Geschlechtsspezifische Gewalt nationale Konferenz 22. November Brigitte Huber, Bruno Wenk,

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Transkript:

Geschlechtsspezifische Gewalt nationale Konferenz 22. November 2013 Brigitte Huber, b.huber@ohsg.ch Bruno Wenk, b.wenk@ohsg.ch

Ablauf der Präsentation 1. Die Opferhilfe SG-AR-AI: Stelle und Auftrag 2. Männer als Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt? Herausforderungen und Chancen der Istanbulkonvention 3. Aktivitäten und Projekte im Bereich der Prävention und Bekämpfung häuslicher Gewalt 4. Welche positiven Effekte können mit der Ratifikation der Istanbulkonvention verbunden sein? 5. Welche Herausforderungen können durch die Ratifikation entstehen? 6. Fragen und Diskussion

Stelle und Auftrag Auftrag gemäss Opferhilfegesetz (OHG) Unmittelbare Verletzung der körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität - Beratung - finanzielle Hilfe gemäss OHG

Präambel der Instanbulkonvention. in der Erkenntnis, dass Frauen und Mädchen einer grösseren Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind als Männer; in der Erkenntnis, dass häusliche Gewalt Frauen unverhältnismassig stark betrifft und dass auch Männer Opfer häuslicher Gewalt sein können; in der Erkenntnis, dass Kinder Opfer häuslicher Gewalt sind, auch als Zeuginnen und Zeugen von Gewalt in der Familie

Männer als Betroffene von häuslicher Gewalt Kapitel I Verpflichtungen Artikel 2: Geltungsbereich des Übereinkommens das Übereinkommen auf alle Opfer häuslicher Gewalt anwenden Kapitel III Prävention Artikel 12: Allgemeine Verpflichtungen alle Mitglieder der Gesellschaft, insbesondere Männer und Jungen, zur aktiven Beteiligung an der Verhütung von Gewalt ermutigen

Kulturelle Konstruktion von Männlichkeit Verflochtenheit Gewaltausübung und Männlichkeit Mann und Opfer miteinander unvereinbar? männliche Gewaltbetroffenheit wird ausgeblendet

Festschreibung hergebrachter Geschlechterbilder Schutz ausschliesslich für Frauen? Männer als potentielle Täter? Was tun?

Prävention und Bekämpfung häuslicher Gewalt Aktivitäten und Projekte

Kapitel II Politische Massnahmen und Datensammlung Artikel 11: Datensammlung und Forschung die Forschung fördern zu allen Gewaltformen welche in den Geltungsbereich des Abkommens fallen Männer als Opfer häuslicher Gewalt fehlende Forschung Ursachen, Risikofaktoren, wer ist betroffen? Gewaltdynamiken kantonale Aktivitäten AG Mann: Arbeitsgruppe bestehend aus Beratern der Opferhilfesstellen Universitätsspital Lausanne, erstmals Forschungsprojekt Männer als Opfer von häuslicher Gewalt

Kapitel III Prävention Artikel 15: Aus und Fortbildung von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen ein Angebot schaffen zur Verhütung und Aufdeckung solcher Gewalt Differenzierung der Gewaltdynamiken Situative Gewalt, tätliche Konflikte Systematisches Macht- und Kontrollverhalten nationale und kantonale Aktivitäten Nationales Forschungsprogramm 60: Betroffenensicht zu Recht und Interventionen bei Partnergewalt auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter? Bundesamt für Gesundheit, Projekt «Problemlagen bei häuslicher Gewalt und Alkohol Opfer, Tatpersonen und Fachleute»

Kapitel VI Strafverfolgung, Verfahrensrecht und Schutzmassnahmen Paradigmawechsel: Nicht Strafe sondern Schutz muss bei Häuslicher Gewalt im Mittelpunkt stehen nationale und kantonale Vorstösse Postulat Fehr: Mehr Anzeigen mehr Abschreckung Motion Karin Keller Sutter: Art. 55a StGB Motion Fehr: Opfer besser unterstützen, OHG-Revision (vorziehen Evaluation OHG 2016)

Kapitel IV Ermittlung Strafverfolgung Verfahrensrechte und Schutzmassnahmen Art. 51: Gefährdungsanalyse und Gefahrenmanagement um sicherzustellen, dass eine Analyse der Gefahr für Leib und Leben und der Schwere der Situation von allen einschlägigen Behörden vorgenommen wird. Einführung interdisziplinäres Bedrohungsmanagement nationale und kantonale Aktivitäten Postulat Feri: Gesetzesgrundlagen für Koordination und Datenaustausch Kanton St. Gallen: Antrag an Regierung auf Probephase

Kapitel III Vorbeugende Interventions- und Behandlungsprogramme Kapitel IV Art. 22 Spezialisierte Hilfsdienste Beratungsarbeit von Opfern und von gewaltausübenden Personen Differenzierung Beratungsangebote auf Opfer und Täterseite. Täterprogramme, Paarberatung, etc. kantonale Aktivitäten Antrag auf automatische Übermittlung von Personendaten nach Polizeiinterventionen an Beratungsstellen Antrag auf Ausbau Täterarbeit

Kapitel IV: Schutz und Unterstützung Artikel 23 Schutzunterkünfte Artikel 24 Telefonberatung leicht zugängliche Schutzunterkünfte in auseichender Zahl zu ermöglichen, um Opfern, besonders Frauen und ihren Kindern, eine sichere Unterkunft zur Verfügung zu stellen treffen Massnahmen um eine kostenlose, landesweite und täglich rund um die Uhr erreichbare Telefonberatung einrichten zu können nationale und kantonale Aktivitäten Dachorganisation der Frauenhäuser: 1 Bett auf 10 000 Einw. (EU Standart) Medienarbeit der Männer und Väterorganisationen für ein Männerhaus Schweizerische Kriminalprävention: Projekt Hotline Häusliche Gewalt für Opfer und Täter

Kapitel VII: Migration und Asyl Art. 59: eigenständiges Aufenthaltsrecht im Fall der Auflösung der Ehe oder Beziehung bei besonders schwierigen Umständen auf Antrag einen eigenständigen Aufenthaltstitel unabhängig von der Dauer der Ehe oder Beziehung erhält Wichtige Persönliche Gründe für die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung: eheliche Gewalt und die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland ist stark gefährdet Eheliche Gewalt unter dem Aspekt des Ausländergesetzes bedeutet systematische Misshandlung mit dem Ziel Macht und Kontrolle auszuüben Die erlittene Gewalt muss eine gewisse Intensität aufweisen, um einen Anspruch auf Aufenthalt zu begründen nationale und kantonale Aktivitäten BFM Rundschreiben Eheliche Gewalt Kanton St. Gallen: Leitfaden Häusliche Gewalt

Istanbuler Konvention Welche positiven Effekte können mit der Ratifizierung verbunden sein Unterstützung, dass Häusliche Gewalt als Soziales Problem nicht wieder aus dem Blickfeld verschwindet (dies auch im Zusammenhang mit einem gesellschaftlichen Backlash) Das Bewusstsein stärken, dass Häusliche Gewalt die unterschiedlichsten Fachpersonen/Institutionen angeht und Massnahmen in den verschiedensten Bereichen getroffen werden müssen Kontinuierliche Sensibilisierung und Weiterbildung aller involvierten Fachpersonen/Institutionen Unterstützung um Handlungsbedarf zu thematisieren und einzelnen Forderungen mehr Gewicht zu geben

Istanbuler Konvention Herausforderungen Prioritätensetzung unter Berücksichtigung der politischen und der finanziellen Situation auf Bundesebene und in den Kantonen

Fragen und Diskussion