Partner auf Augenhöhe? Zusammenarbeit von Familien, Kitas und Schulen mit Blick auf Bildungschancen

Ähnliche Dokumente
Arbeitsgruppe Zusammenarbeit von Familien und Kitas mit Blick auf Bildungschancen Impulse für Kindertageseinrichtungen

Partizipation Chancen und Barrieren der Beteiligung von Kindern und Familien

Was wir über Zusammenarbeit in der Grundschule (nicht) wissen. Impulse für Grundschulen

Forum 4: Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in Familienzentren

Perspektiven muslimischer Eltern auf Bildung und Schule wahrnehmen Elternbeteiligung stärken

IDeA Individuelle Entwicklung und Lernförderung

Die Bildungsinitiative Haus der kleinen Forscher Zahlen und Fakten (Stand: 30. Juni 2017)

Gute Elternschaft im Wandel normative Vorstellungen und politische Erwartungen

Bildungs- und Erziehungspartnerschaften. Eltern in Schule

Partizipation und Inklusion 2 Perspektiven auf Demokratiebildung. Petra Wagner & Rüdiger Hansen

Zusammenwirken von Sozialraum und Menschen mit Behinderung Empfehlungen aus der Berliner Kundenstudie

Kinderstärken Kinder stärken: Pädagogische, soziologische und psychologische Zugänge zu einer»starken Idee«11

Leitbild der KiTa Aller-Hand der katholischen Kirchengemeinde St. Remigius

Prof. Ludger Pesch. Öffnung der Institution Kita nach außen und die Bedeutung für die pädagogische Ausbildung

Studienleistungen im Bachelorstudiengang Erziehungswissenschaft

Qualitätsleitbild der Realschule Balingen. Präambel: Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.

Einführung in das Thema Partizipation als Schlüssel zur Bildung Ebenen der Partizipation Praxisbeispiel Verfassungsgebende Versammlung Mitspracheraum

Schulsozialarbeit heute Standortbestimmungen

Kindheits- und Jugendforschung

Service-Portal Integration Stiftung Haus der kleinen Forscher Gülten Kara-Schetat, Alexander Matzkeit

Eckpunkte zur Durchführung der externen Evaluation der Qualität in Hamburger Kindertageseinrichtungen

Schule in der Region - Kooperation mit der Wirtschaft

Anstelle eines Vorwortes: Danke Einleitung... 17

Die Hamburger Kinderexpertinnen und - experten. Competence Center Kids

Forschung und Entwicklung in der Erziehungswissenschaft. Herausgegeben von R. Treptow, Tübingen, Deutschland

Inhalt. 1 Berufswissen von Elementarpädagoginnen Geschichte des Kindergartens - Kindheit und Kleinkindpädagogik in historischer Sicht 29

Inhaltsverzeichnis

Kinder mit bildungsrelevanten Risiken wirksam fördern Jan-Henning Ehm & Marcus Hasselhorn

Bachelor. Bildungs- und Erziehungswissenschaft. Orientierungswoche vom 8. bis 11. Oktober 2018

Planungshilfe für das Bachelor Nebenfach Erziehungswissenschaft (60 LP) Studienmodell 2011

SCHULENTWICKLUNG UND SCHULSOZIALARBEIT- EIN KONZEPT UNTER BETEILIGUNG ALLER AKTEURE

WAS IST MIT ARMUTSSENSIBLEM HANDELN

Jugendamt KINDERTAGESEINRICHTUNG FAMILIEN ZENTRUM. Bleiweiß.

Zeitschriftenbestand Medienzentrum

Bildung differenziert betrachtet

Wie wollen Menschen mit Behinderung wohnen? Zusammenwirken von Sozialraum und Menschen mit Behinderung Empfehlungen aus der Berliner Kundenstudie

Alltagsintegrierte sprachliche Bildung in Offenbach am Main

Schritt für Schritt zur Interkulturellen Schulentwicklung

Fachliche Weiterentwicklung und finanzielle Steuerung der Hilfen zur Erziehung

Inklusion eine Herausforderung für jede Schule

Zur Konstitution von Alltag und Interaktion in Kita und Kindertagespflege oder: Was passiert in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege?

