Positionierung der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Prävention

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Transkript:

Positionierung der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Prävention Das Bundesministerium für Gesundheit hat einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Prävention vorgelegt. Nach eigener Aussage folgt der Gesetzentwurf der Zielsetzung, eine effektive und effiziente Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland zu erreichen. Dies geschieht vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, des vorherrschenden Krankheitsspektrums sowie der Anforderungen in der heutigen Arbeitswelt. Die Deutsche Rheuma-Liga begrüßt das Vorhaben der Bundesregierung, sich stärker als bisher in der Prävention von Krankheiten und der Gesundheitsförderung zu engagieren. Nach Auffassung der Deutschen Rheuma-Liga werden jedoch mit dem vorliegenden Referentenentwurf erneut die Zielstellung einer strukturellen Neuorientierung und Stärkung der Prävention verfehlt. Aus unserer Sicht bedarf es einer ganzheitlichen, nachhaltigen und qualitätsorientierten Gestaltung von Prävention und Gesundheitsförderung. Hierbei sind die Zunahme chronischer Erkrankungen insbesondere auch des Bewegungsapparates in einer immer älter werdenden Gesellschaft - sowie die Abhängigkeit der Gesundheit von der sozialen Lage von besonderer Bedeutung. Alleinige Veränderungen im SGB V werden diesen Anforderungen nicht gerecht. Prävention und Gesundheitsförderung müssen in Deutschland gleichberechtigt neben Kuration, Pflege und Rehabilitation stehen. Uns erscheint daher der vorgesehene Gesetzesentwurf nicht weitreichend. Grundlage allen Handelns für alle Akteure sind nach wie vor die in gesundheitsziele.de vereinbarten Handlungsfelder. Die Umsetzung der Gesundheitsziele erfolgt dezentral und liegt in der Verantwortung der zuständigen Akteure. Dabei wird insbesondere der Vernetzung und Kooperation auf den unterschiedlichen Ebenen Bund, Land und Kommune eine hohe Priorität eingeräumt. Eine Neuorientierung im Referentenentwurf ist nicht erkennbar, vielmehr dient der Referentenentwurf der Stärkung von gesundheitsziele.de und der bereits bestehenden Strukturen. Wie bereits in der Vergangenheit werden die rheumatischen Erkrankungen völlig ausgeblendet. Dies ist umso unverständlicher, da mit dem Anstieg des Anteils der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung auch die Zahl der chronisch kranken Menschen steigen wird. Es ist damit zu rechnen, dass vor allem Erkrankungen wie Arthrose und Osteoporose wesentlich zunehmen werden. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung der Betroffenen steigt auch die Prävalenz der entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. 1

Mit dem vorliegenden Entwurf werden die bereits Ende 2012 vorgelegten Eckpunkte für eine Nationale Präventionsstrategie gesetzlich verankert. Ein eigenständiges Präventionsgesetz ist aber nach wie vor nicht vorgesehen. Zur Finanzierung der Leistungen wird ausschließlich die Gesetzliche Krankenversicherung herangezogen. Hierzu werden die Richtwerte für die Ausgaben pro Versicherten erhöht. Die Einbeziehung und Beteiligung der anderen Sozialversicherungsträger, der Länder und Kommunen wäre wünschenswert, ist jedoch nicht erkennbar. Prävention ist keine alleinige Aufgabe der Krankenkassen. Es ist keine Regelung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vorgesehen. Die Deutsche Rheuma-Liga hält es für unerlässlich, die UN- Behindertenrechtskonvention in Deutschland umzusetzen. Zu den Regelungen: 1. Neustrukturierung der Finanzierung von Leistungen zur primären Prävention Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird verpflichtet, Verfahren zur Qualitätssicherung, Zertifizierung und Evaluation der Präventionsangebote der Krankenkassen zu entwickeln. Eine Übersicht dieser Angebote wird im Internet veröffentlicht. Dabei orientiert sich der Spitzenverband Bund der Krankenkassen an den in gesundheitsziele.de definierten Handlungszielen. Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben - insbesondere in den Lebenswelten - wird der Spitzenverband Bund von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) unterstützt. Dazu erhält die BZgA finanzielle Leistungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Bereits heute bieten die Krankenkassen zahlreiche Angebote/Kurse zur Prävention an. Diese werden jedoch überwiegend von Menschen wahrgenommen, für die der Erhalt der Gesundheit einen hohen Stellenwert hat. Bei der Definition von Handlungsfeldern, der Entwicklung und Durchführung einzelner Maßnahmen in Lebenswelten sowie der Bewerbung derselben muss die gesundheitliche Chancengleichheit weit stärker als bisher in den Mittelpunkt der Bemühungen gestellt werden, um so allen Menschen den Zugang zu Leistungen der Prävention zu sichern. Die Verbesserung der so der Referentenentwurf medialen Durchschlagkraft kann nicht das alleinige Mittel sein, zielgruppenorientierte Angebote insbesondere für sozial benachteiligte Gruppen zu entwickeln und in den Lebenswelten zu etablieren. Die Möglichkeit der Zahlung von Bonis an die Versicherten als finanzieller Anreiz für ein gesundheitsbewusstes Verhalten ist nicht neu. Neu ist allenfalls die Verknüpfung mit der Zertifizierung der Programme, die künftig von den Krankenkassen angeboten werden sowie die Verpflichtung der Krankenkassen, diese Boni an ihre Versicherten zu zahlen. Bereits heute bietet die überwiegende Zahl der Krankenkassen ihren Versicherten Bonusprogramme an. Von diesen Programmen profitieren allerdings in 2

