Care-Tätigkeiten in Bürgerhilfevereinen

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Transkript:

Care-Tätigkeiten in Bürgerhilfevereinen Zur Reproduktion traditioneller Geschlechterverhältnisse im Engagement jenseits des Erwerbslebens Yvonne Rubin Hochschule Fulda Arbeit jenseits der Rentengrenze Zwischen Entpflichtung und Unruhestand Herbsttagung der Sektion Alter(n) und Gesellschaft der DGS 18.-19.9.2015

Worum es geht Freiwilliges Engagement in Bürgerhilfevereinen: Zur Relevanz Verständnis von ʼCareʽ These: Die Übernahme von Care Tätigkeiten in Form von freiwilligem Engagement trägt zur Stabilisierung einer traditionellen Geschlechterordnung bei.

Überblick 1) Kontextbedingungen für die Übernahme von Care Tätigkeiten Sozialpolitische Kontextbedingungen: Pflegeversicherung Gesellschaftliche Kontextbedingungen: Verständnis von ʼArbeitʽ 2) Freiwilliges Engagement: politisch vs. feministisch 3) Das ist ja unbestritten, dass Helfen, sinnvolles Helfen, dem Leben einen Sinn gibt Empirische Befunde zu freiwilligem Engagement im Ruhestand

Sozialpolitische Kontextbedingungen: Die Pflegeversicherung Informelles Pflegepotential benötigt Pflegeversicherung = ʼTeilleistungsversicherungʻ Stärkung des familialen Pflegepotentials Pflegegeld 37 SGB XI Pflegezeit 44a SGB XI Förderung von freiwilligem Engagement 45 c+d SGB XI

Gesellschaftliche Kontextbedingungen: Das familiale Pflegepotential und ʼArbeitʽ Erwerbstätigkeit Informelles Pflegepotential Atypische Beschäftigungsverläufe bedingt begünstigen benötigt Stärkung des familialen Pflegepotentials Pflegegeld 37 SGB XI Pflegezeit 44a SGB XI Pflegeversicherung = ʼTeilleistungsversicherungʻ Förderung von freiwilligem Engagement 45 c+d SGB XI

Freiwillig engagierte Menschen jenseits der Rentengrenze Engagement im Dritten Lebensalter / Inanspruchnahme im Vieren Lebensalter Geschlechtsbezogene Unterschiede im Engagement

Freiwilliges Engagement in Bürgerhilfevereinen Ziele der Bürgerhilfevereine Unterstützungsangebote/ Leistungen der Bürgerhilfevereine

Dienstleistungen und Sachleistungen vs. Sozialer Angebote und Menschenpflege Bürgerdienste: ʼDienstleistungenʽ vs. ʼsoziale Angeboteʽ Freiwilligensurvey: ʼSachleistungenʽ vs. ʼMenschenpflegeʽ

ʼDienstleistungʽ als ʼSachleistungʽ: Naja, meistens hat es doch irgendwas mit Technik zu tun oder mit was Manuellem. Also selbst das Einkaufen ist schon Technik genug, weil das Auto zu laden, das Zeug die Treppen hoch, nach dem Mülleimer zu gucken. Also das sind so Tätigkeiten, die im Haushalt anfallen, aber auch komplizierter sein können als PC oder sowas.

ʼDienstleistungʽ vs. ʼsoziale Angeboteʽ Also mein Ding ist es jetzt nicht zum Beispiel, die anderen Dinge im Verein, die jetzt auch laufen, vom Kino übers Waffelcafé bis hin zu irgendwelchen Events und Veranstaltungen, das ist nicht meine Sache. Es gibt bestimmt auch Leute, die da sagen, okay, das macht mir Spaß, das hilft mir, macht mir Freude [ ] Okay, gut, ist halt etwas anderes als jemandem aus einer echten Klemme zu helfen.

Sinnvolle Hilfe : Zusammenfassung 1) Die strukturelle Ausgestaltung der Pflegeversicherung benötigt informelles Pflegepotential; 2) Atypische Erwerbsarbeitsverhältnisse manifestieren geschlechtliche Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt und gleichzeitig verhindert die private Ungleichverteilung von Sorgearbeit eine volle Erwerbsbeteiligung von Frauen; 3) Die Unterscheidung von Care Tätigkeiten in ʼsoziale Angeboteʽ und ʼDienstleistungenʽ führt zu einer Bewertung unterschiedlicher Hilfeleistungen und einer Abwertung weiblich konnotierter Tätigkeiten.

Literatur Apitzsch, U., & Schmidbaur, M. (2010). Care und Reproduktion. Einleitung. In U. Apitzsch (Hrsg.), Care und Migration. Die Ent Sorgung menschlicher Reproduktionsarbeit entlang von Geschlechter und Armutsgrenzen (S. 11 22). Opladen [u.a.]: Budrich. Brückner, M. (2004). Der gesellschaftliche Umgang mit menschlicher Hilfebedürftigkeit. Fürsorge und Pflege in westlichen Wohlfahrtsregimen. Österreichische Zeitschrift für Soziologie, 29.(2), 7 23. Brückner, M. (2009). Die Sorge um die Familie Care im Kontext Sozialer Arbeit und öffentlicher Wohlfahrt. Neue Praxis. Zeitschrift für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Sozialpolitik(Sonderheft 9), 39 48. Fischbach, C., & Veer, T. (2008). Bürgerschaftliches Engagement in der Altenhilfe. Der Wert älterer Freiwilliger am Beispiel der Betreuung von Demenzkranken. In M. Erlinghagen & K. Hank (Hrsg.), Alter(n) und Gesellschaft. Bd. 16: Produktives Altern und informelle Arbeit in modernen Gesellschaften. Theoretische Perspektiven und empirische Befunde (S. 235 256). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden. Kunstmann, A. C. (2015). Solidarität im Generationenverhältnis Altern als gesellschaftliches und familiales Problem? In K. Gröning, B. Sander, &R. von Kamen (Hrsg.), Familliensensibles Entlassungsmanagement. Festschrift zu zehn Jahren Modellprojekt. Familiale Pflege unter den Bedingungen der G DRG (S. 323 346). Frankfurt am Main: Mabuse. Lepperhoff, J., & Scheele, A. (2014). Zwischen Finanzmarkt und Fürsorge:. Feministische Perspektiven auf Ökonomie und Arbeit. In C. Mahs, B. Rendtorff, &B. Riegraf (Hrsg.), 40 Jahre Feministische Debatten. Resümee und Ausblick (1. Aufl., neue Ausg, S. 118 132). Weinheim, Bergstr: Beltz Juventa. Mergenthaler, A., Sackreuther, I., Micheel, F., Büsch, V., Deller, J., Staudinger, U. M., & Schneider, N. F. (2015). Übergänge, Lebenspläne und Potenziale der 55 bis 70 Jährigen: Zwischen individueller Vielfalt, kulturellem Wandel und sozialen Disparitäten. In N. F. Schneider, A. Mergenthaler, U. M. Staudinger, &I. Sackreuther (Hrsg.), Beiträge zur Bevölkerungswissenschaft. Bd. 47: Mittendrin? Lebenspläne und Potenziale älterer Menschen beim Übergang in den Ruhestand (S. 15 46). Opladen [u.a.]: Budrich. Rosenbrock, R., & Gerlinger, T. (2004). Verlag Hans Huber: Gesundheitspolitik. Eine systematische Einführung (1. Auflage). Bern: Huber. Winker, G. (2011). Soziale Reproduktion in der Krise Care Revolution als Perspektive. Das Argument. Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaften, 53(3), 333 344