Vorwort der Herausgeberin der Reihe... xi Zur Entstehung dieses Buches eine persönliche Einleitung... xiii

Referentinnen: Elisabeth Stroetmann, Landeskoordinatorin buddy-programm Kinderrechte an Grundschulen in NRW in Kooperation mit UNICEF, Düsseldorf, in

5. September 2014 Nr Das Gute-Kita-Gesetz. Fragen und Antworten

Aufgaben und Ziele des Instituts

Pädagogisches Institut für Elementarpädagogik Stuttgart (PIEKS)

Der Kindergarten als Bildungsinstitution

Planungshilfe für das Bachelor Nebenfach Erziehungswissenschaft (60 LP) Studienmodell 2011

Gute Jugendhilfeplanung als Steuerungsinstrument in der kommunalen Kinder- und Jugendpolitik: ein Steuerungsinstrument auch für Qualitätsentwicklung?

Lernen und Lehren im Diversitätskontext

GEMEINSAME GESTALTUNG DES ÜBERGANGS VON DER KINDERTAGESEINRICHTUNG IN DIE GRUNDSCHULE

PARTIZIPATION VON KINDERN, JUGENDLICHEN UND FAMILIEN STÄRKEN FORUM 2 FRIEDHELM GÜTHOFF

Rechtsextremismus und Kindheit - Bedingungen und Prävention

Partner auf Augenhöhe?

Voneinander lernen und profitieren

NUBBEK Studie, Nationaler Kriterienkatalog und QuiK-Kurs

Zusammenarbeit mit Migrationsfamilien: Elternarbeit Elternbeteiligung Elternbildung

Städt. Kindertagesstätte

Literaturhinweise für die Arbeit an diesem Thema:

LVR-Landesjugendamt. Junge Kinder in den Angeboten der stationären Erziehungshilfe

QUASI QUALITÄT VON ANFANG AN

Eltern und Schule arbeiten Hand in Hand

Gemeinsam in die Zukunft

Bildung von Anfang an: Visionen für eine gute KiTa Kathrin Bock-Famulla. Auf zu neuer Bildung! Grüner Bildungskongress März Gelsenkirchen

Lehrerbildungstag 2014 Start ins Praxissemester: Auf die Plätze Fertig Los!

LERNEN DURCH BETEILIGEN

Grundlagen für einen gelingenden Anfangsunterricht

Ingrid Gogolin Marianne Krüger-Potratz. Einführung in die Interkulturelle Pädagogik

Der Prozess der Inklusion an Bremer Schulen (strukturelle Perspektiven)

Einführung in die Allgemeine Bildungswissenschaft

Inklusiver Mathematikunterricht in der Primarstufe

Konzept zur Elternarbeit an der Grundschule am Rosenbusch, Hessisch Oldendorf

Soziale Innovationen Lokal Gestalten

GEW Positionen zu Tageseinrichtungen für Kinder

Alle Fakten auf einen Blick

Tagung Elternarbeit und Integration

Partner auf Augenhöhe?

Allgemeinbildung und Persönlichkeitsentwicklung

Fachdialog. Recht pragmatisch die (offene) Ganztagsschule auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungsort. Herzlich Willkommen! 16. Dezember 2014, Köln

Klare Struktur schafft mehr Freiräume. Modellakkreditierung an der Universität zu Köln

Der Bezug zur Trägerschaft Der eigene Glauben Die Gestaltung religiöser Bildung und Erziehung

DER BEITRAG DER BILDUNGSWISSENSCHAFTEN ZUR LEHRER UND LEHRERINNENBILDUNG: ERWARTUNGEN UND KONFLIKTZONEN

Gute Arbeitsbedingungen. Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder. gew-nrw.de/aufbrechen-zukunft-grundschule

Soziologie für die Soziale Arbeit

Zentrum für Kinderförderung

kultur- und sozialwissenschaften

Lernort Praxis. Netzwerktreffen für Akteure der theoretischen und praktischen Ausbildung in Kitas am 24. November 2017

Netzwerke verwirklichen Bildung Stadtteile und Gemeinden als Ermöglichungsräume im Blick

Allgemeinen Grundschuldidaktik, Ästhetische Bildung und Sachunterricht im L1 Studiengang

