beihilfe zum Raub (oder zum schweren Raub), 249, (250 Abs. 1 Nr. 1 a, Nr. 1 b), 27 StGB a) Haupttat Gegen die Erfüllung des Tatbestandes des 249 StGB und des 250 StGB bestehen hier dieselben Bedenken wie oben. b) Hilfeleistung Beihilfe ist gewiss eher vertretbar als Mittäterschaft. Dagegen spricht aber ebenfalls, dass die Hilfe nichts mehr zur Vollendung der Haupttat beitragen konnte. A hat der T nur bei der Beendigung der Tat geholfen (vgl. Joecks 27 Rn 9; Satzger/Schmitt/Widmaier-Murmann 27 Rn 8). Die Existenz des 257 StGB ist ein Argument gegen die Ausdehnung der Beihilfe in die Haupttatbeendigungsphase. 5

2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz 5. Ergebnis Die besseren Argumente sprechen gegen Strafbarkeit (vor allem wegen des Zeitpunkts der Hilfeleistung). IV. Beihilfe zur räuberische Erpressung (oder zur schweren räuberischen Erpressung), 253, 255, (250 Abs. 1 Nr. 1 a, Nr. 1 b), 27 StGB a) Haupttat Dieselben Bedenken wie oben (mittäterschaftliche schwere räuberische Erpressung). b) Hilfeleistung Dieselben Bedenken wie bei Beihilfe zum (schweren) Raub. 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz 6

5. Ergebnis Die besseren Argumente sprechen gegen Strafbarkeit. V. Begünstigung, 257 Abs. 1 StGB 1.Objektiver Tatbestand a) Vortat der T zumindest Diebstahl ( 242 StGB) oder Erpressung ( 253 StGB) b) Hilfeleistung (zu diesem Tatbestandsmerkmal vgl. z. B. Satzger/Schmitt/Widmaier-Jahn 257 Rn 14 ff). 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz und Vorteilssicherungsabsicht 5. Ergebnis Strafbarkeit ist gegeben. Wenn man jedoch oben schon Mittäterschaft oder Beihilfe der bejaht hat, entfällt Begünstigung gem. 257 Abs. 3 S. 1 StGB. VI. Beihilfe zur Unterschlagung, 246 Abs. 1, 27 StGB a) Haupttat der T 7

aa) Unproblematisch ist fremde bewegliche Sache. bb) Zueignung Dagegen spricht : nach h. M. ist Zueignung nicht wiederholbar (BGHSt 14, 38 ff; Satzger/Schmitt/Widmaier-Kudlich 246 Rn 18). T hat sich das Geld schon in der Drogerie zugeeignet. Alle weiteren Verfügungen über das Geld wären eine wiederholte Zueignung, die nach h. M. nicht möglich ist. Denn O ist bereits enteignet und kann durch weitere Handlungen nicht noch einmal enteignet werden. T konnte also keine weitere tatbestandsmäßige Unterschlagung bzgl. des Geldes begehen. Daher konnte A auch keine Beihilfe zu einer Unterschlagung der T begehen. b) Hilfeleistung Wenn man die Bedenken bzgl. Wiederholbarkeit der Zueignung nicht teilt : Hilfeleistung. 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz 5. Ergebnis Beihilfe zur Unterschlagung gegeben, tritt aber wegen Subsidiarität hinter 257 StGB oder hinter Beihilfe zum Raub / zur räuberischen Erpressung zurück. VII. Hehlerei, 259 Abs. 1 StGB a) Vortat, Sache, erlangt und rechtswidrige Besitzlage sind. b) Tathandlung Die Entwendung des Geldes aus der Schublade ist kein Sich-Verschaffen isd 259 Abs. 1 StGB (Lackner/Kühl 259 Rn 10). Hehlerei ist einverständliches Zusammenwirken von Hehler und Vortäter bzw. Vorbesitzer. 8

2. Ergebnis Keine Strafbarkeit VIII. Diebstahl, 242 Abs. 1 StGB Wegnahme fremder beweglicher Sache Für 244 StGB spricht nach dem Sachverhalt nichts 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz und Zueignungsabsicht 5. Ergebnis A ist aus 242 StGB strafbar. Ob 123 StGB verwirklicht wurde, ist nach dem Sachverhalt nicht ganz klar. Wenn A so etwas wie die Komplizin der T war, durfte sie wahrscheinlich die Wohnung der T betreten, ohne eine ausdrückliche Erlaubnis zu bekommen. IX. Unterschlagung, 246 Abs. 1 StGB Es stellt sich wieder die Frage, ob bzgl. einer Sache, deren Eigentümer schon enteignet worden ist, noch eine weitere Zueignung möglich ist. Wenn ja, dann ist Strafbarkeit aus 246 StGB zwar gegeben. Aber 246 StGB tritt hinter 242 StGB subsidiär zurück. 9

