Ursachen und Entstehungstheorien des Eierstockkrebses ( Ovarialkarzinom) Dr. Sabine Rothe Helios Klinikum Berlin Buch
Eierstockkrebs, Bauchfellkrebs und Eileiterkrebs gehören zu der gleichen Erkrankungsgruppe. Im Folgenden sprechen wir dann der Einfachheit halber von Eierstockkrebs.
Wie häufig tritt Eierstockkrebs auf? Was ist Eierstockkrebs? Welche Risikofaktoren gibt es? Subjektive Entstehungstheorien Ältere Entstehungstheorien Aktuelle Entstehungstheorien Fazit 3
Ca. 7200 Neuerkrankungen für 2016 erwartet Mittleres Erkrankungsalter bei 69 Jahren ( Quelle: RKI 2015) 4
Was ist Eierstockkrebs? Ursprung in den verschiedenen Gewebestrukturen des Eierstocks - 60% von der Oberfläche ausgehende = epitheliale Karzinome - 20% von den Keimzellen der Embryonalentwicklung - 5% vom Eierstockbindegewebe auch Absiedlungen von Zellen anderer Krebserkrankungen= Metastasen ( 10-30% Gebärmutterkrebs, 10-30% Brustkrebs, 30-70% Krebs des Magen-Darmtraktes) 5
Risikofaktoren = allgemeine statistische Risiken Höheres Lebensalter Schädliche Umwelteinflüsse Ungesunde Ernährungsgewohnheiten Übergewicht, Fettsucht Unfruchtbarkeit, Kinderlosigkeit Genetische Faktoren in bis zu 28% aller Fälle 6
Genetische Faktoren 28% erbliche Veranlagung, damit erhöhtes Erkrankungsrisiko und früherer Erkrankungsbeginn Über Chromosomen vererbt (Autosomal dominant) mit drei bekannten Manifestationen: - fam. Brust-und Eierstockkrebs über Tumorunterdrückergen 17 (BRCA 1) und 13 (BRCA 2) in 1994 und 1995 entdeckt, in 2010 RAD51C-Gen und RAD 51D 7
- Lynch Syndrom ( Fehlpaarung der DNA Stränge), neben Dickdarm-und Enddarmkrebs auch erhöhtes Lebenszeitrisiko auch für Krebs von Eierstock-, Gebärmutterschleimhaut, Magen-, Harnableitendes System, Gallengänge und Dünndarm - Li Fraumeni ( Veränderung eines Tumorunterdrückers, p 53), hier Weichteil-und Knochenkrebs, Brustkrebs, Blutkrebs, Lungenkrebs 8
Subjektive Entstehungstheorien Angegebene Gründe in einer Befragung: (n=92) Privater Stress: 58,7% Genetische Prädisposition: 35,8% Beruflicher Stress: 30,4% Hormone: 29,3% Umwelteinflüsse: 29,3% Ernährung: 25,0% Infektion: 13,0% Rauchen: 5,4% Kein Grund: 3,3% ( Mueller S, SehouliJ et.al) 9
Objektive Entstehungstheorien alt Ovulationshypothese Häufige Eisprünge mit Verletzung der Oberfläche des Eierstockes Reparaturmechanismen verursachen Wachstum Hier mehr falsche Verwandlung ( Mutation) der Zellen möglich Entstehung von Tumoren begünstigt (Quelle Fathallah et al 1971) 10
Objektive Entstehungstheorien alt Ovulationshypothese Häufige Eisprünge mit Verletzung der Oberfläche des Eierstockes Reparaturmechanismen verursachen Wachstum Hier mehr falsche Verwandlung ( Mutation) der Zellen möglich Entstehung von Tumoren begünstigt Veraltete heute falsche Theorie! (Quelle Fathallah et al 1971) 11
Aktuelle Entstehungstheorie Allgemein: Unterscheidung in zufällig und vererbbar ( genetisch) In beiden gibt es eine Ansammlung von tumorspezifischen Veränderungen ( Mutationen) Dies führt zur Tumorentstehung oder Wucherung ( Proliferation) 12
Es bedarf einer Anzahl, z.b. 2-8, genetischer Veränderung, die Tumorwachstum und Entwicklung fördern ( driver mutation) Neben den genannten Veränderungen in BRCA, p53, gibt es auch Genkopieveränderungen, wie Vermehrung von DNA Abschnitten (Amplifikation) An Hand der Muster Einteilung in Gruppen möglich 13
Genetisch (vererbt) zufällig High grade lowgrade 14