der Regel diejenigen Versicherten, die ohnehin ein stärkeres Gesundheitsbewußtsein haben. Die finanzielle Unterstützung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durch die Krankenkassen ist nicht nachvollziehbar. Die BzgA ist dem Bundesministerium für Gesundheit nachgeordnet und erfüllt vor allem einen staatlichen Auftrag zur Aufklärung. Es ist nicht Aufgabe der Selbstverwaltung eine Bundesbehörde zu finanzieren bzw. finanziell zu fördern. Diese Gelder stünden zudem nicht mehr zur Versorgung der Versicherten in der GKV zur Verfügung, wo sie dringend gebraucht werden. 2. Stärkung einer nach gemeinsamen Gesundheitsförderungs- und Präventionszielen ausgerichteten Leistungserbringung Beim Bundesministerium für Gesundheit soll hierzu eine ständige Präventionskonferenz eingerichtet werden. Ihre Aufgabe ist es, insbesondere über die Entwicklung von Präventionszielen und deren Umsetzung zu berichten. Mit der im Entwurf festgeschriebenen Aufgabenbeschreibung handelt es sich bei der Präventionskonferenz allenfalls um ein Berichtsgremium mit Empfehlungscharakter. Welche Verbindlichkeit die Empfehlungen der Präventionskonferenz haben werden, bleibt überdies offen. 3. Fortentwicklung der Gesundheitsuntersuchung Der Referentenentwurf sieht eine Neuausrichtung der Gesundheitsuntersuchungen vor. So soll die Gesundheitsförderung stärker als bisher in den Blickpunkt genommen und die Gesundheitsuntersuchung durch eine präventionsorientierte ärztliche Beratung ergänzt werden. Auf dieser Grundlage kann der behandelnde Arzt eine Präventionsempfehlung (ärztliche Bescheinigung) aussprechen, die wiederum als (mögliche) Leistungsgrundlage für die Krankenkassen dient. Leistungen zur Primärprävention sollen so zielgenauer durchgeführt werden. Für die inhaltliche Ausgestaltung der Präventionsempfehlung ist der Gemeinsame Bundesausschuss zuständig. Die vorgeschlagenen Regelungen beinhalten zum einen, dass sich Mediziner auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung fortbilden, um so aussagekräftige Präventionsempfehlungen formulieren zu können. Zum anderen beinhaltet eine präventivorientierte Beratung ein ausführliches Arzt- Patienten-Gespräch. Bereits heute wird die fehlende Kommunikation oft aus Zeitgründen - zwischen Arzt und Patient immer wieder bemängelt. Darüber hinaus sind die wenigsten Ärzte tatsächlich in Gesprächsführung geschult. Mit der Verordnung von Präventionsmaßnahmen durch den behandelnden Arzt findet eine Verschiebung aus dem Bereich der Selbstkompetenz des Versicherten in die ärztliche Verantwortung statt. Stattdessen sollte die Gesundheitskompetenz der Versicherten durch entsprechende Maßnahmen in den Lebenswelten gestärkt werden. 3