Grundlagen der Sportpädagogik

Gemeinsamer Orientierungsrahmen. Kindertagesbetreuung und Grundschule im Land Brandenburg- GOrBiKs. Bremen, 19./

Pädagogisch-Psychologischer Dienst für Kinder- & Jugendeinrichtungen

Unsere Kindertagesstätten in der Stadt Osnabrück Vielfalt & Inklusion

ANHÖRUNG ZUR AUSWAHL DES VORMUNDS IM JUGENDAMT UND ERSTER KONTAKT AG 10 FRIEDHELM GÜTHOFF DKSB LV NRW MEIN FOKUS

Transkript:

Partner auf Augenhöhe? Zusammenarbeit von Familien, Kitas und Schulen mit Blick auf Bildungschancen Prof. Dr. Tanja Betz Kindheitsforschung und Elementar-/Primarpädagogik Fachbereich Erziehungswissenschaften Goethe-Universität Frankfurt am Main Expertenforum Kinder zwischen Chancen und Barrieren Was passiert im Zusammenspiel von Familie und Bildungsinstitution? Berlin, Neue Mälzerei, 31. Mai 2017

Überblick I. Zusammenarbeit von Familien, Kitas und Schulen mit Blick auf Bildungschancen II. Studie Partner auf Augenhöhe? (1) rechtliche (2) politische (3) fachliche (4) empirische Grundlagen Ergebnisse, Auffälligkeiten, Irritationen III. Studie Kinder zwischen Chancen und Barrieren Weitere eigene Analysen: Forschung in Kitas / Schulen IV. Zusammenfassung und Ausblick 1

Zusammenarbeit von Familien, Kitas und Schulen mit Blick auf Bildungschancen Ausgangssituation: Chancen von Kindern auf Bildung ungleich verteilt: Teilhabe und Bildungserfolg herkunftsabhängig Woran liegt das? Was sind die Mechanismen? Lösungsidee: Intensivere Zusammenarbeit, Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Familien Unser Interesse: Was ist Partnerschaft? Was passiert im Zusammenspiel von Familie und Bildungsinstitution? Hält Partnerschaft was sie verspricht? 2

Studie: Partner auf Augenhöhe? Zusammenarbeit von Familien, Kitas und Schulen mit Blick auf Bildungschancen 3

Erster Fokus: Rechtliche Grundlagen Sozialgesetzbuch VIII Ländergesetze (Kitas / Schulen) Ergebnisse I: Zusammenarbeit, Partnerschaft, (Eltern-)Beteiligung, Einbeziehen, Zusammenwirken, Mitwirkung, Mitarbeit Partnerschaftlichkeit : vier Länder (Kitas) / drei Länder (Schule) vielfältige Ziele: optimale Entwicklung, (demokratische) Erziehung, einheitliche Betreuung 4

Erster Fokus: Rechtliche Grundlagen Welche Position kommt Kindern in den Rechtsgrundlagen zu? Ergebnisse II: Kita-Kinder Allgemein: altersgemäße & entwicklungsangemessene Einbeziehung in Gestaltung des Alltags / der Einrichtung keine Institutionalisierung (u. a. Kinderrat, -versammlung) Spezifisch Zusammenarbeit: Sache der Erwachsenen! Familie = Eltern; Kinder sind Anlass und Ziel, keine Subjekte 5

Erster Fokus: Rechtliche Grundlagen Welche Position kommt Kindern in den Rechtsgrundlagen zu? Ergebnisse III: Schüler*innen Allgemein: altersgemäße & entwicklungsangemessene Beteiligung in Gestaltung des Unterrichts / Schullebens Spezifisch Zusammenarbeit: Sache der Erwachsenen, z. T. Sache der Schüler*innen, teilweise als Partner (BB, M-V) 6

Erster Fokus: Rechtliche Grundlagen 7

Zweiter Fokus: Bildungs- und Erziehungspläne Politisches Steuerungsinstrument auf Länderebene: Bildungs- und Erziehungspläne Ergebnisse I: Kinder / Schüler*innen: Allgemein: Experten in eigener Sache gleichberechtigt im Umgang Recht auf aktive Beteiligung an allen Entscheidungen, die sie betreffen Kinder als Subjekte 8

