Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur-,und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Der Minister Minlstenum für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW - 40190 Düsseldorf Vorsitzender des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landtags Nordrhein~Westfalen -Herr Friedhelm Ortgies MdL Platz des Landtags 1 40221 Düsseldorf Johannes Remmel cl 03.2014 Seite 1 von 1 Aktenzeichen II-A-2-2801.20 bel Antwort bitte angeben Herr Hartung Telefon 0211 4566-258 Telefax 0211 4566-388 poststelle@mkulnv.nrw.de 60-fach Sachstandsbericht "Mähtod verhindern" Sehr geehrter Herr Vorsitzender Ortgies, hiermit übersende ich Ihnen den erbetenen Bericht zu den von der Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen mit der Bitte um Weiterleitung an die Mitglieder des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landtages Nordrhein-Westfalen. Mit freundlic rüßen " Dienstgebäude und Lleferanschrift: Schwannstr. 3 40476 Düsseldorf Telefon 0211 4566-0 Telefax 0211 4566-388 Infoservice 0211 4566-666 poststelle@mkulnv.nrw.de www.umwelt.nrw.de Öffentliche Verkehrsmittel: Rheinbahn Linien U78 und U79 Haltestelle Kennedydamm oder Buslinre 721 (Flughafen) und 722 (Messe) Haltestelle Frankenplatz
Sachstandsbericht "Mähtod verhindern" Am 09.0ktober 2013 wurde der Antrag der FDP-Fraktion "Millionenfachen Tod durch Mähmaschinen verhindern" (Drucksache 16/3236) mit dem Änderungsantrag d.er Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Piraten (Drucksache 16/42209) angenommen. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,... 1. zu prüfen, inwieweit ein flächendeckender Einsatz von technischen Lösungen zum Wildschutz bei Erntemaschinen die Pflicht zum manuellen Absuchen der Felder ersetzen kann oder welche Kombinationen von Maßnahmen notwendig sind. (Kombination Mensch und Technik). Das MKULNV hat diesen Punkt einer Prüfung unterzogen. Dazu wurde eine Recherche von Veröffentlichungen und Untersuchungen zum Thema Tod und Verletzungen von Wildtieren durch Mähmaschinen durchgeführt sowie Rücksprache mit Praktikern, Beratern der Landwirtschaftskammer und einem Vertreter des in NRW ansässigen Mähwerkherstellers CLAAS, der eng in das Forschungsprojekt "Wildretter" eingebunden ist, gehalten. Von Seiten Naturschutz und Jagd fanden Stellungnahmen der zuständigen Fachreferate Berücksichtigung. Als technische Maßnahmen zum Wildschutz kommen grundsätzlich zwei Verfahren in Betracht: Mit sensorgestützten Systemen wie Infrarot-Detektoren, Visual- und Thermalkameras oder Mikrowellensensoren, die an der Erntemaschine oder auch an Flugkörpern befestigt werden, wird versucht, im Pflanzenbestand liegende Tiere zu erkennen, sie zu umfahren oder die Erntemaschine zu stoppen. All diese Systeme sind auf eine weitgehend freie Sichtachse zum Tier angewiesen, was sich in hohen Pflanzenbeständen oft als schwierig erweist, weil die Tiere verdeckt werden. Auch bei Reaktion auf Köperwärme werden schnell Grenzen erreicht, da ein gewisser Temperaturunterschied zwischen Tier und Umwelt vorhanden
sein muss, der aber witterungsbedingt nicht immer gegeben ist. Als Schwierigkeit hat sich auch herausgestellt, dass die Sensortechniken Ld.R. sehr empfindlich ist, so dass für den praktischen Einsatz an Traktoren bisher noch wenig praxistaugliche Geräte zur Verfügung stehen. Als weiteres Verfahren wird mit akustischen Systemen versucht, die Tiere aus den Beständen zu vertreiben. Da sich die jungen Tiere zu ihrem Schutz jedoch instinktiv in den Bestand ducken und nicht flüchten, ist diese Technik nur dafür geeignet, ältere Tiere zu vertreiben. Die beschriebenen Grenzen der technischen Systeme bedingen, dass eine akzeptable Erkennung oder Vergrämung der Tiere durch einzelne Technologien oder deren Kombination derzeit nicht möglich ist. Als nicht technische Maßnahmen kommen das Absuchen der Flä~ chen kurz vor der Mahd und angepasste Mahdstrategien (Termin, Richtung, Teilstücke, Schnitthöhe) in Betracht. Hier sind jeweils die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen und eine Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Jägerschaft, Naturschutz und Lohnunternehmer ist wichtig. Aufgrund des oft hohen Zeitdrucks bei der Grasernte, ungenügender Kommunikation der Beteiligten oder der Flächengröße stoßen aber auch diese Maßnahmen an ihre Grenzen. Einen Beitrag zum Wildschutz können auch Maßnahmen zum Umweltund Naturschutz sowie zur Verbesserung der Lebensräume für die heimische Tierwelt leisten. So tragen z.b. die Anlage von Blüh- und Uferrandstreifen, die Grünlandextensivierung und die verschiedenen Vertragsnaturschutzmaßnahmen dazu bei, Lebensräume für Wildtiere in der Agrarlandschaft zu schaffen oder zu optimieren. Bestimmte Auflagen, z.b. spätere Mahdtermine, helfen darüber hinaus, Verletzungen von Wildtieren bzw. Todesfälle durch die Mahd zu verringern. Insgesamt sind diese Programme jedoch nicht vorrangig auf die "Wildrettung" ausgelegt und mit entsprechenden Auflagen ausgestattet. Mit