Mit der vorgeschlagenen Ausgestaltung der Gesundheitsuntersuchung wird vor allem die Individualprävention gefördert. Es ist bekannt, dass insbesondere sozial benachteiligte Menschen seltener den Arzt aufsuchen und Kinder aus sozial schwachen Familien seltener an Früherkennungsuntersuchungen teilnehmen. Diese Gruppen werden so nicht erreicht. Die Ausstellung der Präventionsempfehlung in Form einer ärztlichen Bescheinigung geht zu Lasten der Krankenkassen. Die hier verausgabten Mittel wären besser direkt in Präventionsprojekte beispielsweise für sozial benachteiligte Kinder geflossen. Zudem ist überhaupt nicht sicher gestellt, ob Patienten die Empfehlungen auch tatsächlich umsetzen. Die Ursachen für viele rheumatische Erkrankungen sind noch nicht erforscht. Inzwischen gibt es jedoch zumindest bei einigen von ihnen Hinweise auf Risikofaktoren: Neuere Forschungsergebnisse zeigen zum Beispiel, dass Raucher bei entsprechender genetischer Veranlagung wesentlich gefährdeter sind, an rheumatoider Arthritis zu erkranken, dass der Verlauf schwerer ist und therapeutische Maßnahmen weniger wirksam sind. Nachgewiesen ist außerdem, dass Übergewicht und Fehlbelastungen das Risiko erhöhen, eine Arthrose zu entwickeln. Bei einer Adipositas ist außerdem der Verlauf einer rheumatoiden Arthritis ungünstiger. Es gibt darüber hinaus auch Erkenntnisse zu den positiven Wirkungen von Bewegung und gesunder Ernährung: So können eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung ganz wesentlich zur Vermeidung von Osteoporose und degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen beitragen. Auf diese Zusammenhänge wird zurzeit viel zu selten hingewiesen. 3. Verbesserung der Rahmenbedingungen für Betriebliche Gesundheitsförderung Kleine und mittelständische Betriebe sollen stärker in die Betriebliche Gesundheitsförderung einbezogen werden. Dazu sollen die Krankenkassen regionale Koordinierungsstellen einrichten, die Unternehmen Beratung und Unterstützung anbieten und mit anderen Dachorganisationen kooperieren. Darüber hinaus sollen Betriebsärzte verpflichtend eingebunden werden. Als Anreiz für Betriebe können Gruppentarife abgeschlossen und Boni gezahlt werden. Die Finanzierung erfolgt über die Krankenversicherung. Die Einrichtung von regionalen Koordinierungsstellen sowie die Vereinbarung von Kooperationen, beispielsweise mit den Handwerkskammern durch die Krankenkassen, schafft vor allem neue Arbeitsstrukturen. Hier würde es auch reichen, wenn innerhalb der bestehenden Struktur Ansprechpartner von den Krankenkassen benannt werden. Viel wichtiger wäre eine Neuausrichtung der Betrieblichen Gesundheitsförderung weg von der Verhaltensprävention in den Betrieben und hin zur Gesundheitsfördernden Gestaltung von Arbeitsabläufen in den einzelnen Betrieben. 4

4. Erleichterung der Inanspruchnahme von Primärpräventions- und Vorsorgeleistungen für Versicherte mit besonderen beruflichen oder familiären Belastungssituation Unter anderem soll für pflegende Angehörige ein Anreiz für die Inanspruchnahme präventiver Maßnahmen geschaffen werden. Diese können auch wohnortfern und kompakt erbracht werden. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Leistungen als Kompaktpaket und in anerkannten Kurorten ist allerdings befremdlich. Die jetzige Regelung legt nahe, dass entsprechende Reisen von den Krankenkassen als Dienstleistung (Marketing) vorgehalten und zukünftig bezuschusst werden. Die besondere Belastung pflegender Angehöriger und die daraus entstehenden Anforderungen an Entlastungssysteme darf nicht vernachlässigt werden. Für pflegende Angehörige muss der Ausbau von Unterstützungssystemen vorangetrieben werden. Stand: 05.02.2013 5