Wer ist die Frau mit Risikofaktoren für eine Vererbung? Wer sollte getestet werden? Genetisch (vererbt) Familien mit (je aus einer Familienseite) mindestens drei an Brustkrebs erkrankten Frauen unabh. vom Alter mindestens zwei an Brustkrebs erkrankten Frauen, von denen eine vor dem 51. Lebensjahr (LJ) erkrankt ist mindestens einer Brust- und einer an Eierstockkrebs erkrankten Frau mindestens einer an Brust- und Eierstockkrebs erkrankten Frau mindestens zwei an Eierstockkrebs erkrankten Frauen mindestens einer an beidseitigem Brustkrebs erkrankten Frau mit einem Ersterkrankungsalter vor dem 51. LJ mindestens eine an Brustkrebs erkrankte Frau vor dem 36. LJ mindestens ein an Brustkrebs erkrankter Mann und mindestens ein/e weitere/r Erkrankte/r an Brust- oder Eierstockkrebs 15
Und: eigene Erkrankung mit triple-negativem Mammakarzinom mit Erkrankungsalter 60 Jahren eigene Erkrankung mit Eierstockkrebs bei therapeutischer Relevanz (e.g. PARPi) 5. Berliner Tag zum Eierstockkrebs und Bauchfellkrebs, 08. September 2018
Genetisch (vererbt) Aber es gibt auch in ca. 30% Patientinnen mit vererbtem Risiko ohne auffälligen Stammbaum!!! 17
Genetisch (vererbt) zufällig High grade lowgrade 18
Kriterien für die Einteilung in Low und high grade Zwei unterschiedliche Entwicklungswege Unterschiedliche Genveränderungen Zellwachstumsgeschwindigkeit, niedrig ( low, langsam ) oder hoch ( high, schnell) Unterschiedliches Entstehungsmuster Unterschiedlicher Ursprung 19
der Eierstockkrebs entsteht unterschiedlich Entstehungsweg Intraepitheliales Karzinom, low grade Gutartiger zystischer Tumor Borderlinetumor Low grade Karzinom Einschlusszyste 5. Berliner Tag zum Eierstockkrebs und Entwicklungsweg Bauchfellkrebs, 8.September 2018 Singer et al.202005
Genetisch (vererbt) zufällig High grade lowgrade 21
Typ I ( low grade=niedriger Grad) low grade In der Regel weniger weniger aggressiv Seltener Geringe Wachstumsrate Typische Aktivierung von Tumorgenen ( KRAS, BRAF PIK3CA u.a.) Seltener mit genetischer Veranlagung 22
Eisprung Altern low grade Modell zur Entstehung von Typ 1 Ovarialkarzinomen (low grade) Quelle: Levanon JCO 2008 23
low grade Gewebeuntergruppen: - gut differenziert (lowgrade) wässrig (serös); Vorläufer echte Eierstockzyste, Grenztumor (Borderline) - gut differenziert endometrioid; Vorläufer sind Endometrioseund endometriale Gewebewucherung ( endometriale Hyperplasie) - schleimig (muzinöses) Karzinom - klarzelliges Karzinom 24
low grade Magen Eileiter Darm Eierstock Gebärmutter Klarzell 25
Genetisch (vererbt) zufällig High grade lowgrade 26
Typ II High grade Im Allgemeinen aggressiver, schnell wachsend, hochgradige Karzinome mit Veränderungen in den Genen p53, BRCA oder fehlerhafter Funktion BRCA mit anschließender Vermehrung unterschiedlichster Wachstumsgene Gewebetypen: - hochgradig ( high grade) serös; Vorläufer sind neue Einschlusszysten, Vorläuferzelle des Eileiters, sogenannte STIC ( seröse tubare intraepitheliale Carzinome) - hochgradig ( high grade ) endometrioid ( Der Gynäkologe, 8/2013, Runnebaum et al) 27
High grade Normales Tubenepithel p53 Signatur Intraepitheliales Karzinom Invasives seröses Karzinom Quelle: Prof. Dr. med. Carsten Denkert 28 Quelle: Eierstockkrebs: 100 Fragen -100 Antworten: Eine Broschüre für Patientinnen und Angehörige Taschenbuch akademos Verlag, Hamburg, 2018 von Jalid Sehouli
High grade Quelle: Prof. Dr. med. Carsten Denkert
Zusammenfassung: Die Karzinogenese des Ovarialkarzinoms scheint durch genetische, endokrinologische und andere Einflüsse multifaktoriell bedingt zu sein, und nicht komplett verstanden. (Sehouli, aktualisiert 20.08.2018) 30