2. Alternative I. 259 Abs. 1 StGB bzgl. Wintermantel und Hose a) Vortat der T aa) T hat bzgl. des Geldes zumindest Diebstahl oder Erpressung begangen. bb) Bzgl. des Kaufes der Kleidungsstücke liegt keine Vortat vor. Klamottenaugust wurde nicht betrogen ( 263 StGB). Denn durch die Bezahlung mit dem deliktisch erlangten Geld wurde Klamottenaugust Eigentum an dem Geld verschafft, vgl. 932, 935 BGB. Klamottenaugust hat also keinen Vermögensschaden. b) Kleidungsstücke sind Sachen. c) Vortatbezug der Sachen aa) Die Kleidungsstücke sind keine tauglichen Hehlereiobjekte bzgl. der gegen O gerichteten Vortat der T. Denn sie stammen nicht unmittelbar aus dieser Tat ( Ersatzhehlerei, vgl. Satzger/Schmitt/Widmaier-Jahn 259 Rn 11). bb) Hehlereiobjekte in Bezug auf einen gegenüber Klamottenaugust begangenen Betrug entfällt, weil Klamottenaugust gem. 935 Abs. 2 BGB gutgläubig Eigentum an dem Geld erwirbt, mit dem T die gekauften Sachen bezahlt. Also kein Vermögensschaden bei Klamottenaugust (s. o. a bb). Geldwäsche der T ist keine geeignete Vortat, weil diese Vortat gegen O gerichtet ist, die Kleidungsstücke aber nicht aus dem Vermögen der O, sondern aus dem Vermögen von Klamottenaugust stammen. 2. Ergebnis Keine Strafbarkeit aus 259 Abs. 1 StGB. II. 259 Abs. 1 StGB bzgl. Geld, mit dem bezahlt wurde a) Vortat Gegeben 10

b) Geld als Hehlereiobjekt T hat Geld aus der Vortat erlangt. Es besteht bis zum Kauf der Kleidungsstücke rechtswidrige Besitzlage. c) Tathandlung Ausgeben von gestohlenem oder geraubten Geld ist kein Absetzen, die Begleitung der T durch A daher keine Absatzhilfe : Bloßes Mitverprassen gestohlenen Geldes genügt nicht (Lackner/Kühl 259 Rn 15 auf Seite 1203 oben). 2. Ergebnis Keine Strafbarkeit aus 259 Abs. 1 StGB. III. 261 Abs. 1 StGB bzgl Geld a) Vortat Wenn man bei T 249 StGB oder 253, 255 StGB bejaht, liegt ein Verbrechen vor, 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB. b) Tatobjekt Geld ist taugliches Objekt, da T ein Verbrechen begangen hat, 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB und das Geld aus diesem Verbrechen herrührt. c) Tathandlung Geldausgeben durch Kauf von Sachen ist auch eine tatbestandsmäßige Handlung (z. B. Gefährdung der Sicherstellung). Den Bezahlvorgang hat aber die T allein beherrscht. Sie ist Täterin. Mittäterschaft der A ist abzulehnen, weil A nicht über das Geld verfügte. 2. Ergebnis Keine Strafbarkeit aus 261 StGB. 11

IV. 261 Abs. 1, 27 StGB bzgl Geld a) Haupttat der T Haupttat der T ist. Dass T selbst Vortäterin ist, steht der Täterschaft bei 261 StGB nicht entgegen, vgl. 261 Abs. 9 S. 2 StGB. b) Hilfeleistung Ob ein erwachsener Mensch beim Kaufen von Kleidung und allgemein beim Geldausgeben Hilfe braucht, ist fraglich. T hätte das Geld sicher auch ohne die Begleitung durch A in einem Bekleidungsgeschäft ausgeben können. Daher ist tatbestandsmäßige Hilfeleistung seitens A kaum vertretbar (evtl. psychische Beihilfe). 2. Subjektiver Tatbestand 5. Ergebnis Strafbarkeit aus 261, 27 StGB (kaum) vertretbar. V. 261 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB bzgl. Kleidungsgegenstände a) Kleidungsstücke stammen nicht unmittelbar aus der von T begangenen Vortat. Anders als bei 259 StGB ist bei 261 StGB aber ein Unmittelbarkeitszusammenhang nicht erforderlich. Herrühren erfasst auch mittelbare Herkunft aus der Vortat (Joecks 261 Rn 8; Lackner/Kühl 261 Rn 5; Satzger/Schmitt/Widmaier-Jahn 261 Rn 29). 12