Zweiter Fokus: Bildungs- und Erziehungspläne 9

Zweiter Fokus: Bildungs- und Erziehungspläne Welche Position kommt Kindern in Plänen zu? Ergebnisse II: Spezifisch Zusammenarbeit: Partnerschaft verbreitete Worthülse und Versprechen (NRW) drei Muster, die Ambivalenzen zeigen: (1) Kinder als Objekte des Handelns Erwachsener (10/16) (2) Kinder beinahe als Beteiligte (3/16) (3) Kinder als Ignorierte (3/16) 10

Dritter Fokus: Praxiszeitschriften Kita- und Grundschul-Praxiszeitschriften Zeitraum: 2005-2015 / 115 gesichtete Artikel zu Partnerschaft Sample: 43 konzeptionelle Fachartikel u. a. Klein & Groß, Betrifft KINDER, TPS, Kindergarten heute, Welt des Kindes, Kleinstkinder, Frühe Kindheit, Kinderzeit Grundschulmagazin, Grundschule: Ihre verlässliche Partnerin, Grundschulunterricht, Die Grundschulzeitschrift Orientierungs- und Reflexionswissen: Was ist Partnerschaft? Warum sollen Fach- und Lehrkräfte partnerschaftlich zusammenarbeiten? 11

Dritter Fokus: Praxiszeitschriften Ergebnisse: Kitas: ältere, intensivere Debatte sehr positive Darstellung von Partnerschaft, Motto: früher war alles schlechter Versprechungen: Ideale Entwicklungs- / Bildungsbedingungen und -erfolge für Kinder ( aus der Forschung weiß man ) Anerkennung von Eltern als Expert*innen Entlastung für pädagogische Fach- und Lehrkräfte 12

Dritter Fokus: Praxiszeitschriften 13

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen (Internationale) Forschung zu Zusammenarbeit, Partnerschaft und Elternbeteiligung Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie Zeitraum: 2000-2016 230 gesichtete Publikationen Sample: 124 empirische Fachartikel Begriffe, Theorie, Methode(n), Ergebnisse Ergebnisse: systematisierte Befunde, Auffälligkeiten, Irritationen 14

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen Analyseergebnis I: Dass sich Elternbeteiligung grundsätzlich positiv auf Kinder auswirkt und kompensatorisch wirkt, also Benachteiligung abbaut, wird breit angenommen.! ABER: Andere Fragestellungen, heterogene Methoden und vielschichtige Ergebnisse geraten in den Hintergrund. 15

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen 16

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen 17

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen Analyseergebnis II: Es wird angenommen, dass sich Partnerschaft unter Gleichen, unabhängig von sozialen Lebensrealitäten der Eltern auf Augenhöhe umsetzen lässt.! ABER: Strukturelle Unterschiede und Asymmetrien in der Beziehung zwischen pädagogischen Professionellen und Eltern bleiben häufig unbeachtet. 18

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen 19

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen Analyseergebnis III: Es wird festgehalten, dass Kinder in partnerschaftlicher Zusammenarbeit immer im Fokus stehen, Forschung an ihrem Wohl ausgerichtet ist.! ABER: Erwachsenenfokus dominant; Position von Kindern sowie ihre Perspektiven werden nahezu nicht erforscht. 20

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen 21

Vierter Fokus: Empirische Grundlagen 22

Studie: Kinder zwischen Chancen und Barrieren (erscheint 2018) 23

Studie Kinder zwischen Chancen und Barrieren 24

Zusammenfassung und Ausblick Vier Handlungsfelder (1) Rechtsgrundlagen Institutionalisierung von Kindergremien in Kitas (symbolischer) Subjektstatus von Kindern in Kitas / Schulen (2) Politische Steuerung über Bildungs-/ Erziehungspläne Klärung des Partnerschaftskonzepts Kinder als Subjekte in der Zusammenarbeit Orientierungswissen statt Ambivalenzen 25

Zusammenfassung und Ausblick Vier Handlungsfelder (3) Fachdebatte einseitige Darstellungen aufbrechen Anbindung an empirische Forschung: Faktencheck (4) Wissenschaftliche Forschung Transparenz (was wurde untersucht, was nicht) Forschung zu Ambivalenzen in Partnerschaft Forschung zu und mit Kindern Kontinuierlicher Austausch mit Politik und Fachpraxis! 26

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 27