Blick auf EU-Bestimmungen ist eine solche direkte Verknüpfung auch nicht möglich, u.a. weil die Maßnahmen in Bezug auf die Wildrettung nicht kontrollierbar sind. Als Ergebnis der Prüfung lässt sich das Fazit ziehen, dass zur Verhinderung von durch Mahd getötetes Wild derzeit keine praxistauglichen technischen Systeme existieren, deren alleiniger Einsatz zu akzeptablen Erkennungsraten führt. Technische Maßnahmen können das manuelle Absuchen der Felder zum derzeitigen Stand der Technik noch nicht ersetzen. Es kann daher nur eine Kombination von Mensch und Technik zielführend sein', die genügend Optionen bietet, die jeweils örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dabei' können je nach Bedarf und den Möglichkeiten vor O.rt die o.g. technischen und nicht technischen Maßnahmen kombiniert werden. 2. mit den in Nordrhein-Westfalen ansässigen Landmaschinenherstellern in Kontakt treten und einen we'rkseitigen Einbau von akustischen Wild rette rn und von Infrarot Wildrettern bei Erntemaschinen zu forcieren. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat den einzigen in NRW ansässigen Landtechnikhersteller von Mähmaschinen, die Firma CLAAS, im November 2013 angeschrieben, auf die Problemlage aufmerksam gemacht und darum gebeten, Wild retter in die Mähwerke ab Werk einzubauen. In seinem Antwortschreiben weist das Unternehmen darauf hin, dass es sich seit vielen Jahren mit dieser Fragestellung beschäftigt und gerne bereit ist, sich an einem Dialog mit Fachleuten (siehe Punkt 5) zu beteiligen. 3. eine Studie über den Einfluss der Wildverluste durch Erntemaschinen auf die sinkenden Fasan- und Feldhasenpopulationen und andere besonders betroffene Tierarten in Nordrhein-Westfalen in Auftrag zu geben und den Landtag über die Studienergebnisse zu informieren. Das MKULNV hat eine Studie "Einfluss der Wildverluste durch Erntemaschinen auf sinkende Fasan- und Feldhasenpopulationen und ande-
re besonders betroffene Tierarten" an die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung in Auftrag gegeben. Wegen der Betroffenheit wird zusätzlich die Situation von Rehkitzen erfasst werden. Die Untersuchungen sollen möglichst den Einfluss von Erntem~schinen in unterschiedlichen Mähsituationen (Frühjahr-Herbst; Gras, Getreide) umfassen, Aussagen zur Besatzsituation und Auswirkungen der Mahd treffen sowie Präventionsmöglichkeiten aufzeigen. Als Untersuchungszeitraum sind die Vegetationsperioden 2014 und 2015 vorgesehen. Wegen der Betroffenheit weiterer Tierarten wird die Studie in enger Zusammenarbeit mit dem LANUV durchgeführt. Die Ergebnisse werden dem Landtag nach Abschluss übersandt werden. 4. zur weiteren Sensibilisierung zum Wildschutz beizutragen indem geprüft wird, inwieweit das Thema und der jeweils neueste technische Stand zur Wildrettung in die Aus- und Weiterbildung von Landwirtinnen und Landwirten, Lohnunternehmer und Lohnunternehmerinnen sowie Jägerinnen und Jäger stärker eingebunden werden kann. Im Rahmen der. überbetrieblichen Ausbildung im Beruf LandwirtlLandwirtin an den DEULA-Schulen Kempen und Warendorf wird das Thema beim Einsatz von Mähwerken angesprochen. Grundsätze wie das Mähen von Wiesen von innen nach außen werden vermittelt. Spezielle technische Einrichtungen zur Demonstration stehen zurzeit noch nicht zur Verfügung. Durch Kontakte zur Technikberatung der Landwirtschaftskammer soll zukünftig eine Information zum aktuellen technischen Entwicklungsstand gewährleistet werden. Für die Fachschulen für Agrarwirtschaft wurde ein Unterrichtskonzept zum Themenbereich Biodiversität und Artenschutz entwickelt, das den Aspekt Möglichkeiten zum Wildtierschutz über das bisherige Maß hinaus vertieft und ab kommendem Schuljahr umgesetzt werden soll. Damit wird neben der Vermittlung von Fachwissen auch eine erhöhte Sensibilität für Natur- und Artenschutz erzeugt. Die Fachschullehrkräfte werden im Rahmen der Lehrerfortbildung im August entsprechend fortgebildet. Die Landwirtschaftskammer beabsichtigt, anlässlich der nächsten Koordinierungstagung für Berufsschullehrer im September einen
Vertreter des Landesjagdverbandes einzuladen, der über das Thema Wildrettung und Einsatz akustischer Wildretter referiert. 5. im Dialog mit Fachleuten (Landwirten, Jägern, der Landtechnik, Tier- und Naturschutz) weitere Verbesserungsmöglichkeiten zum Wildtierschutz zu finden. Geplant ist bis zur Sommerpause einen mit Fachleuten der verschiedenen betroffenen Bereiche wie Landwirtschaft, Landmaschinenbau, Jägerschaft, Jagdrechtsinhaber, Berufsjäger, der Forschungsste"e für Jagdwesen und Wildschadenverhütung sowie des Natur- und Tierschutzes besetzten Workshop durchzuführen. Durch diese interdisziplin'äre Besetzung sollen verschiedenste Lösungsansätze zur Verhinderung des Mähtods zusammengetragen, analysiert und praxistaugliche Empfehlungen abgeleitet werden. Ergebnisse und Verbesserungsmöglichkeiten sollen dann auch anlässlich des diesjährigen Bonner Jägertages diskutiert werden.