b) Tathandlung Indem A Kleidungsstücke angenommen hat, hat diese zumindest sich verschafft, 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB. c) 261 Abs. 6 StGB steht nicht entgegen, weil T mit dem Kleiderkauf eine Straftat ( 261 StGB) begangen hat. 2. Subjektiver Tatbestand 5. Ergebnis A hat sich aus 261 StGB strafbar gemacht. Sofern man Strafbarkeit wegen Beteiligung an der Vortat der T (Mittäterschaft, Beihilfe) bejaht, entfällt gem. 261 Abs. 9 S. 2 StGB Strafbarkeit. VI. 246 Abs. 1, 27 StGB bzgl. Geld a) Haupttat Es stellt sich erneut die Frage der Wiederholbarkeit der Zueignung b) Hilfeleistung Außerdem ist fraglich, ob A eine tatbestandsmäßige Hilfeleistung begangen hat (s. o. bei 261, 27 StGB). 2. Subjektive Tatbestand 13

5. Ergebnis Strafbarkeit vertretbar, Subsidiarität gegenüber 261, 27 StGB. 3. Alternative I. 253 StGB a) Drohung mit empfindlichem Übel und Nötigung b) Vermögensverfügung und Vermögensschaden problematisch, weil es nicht das Geld der T, sondern das Geld der O war. Die Voraussetzungen einer Dreieckserpressung liegen eindeutig nicht vor. Erpressung ist also nur möglich, wenn das Geld, das sich im Besitz der T befand, auch zum Vermögen der T gehörte. Das ist umstritten. Nach dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff ist aber der kriminell erlangte Besitz auch Teil des strafrechtlich geschützten Vermögens (Satzger/Schmitt/Widmaier-Satzger 263 Rn 101). 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz und Bereicherungsabsicht. 5. Ergebnis Wenn man den wirtschaftlichen Vermögensbegriff ohne jede normative Einschränkung vertritt, kommt man zur Strafbarkeit aus 253 StGB. 14

II. 240 StGB Strafbarkeit ist ; sofern Strafbarkeit aus 253 StGB bejaht wurde, wird 240 StGB verdrängt. III. 259 Abs. 1 StGB a) Vortat b) Hehlereiobjekt T at das Geld durch die Vortat erlangt. Es besteht eine rechtswidrige Besitzlage. c) Tathandlung Erlangung des Geldes auf Grund Erpressung ist zwar derivativer Erwerb. Jedoch kein Einvernehmen von Hehler und Vortäter. Daher nach richtiger Auffassung kein Sich- Verschaffen isd 259 StGB (Lackner/Kühl 259 Rn 10). 2. Ergebnis A ist nicht aus 259 Abs. 1 StGB strafbar. IV. 246 Abs. 1 StGB Problematisch ist die Wiederholbarkeit der Zueignung. Zueignung kann nur gegenüber O nicht gegenüber T (denn T ist nicht Eigentümerin) gegeben sein. O wurde aber schon durch die Tat der T enteignet. Daher stellt sich die Frage, ob die Wiederholung einer Zueignung möglich ist. 2. Subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld Unproblematisch 15

3. Ergebnis Strafbarkeit kann begründet werden. Jedenfalls ist 246 StGB gegenüber 253 StGB subsidiär. V. 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB Kann man bejahen, wobei umstritten ist, ob Stehlen des Geldes ein Sich-Verschaffen sein kann. Bei 259 StGB ist das eindeutig zu verneinen (s. o.), bei 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB wird es hingegen überwiegend bejaht (Lackner/Kühl 261 Rn 8). III. Verurteilung auf der Grundlage von Wahlfeststellung oder ähnlichen dogmatischen Konstruktionen Ausgangspunkt sind folgende mögliche Strafbarkeiten : 1. Alternative 249, 27 oder 253, 255, 27 StGB 257 StGB 246, 27 StGB 242 StGB 246 StGB 2. Alternative 261 Abs. 1, 27 StGB 261 Abs. 1 StGB 246, 27 StGB 16

3. Alternative 253 StGB 246 StGB 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB In allen drei Alternativen ist eine Strafbarkeit auf der Grundlage von 246 StGB möglich, wobei es sich in der 2. Alternative um bloße Beihilfe handelt. Wenn man diese Strafbarkeiten in allen drei Alternativen bejaht, ist A aus 246, 27 StGB zu verurteilen. Ob daneben weitere Urteilsgegenstände möglich sind, ist fraglich. Denkbar wäre vielleicht noch Wahlfeststellung zwischen 257 StGB (1. Alternative) und 261 Abs. 1, 27 StGB (2. Alternative) und 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB (3. Alternative). Es handelt sich jeweils um Anschlussdelikte, was für Ähnlichkeit der Tatbestände spricht. Allerdings fällt 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB etwas aus dem Rahmen, da A hier nicht im Einvernehmen mit T handelt, sondern im Gegenteil die T schädigt. Daher wohl keine psychologische und rechtsethische Gleichwertigkeit (Lackner/Kühl 1 Rn 13). 17

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